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VwGH 16.09.2022, Ra 2019/05/0285

VwGH 16.09.2022, Ra 2019/05/0285

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
PrivatzimmervermietungsG NÖ 1974 §1
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
ROG OÖ 1994 §22 Abs1
VwRallg
RS 1
Die Privatzimmervermietung in Niederösterreich war zunächst im zwischenzeitlich aufgehobenen NÖ PrivatzimmervermietungsG geregelt, wobei nach dessen § 1 ebenso wie nunmehr in § 20 NÖ ROG 2014 auf das Erfordernis der "häuslichen Nebenbeschäftigung" abgestellt wurde. Zum OÖ ROG 1994 hat der VwGH u.a. ausgeführt, dass dieser Begriff als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit verwendet worden ist (). Auch der niederösterreichische Gesetzgeber hatte betreffend das NÖ PrivatzimmervermietungsG in den Materialien auf die Abgrenzung zwischen der Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung zu den Angelegenheiten des Gewerberechtes verwiesen (vgl. Motivenberichte der NÖ Landesregierung vom , V/1-Allg.69/22-1968 und vom , V/1-Allg.69/101-1973). Da das NÖ ROG 2014 zur Zulässigkeit der Privatzimmervermietung ebenfalls auf die Voraussetzung der häuslichen Nebenbeschäftigung abstellt, kann die zum OÖ ROG 1994 ergangene Rechtsprechung des VwGH auf die Rechtslage nach dem NÖ ROG 2014 übertragen werden.
Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
VwRallg
RS 2
Zum Begriff der "häuslichen Nebenbeschäftigung", der nach den Materialien als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (iSd Gewerbeordnung) verwendet wird, ist auf § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 abzustellen (vgl. auch die Materialien zur ROG-Novelle 2021, Beilage 1379/2020, 28. GP, 11). Danach ist die GewO auf nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallende und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Erwerbszweige nicht anzuwenden. Es kommt hinsichtlich der häuslichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen auf die Eigenart und die Betriebsweise an. Eine Tätigkeit ist somit nicht als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehen, wenn die geübte Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung nicht typisch ist. Auch wenn das Merkmal des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine "häusliche" zu sein hat, nicht zu eng ausgelegt werden darf, so muss es sich dennoch insofern um eine "häusliche" Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist (vgl. , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/05/0012 E RS 3
Normen
BauRallg
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
RS 3
Die Annahme, dass die Vermietung von Gästezimmern auch gänzlich ohne räumlichen Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers im Rahmen der Privatzimmervermietung zulässig sei, entfernt sich vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der "häuslichen Nebenbeschäftigung" (vgl. in diesem Sinne ).
Norm
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
RS 4
Eine Privatzimmervermietung nach § 20 Abs. 2 lit. 1a NÖ ROG 2014 setzt neben dem Erfordernis des Vorliegens eines Hofverbandes voraus, dass die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfolgt, womit jedenfalls ein räumlicher Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers erfüllt sein muss.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, in der Revisionssache des Gerhard Hlavac in Pram, vertreten durch Dr. Georg Retter, M.B.L., Rechtsanwalt in 3500 Krems an der Donau, Roseggerstraße 16/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG AV 229/001 2019, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Langenlois; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L. vom wurde ein Antrag des Revisionswerbers vom auf Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für näher genannte Umbauarbeiten an einem bestehenden Presshaus auf einem näher bezeichneten, als „GrünlandLandund Forstwirtschaft“ gewidmeten Grundstück der KG L. wegen eines Widerspruches des Bauvorhabens zur geltenden Flächenwidmung abgewiesen. Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Berufung wies der Stadtrat der Stadtgemeinde L. (belangte Behörde) mit Bescheid vom als unbegründet ab.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) vom wurde die dagegen erhobene Beschwerde mit einer näher ausgeführten Spruchmaßgabe als unbegründet abgewiesen (1.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (2.).

3 Begründend führte das LVwGsoweit für das Revisionsverfahren relevantzusammengefasst aus, weder der Revisionswerber noch eine andere Person hätten ihren Wohnsitz in dem gegenständlichen Presshaus. Vielmehr wohne der Revisionswerber über zweihundert Kilometer entfernt. Im Rahmen des beantragten Umbaus solle unter anderem das Dachgeschoß ausgebaut werden, wobei das Obergeschoß der Privatzimmervermietung dienen und aus zwei Gästeräumen, einem Vorraum und einem Bad beziehungsweise WC bestehen solle.

4 In rechtlicher Hinsicht führte das LVwG aus, ein derartiger Umbau sei einerseits nur im Hofverband und anderseits nur, sofern die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfolge, zulässig. Unter dem Begriff des „Hofverbandes“ sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die unmittelbare Nähe des Wohnhauses zu den für den Betrieb wichtigen Wirtschaftsgebäuden zu verstehen. Diese Definition sei auch für die Privatzimmervermietung nach § 20 Abs. 2 Z 1a NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) einschlägig. Es müsse eine räumliche und funktionelle Nahebeziehung vorliegen. Häusliche Nebenbeschäftigungen müssten zudem ihrer Art nach geeignet sein, im eigenen Haushalt durchgeführt zu werden. Die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfordere somit, dass der Betreiber im eigenen Haushalt tatsächlich wohne. Da der Revisionswerber über zweihundert Kilometer entfernt wohne, könne weder von einem Hofverband noch von einer häuslichen Nebenbeschäftigung ausgegangen werden.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst fehlende Rechtsprechung zu der Frage, ob der Betreiber einer Privatzimmervermietung zwingend in unmittelbarer Nähe zu derselben wohnen müsse, geltend macht. Zudem sei fraglich, ob eine Hofgemeinschaft auch aus insgesamt nur zwei Gebäuden auf verschiedenen Liegenschaften begründet werden könne.

6 Die belangte Behörde und die Niederösterreichische Landesregierung erstatteten im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 § 20 Abs. 2 Z 1a NÖ Raumordnungsgesetz 2014 - NÖ ROG 2014, LGBl. Nr. 3/2015 idF LGBl. Nr. 71/2018, lautet auszugsweise:

§ 20.

Grünland

(1) [...]

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

1a. Land- und Forstwirtschaft: Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienen. Auf diesen ist die Errichtung und Abänderung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft einschließlich deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung 1994 sowie für die Ausübung des Buschenschankes im Sinne des NÖ Buschenschankgesetzes, LGBl. 7045, zulässig.

[...]

Weiters sind im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse des Betriebsinhabers, wenn er Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist oder der dort wohnenden Betriebsübergeber, sowie für die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten zulässig:

- Zubauten und bauliche Abänderungen

- die Wiedererrichtung bestehender Wohngebäude

- die zusätzliche Neuerrichtung eines Wohngebäudes

[...]“

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn diese durch zur früheren Rechtslage ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde. Dasselbe gilt, wenn die Frage durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, beantwortet wurde (vgl. etwa , mwN). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist gemäß dem Auslegungsprinzip der Einheit der Rechtsordnung und der Rechtssprache weiters im Allgemeinen davon auszugehen, dass in der Rechtssprache geprägte Begriffe jeweils die gleiche Bedeutung haben (vgl. etwa , mwN).

13 Die Privatzimmervermietung in Niederösterreich war zunächst im zwischenzeitlich aufgehobenen NÖ PrivatzimmervermietungsG geregelt, wobei nach dessen § 1 ebenso wie nunmehr in § 20 NÖ ROG 2014 auf das Erfordernis der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ abgestellt wurde.

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem zum Oö. Raumordnungsgesetz 1994 ergangenen Erkenntnis vom , Ro 2021/05/0012, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bereits ausführlich mit dem Begriff der Privatzimmervermietung und insbesondere dem Begriff der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ auseinandergesetzt und dazu u.a. ausgeführt, dass dieser Begriff als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit verwendet worden ist.

15 Auch der niederösterreichische Gesetzgeber hatte betreffend das NÖ Privatzimmervermietungsgesetz in den Materialien auf die Abgrenzung zwischen der Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung zu den Angelegenheiten des Gewerberechtes verwiesen (vgl. Motivenberichte der NÖ Landesregierung vom , V/1-Allg.69/22-1968 und vom , V/1-Allg.69/101-1973). Da das NÖ ROG 2014 zur Zulässigkeit der Privatzimmervermietung ebenfalls auf die Voraussetzung der häuslichen Nebenbeschäftigung abstellt, kann die zum Oö. ROG 1994 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Rechtslage nach dem NÖ ROG 2014 übertragen werden.

16 Nach § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 ist die Gewerbeordnung auf nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallende und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Erwerbszweige nicht anzuwenden. Es kommt hinsichtlich der häuslichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen auf die Eigenart und die Betriebsweise an. Eine Tätigkeit ist somit nicht als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehen, wenn die geübte Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung nicht typisch ist. Auch wenn das Merkmal des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine „häusliche“ zu sein hat, nicht zu eng ausgelegt werden darf, so muss es sich dennoch insofern um eine „häusliche“ Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist (vgl. , mwN).

17 Die Annahme des Revisionswerbers, dass die Vermietung von Gästezimmern auch gänzlich ohne räumlichen Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers im Rahmen der Privatzimmervermietung zulässig sei, entfernt sich daher vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ (vgl. in diesem Sinne wiederum ).

18 Eine Privatzimmervermietung nach § 20 Abs. 2 lit. 1a Nö. ROG 2014 setzt somit neben dem Erfordernis des Vorliegens eines Hofverbandes voraus, dass die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung erfolgt, womit jedenfalls ein räumlicher Bezug zum Hausstand des Revisionswerbers erfüllt sein muss. Da ein solcher im vorliegenden Fall unstrittig nicht vorliegt, war die Revision bereits aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
BauRallg
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
PrivatzimmervermietungsG NÖ 1974 §1
ROG NÖ 2014 §20 Abs2 Z1a
ROG OÖ 1994 §22 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Planung Widmung BauRallg3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019050285.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-45073