VwGH 16.06.2021, Ra 2018/16/0171
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | KFG 1967 §40 Abs1 KFG 1967 §82 Abs8 |
RS 1 | Dem Erkenntnis (, VwSlg 8485 F/2009) lag zu Grunde, dass die damals belangte Behörde (der damalige unabhängige Finanzsenat) den damals bekämpften Bescheid des Finanzamts aufgehoben hatte, weil über das in Rede stehende Fahrzeug hauptsächlich vom Betriebsstandort in Deutschland aus verfügt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis hervorgehoben, dass § 82 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes (KFG) die lex specialis zu § 40 Abs. 1 leg. cit. und die darin verwendete, bei Fahrzeugen von Unternehmungen auf ein "hauptsächliches" Verfügen abstellende Standortfiktion maßgeblich sei. Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich ausgesprochen, dass der Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG erbracht sei, weil das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet werde. Dass für einen tauglichen Gegenbeweis ein weitaus überwiegendes Verwenden im Ausland erforderlich wäre und ein lediglich überwiegendes Verwenden im Ausland noch nicht ausreiche, ist jenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des damaligen Finanzamts Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100391/2017, betreffend Normverbrauchsabgabe für Februar 2016 und Verspätungszuschlag sowie Kraftfahrzeugsteuer für Jänner bis September 2016 (mitbeteiligte Partei: J O in A, vertreten durch Dr. Harald Burmann, Dr. Peter Wallnöfer, Mag. Eva Suitner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Meraner Straße 1), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von 1.106,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht Bescheide des damaligen Finanzamts Innsbruck vom ersatzlos auf, mit welchen das Finanzamt dem Mitbeteiligten gegenüber Normverbrauchsabgabe für Februar 2016 samt Verspätungszuschlag und Kraftfahrzeugsteuer für Jänner bis September 2016 jeweils für ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug festgesetzt hatte. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Der Mitbeteiligte sei seit 2010 gemeinsam mit seiner Ehefrau und dann auch mit seiner 2015 geborenen Tochter an einer näher genannten Anschrift in A, Österreich, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er sei im Jahr 2016 als Musiker „in Vollzeit“ in M, Deutschland, beschäftigt gewesen. Daneben sei er noch selbständig als Mitglied der in Deutschland „situierten“ C GbR sowie für den bayrischen Rundfunk tätig gewesen. In M habe er über eine angemietete Wohnung verfügt.
3 Das in Rede stehende Kraftfahrzeug sei am für ihn in Deutschland zugelassen worden und sein Privatfahrzeug. Seine Ehefrau sei Halterin eines in Österreich zugelassenen näher beschriebenen PKW.
4 Der Mitbeteiligte habe sich im Jahr 2016 an 230 (Arbeits)Tagen in Deutschland und an 70 Tagen oder - bei Ansatz der nicht zuordenbaren Kalendertage in Österreich - an 136 Tagen in Österreich aufgehalten. Er habe das in Rede stehende Kraftfahrzeug für Fahrten in Deutschland von rund 12.920 Km und in Österreich von rund 10.330 Km genutzt.
5 Somit habe der Mitbeteiligte im strittigen Zeitraum nicht nur sich mit seinem Fahrzeug zeitlich überwiegend in Deutschland aufgehalten, sondern das Fahrzeug auch nach den Fahrtstrecken überwiegend in Deutschland genutzt. Aus dem Gesamtbild der näher geschilderten Verhältnisse ergebe sich, dass der dauernde Standort des Fahrzeugs am (Zweit)Wohnsitz des Mitbeteiligten in M, Deutschland, gelegen gewesen sei. Dem Mitbeteiligten sei der Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes gelungen, er habe deshalb keine kraftfahrrechtliche Pflicht, das Fahrzeug in Österreich zuzulassen, verletzt. Der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung des Fahrzeugs in Österreich (§ 1 Z 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes und § 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes) sei nicht erfüllt.
6 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des damaligen Finanzamts Innsbruck legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); der Mitbeteiligte reichte mit Schriftsatz vom eine Revisionsbeantwortung ein und beantragte die Zurück- in eventu Abweisung der Revision unter Zuspruch von Aufwandersatz.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden und hat er diese Zulässigkeit im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Das revisionswerbende Finanzamt trägt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Bundesfinanzgericht weiche von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es für die Widerlegung der Standortvermutung nur auf die überwiegende und nicht auf die weitaus überwiegende Verwendung im Ausland abstelle.
11 Dem vom Finanzamt zitierten Erkenntnis (, VwSlg 8485/F) lag zu Grunde, dass die damals belangte Behörde (der damalige unabhängige Finanzsenat) den damals bekämpften Bescheid des Finanzamts aufgehoben hatte, weil über das in Rede stehende Fahrzeug hauptsächlich vom Betriebsstandort in Deutschland aus verfügt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis hervorgehoben, dass § 82 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes (KFG) die lex specialis zu § 40 Abs. 1 leg. cit. und die darin verwendete, bei Fahrzeugen von Unternehmungen auf ein „hauptsächliches“ Verfügen abstellende Standortfiktion sei. Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich ausgesprochen, dass der Gegenbeweis im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG erbracht sei, weil das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet werde. Dass für einen tauglichen Gegenbeweis ein weitaus überwiegendes Verwenden im Ausland erforderlich wäre und ein lediglich überwiegendes Verwenden im Ausland noch nicht ausreiche, ist jenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen.
12 Entgegen der in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vertretenen Ansicht ist das Bundesfinanzgericht somit von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen.
13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
14 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff, insbesondere auf § 51 VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | KFG 1967 §40 Abs1 KFG 1967 §82 Abs8 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018160171.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-45058