Suchen Hilfe
VwGH 02.03.2022, Ra 2018/06/0011

VwGH 02.03.2022, Ra 2018/06/0011

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z4
BauG Stmk 1995 §34 Abs1
BauG Stmk 1995 §34 Abs3
RS 1
Der Bauführer ist gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 Stmk BauG 1995 für die Durchführung (fachtechnische, bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Ausführung) der baulichen Anlage verantwortlich, nicht jedoch für die Genehmigung derselben. Das Fehlen einer baurechtlichen Bewilligung hat der Eigentümer (Bauherr) zu verantworten, während der Bauführer zusätzlich zum Bauherrn die Verantwortung für eine mangelhafte Bauführung trägt (vgl. ).
Normen
BauG Stmk 1995 §118 Abs1 Z1
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z2
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z4
BauG Stmk 1995 §19
BauG Stmk 1995 §20
BauG Stmk 1995 §34 Abs3
RS 2
Gemäß der Rechtslage nach dem Stmk BauG 1995 ist der Bauführer für die nicht bewilligungsgemäße Ausführung einer baulichen Anlage verantwortlich (§ 34 Abs. 3 in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk BauG 1995), während die Errichtung von Neu- und Zubauten von Gebäuden ohne erforderliche Genehmigung oder die Ausführung von Vorhaben gemäß § 19 und § 20 Stmk BauG 1995 ohne die erforderliche Genehmigung Verwaltungsübertretungen nach § 118 Abs. 1 Z 1 bzw. Abs. 2 Z 2 Stmk BauG 1995 darstellen. Der VwGH hat zu § 34 Abs. 3 Stmk BauG 1995 bereits ausgeführt, dass bewilligungspflichtige Bauführungen, die ohne Baubewilligung erfolgten, keine nicht bewilligungsgemäße Ausführung eines Bauvorhabens darstellen (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Rehak sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Ing. G K in P, vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwaltspartnerschaft OG in 8200 Gleisdorf, Ludersdorf 201, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 30.38-1928/2017-11, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Baugesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz),

Spruch

A. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie Spruchpunkt I.1. (betreffend den Umbau am Gebäude) bekämpft, als unzulässig zurückgewiesen,

B. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt I.2. (betreffend die Errichtung einer Einfriedung) wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom wurde der F. GmbH die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohneinheiten, zur Errichtung von sieben Pkw-Abstellplätzen und zur Durchführung von Geländeveränderungen auf dem Grundstück Nr. X, KG S., unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

2 Der Revisionswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH, diese wiederum ist unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. GesmbH & Co KG und war im Zeitraum vom bis zumindest (Tatzeitraum) am Grundstück Nr. X als Bauführerin bestellt.

3 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz (belangte Behörde) vom wurde dem Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH vorgeworfen, er habe es zu verantworten, dass näher genannte bauliche Maßnahmen „ohne baubehördliche Bewilligung“ vorgenommen worden seien. Er habe dadurch § 118 Abs. 2 Z 2 in Verbindung mit § 19 Z 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) wurde das genannte Straferkenntnis dem Grunde nach mit der Maßgabe bestätigt, dass das Straferkenntnis nunmehr wie folgt zu lauten habe:

„(Der Beschwerdeführer) hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ,(K. GmbH)‘, diese ist wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der ,(K. GesmbH & Co KG)‘ und somit als zur Vertretung nach außen berufene Person des für die fachtechnische, bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Ausführung verantwortlichen Bauführers gemäß § 34 Abs. 3 des Stmk. Baugesetzes zu verantworten, dass diese in der Zeit vom bis zumindest auf (...) Grst. Nr.: X (...) folgende bauliche Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommen hat:

1.) Umbau am Gebäude

* Der Fahrradabstellplatz wurde entgegen der Baubewilligung zur Gänze geschlossen. Die vertikale Verbretterung des Fahrradabstellplatzes wurde als Gelände bzw. Absturzsicherung über die darüber liegende, konsenslos errichtete Terrasse, hochgezogen.

* Im ersten OG wurde eine Tür als Zugang auf die Terrasse konsenslos errichtet.

2.) Errichtung einer Einfriedung

* Entlang der (W.-Straße) und der (N.-Straße) wurde eine Einfriedung mit einem Betonsockel in der Höhe von ca. 50 cm und darauf ein Holzzaun in der Höhe von ca. 1,35 m mit einer Gesamtlänge von ca. 48,00 m konsenslos errichtet.

Er hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) Übertretung

§ 118 Abs. 2 Z 4 iVm § 19 Z 1 (zu ergänzen: Stmk. BauG) iVm § 9 Abs. 1 VStG hinsichtlich der zu 1. angeführten baulichen Maßnahmen

2.) Übertretung

§ 118 Abs. 2 Z 4 iVm § 19 Z 1 (zu ergänzen: Stmk. BauG) iVm § 9 Abs. 1 VStG hinsichtlich der zu 2. angeführten baulichen Maßnahmen.

(...)“

Anzumerken ist, dass die drei im zitierten Spruch angeführten, mit „*“ gekennzeichneten Punkte („bauliche Maßnahme“) wörtlich dem Straferkenntnis der belangten Behörde entnommen wurden; zwei weitere im Straferkenntnis noch erwähnte Punkte entfielen im angefochtenen Erkenntnis des LVwG.

Das LVwG erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

6 Dazu stellte das LVwG unter anderem fest, dass die dargestellten Änderungen im Tatzeitraum jedenfalls nicht bewilligt gewesen seien. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom (sohin nach dem Tatzeitraum) sei der S. GmbH die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung einer Einfriedung sowie ein Um- und Zubau am Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 10/1 unter Auflagen erteilt worden.

7 In seinen rechtlichen Erwägungen verwies das LVwG im Wesentlichen auf die Bestimmung des § 34 Abs. 3 Stmk. BauG über die Verantwortlichkeit des Bauführers. Der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH, die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. GesmbH & Co KG sei, habe es zu verantworten, wenn nicht fachtechnische, bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechend bauliche Anlagen errichtet würden (die diesbezügliche Strafnorm sei § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG). Insofern werde auf die bauliche Anlage abgestellt, für die der Bauführer gesamtverantwortlich sei.

8 Im gegenständlichen Fall gehe das LVwG von zwei getrennt zu betrachtenden baulichen Anlagen aus, nämlich das Gebäude als eine gesamte bauliche Anlage und die Einfriedung als davon getrennt zu betrachtende bauliche Anlage.

9 Hinsichtlich des Gebäudekomplexes seien von der belangten Behörde im Zuge der Baukontrolle am vier näher beschriebene Abweichungen zur erteilten Bewilligung festgestellt worden; der Bauführer habe demnach nicht bewilligungsgemäß gebaut.

10 Dem Bauführer seien nur Änderungen zum Bauplan anzulasten, die eine Bewilligung nach dem Stmk. BauG erforderten (die fachtechnisch inkorrekte oder den Bauvorschriften widersprechende Ausführung baubewilligungsfreier Vorhaben sei gegenständlich nicht vorgeworfen worden).

11 Nach weiteren Ausführungen zur Verantwortlichkeit des Bauherrn für die Genehmigung einer baulichen Anlage (Verweis auf ) und zur Verantwortlichkeit des Bauführers für die Durchführung der baulichen Anlage ging das LVwG auf die einzelnen Abweichungen vom Bauplan ein, wobei zwei der vier im Straferkenntnis der belangten Behörde angeführten, das Gebäude betreffenden Abweichungen als nicht bewilligungspflichtige und damit hier nicht weiter maßgebliche Abweichungen beurteilt wurden.

12 Zu der dem Revisionswerber spruchgemäß zur Last gelegten Abweichung betreffend den Fahrradabstellplatz hielt das LVwG (unter Bezugnahme auf § 4 Z 58 und § 21 Abs. 2 Stmk. BauG) fest, die Verbretterung sei geeignet, das äußere Erscheinungsbild zu prägen; es werde der bewilligte Konsens verändert. Die angeführten, nach außen in Erscheinung tretenden Änderungen bewirkten offenkundig eine Änderung der äußeren Gestaltung. Demzufolge liege ein bewilligungspflichtiger Umbau gemäß § 19 Abs. 1 Stmk. BauG vor.

13 Gleiches gelte für die konsenslose Errichtung einer Tür als Zugang auf die Terrasse im ersten Obergeschoss. Die zusätzliche Öffnung in der Fassade sei geeignet, das äußere Erscheinungsbild zu prägen; es werde der bewilligte Konsens verändert. Auch hier liege ein bewilligungspflichtiger Umbau gemäß § 19 Abs. 1 Stmk. BauG vor.

14 Die im Spruch erwähnte Errichtung einer Einfriedung - so das LVwG weiter - stelle einen Neubau dar. Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils ab einer Höhe von mehr als 1,5 m seien gemäß § 19 Z 4 Stmk. BauG bewilligungspflichtig. Die Gesamthöhe der gegenständlichen, entlang der W.- und N.-Straße errichteten Einfriedung betrage 185 cm; die Einfriedung sei sohin bewilligungspflichtig.

15 Zusammenfassend hielt das LVwG fest, bei einer unzulässigen Bauführung, die sich als Einheit darstelle und auch von einem einheitlichen Bauwillen getragen sei, handle es sich um ein fortgesetztes Delikt, das strafrechtlich als Einheit anzusehen sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde würden die Abweichungen als ein Umbau (und nicht mehrere) angesehen, zumal sich die Änderungen auf eine bauliche Anlage bezögen und von einem einheitlichen Bauwillen getragen worden seien.

16 Hinsichtlich des errichteten Zaunes sei auszuführen, dass die Errichtung dieser baulichen Anlage keine Einheit mit der anderen als Umbau qualifizierten Bauführung darstelle, zumal diese unterschiedliche Bauführungen an anderen baulichen Anlagen darstellten.

17 Es würden somit die Abweichung des Gebäudes vom bewilligten Plan als ein Umbau und die Errichtung der Einfriedung als ein Neubau angesehen. Der Revisionswerber habe daher die Ausführung zweier baulicher Anlagen zu verantworten; es lägen zwei Verwaltungsübertretungen vor.

18 Die Strafnormen des § 118 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 2 Stmk. BauG richteten sich an den Bauherrn. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Bauführers sei jedoch in § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG, was die belangte Behörde verkannt habe. Da der Tatvorwurf jedoch korrekt sei, könne und müsse die Norm durch das LVwG ausgetauscht werden.

19 Der Begriff „bewilligungsgemäß“ in § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG sei so zu verstehen, dass der bestellte Bauführer auch dann verantwortlich sei, wenn er mit dem Bau bereits beginne, ohne dass dafür die erforderliche Bewilligung vorliege (Verweis auf ). Demzufolge sei auch die Verantwortlichkeit des Revisionswerbers hinsichtlich der Einfriedung zu bejahen gewesen.

20 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

21 Die belangte Behörde erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof keine Revisionsbeantwortung.

22 § 34 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 29/2014, lautet:

§ 34

Bauherr, Bauführer

(...)

(2) Der Bauführer hat den Zeitpunkt des Baubeginns der Behörde anzuzeigen und die Übernahme der Bauführung durch Unterfertigung der Pläne und Baubeschreibung zu bestätigen. Die Behörde hat dem Bauführer eine Bauplakette mit einem roten Ring auf weißem Untergrund auszustellen, aus der die Zahl und das Datum der Baubewilligung oder der Baufreistellungserklärung, der Verwendungszweck des Vorhabens, der Bauführer sowie der Beginn der Bauarbeiten hervorgeht. Die Bauplakette ist gut sichtbar für die Zeit der Bauführung auf der Baustelle anzubringen.

(3) Der Bauführer ist für die fachtechnische, bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Ausführung der gesamten baulichen Anlage verantwortlich.

(...)“

23 § 118 Stmk. BauG in der Fassung LGBl. Nr. 29/2014 lautet:

§ 118

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von EUR 363,- bis EUR 14.535,- zu bestrafen ist, begeht, wer

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden ohne erforderliche Genehmigung errichtet (§ 19 Z. 1 und 8 sowie § 20 Z. 1);

(...)

(2) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu EUR 7.267,- zu bestrafen ist, begeht, wer

(...)

2. Vorhaben gemäß § 19 und § 20 ohne die erforderliche Genehmigung ausführt, sofern sie nicht nach Abs. 1 Z. 1, 2 und 3 zu bestrafen sind;

(...)

4. die bauliche Anlage nicht fachtechnisch, bewilligungsgemäß und den Bauvorschriften entsprechend ausführt (§ 34 Abs. 3);

(...)“

24 Zu Spruchpunkt A.:

25 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

26 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

27 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

28 In seiner Zulässigkeitsbegründung führt der Revisionswerber unter Bezugnahme auf die hg. Erkenntnisse vom , 2008/06/0018, und vom , 2013/06/0128, aus, das angefochtene Erkenntnis des LVwG widerspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weil einerseits die Durchführung einer baulichen Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung vorgeworfen werde und andererseits der Bauführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werde.

29 Damit wird - im Zusammenhang mit den beiden spruchgemäß dem Revisionswerber zur Last gelegten Umbauten am Gebäude - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:

30 Im erwähnten Erkenntnis 2008/06/0018 hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bauführers gemäß § 34 Abs. 3 Stmk. BauG unter anderem die bewilligungsgemäße Ausführung der gesamten baulichen Anlage, für die eine Bewilligung vorliege, betreffe. Bei dem (im damaligen Fall in Frage gestandenen) Zubau und den weitgehenden Geländeveränderungen, die unbestritten nicht in der Baubewilligung enthalten gewesen seien, könne nicht mehr von einer nicht bewilligungsgemäßen Ausführung des Bauvorhabens gesprochen werden, sondern von bewilligungspflichtigen Bauführungen, die ohne Baubewilligung erfolgten.

31 Nach dem hg. Erkenntnis 2013/06/0128 ist der Bauführer gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 Stmk. BauG für die Durchführung (fachtechnische, bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Ausführung) der baulichen Anlage verantwortlich, nicht jedoch für die Genehmigung derselben. Das Fehlen einer baurechtlichen Bewilligung hat der Eigentümer (Bauherr) zu verantworten, während der Bauführer zusätzlich zum Bauherrn die Verantwortung für eine mangelhafte Bauführung trägt.

32 Hinsichtlich der beiden vom LVwG dem Revisionswerber zur Last gelegten Umbauten am Gebäude ist die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses verwendete Diktion „folgende bauliche Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommen“ zweifellos im Sinne des Vorwurfs einer Abweichung von der erteilten baubehördlichen Bewilligung und nicht als völlig ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommene Maßnahme zu verstehen.

33 Dies ergibt sich bereits aus der dieser Wortfolge im Spruch unmittelbar folgenden Beschreibung, dass der Fahrradabstellplatz „entgegen der Baubewilligung“ zur Gänze geschlossen worden sei. Im Zusammenhang mit der im ersten Obergeschoss errichteten Tür lässt der im Spruch verwendete Begriff „konsenslos“ auf den ersten Blick zwar grundsätzlich beide Interpretationen (Abweichung von der erteilten Bewilligung; Errichtung ohne baubehördliche Bewilligung) zu. Die Heranziehung der Erwägungen des angefochtenen Erkenntnisses, in denen ausdrücklich von „Abweichungen“ und davon, dass jeweils „der bewilligte Konsens verändert“ werde, gesprochen wird, stellt jedoch klar, dass dem Revisionswerber hinsichtlich beider in Rede stehenden Umbauten am Gebäude nicht eine Ausführung ohne jegliche baubehördliche Bewilligung, sondern eine gesetzwidrige Bauführung im Sinne einer nicht bewilligungsgemäßen Ausführung vorgeworfen wird. Dafür ist gemäß § 34 Abs. 3 in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG jedoch der Bauführer verantwortlich.

34 Im Übrigen hebt auch der Revisionswerber - in sinngemäßem Gegensatz zu den Umbauten am Gebäude - hervor, dass die (noch nachfolgend zu behandelnde) Einfriedung „in der Baubewilligung überhaupt nicht enthalten war“.

35 Das LVwG ist daher insoweit nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

36 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Zulässigkeitsbegründung in ihrem Abschnitt „d.) Grundsätzliches zur Verantwortlichkeit des Bauführers“, in dem die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst wird, keine konkrete auf den vorliegenden Fall Bezug nehmende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung enthält. Insbesondere wird darin nicht dargelegt, dass die Annahme des LVwG, die beiden in Rede stehenden Umbauten am Gebäude stellten eine von der baubehördlichen Bewilligung abweichende, nicht bewilligungsgemäße Ausführung des Bauvorhabens dar, unzutreffend wäre.

37 Der in den Revisionszulässigkeitsausführungen darüber hinaus erhobene Vorwurf, das LVwG habe gegenüber dem Straferkenntnis des LVwG in unzulässiger Weise einen Austausch des Tatvorwurfes und der verletzten Strafnorm vorgenommen, trifft nicht zu.

38 Nach der hg. Rechtsprechung ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. etwa , mwN).

39 Im vorliegenden Fall hat das LVwG (soweit hier relevant) die beiden im Spruch angeführten, den Umbau am Gebäude betreffenden baulichen Maßnahmen wörtlich dem Straferkenntnis der belangten Behörde entnommen. Ein unzulässiger Austausch des Tatvorwurfs ist demnach nicht erfolgt. Die Subsumtion der Tathandlungen unter die zutreffende Strafnorm (§ 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG) durfte das LVwG im Sinne der zitierten Rechtsprechung vornehmen.

40 Soweit sich die Revision gegen die vom LVwG angenommene verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Revisionswerbers im Zusammenhang mit den beiden genannten Umbauten am Gebäude (Spruchpunkt I.1.) richtete, war sie daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

41 Zu Spruchpunkt B.:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

42 Hinsichtlich der Errichtung einer Einfriedung (Spruchpunkt I.2. des angefochtenen Erkenntnisses) ging das LVwG von einer - vom Gebäude getrennten - bewilligungspflichtigen, als Neubau zu qualifizierenden baulichen Anlage aus.

43 Insoweit erweist sich die Revision aufgrund des Vorbringens, der Revisionswerber als Bauführer sei zu Unrecht für die Durchführung einer baulichen Maßnahme ohne baubehördliche Bewilligung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht worden, als zulässig und auch als berechtigt:

44 In der Revisionsbegründung wird dazu hervorgehoben, dass die Errichtung einer Einfriedung in der Baubewilligung weder im Plan noch in der Baubeschreibung enthalten gewesen sei.

45 Das LVwG hat im angefochtenen Erkenntnis die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Revisionswerbers im Zusammenhang mit der Errichtung der Einfriedung mit der Begründung angenommen, dass der bestellte Bauführer auch dann verantwortlich sei, wenn er mit dem Bau bereits beginne, ohne dass dafür die erforderliche Bewilligung vorliege, und dazu das hg. Erkenntnis vom , 2005/05/0091, zitiert.

46 Das zitierte Erkenntnis erging jedoch zur Wiener Bauordnung, die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes gründeten auf einem darin verwiesenen Vorerkenntnis und einer dort erwähnten Bestimmung der Wiener Bauordnung.

47 Gemäß der Rechtslage nach dem Stmk. BauG ist der Bauführer hingegen (soweit hier maßgeblich) für die nicht bewilligungsgemäße Ausführung einer baulichen Anlage verantwortlich (§ 34 Abs. 3 in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG), während die Errichtung von Neu- und Zubauten von Gebäuden ohne erforderliche Genehmigung oder die Ausführung von Vorhaben gemäß § 19 und § 20 Stmk. BauG ohne die erforderliche Genehmigung Verwaltungsübertretungen nach § 118 Abs. 1 Z 1 bzw. Abs. 2 Z 2 Stmk. BauG darstellen.

48 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 34 Abs. 3 Stmk. BauG bereits ausgeführt, dass bewilligungspflichtige Bauführungen, die ohne Baubewilligung erfolgten, keine nicht bewilligungsgemäße Ausführung eines Bauvorhabens darstellen (vgl. ).

49 Spruchpunkt I.2. des angefochtenen Erkenntnisses erweist sich demnach als inhaltlich rechtswidrig, weshalb das Erkenntnis insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

50 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauG Stmk 1995 §118 Abs1 Z1
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z2
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z4
BauG Stmk 1995 §19
BauG Stmk 1995 §20
BauG Stmk 1995 §34 Abs1
BauG Stmk 1995 §34 Abs3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2018060011.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-45039

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden