VwGH 24.01.2022, 2021/13/0022
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | KanalG NÖ 1977 §3 |
RS 1 | Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0224, mwN) ist die bauliche Gestaltung dafür entscheidend, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei (oder mehrere) selbständige Gebäude vorliegen. Ein einheitliches Gebäude ist nach dieser Rechtsprechung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden sind, welche überdies Öffnungen aufweisen, wodurch eine funktionelle Einheit dieser Teile hergestellt wird. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2011/17/0284 E RS 1 |
Norm | KanalG NÖ 1977 §3 |
RS 2 | Selbst eigene, als getrennte Gebäude in Betracht kommende Bauwerke sind als ein einheitliches Gebäude anzusehen, wenn durch Zugangsmöglichkeiten zwischen den Trakten eine funktionelle Einheit geschaffen wird (vgl. etwa ; , Ra 2017/16/0064, mwN). |
Normen | KanalG NÖ 1977 §3 KanalG NÖ 1977 §3 Abs2 |
RS 3 | Es ist - bei Vorliegen eines einheitlichen Gebäudes - für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe nach § 3 NÖ KanalG 1977 ohne Bedeutung, ob die Fläche des jeweiligen Geschoßes nur einen Teil der verbauten Fläche des Gebäudes ausmacht (vgl. , mwN). |
Normen | KanalG NÖ 1977 §3 KanalG NÖ 1977 §3 Abs2 |
RS 4 | Den kanalgebührenrechtlichen Bestimmungen kommt hinsichtlich der für die Bemessungsgrundlage bedeutsamen Geschoßzahl ein vereinfachender, einer Pauschalierung mit all ihren Vorteilen, aber auch Nachteilen für den Abgabepflichtigen entsprechender Charakter zu. Sie schließen daher die Berücksichtigung des genauen Flächenmaßes von Teilen eines einheitlichen Gebäudes aus (vgl. ). |
Norm | BAO §76 Abs1 litc |
RS 1 | Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit iSd § 76 Abs. 1 lit. c BAO vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/10/0167, zur gleichlautenden Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 4 (ab 2008 Z 3) AVG). Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK ist die Befangenheit eines Mitglieds eines Tribunals in verfassungskonformer Weise dann anzunehmen, wenn einem Organwalter auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg Erkenntnis vom , 2013/09/0049). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/15/0291 E VwSlg 8936 F/2014 RS 2 (hier nur der erste Satz) |
Normen | |
RS 2 | Gemäß § 189 Abs. 1 Z 2 UGB (idF BGBl. I Nr. 120/2005 und BGBl. I Nr. 103/2006) ist das Dritte Buch UGB (Rechnungslegung) (neben den in Z 1 dieser Bestimmung genannten Kapitalgesellschaften und unternehmerisch tätigen Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist), auf "alle anderen" (mit Ausnahme der in Abs. 4 genannten) Unternehmer, die hinsichtlich der einzelnen einheitlichen Betriebe jeweils mehr als 400.000 € Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen, anzuwenden. Erfasst werden damit u.a. auch juristische Personen öffentlichen Rechts, die unternehmerisch tätig sind. |
Normen | |
RS 3 | Nach § 189 Abs. 3 UGB gehen rechnungslegungsrechtliche Sonderbestimmungen der Anwendung dieses Gesetzes vor. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1058 BlgNR 22. GP 50) wurde hiezu angeführt, dass etwa die Rechnungslegungsbestimmungen des UGB auf einen unternehmerisch tätigen Verein ausschließlich nach Maßgabe des § 22 VerG 2002 zur Anwendung gelangten; Sonderbestimmungen wie die des GenG 1873, des BWG 1993 oder des VAG 1978, "aber auch jene der öffentlichen Hand (Kameralistik)" seien vorrangig anzuwenden. |
Normen | |
RS 4 | Während Sonderbestimmungen des GenG 1873, des BWG 1993 oder des VAG 1978 im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 (auch) als "handelsrechtliche" oder "unternehmensrechtliche" Vorschriften beurteilt werden können (vgl. zu Bestimmungen des VerG 2002 auch die Änderung des § 5 EStG 1988 mit BGBl. I Nr. 52/2009 und die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 113 BlgNR 24. GP, wonach auch etwa im VerG 2002 unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflichten enthalten sind), kann dies bei den Bestimmungen der VRV 1997 nicht angenommen werden. (hier: Die Rechnungslegung eines Betriebs gewerblicher Art einer Gemeinde hatte sohin im Streitzeitraum nicht nach § 5 EStG 1988 zu erfolgen.) |
Normen | |
RS 5 | Zur Aufnahme von gewillkürtem Betriebsvermögen sind nur Abgabepflichtige berechtigt, die ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermitteln (vgl. z.B. , mwN; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 22/2012, 1680 BlgNR 24. GP 12). |
Norm | EStG 1988 §4 Abs1 |
RS 6 | Was als Betriebsvermögen anzusehen ist bzw. nach welchen Grundsätzen Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehören alle Wirtschaftsgüter, die objektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind, zum notwendigen Betriebsvermögen. Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Abgabepflichtigen sowie die Verkehrsauffassung maßgebend (Hinweis E , 98/15/0169, 0170). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/15/0008 E RS 1 (hier ohne den ersten Satz) |
Normen | |
RS 7 | Wertpapiere gehören etwa dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie zur Deckung von Pensionsrückstellungen (vgl. aber § 14 Abs. 11 EStG 1988) dienen oder in Zusammenhang mit dem Gewinnfreibetrag (§ 10 EStG 1988) angeschafft wurden. Wertpapiere, die nicht aus Betriebsmitteln angeschafft wurden und nicht unmittelbar für Zwecke des Betriebes eingesetzt werden, zählen hingegen nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Wertpapiere, die nur eine ansonsten gegebene Unterkapitalisierung ausgleichen sollen (vgl. dazu ) oder die bloß dem Abdecken von Verlusten dienen (vgl. dazu ), gehören nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Auch der Umstand, dass die Wertpapiere zur Besicherung einer Verbindlichkeit dienten, die zum (negativen) Betriebsvermögen zählt, bewirkt nicht, dass diese Wertpapiere dadurch zu notwendigem Betriebsvermögen würden (vgl. ; , 94/15/0211). |
Norm | VwRallg |
RS 8 | Bei Richtlinien der Finanzverwaltung handelt es sich lediglich um Auslegungsbehelfe der Finanzverwaltung; eine Bindung des VwGH an diese Richtlinien besteht nicht (vgl. ). |
Normen | BAO §114 VwRallg |
RS 9 | Voraussetzung für die Geltendmachung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist insbesondere, dass der Abgabepflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Auskunft Dispositionen getroffen hat, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der F GmbH in W, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-106/002-2020, betreffend Vorschreibung einer Kanaleinmündungsabgabe, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Gemeindevorstands der Marktgemeinde M vom , mit dem die Berufung der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom betreffend die Vorschreibung einer Kanaleinmündungsabgabe in näher bezeichneter Höhe abgewiesen worden war, ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 In der Begründung führte das Landesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerberin sei mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 77 Wohnungen, einer Tiefgarage und zwei Lokalen auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in M erteilt und der Anschluss an den öffentlichen Mischwasserkanal aufgetragen worden.
3 Mit Bescheid vom habe der Bürgermeister der Marktgemeinde M der Revisionswerberin für diese Liegenschaft eine Kanaleinmündungsabgabe in näher bezeichneter Höhe vorgeschrieben.
4 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe die Revisionswerberin vorgebracht, der Bürgermeister der Marktgemeinde M sei zu Unrecht von einem einheitlichen Gebäude hinsichtlich der Stiegen 2 bis 5 (Neubau) und der Stiege 1 (revitalisierter Altbau) und daher einheitlich von fünf Geschoßen ausgegangen. Durch die Bauführung sei dem Altbestand ungeachtet seiner Revitalisierung jedoch nicht seine Eigenschaft als selbständiges Bauwerk genommen worden. Da der Stiege 1 eigenständige Bedeutung zukomme und diese nur mit drei Geschoßen bebaut sei, sei hinsichtlich der bebauten Fläche der Stiege 1 nur von drei Geschoßen auszugehen und die Kanaleinmündungsabgabe entsprechend zu reduzieren.
5 Nach Abweisung der Berufung durch den Gemeindevorstand habe sich die Revisionswerberin in ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erneut gegen die Annahme eines einheitlichen Gebäudes hinsichtlich der Stiegen 2 bis 5 und der Stiege 1 gewendet.
6 Das Landesverwaltungsgericht stellte - nach Durchführung eines Lokalaugenscheins samt mündlicher Verhandlung, in der die belangte Behörde auf das Erfordernis der „geschlossenen Bauweise“ laut Bebauungsplan hinwies - fest, dass sich auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft der Revisionswerberin ein Wohngebäude befinde, das in mehrere Baukörper (Altbau/Stiege 1 und Neubau/Stiegen 2 bis 5) gegliedert sei. Zwischen dem Neubau und dem revitalisierten Altbau gebe es oberirdisch keine Durchgänge; es existiere aber konstruktiv bedingt bei einem Teil eine gemeinsame Mauer. Bei einem anderen Teil erfolge die Verbindung der beiden Baukörper über eine Terrasse, die allerdings nur vom Neubau aus benutzt werden könne. Die Baukörper seien durch die unterirdische, nicht an den Kanal angeschlossene Tiefgarage miteinander verbunden und einheitlich nutzbar. Von jeder Stiege aus gelange man in die Tiefgarage, welche sowohl unter dem Altbau/Stiege 1 als auch unter dem Neubau/Stiegen 2 bis 5 situiert sei.
7 Rechtlich folgerte das Landesverwaltungsgericht, dass das verfahrensgegenständliche Objekt aufgrund seiner baulichen Gestaltung für die Ermittlung der Kanaleinmündungsabgabe als ein einheitliches Gebäude zu betrachten sei. Aufgrund der Baupläne und der Ausführung in der Natur sei ersichtlich, dass zwischen den einzelnen Trakten (Tiefgarage und Stiegen 1 bis 5) Durchgänge und Verbindungen bestünden, sodass auch eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung (vor allem über die Tiefgarage) im Sinne einer funktionellen Einheit erfolge. Die beiden Baukörper seien über die gemeinsame Tiefgarage einheitlich nutzbar.
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 1786/2020-6, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
9 Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom richtet sich auch die vorliegende Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Im Revisionsfall ist strittig, ob die beiden Baukörper (revitalisierter Altbau/Stiege 1 und Neubau/Stiegen 2 bis 5) einer Wohnhausanlage für die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe nach dem NÖ KanalG 1977 als einheitliches Gebäude zu qualifizieren sind.
14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die bauliche Gestaltung ausschlaggebend dafür, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei selbständige Gebäude vorliegen (vgl. etwa ; , 2003/17/0224; , 2002/17/0048, jeweils mwN).
15 Ein einheitliches Gebäude ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden sind, welche überdies Öffnungen aufweisen, wodurch eine funktionelle Einheit dieser Teile hergestellt wird (vgl. nochmals ; , 2003/17/0224; , 2002/17/0048). Selbst eigene, als getrennte Gebäude in Betracht kommende Bauwerke sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als ein einheitliches Gebäude anzusehen, wenn durch Zugangsmöglichkeiten zwischen den Trakten eine funktionelle Einheit geschaffen wird (vgl. etwa ; , Ra 2017/16/0064, mwN).
16 Das Landesverwaltungsgericht ist im angefochtenen Erkenntnis zum Ergebnis gelangt, dass die beiden Baukörper der streitgegenständlichen Wohnhausanlage (revitalisierter Altbau/Stiege 1 und Neubau/Stiegen 2 bis 5) für die Ermittlung der Kanaleinmündungsabgabe als ein einheitliches Gebäude zu betrachten seien. Die beiden Baukörper verfügten konstruktiv bedingt zum Teil über eine gemeinsame Mauer (ohne Durchgänge) und seien über die gemeinsame unterirdische Tiefgarage, die sowohl unter dem Altbau/Stiege 1 als auch unter dem Neubau/Stiegen 2 bis 5 situiert und von allen Stiegen aus zugänglich sei, miteinander verbunden und einheitlich nutzbar.
17 Dass das Landesverwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen oder diese auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar wäre, vermag die Revision mit ihrem diesbezüglichen, auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht näher eingehenden Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen (vgl. zum Konkretisierungsgebot gemäß § 28 Abs. 3 VwGG etwa ; , Ra 2017/13/0067).
18 Soweit gerügt wird, dem Altbau könnten keine Stockwerke zugemessen werden, über die das Gebäude gar nicht verfüge, nur weil angrenzende, neu errichtete Gebäude am selben Bauplatz eine höhere Geschoßzahl aufwiesen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es - bei Vorliegen eines einheitlichen Gebäudes - für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe nach § 3 NÖ KanalG 1977 ohne Bedeutung ist, ob die Fläche des jeweiligen Geschoßes nur einen Teil der verbauten Fläche des Gebäudes ausmacht (vgl. , mwN). In diesem Erkenntnis ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der baulichen Gestaltung eines Forschungs- und Verwaltungszentrums - an den zehnstöckigen Verwaltungsturm schlossen auf beiden Seiten zwei- bzw. dreistöckige Seitenflügel mit entsprechenden Zugangsmöglichkeiten an - zum Ergebnis gelangt, dass einheitlich von einem zehngeschoßigen Gebäude auszugehen sei.
19 Den kanalgebührenrechtlichen Bestimmungen kommt hinsichtlich der für die Bemessungsgrundlage bedeutsamen Geschoßzahl ein vereinfachender, einer Pauschalierung mit all ihren Vorteilen, aber auch Nachteilen für den Abgabepflichtigen entsprechender Charakter zu. Sie schließen daher die der Revisionswerberin im Sinne einer „verfassungskonformen Interpretation“ vorschwebende Berücksichtigung des genauen Flächenmaßes von Teilen eines einheitlichen Gebäudes aus (vgl. ). Darüber hinaus hätte es die Revisionswerberin in der Hand gehabt, durch eine andere bauliche Gestaltung der Wohnhausanlage - wie etwa durch das in der Zulässigkeitsbegründung beschriebene „Gedankenexperiment“ - die von ihr ins Treffen geführte Härte zu vermeiden.
20 Soweit zur Zulässigkeit der Revision schließlich vorgebracht wird, die Anzahl der „Schar Ziegel“ einer Trennwand könne kein taugliches Abgrenzungskriterium sein, komme es doch auch für den Gebäudeteilbegriff in § 1a Z 7 NÖ KanalG 1977 nur auf eine durchgehende Wand bis zur obersten Decke an, genügt der Hinweis, dass das Landesverwaltungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung ein solches Abgrenzungskriterium nicht zugrunde gelegt hat.
21 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der M in P, vertreten durch die PWB Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsges.m.b.H. in 2345 Brunn am Gebirge, Wolfholzgasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100408/2013, betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2010, Kapitalertragsteuer 2009, 2010 sowie 1-6/2011, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist ein Betrieb gewerblicher Art („Erholungszentrum“) der Gemeinde X. Der Betrieb gewerblicher Art umfasst ein Frei- und Hallenbad, einen Eislaufplatz, eine Sporthalle und zwei Beach-Volleyballplätze sowie eine Restaurantvermietung.
2 Im Jahr 2007 veräußerte die Gemeinde X Liegenschaften an die zur Gänze in ihrem Besitz befindliche X GmbH als ausgegliederte Rechtsträgerin. Der aus der Veräußerung dieser Liegenschaften erzielte Erlös wurde auf bei zwei Kreditinstituten unterhaltenen Wertpapierdepots veranlagt und zur Gänze der seit 2007 bestehenden Revisionswerberin zugeordnet.
3 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 wurde u.a. festgehalten, die Betriebsprüfung könne der (ausschließlichen) Zuordnung dieser Wertpapiere zum Betrieb gewerblicher Art nicht folgen. Das Kapital stehe der Gemeinde zur Verfügung; im Jahr 2009 sei auch ein Teil des Kapitals in der Gemeinde verwendet worden. Ein Teil der Wertpapiere könne aber der Revisionswerberin zugeordnet werden, wobei zur Berechnung dieses Anteils die Einnahmenstruktur der Gemeinde herangezogen werde. Für den anderen Teil der Wertpapiere sei Kapitalertragsteuer vorzuschreiben.
4 Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und setzte mit Bescheiden vom die Körperschaftsteuer für die Jahre 2007 bis 2010 fest; weiters setzte es Kapitalertragsteuer für die Jahre 2009 und 2010 und für den Zeitraum 1-6/2011 fest und schrieb diese der Revisionswerberin gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 vor.
5 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufungen. Sie machte geltend, die Wertpapiere seien zur Gänze dem Betrieb gewerblicher Art als gewillkürtes Betriebsvermögen zuzuordnen. Auch die von der Außenprüfung vorgenommene Aufteilung der Wertpapiere sei dem Grunde und der Höhe nach unrichtig.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrigen) Beschwerden betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 als unbegründet ab und änderte die Bescheide (zu Lasten der Revisionswerberin) ab. Betreffend Körperschaftsteuer 2010 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab; der Bescheid blieb unverändert. Betreffend Kapitalertragsteuer für die Jahre 2009 und 2010 und für den Zeitraum Jänner bis Juni 2011 gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und hob diese Bescheide ersatzlos auf. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
7 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Trägerkörperschaft der Revisionswerberin (die Gemeinde X) ermittle ihren Vermögensstatus nach kameralistischen Grundsätzen gemäß der VRV 1997. Der Erlös aus der Veräußerung der (aus verschiedensten Bereichen stammenden, z.B. Wirtschaftshof, Wertstoffsammelzentrum etc.) Grundstücke der Gemeinde sei auf Wertpapierdepots von zwei Kreditinstituten veranlagt worden, wobei die Erträge ab Februar 2008 (Anmerkung: nach dem Inhalt der vorgelegten Verfahrensakten betreffend eine Bank ab Februar 2008, betreffend die andere Bank ab Februar 2009) als steuerbefreit behandelt worden seien. Das Wertpapierdepot bei der Bank A habe auf die Revisionswerberin gelautet, das Wertpapierdepot bei der Bank B habe hingegen auf die Gemeinde selbst gelautet. Die Gemeinde habe die beiden Wertpapierdepots zur Gänze der Revisionswerberin als gewillkürtes Betriebsvermögen gewidmet. Eine notwendige Betriebsfunktion (wie z.B. für Zwecke einer Pensionsrückstellung) komme diesen Wertpapieren bei der Revisionswerberin nicht zu. Die Wertpapiere hätten mit näher genannten Beträgen der Besicherung von Krediten gedient; dies habe aber zum einen hoheitliche Zwecke, zum anderen einen anderen Betrieb gewerblicher Art der Gemeinde betroffen. Im Übrigen dienten die Wertpapiere der Finanzierung der Adaptierung und Erweiterung des „Freizeitzentrums“ auf Basis eines Leasingvertrages, der mit März 2017 vorzeitig aufgelöst worden sei.
8 Die für Länder und Gemeinden anzuwendende Kameralistik (VRV 1997) stelle keine Rechnungslegung iSd § 7 Abs. 3 KStG 1988 dar, weil im Rahmen der Kameralistik die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nur unzureichend berücksichtigt würden. Bei der Kameralistik handle es sich um eine rein formale Buchführungsmethode, die durch eine Einnahmenüberschussrechnung und periodengerechte Zuordnung gekennzeichnet sei. Eine betriebswirtschaftliche Abgrenzung zwischen Einnahmen und Einzahlung einerseits und Ausgaben und Auszahlung anderseits entfalle. Es erfolge kein buchmäßiger Nachweis des Inventars, Bilanzierung und Bewertung von Vermögen und Schulden entfielen, Wertverluste würden nicht erfasst. Die Kameralistik habe die Ermittlung eines finanzwirtschaftlichen Ergebnisses im Sinne des Vollzugs des Haushaltsvoranschlags zum Ziel und sei an Zahlungsströmen orientiert. Die Kameralistik der Länder und Gemeinden sei daher keine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende sondergesetzliche Vorschrift.
9 Soweit demnach für Betriebe gewerblicher Art keine Rechnungslegungspflicht nach unternehmensrechtlichen Vorschriften bestehe, ermittelten diese ihren Gewinn bei freiwilliger Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Damit seien nur jene Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen zuzurechnen, die zum notwendigen Betriebsvermögen zählten. Die Zurechnung der in Rede stehenden Wertpapiere zum notwendigen Betriebsvermögen setze voraus, dass diese entweder der Wertpapierdeckung gemäß § 14 EStG 1988 oder zumindest der Deckung des einfachen Jahresbedarfes der notwendigen liquiden Mittel dienten oder im Zusammenhang mit der begünstigten Besteuerung für nicht entnommene Gewinne angeschafft würden. Dies sei hier nicht der Fall. Die Wertpapiere seien lediglich als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt worden.
10 Wenn auch die Wertpapiere nach dem Vorbringen der Revisionswerberin auch der Finanzierung der Adaptierung und Erweiterung des Freizeitzentrums mittels Leasingvertrages gedient hätten, begründe dies allenfalls deren Eigenschaft als gewillkürtes Betriebsvermögen. Notwendiges Betriebsvermögen sei bereits dann auszuschließen, wenn die Wertpapiere (auch) für Zwecke außerhalb des Betriebes verpfändet würden.
11 Die Wertpapiere dienten auch nicht dem Schutz vor Insolvenz des Betriebs gewerblicher Art, da aufgrund der zivilrechtlichen Unselbständigkeit dieses Betriebes eine umfassende Schuldenhaftung der Gemeinde für alle Schulden des Betriebes gegeben sei. Die Wertpapiere seien auch nicht aus liquiden Mitteln des Betriebes angeschafft worden, sondern in diesen Betrieb lediglich eingelegt worden.
12 Eine Anrechnung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuern aus den Wertpapierdepots im Körperschaftsteuerverfahren der Revisionswerberin für die Jahre 2007 bis 2010 komme daher nicht in Betracht. Die Beschwerde betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2010 sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen und die Bescheide für die Jahre 2007 bis 2009 (zu Lasten der Revisionswerberin) abzuändern gewesen.
13 Mangels Zurechnung der in Rede stehenden Wertpapierdepots zum Betriebsvermögen der Revisionswerberin als Betrieb gewerblicher Art komme eine Festsetzung der Kapitalertragsteuer gegenüber der Revisionswerberin nicht in Betracht. Die Bescheide des Finanzamts, mit denen dennoch gegenüber der Revisionswerberin Kapitalertragsteuer festgesetzt worden sei, seien daher ersatzlos aufzuheben.
14 Eine Revision sei zulässig, weil hinsichtlich der Frage, ob Rechtsvorschriften der Kameralistik rechnungslegungsrechtliche Sondervorschriften im Sinne des § 189 Abs. 3 UGB seien, die den Rechnungslegungsvorschriften des UGB vorgingen, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
15 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.
16 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
18 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
19 Die Revision macht zunächst als Verfahrensmangel geltend, das Bundesfinanzgericht habe bereits vor der mündlichen Verhandlung der Revisionswerberin das „Erkenntnis in der gegenständlichen Angelegenheit“ zukommen lassen. Durch Vorabübermittlung dieses Dokuments (samt Spruch) sei (zumindest) der Anschein der Parteilichkeit entstanden. Das Vorgehen gleiche überdies einer vorgegriffenen Beweiswürdigung, da das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei, wodurch jedenfalls das rechtliche Gehör verletzt worden sei.
20 Wie aus dem Akteninhalt (und der Beilage zur Revision) hervorgeht, hat das Bundesfinanzgericht (u.a.) der Revisionswerberin mit E-Mail vom eine „Sachverhaltsdarstellung“ zur Kenntnisnahme übermittelt; im Hinblick auf die coronabedingten Auflagen solle die mündliche Verhandlung auf den Diskurs zwischen den Verfahrensparteien beschränkt werden. Auch in der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vom wurde ausgeführt, der Berichterstatter trage die Sache vor und verweise auf die bislang übermittelte umfangreiche Sachverhaltsdarstellung. Die „Sachverhaltsdarstellung“ war in der Form eines Entscheidungsentwurfes erstellt, der auch bereits den Spruch des nunmehrigen Erkenntnisses umfasste, im Übrigen aber nur den Verfahrensgang bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung schilderte.
21 Eine derartige Vorgangsweise erscheint zwar wenig zweckmäßig. Insbesondere diente die übermittelte Sachverhaltsdarstellung auch nicht der Einräumung des Parteiengehörs zu bereits erfolgten Beweisaufnahmen. Dass die einzelnen, ausführlich geschilderten Dokumente (wie Bericht der Außenprüfung, Schriftsätze der Parteien) den Parteien bisher nicht bekannt gewesen wären, ist aus dem Akteninhalt nicht ableitbar; es erfolgten vielmehr wiederholt Stellungnahmen der Parteien zu zuvor erstatteten Eingaben der Gegenpartei.
22 Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit iSd § 76 Abs. 1 lit. c BAO vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (vgl. ). Es ist aber nicht erkennbar (und es besteht auch kein Anschein in diese Richtung), dass das Bundesfinanzgericht etwa nicht bereit gewesen wäre, bei zusätzlichem Vorbringen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung von dem von ihm zunächst eingenommenen Standpunkt wieder abzugehen. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall der Sachverhalt nicht strittig ist (vgl. - die Bandbreite einer der Schlüssigkeitsprüfung standhaltenden Beweiswürdigung betonend - neuerlich ; die Revision enthält keinerlei Bestreitungsvorbringen zum vom Bundesfinanzgericht angenommenen Sachverhalt). Die Rechtsfrage unterliegt aber der Überprüfung im Revisionsverfahren, wobei im Übrigen bereits in der übermittelten Sachverhaltsdarstellung ausgeführt wurde, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
23 Auch eine vorgreifende Beweiswürdigung ist nicht erkennbar; insbesondere wird auch nicht behauptet, dass Beweisanträgen der Revisionswerberin nicht nachgekommen worden wäre.
24 Ein relevanter Verfahrensmangel wird somit nicht aufgezeigt.
25 Nach § 7 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988 (in den Fassungen BGBl. I Nr. 180/2004, BGBl. I Nr. 100/2006, und BGBl. I Nr. 24/2007) ist der Gewinn bei Betrieben gewerblicher Art (§ 2 KStG 1988), die nach handelsrechtlichen (unternehmensrechtlichen) Vorschriften zur Buchführung (Rechnungslegung) verpflichtet sind, nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln.
26 Gemäß § 189 Abs. 1 Z 2 UGB (idF BGBl. I Nr. 120/2005 und BGBl. I Nr. 103/2006) ist das Dritte Buch UGB (Rechnungslegung) (neben den in Z 1 dieser Bestimmung genannten Kapitalgesellschaften und unternehmerisch tätigen Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist), auf „alle anderen“ (mit Ausnahme der in Abs. 4 genannten) Unternehmer, die hinsichtlich der einzelnen einheitlichen Betriebe jeweils mehr als 400.000 € Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen, anzuwenden. Erfasst werden damit u.a. auch juristische Personen öffentlichen Rechts, die unternehmerisch tätig sind (vgl. z.B. Petutschnig/Schiebel in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG3, 56. Lfg, § 189 Tz 36).
27 Nach § 189 Abs. 3 UGB gehen aber rechnungslegungsrechtliche Sonderbestimmungen der Anwendung dieses Gesetzes vor. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1058 BlgNR 22. GP 50) wurde hiezu angeführt, dass etwa die Rechnungslegungsbestimmungen des UGB auf einen unternehmerisch tätigen Verein ausschließlich nach Maßgabe des § 22 VereinsG zur Anwendung gelangten; Sonderbestimmungen wie die des GenG, des BWG oder des VAG, „aber auch jene der öffentlichen Hand (Kameralistik)“ seien vorrangig anzuwenden (vgl. dazu auch Petutschnig/Schiebel, aaO, Tz 71).
28 Die Rechnungslegung von Gemeinden unterlag im Streitzeitraum der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 1997 (VRV 1997), BGBl. Nr. 787/1996 (idF BGBl. II Nr. 45/2006 und BGBl. II Nr. 118/2007). Diese Rechnungslegung umfasste auch die Betriebe, betriebsähnlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde (vgl. z.B. §§ 3 und 16 VRV 1997).
29 Während Sonderbestimmungen des GenG, des BWG oder des VAG im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 (auch) als „handelsrechtliche“ oder „unternehmensrechtliche“ Vorschriften beurteilt werden können (vgl. zu Bestimmungen des Vereinsgesetzes auch die Änderung des § 5 EStG 1988 mit BGBl. I Nr. 52/2009 und die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 113 BlgNR 24. GP, wonach auch etwa im Vereinsgesetz unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflichten enthalten sind) kann dies bei den Bestimmungen der VRV 1997 nicht angenommen werden (vgl. Trenkwalder in Renner/Schlager/Schwarz, GedS Köglberger, 133 ff [142]). Die Rechnungslegung eines Betriebs gewerblicher Art einer Gemeinde hatte sohin im Streitzeitraum nicht nach § 5 EStG 1988 zu erfolgen (vgl. auch Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 7 Tz 200; Heinrich in R/S/V, KStG 1988, 33. Lfg, § 7 Tz 303).
30 Wenn sich die Revisionswerberin zur Stützung ihres Standpunktes auf Beiser (RdW 2020/292; SWK 2020, 477 ff) beruft, so behandelt dieser aber die Rechnungslegung nach der für den zu beurteilenden Streitzeitraum nicht anwendbaren VRV 2015. Die von Beiser behandelte Streitfrage (vgl. dazu auch Schilcher, SWK 2020, 958 ff; und Heinrich in R/S/V, KStG 1988, 33. Lfg, § 7 Tz 303 ff) wurde inzwischen vom Gesetzgeber geklärt (§ 7 Abs. 3 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 3/2021).
31 Zur Aufnahme von gewillkürtem Betriebsvermögen sind nur Abgabepflichtige berechtigt, die ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermitteln (vgl. z.B. , mwN; vgl. weiters Zorn/Varro in Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 54; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 22/2012, 1680 BlgNR 24. GP 12).
32 Da die Revisionswerberin ihren Gewinn nicht nach § 5 EStG 1988 zu ermitteln hat, ist sohin entscheidend, ob die Wertpapiere als notwendiges Betriebsvermögen zu beurteilen sind.
33 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gehören alle Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar dem Betrieb zu dienen bestimmt sind, zum notwendigen Betriebsvermögen. Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Abgabepflichtigen sowie die Verkehrsauffassung maßgebend (vgl. ; , Ro 2019/15/0007, je mwN).
34 Wertpapiere gehören etwa dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie zur Deckung von Pensionsrückstellungen (vgl. aber § 14 Abs. 11 EStG 1988) dienen oder in Zusammenhang mit dem Gewinnfreibetrag (§ 10 EStG 1988) angeschafft wurden (vgl. Zorn/Varro in Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 48, mwN). Wertpapiere, die nicht aus Betriebsmitteln angeschafft wurden und nicht unmittelbar für Zwecke des Betriebes eingesetzt werden, zählen hingegen nicht zum notwendigen Betriebsvermögen (Zorn/Varro, aaO Tz 49, mwN). Wertpapiere, die nur eine ansonsten gegebene Unterkapitalisierung ausgleichen sollen (vgl. dazu ) oder die bloß dem Abdecken von Verlusten dienen (vgl. dazu ), gehören entgegen dem Revisionsvorbringen nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Auch der Umstand, dass die Wertpapiere zur Besicherung einer Verbindlichkeit dienten, die zum (negativen) Betriebsvermögen zählt, bewirkt nicht, dass diese Wertpapiere dadurch zu notwendigem Betriebsvermögen würden (vgl. ; , 94/15/0211).
35 Wenn die Revisionswerberin ihren Standpunkt wiederholt auf Richtlinien der Finanzverwaltung stützt, ist zu bemerken, dass es sich hiebei lediglich um Auslegungsbehelfe der Finanzverwaltung handelt; eine Bindung des Verwaltungsgerichtshofs an diese Richtlinien besteht nicht (vgl. ).
36 Der Grundsatz von Treu und Glauben, auf den sich die Revisionswerberin weiters stützt, schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung in der Vergangenheit. Voraussetzung für die Geltendmachung dieses Grundsatzes ist insbesondere, dass der Abgabepflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Auskunft Dispositionen getroffen hat, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte (vgl. ). Dass die Revisionswerberin (oder ihre Trägerkörperschaft) im Vertrauen auf eine Auskunft des Finanzamts nachteilige Dispositionen getroffen hätte, wird in der Revision nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar.
37 Dass die Revisionswerberin - wie in der Revision weiters vorgebracht - tatsächlich Jahresabschlüsse (Bilanz samt Gewinn- und Verlustrechnung) aufstellte, belegt lediglich, dass im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1988 freiwillig Bücher geführt wurden. Eine Gewinnermittlung iSd § 5 EStG 1988 liegt damit nicht vor.
38 Eine Nachsicht (§ 236 BAO) - wie zuletzt in der Revision angesprochen - ist nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses.
39 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
40 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | KanalG NÖ 1977 §3 KanalG NÖ 1977 §3 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021130022.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-44990