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VwGH 19.04.2021, 2021/05/0001

VwGH 19.04.2021, 2021/05/0001

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §38
VwGG §33 Abs1
VwGG §38 Abs4
VwGVG 2014 §17
RS 1
Das Verfahren über einen Fristsetzungsantrag ist auch einzustellen, wenn das säumige VwG nach Einbringung des Fristsetzungsantrages einen Aussetzungsbeschluss gemäß § 38 AVG (in Verbindung mit § 17 VwGVG 2014) fasst (vgl. , mwN). Im Fristsetzungsverfahren geht es lediglich um die Frage der Säumnis des VwG, nicht aber um die Rechtmäßigkeit der die Säumnis beendenden Entscheidung.
Normen
VwGG §31 Abs1 Z4
VwGG §31 Abs2
RS 1
Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs 1 Z 4 VwGG, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen; diese Glaubhaftmachung muss die persönlichen Umstände und Interessen sowie das persönliche Verhalten des abgelehnten Mitglieds des Verwaltungsgerichtshofes betreffen (Hinweis B vom , 2001/08/0039).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2015/03/0002 B RS 2
Normen
VwGG §31 Abs1 Z4
VwGG §31 Abs2
RS 2
Der Vorwurf des Antragstellers einer amtsmissbräuchlichen Vorgangsweise des Richters erweist sich als grobe Ungehörigkeit, vermag aber der Sache nach eine Befangenheit der abgelehnten Richterinnen und Richter nicht darzutun (vgl etwa ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2015/03/0005 B RS 8
Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §135
BauRallg
RS 1
Die Vorschrift des § 135 Wr BauO stellt eine Blankettstrafnorm dar und enthält die Verpflichtung, jede Vorschrift der Bauordnung dahin zu untersuchen, ob sie ein Gebot oder Verbot enthält, dem zuwidergehandelt werden kann (Hinweis auf Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften5, 900).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/05/0162 E RS 1
Normen
BauO Wr §135
B-VG Art140 Abs1
B-VG Art18 Abs1
KlGG Wr 1996 §22
MRK Art7 Abs1
VStG §44a Z2
RS 2
Der gesetzestechnische Vorgang der äußeren Trennung von Tatbild

und Strafdrohung, wie er für Blankettstrafnormen kennzeichnend

ist, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern der

Tatsbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit als

Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet

ist. Erforderlich ist ferner, daß, wenn der strafbare

Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm besteht, der

Unrechtsgehalt eines Unterlassens eindeutig erkennbar ist und

daß schließlich der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit

solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muß, daß jedermann ihn

als solchen zu verstehen vermag (Hinweis VfGH E ,

VfSlg 12947/91).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 95/10/0017 E RS 2
Normen
BauO Wr §135
B-VG Art18 Abs1
KlGG Wr 1996 §22
MRK Art7
VStG §1 Abs1
VwRallg
RS 3
Bei einem Verwaltungsstrafverfahren ist § 1 Abs. 1 VStG zu berücksichtigen, welcher festlegt, dass die Bestrafung einer Tat nur insoweit zulässig ist, als ihre Begehung mit Strafe bedroht war. Es besteht also das Erfordernis einer die Tatbegehung als solche erfassenden einschlägigen Strafvorschrift. Die Tat muss ausdrücklich mit Strafe bedroht sein. Die Grenzen des strafrechtlich Verbotenen müssen verlässlich bestimmt werden können. Im Verwaltungsstrafrecht bildet daher der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung (vgl. , 0004).
Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §135
B-VG Art18 Abs1
KlGG Wr 1996
VwRallg
RS 4
Zwar beinhaltet § 129 Abs. 10 1. Satz Wr BauO ein Gebot, nämlich jenes der Behebung jeder Abweichung von den Bauvorschriften, dieses bedarf aber zur näheren Konkretisierung einer weiteren Vorschrift, von der abgewichen wurde. Dass es sich beim Wr KlGG 1996 grundsätzlich um eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 Wr BauO handelt, bedeutet nicht, dass sämtliche darin enthaltenen Bestimmungen ohne weitere Prüfung als normative Anordnungen zu betrachten wären. Vielmehr ist zu ermitteln, welche Bestimmungen des Wr KlGG 1996 konkrete, für die Rechtsunterworfenen klar als solche erkennbare und zu beachtende Anordnungen treffen, deren Nichtbefolgung als Abweichung von den Bauvorschriften beurteilt werden können.
Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §135
KlGG Wr 1996 §1
MRK Art7
VwRallg
RS 5
§ 1 Wr KlGG 1996 enthält unter dem Titel "Anwendungsbereich" die Festlegung, auf welche Flächen das WKlG 1996 anzuwenden ist und dass die Wr BauO anzuwenden ist, soweit das Wr KlGG 1996 selbst nicht anderes bestimmt. Weder aus der Definition des Anwendungsbereiches des Wr KlGG 1996 noch aus der subsidiären Geltung der Wr BauO ergibt sich für den Normunterworfenen ein bestimmtes Gebot oder Verbot, sodass § 1 Wr KlGG 1996 keine Bauvorschrift darstellt, die iVm § 129 Abs. 10 1. Satz Wr BauO eine Übertretungsnorm darstellen könnte.
Normen
AWG 1990 §1
BauO Wr §135
B-VG Art18 Abs1
KlGG NÖ 1988 §2
KlGG Wr 1996 §2 Abs1
KlGG Wr 1996 §22
MRK Art7
VStG §1 Abs1
RS 6
Der VfGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass gesetzlichen Begriffsbestimmungen in der Regel keine eigenständige normative Bedeutung zukommt, weil eine solche erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diesen Begriff verwenden, bewirkt wird (vgl. ; , G 105/2016 ua, mwN). Der VwGH hat im Zusammenhang mit den Zielen und Begriffsbestimmungen des AWG 1990 ausgesprochen, dass diese für sich genommen nicht unmittelbar anwendbar sind, sondern lediglich der Determinierung mehrerer Anordnungen und Festsetzungen nach dem AWG 1990 dienen und bei mehreren verwaltungsbehördlichen Beurteilungen und Entscheidungen nach dem AWG 1990 zu berücksichtigen sind (vgl. ). In einem Verfahren betreffend ein Bauansuchen nach dem NÖ KlGG 1988 hat der VwGH überdies bereits ausgesprochen, dass der (auch dort) mit "Begriffsbestimmungen" betitelte § 2 NÖ KlGG 1988 lediglich Begriffsbestimmungen enthält und nicht die Frage der Zulässigkeit der darin unter anderem definierten Kleingartenhütten regelt (vgl. bis 0048).
Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §135
B-VG Art18 Abs1
KlGG Wr 1996 §2 Abs1
MRK Art7
VStG §1 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
RS 7
§ 2 Abs. 1 Wr KlGG 1996 ist dahingehend auszulegen, dass es sich dabei um eine bloße Begriffsbestimmung handelt, der darüber hinaus keine eigenständige normative Wirkung zukommt. Eine Übertretung dieser Bestimmung (hier in Verbindung mit § 129 Abs. 10 Z 1 Wr BauO) und eine darauf basierende Bestrafung kommen daher nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Fr 2021/05/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über den Fristsetzungsantrag 1. des R K und 2. der P K, beide in H, beide vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/2/28, gegen das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in einer Bauangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Stadtgemeinde H hat den Antragstellern Aufwendungen in der Höhe von € 793,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss vom , LVwG-AV-48/002-2020, erlassen und eine Abschrift dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt. Mit diesem Beschluss wurde das Verfahren über die gegenständliche Beschwerde der Antragsteller gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG ausgesetzt.

2 In einer Stellungnahme dazu vom erachteten die Antragsteller die Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes für rechtswidrig. Die Erlassung des oben genannten Beschlusses bestritten sie nicht.

3 Das Verfahren über einen Fristsetzungsantrag ist auch einzustellen, wenn das säumige Verwaltungsgericht nach Einbringung des Fristsetzungsantrages einen Aussetzungsbeschluss gemäß § 38 AVG (in Verbindung mit § 17 VwGVG) fasst (vgl. , mwN). Im Fristsetzungsverfahren geht es lediglich um die Frage der Säumnis des Verwaltungsgerichtes, nicht aber um die Rechtmäßigkeit der die Säumnis beendenden Entscheidung.

4 Das Verfahren über den Fristsetzungsantrag war daher gemäß § 38 Abs. 4 VwGG einzustellen.

5 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 56 Abs. 1 zweiter Satz VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Das in der Stellungnahme vom verzeichnete Mehrbegehren war schon deshalb abzuweisen, da es in den genannten Bestimmungen keine Deckung findet bzw. die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen dieser Verordnung bereits berücksichtigt ist (vgl. , Ra 2019/04/0111, 0112, mwN).

Wien, am 

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak, Dr. Leonhartsberger und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über den Antrag des W K in G, gestellt in der Eingabe vom , auf Ablehnung folgender Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes: Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Lehofer und Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, in dem anhängigen Verfahren betreffend die Eingabe des Antragstellers vom , den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter vom , So 2020/03/0011-3, wurde eine Eingabe des Antragstellers vom zurückgewiesen. Diese Eingabe enthielt eine „Verwaltungs- und Verfassungsbeschwerde“ gegen ein näher bezeichnetes Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom , mit dem der Antragsteller zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Begründend wurde ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof sei nach seinen in Art. 133 B-VG festgelegten Kompetenzen nicht dafür zuständig, über ein Rechtsmittel gegen ein Urteil eines ordentlichen Gerichtes zu entscheiden. Die Eingabe sei daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , So 2021/03/0001-3, durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter wurde eine Eingabe des Antragstellers vom zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit Schriftsatz vom habe der Einschreiter eine „Verfassungs- und Verwaltungsbeschwerde“ gegen näher genannte Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Graz und des Oberlandesgerichtes Graz erstattet und beantragt, die Gerichte anzuweisen, dass seine Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zugelassen werde. Der Verwaltungsgerichtshof sei nach seinen in Art. 133 B-VG festgelegten Kompetenzen aber nicht dafür zuständig, über ein Rechtsmittel gegen ein Urteil eines ordentlichen Gerichtes zu entscheiden. Die Eingabe sei daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

3 In der nunmehrigen Eingabe vom führt der Antragsteller - soweit für den Ablehnungsantrag wesentlich - aus, er erstatte Beschwerde gegen die Richter Dr. Handstanger, Dr. Lehofer und Mag. Dr. Maurer-Kober wegen unterlassener Beweisaufnahme und nichtbearbeiteter Anträge, vgl. § 89 Abs. 1 und 3 StPO. Der Beschluss enthalte keine Rechtsmittelbelehrung, insbesondere über die Belehrung der Verfahrenshilfe. Sein Antrag auf Verfahrenshilfe sei unterdrückt worden. Insbesondere sei das Beweismittel seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufungsschrift vom in einer näher genannten Sache betreffend das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom nicht ausgeforscht worden, vgl. § 3 Abs. 2 StPO, weshalb gegen die Objektivität und Wahrheitserforschung verstoßen worden sei. Die unterlassene Beweiswürdigung stelle die Straftaten § 229 Abs. 1 StGB Urkundenunterdrückung sowie § 295 StGB Unterdrückung von Beweismitteln dar, die zur Beurteilung der beantragten Verwaltungsbeschwerde zwingend erforderlich sei, um zu überprüfen, welche Verwaltungsverstöße im Einzelnen betroffen seien. Sohin seien alle vorgenannten Richter wegen Befangenheit ausgeschlossen, da sie im vorliegenden Verfahren Beschuldigte seien, vgl. § 43 Abs. 1 und 3 StPO, weshalb er alle Richter wegen Befangenheit ablehne. Ferner seien alle vorgenannten Richter dazu verpflichtet gewesen und seien sie verpflichtet, gemäß § 5 MeldestelleBAK-G alle ihnen zur Kenntnis gelangten Straftaten gemäß der Eingabe des Antragstellers vom unverzüglich schriftlich dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zu melden. Ferner seien sie alle zur Anzeige verpflichtet, § 78 Abs. 1 StPO. Die vorgenannten Richter hätten allem Anschein nach keine Meldung an das BAK und keine Anzeige an die Kriminalpolizei erstattet, nachdem sie aus seiner Eingabe mitbekommen hätten, dass der Richter L und die Richter des Oberlandesgerichtes Graz seine Nichtigkeitsbeschwerde und Berufungsschrift vom nicht an den Obersten Gerichtshof weitergeleitet hätten und neben den Straftaten §§ 229 Abs. 1, 295, 299, 302, 313 StGB u.a. einen Verwaltungsakt ausgelassen hätten (es unterlassen hätten, nämlich die ordnungsgemäße und unverzügliche Weiterleitung seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufungsschrift). Die Unterlassung eines Verwaltungsaktes sei Sache des Verwaltungsgerichtshofes und umso relevanter, wenn in der Sache ein Serienstraftäter wie der (Richter) L in Tatwiederholung Eingaben des Antragstellers vor einer ordnungsgemäßen Weiterleitung unterdrücke.

4 § 31 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGG), lautet:

Befangenheit

§ 31. (1) Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer haben sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten

1. in Rechtssachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a AVG) oder eine von ihnen vertretene schutzberechtigte Person beteiligt sind;

2. in Rechtssachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder bestellt sind;

3. wenn sie in einem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorangegangenen Verfahren mitgewirkt haben;

4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

(2) Aus den im Abs. 1 angeführten Gründen können Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 4, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Über die Ablehnung entscheidet in Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluss; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, dass nicht wenigstens drei verbleiben, so hat der Präsident die Beschlussfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen. Beschließt der hiezu berufene Senat, dass die Ablehnung begründet ist, so hat der Präsident den Eintritt des Ersatzmitgliedes (§ 11 Abs. 3) zu verfügen.“

5 Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (vgl. , mwN).

6 Das Gesetz fordert eine substantiierte Begründung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes durch den Ablehnenden. Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs. 1 Z 4 VwGG, was hier offenbar der Fall ist, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen; diese Glaubhaftmachung muss die persönlichen Umstände und Interessen sowie das persönliche Verhalten des abgelehnten Mitglieds des Verwaltungsgerichtshofes betreffen. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs. 1 Z 4 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl. wiederum ).

7 Der Antragsteller zeigt keine konkreten Umstände auf, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber dem Antragsteller hindeuten könnten. Der Vorwurf einer amtsmissbräuchlichen Vorgangsweise erweist sich als Vorwurf grober Ungehörigkeit, vermag aber der Sache nach eine Befangenheit der abgelehnten Richter nicht darzutun (vgl. neuerlich , mwN).

8 Dem Ablehnungsantrag war daher gemäß § 31 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, über die Revision der A W in W, vertreten durch Mag. Rivo Killer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 26, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-011/017/7016/2020-6, betreffend eine Übertretung der Bauordnung für Wien iVm dem Wiener Kleingartengesetz 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom erkannte die belangte Behörde die Revisionswerberin der Übertretung des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) iVm § 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 und § 22 Wiener Kleingartengesetz 1996 (WKlG 1996) für schuldig, weil sie als Alleineigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft mit der Widmung „Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen“ im Gesamtzeitraum von bis insofern Abweichungen von den Bauvorschriften nicht behoben habe, als sie die erwerbsmäßige Nutzung des auf dieser Liegenschaft situierten Kleingartenwohnhauses zur kurzfristigen Beherbergung von Touristen nicht unterlassen habe, indem sie das Kleingartenwohnhaus in näher bezeichneten Zeiträumen zur kurzfristigen Beherbergung an näher bezeichnete Personen vermietet habe, obwohl gemäß § 2 Abs. 1 WKlG 1996 Kleingärten vorwiegend gärtnerisch genutzte Grundflächen seien, die der individuellen Erholung oder dem Wohnen dienten, jedoch nicht erwerbsmäßig genutzt würden. Über die Revisionswerberin wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.100,-- (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit von 7 Stunden) verhängt. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 110,--, sohin 10 % der verhängten Geldstrafe, verpflichtet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) der dagegen erhobenen Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - insofern Folge, als es die verhängte Geldstrafe auf € 500,-- (und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Stunden) herabsetzte. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Den Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde setzte es mit € 50,--, sohin 10 % der verhängten Geldstrafe, fest. Weiters sprach es aus, dass die Revisionswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe. Entgegen § 25a Abs. 1 VwGG enthält das Erkenntnis keinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei Alleineigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft mit der Widmung „Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen“. Diese Liegenschaft sei im Zeitraum von bis für Zeiträume von zwei Tagen bis zu einer Woche immer wieder an Touristen vermietet worden. Die Liegenschaft sei über die Plattform „booking.com“ angeboten worden. Dieser Sachverhalt sei unbestritten.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, es gelange das WKlG 1996 zur Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 WKlG 1996 dienten die Grundflächen im Kleingarten der individuellen Erholung oder dem Wohnen und dürften nicht erwerbsmäßig genutzt werden. Unter „erwerbsmäßig“ sei „jeder auf den Erwerbszweck gerichtete Tätigkeit bzw. Nutzung aller in Erwerbsabsicht durchgeführte Tätigkeiten, unabhängig ob sie ein Gewerbe darstellen oder nicht“, anzusehen. Davon erfasst sei sowohl die gewerbliche Zimmervermietung als freies Gewerbe aber auch die Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung. Zweck der Regelung sei, dass die Liegenschaft dem Wohnen oder der Erholung diene. Im Fall der Vermietung diene die Liegenschaft der Revisionswerberin jedoch nicht dem im Gesetz angeführten Zweck, sondern als Einkommensquelle. Da somit nach der derzeitigen Rechtslage (§ 2 Abs. 1 WKlG 1996) die erwerbsmäßige Nutzung verboten sei, sei der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen. Die Verwaltungsübertretung sei auch in subjektiver Hinsicht erwiesen, weil entsprechende Auskünfte bei der zuständigen Behörde nicht eingeholt worden seien. Die Nachfragen beim Zentralverband der Kleingärtner sowie beim Rechtsvertreter reichten nicht.

5 Zur Herabsetzung der Strafe führte das Verwaltungsgericht aus, aufgrund der Bemühungen der Revisionswerberin um ein rechtskonformes Verhalten und des guten persönlichen Eindrucks erscheine die nunmehr festgesetzte Strafe als ausreichend.

6 Die ordentliche Revision sei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

8 Die belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 WKlG 1996 überhaupt etwas im Sinne eines Ge- oder Verbotes anordne und, wenn ja, was diese Anordnung sei.

10 Es trifft zu, dass diesbezügliche Rechtsprechung fehlt und eine Klarstellung zur Auslegung des § 2 Abs. 1 WKlG 1996 geboten ist. Vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 129 Abs. 10 BO für Wien ersetzt - entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung - eine solche Auseinandersetzung nicht. Die Revision erweist sich daher diesbezüglich als zulässig. Sie ist auch begründet.

11 Die maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. Nr. 11/1930 idF LGBl. Nr. 71/2018, lauten auszugsweise:

Zulässige Nutzungen

§ 6. [...]

(2) Erholungsgebiete dienen der Erholung und der Gesundheit. Soweit der Bebauungsplan gemäß § 5 Abs. 4 lit. e nicht anderes bestimmt, dürfen innerhalb der im § 4 Abs. 2 Punkt A lit. b genannten Widmungen Bauwerke nur insoweit errichtet werden, als sie für die Benützung und Erhaltung dieser Gebiete erforderlich sind. In Erholungsgebieten - Grundflächen für Badehütten dürfen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt (§ 5 Abs. 4 lit. e), nur Badehütten gemäß § 76 Abs. 12 errichtet werden; Räume in Badehütten müssen den Anforderungen an Aufenthaltsräume nicht entsprechen. Die näheren Bestimmungen über die Nutzung der Kleingartengebiete enthält das Wiener Kleingartengesetz.

Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige Bauwerke

§ 129. [...]

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Im Falle der Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen ohne baubehördliche Bewilligung (§ 3 Abs. 1 Z 2 WGarG 2008) durch einen vom Eigentümer (den Miteigentümern) verschiedenen Nutzungsberechtigten sind Aufträge gegebenenfalls an diesen zu richten. In Schutzzonen sind überdies Abweichungen von den Bebauungsbestimmungen im Bebauungsplan, für die eine Baubewilligung weder nachgewiesen noch infolge des erinnerlichen Bestandes des Gebäudes vermutet werden kann, zu beheben und die Bauwerke und Bauwerksteile in stilgerechten und den Bebauungsbestimmungen entsprechenden Zustand zu versetzen. Lassen sich Art und Umfang von vermuteten Abweichungen von den Bauvorschriften nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Bauwerkes verpflichtet, über das Vorliegen der vermuteten Abweichungen und gegebenenfalls über deren Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

[...]

Baustrafen

§ 135. (1) Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geld bis zu 50.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

[...]“

12 Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes 1996 (WKlG 1996), LGBl. Nr. 36/1998 idF LGBl. Nr. 71/2018, lauten auszugsweise:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Gesetz ist auf Flächen mit der Widmung ‚Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet‘ und ‚Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen‘ sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Flächen anzuwenden.

(2) Soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, gilt die Bauordnung für Wien.

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Kleingärten sind vorwiegend gärtnerisch genutzte Grundflächen, die der individuellen Erholung oder dem Wohnen dienen, jedoch nicht erwerbsmäßig genutzt werden.

[...]

(7) Kleingartenhäuser sind Gebäude in Kleingärten oder auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen, die nicht der Befriedigung eines ständigen Wohnbedürfnisses dienen und in Kleingärten zumindest einen Aufenthaltsraum haben.

(8) Kleingartenwohnhäuser sind Gebäude in Kleingärten mit der Widmung ‚Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen‘, die zumindest einen Aufenthaltsraum haben und zur Befriedigung eines ständigen Wohnbedürfnisses dienen sollen.

[...]

Strafbestimmungen

§ 22. (1) Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes sind gemäß § 135 der Bauordnung für Wien zu bestrafen.

[...]“

13 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht gingen rechtswidrig davon aus, dass § 2 Abs. 1 WKlG 1996 anordne, dass eine erwerbsmäßige Nutzung verboten sei. Dem sei zunächst entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung die Überschrift „Begriffsbestimmungen“ trage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes komme gesetzlichen Begriffsbestimmungen in der Regel keine eigenständige normative Bedeutung zu. § 2 Abs. 1 WKlG 1996 enthalte keine eigenständige normative Bedeutung und stelle keine Ge- oder Verbote auf, sondern ordne lediglich an, was unter einem bestimmten Begriff im weiteren Text des Gesetzes zu verstehen sei. Das Verhalten der Revisionswerberin könne daher nicht als Übertretung nach dieser Gesetzesstelle bestraft werden.

14 Selbst wenn man der Begriffsbestimmung allerdings einen normativen Gehalt zumessen wollte, könne das Verhalten der Revisionswerberin keine Übertretung des § 2 Abs. 1 WKlG 1996 darstellen. Dieser ordne nämlich nur an, was unter einem Kleingarten zu verstehen sei und führe aus, dass die Grundfläche nicht der erwerbsmäßigen Nutzung diene. Wie die in einem Kleingarten errichteten Gebäude genutzt werden dürften, würden die Abs. 7 und 8 leg. cit. regeln, in welchen definiert werde, was unter einem Kleingartenhaus und einem Kleingartenwohnhaus zu verstehen sei. Auch aus diesen Bestimmungen lasse sich allerdings nicht ableiten, dass das Wohnen im Kleingartenhaus durch die Eigentümerin selbst erfolgen müsse.

15 Sollte man § 2 Abs. 1 WKlG 1996 den normativen Inhalt unterstellen wollen, dass dieser auch die Nutzung des auf der Grundfläche errichteten Gebäudes regeln wolle, bedeute dies nicht, dass eine Vermietung verboten wäre, weil dies keine erwerbsmäßige Nutzung im Sinne dieser Bestimmung sei. Im Zusammenhang des gesamten Satzes sei das Verbot der erwerbsmäßigen Nutzung auf die einleitende Wortfolge „gärtnerisch genutzte Grundfläche“ zu beziehen, womit verhindert werden solle, dass die gärtnerische Nutzung Erwerbszwecken diene, beispielsweise im Rahmen eines Gemüseerzeugungsbetriebes oder einer Baum- oder Pflanzenschule. Für den Gesamtcharakter einer Kleingartenanlage sei es vollkommen unwesentlich, ob der Zweck des Wohnens und der Erholung durch die Eigentümer selbst oder irgendeinen Dritten erfüllt werde.

16 Die Bestimmung sei eng auszulegen, weil die gegenständliche Norm einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums bedeute.

17 Die Revisionswerberin wurde einer Übertretung des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 BO für Wien iVm § 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 und § 22 WKlG 1996 schuldig erkannt.

18 § 22 Abs. 1 WKlG 1996 legt fest, dass Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes gemäß § 135 der BO für Wien zu bestrafen sind.

19 Die Vorschrift des § 135 BO für Wien stellt eine Blankettstrafnorm dar und enthält die Verpflichtung, jede Vorschrift der Bauordnung dahin zu untersuchen, ob sie ein Gebot oder Verbot enthält, dem zuwidergehandelt werden kann (vgl. ). Der Verfassungsgerichtshof sieht es bei Blankettstrafnormen in ständiger Rechtsprechung als unerlässlich an, dass der Tatbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet ist; dass ferner, wenn der strafbare Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm besteht, der Unrechtsgehalt eines Unterlassens eindeutig erkennbar ist; dass schließlich der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muss, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag (VfSlg. 12947/1991, mwN; vgl. auch ; , 2003/05/0234).

20 Bei einem Verwaltungsstrafverfahren ist zudem § 1 Abs. 1 VStG zu berücksichtigen, welcher festlegt, dass die Bestrafung einer Tat nur insoweit zulässig ist, als ihre Begehung mit Strafe bedroht war. Es besteht also das Erfordernis einer die Tatbegehung als solche erfassenden einschlägigen Strafvorschrift. Die Tat muss ausdrücklich mit Strafe bedroht sein. Die Grenzen des strafrechtlich Verbotenen müssen verlässlich bestimmt werden können. Im Verwaltungsstrafrecht bildet daher der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung (vgl. , 0004).

21 Gemäß § 129 Abs. 10 1. Satz BO für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Das WKlG 1996 ist eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 BO für Wien (vgl. ; , 2009/05/0111, jeweils mwN).

22 Zwar beinhaltet § 129 Abs. 10 1. Satz BO für Wien ein Gebot, nämlich jenes der Behebung jeder Abweichung von den Bauvorschriften, dieses bedarf aber zur näheren Konkretisierung einer weiteren Vorschrift, von der abgewichen wurde. Dass es sich beim WKlG 1996 grundsätzlich um eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 BO für Wien handelt, bedeutet nicht, dass sämtliche darin enthaltenen Bestimmungen ohne weitere Prüfung als normative Anordnungen zu betrachten wären. Vielmehr ist iSd oben dargestellten Rechtsprechung zu ermitteln, welche Bestimmungen des WKlG 1996 konkrete, für die Rechtsunterworfenen klar als solche erkennbare und zu beachtende Anordnungen treffen, deren Nichtbefolgung als Abweichung von den Bauvorschriften beurteilt werden können.

23 Im gegenständlichen Fall ist daher die Frage zu beantworten, ob eine Abweichung von Vorschriften des WKlG 1996, konkret von den der Bestrafung zugrunde liegenden §§ 1 Abs. 1 und 2 und 2 Abs. 1, vorliegt. Es kommt daher entscheidungswesentlich auf die Auslegung dieser Bestimmungen an. Da diese Teil der Übertretungsnorm sein sollen, muss auch hinsichtlich dieser Bestimmungen das Verbotene klar erkennbar sein.

24 § 1 WKlG 1996 enthält unter dem Titel „Anwendungsbereich“ die Festlegung, auf welche Flächen das WKlG 1996 anzuwenden ist und dass die Bauordnung für Wien anzuwenden ist, soweit das WKlG 1996 selbst nicht anderes bestimmt. Weder aus der Definition des Anwendungsbereiches des WKlG 1996 noch aus der subsidiären Geltung der BO für Wien ergibt sich für den Normunterworfenen ein bestimmtes Gebot oder Verbot, sodass § 1 WKlGG 1996 keine Bauvorschrift darstellt, die iVm § 129 Abs. 10 1. Satz BO für Wien eine Übertretungsnorm darstellen könnte.

25 § 2 Abs. 1 WKlG 1996 hält unter der Überschrift „Begriffsbestimmungen“ fest, dass Kleingärten vorwiegend gärtnerisch genutzte Grundflächen sind, die der individuellen Erholung oder dem Wohnen dienen, jedoch nicht erwerbsmäßig genutzt werden.

26 Der Verfassungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass gesetzlichen Begriffsbestimmungen in der Regel keine eigenständige normative Bedeutung zukommt, weil eine solche erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diesen Begriff verwenden, bewirkt wird (vgl. ; , G 105/2016 ua, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit den Zielen und Begriffsbestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG) ausgesprochen, dass diese für sich genommen nicht unmittelbar anwendbar sind, sondern lediglich der Determinierung mehrerer Anordnungen und Festsetzungen nach dem AWG dienen und bei mehreren verwaltungsbehördlichen Beurteilungen und Entscheidungen nach dem AWG zu berücksichtigen sind (vgl. ).

27 In einem Verfahren betreffend ein Bauansuchen nach dem NÖ Kleingartengesetz (NÖ KlGG) hat der Verwaltungsgerichtshof überdies bereits ausgesprochen, dass der (auch dort) mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 NÖ KlGG lediglich Begriffsbestimmungen enthält und nicht die Frage der Zulässigkeit der darin unter anderem definierten Kleingartenhütten regelt (vgl.  bis 0048).

28 § 2 Abs. 1 WKlG 1996 ist daher dahingehend auszulegen, dass es sich dabei um eine bloße Begriffsbestimmung handelt, der darüber hinaus keine eigenständige normative Wirkung zukommt. Eine Übertretung dieser Bestimmung - hier in Verbindung mit § 129 Abs. 10 1. Satz BO für Wien - und eine darauf basierende Bestrafung kommen daher nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Revisionsausführungen zur Erwerbsmäßigkeit.

29 Dadurch, dass das Verwaltungsgericht der Revisionswerberin eine Übertretung der § 1 Abs. 1 und 2 und § 2 Abs. 1 WKlG 1996 iVm § 129 Abs. 10 1. Satz BO für Wien angelastet hat, hat es die Rechtslage verkannt.

30 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §38
VwGG §33 Abs1
VwGG §38 Abs4
VwGVG 2014 §17
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:FR2021050001.F00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-44989