VwGH 26.03.2021, 2021/03/0006
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.2. UnterKap4.3.2.4. ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.5. RechtsregelTU 35 GGBG 1998 §2 Z1 VwRallg |
RS 1 | Die Sondervorschrift TU 35 ist für alle Fälle der Beförderung von leeren und ungereinigten Tanks anzuwenden, die als letztes befördertes Gut ein Gefahrgut enthalten haben, hinsichtlich dessen in der betreffenden Spalte in der Tabelle A des ADR als anzuwendende Sondervorschrift TU 35 genannt wird. Sie bewirkt, dass ein derartiger Transport nicht den Vorschriften des ADR unterliegt, wenn "geeignete Maßnahmen" ergriffen wurden, um "mögliche Gefahren" auszuschließen. Diese Regelung stellt insoweit also eine Ausnahme von der "für alle Klassen" geltenden Vorschrift des Unterkapitel 4.3.2.4 dar, wonach - grundsätzlich - ungereinigte leere Tanks während der Beförderung ebenso verschlossen und dicht sein müssen wie in gefülltem Zustand. Der Wortlaut der Sondervorschrift TU 35 stellt darauf ab, dass der betreffende Tank "leer" ist (also entladen wurde), aber noch nicht gereinigt wurde. |
Normen | ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.5. RechtsregelTU 35 GGBG 1998 §2 Z1 |
RS 2 | Ausgehend vom Ausnahmecharakter der TU 35 ist entsprechend dem typischerweise einem Regel-Ausnahme-Verhältnis immanenten Prinzip der Bestand der Voraussetzungen für die Ausnahme streng zu prüfen (vgl. in diesem Sinn nur etwa ), was im Übrigen auch der Zielrichtung des ADR entspricht, Gefahren durch den Transport von Gefahrgut möglichst zu reduzieren bzw. Schäden (im Fall der Verwirklichung einer Gefahr) gering zu halten. In diesem Zusammenhang ist noch zu betonen, dass - entgegen den diesbezüglichen Revisionsausführungen, die Bestimmungen des ADR regelten nur den Gefahrguttransport "unter normalen Umständen" und ein Unfall stelle "für sich genommen keinen normalen Transportumstand" dar - die Regelungen des ADR auch darauf abzielen, mögliche Schäden im Fall eines Unfalls gering zu halten. |
Normen | |
RS 3 | Die Beantwortung der Frage, ob bestimmte Maßnahmen "geeignet" iSd TU 35 sind, um "mögliche Gefahren" auszuschließen, kann nicht generell erfolgen, sondern erfordert - regelmäßig unter Beiziehung eines Sachverständigen, weil es um die Beurteilung von Fachfragen geht - eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen der Beförderung, insbesondere mit den Eigenschaften bzw. Auswirkungen und Gefahren des (zuletzt) beförderten Gefahrguts, und damit eine fallbezogene Würdigung der Gesamtumstände der jeweiligen Beförderung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung ohne eine solche Würdigung und derart grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. dazu etwa , , Ra 2020/08/0132, , Ra 2019/17/0078). |
Normen | ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.5. RechtsregelTU 35 GGBG 1998 §2 Z1 |
RS 4 | Ein Verhalten, das gegen andere Rechtsvorschriften - als den ADR - verstößt (von der Revision wird der Verstoß gegen straßenverkehrs- bzw. kraftfahrrechtliche Bestimmungen durch das Offenhalten des Domdeckels nicht in Frage gestellt), kann nicht als "geeignet" iSd TU 35 des ADR beurteilt werden. |
Norm | VStG 1991 §5 Abs2 |
RS 5 | Dem Revisionsvorbringen, das VwG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob dem Revisionswerber eine zumindest vertretbare Rechtsansicht zugutegehalten werden könne, ist bloß zu entgegnen, dass eine objektive Übertretung der einschlägigen Normen selbst bei Unsicherheit über deren Auslegung mangels Erkundigungen bei der zuständigen Behörde auch subjektiv anzulasten ist (vgl. in diesem Sinn etwa ). |
Norm | AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1 |
RS 1 | Unter den Organen des Bundes iSd § 1 Abs. 1 AuskunftspflichtG 1987 (die also von der Auskunftspflicht des § 1 Abs. 1 leg. cit. erfasst sind) sind nur die Organe der Bundesverwaltung, nicht aber die Organe der Gerichtsbarkeit zu verstehen. Die Auskunftspflicht bezieht sich somit nicht auf die richterliche Tätigkeit als solche (vgl. So 2019/03/0001; , 2012/05/0199; , 94/19/1174). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/03/0019 B RS 1 |
Normen | |
RS 1 | Ausgehend von der Subsidiarität des § 3 AVG ist diese Bestimmung angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 33 EpidemieG 1950 hinsichtlich der Zuständigkeit für Ansprüche nach § 32 EpidemieG 1950 nicht anwendbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der nach § 32 EpidemieG 1950 geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, sondern lediglich darauf, ob ein Anspruch nach dieser Bestimmung behauptet wird. Gemäß § 33 EpidemieG 1950 ist zur Entscheidung über auf § 32 EpidemieG 1950 gestützte Ansprüche jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Bereich "diese Maßnahmen getroffen wurden", in deren örtlichen Wirkungsbereich die betreffende Maßnahme also faktisch umgesetzt wird, während es nicht darauf ankommt, wo der Sitz eines Unternehmens liegt oder die Behörde, welche die betreffende Maßnahme erlassen hat, ihren Sitz hat. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2021/03/0004 E RS 1 |
Norm | VwGG §45 |
RS 1 | Die Wiederaufnahme gemäß § 45 VwGG ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener Verfahren vor dem VwGH oder einer Korrektur seiner Entscheidungen (vgl. etwa , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/06/0052 B RS 1 |
Norm | VwGG §45 |
RS 2 | Eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 45 VwGG bietet keine Handhabe dafür, eine in einem abgeschlossenen Verfahren vor dem VwGH zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des VwGH zu bekämpfen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/03/0004 B RS 2 |
Normen | VwGG §24 Abs2 VwGG §45 Abs1 VwGG §45 Abs2 |
RS 3 | Einem Wiederaufnahmeantrag ist nicht stattzugeben, wenn dieser weder einen der in § 45 Abs. 1 VwGG aufgezählten Wiederaufnahmegründe geltend macht noch Angaben im Sinn des § 45 Abs. 2 VwGG enthält. Ist die Aussichtslosigkeit dieses Antrages offenkundig, so erübrigt sich auch eine Behebung der ihm anhaftenden Formgebrechen (vgl. , mwN), sodass im vorliegenden Fall ein Auftrag zur Verbesserung des Antrages im Hinblick auf das Erfordernis gemäß § 24 Abs. 2 VwGG, wonach unter anderem Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen sind, entbehrlich war (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/06/0099 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des R K in B, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Dr. Neumann Gasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, Aussenstelle Wiener Neustadt, vom , Zl. LVwG-S-1828/001-2019, betreffend Übertretungen des GGBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden dem Revisionswerber - durch Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der belangten Behörde - als zur Vertretung nach außen berufenem Organ des Beförderers Übertretungen des GGBG angelastet, weil er (auf das für das Revisionsverfahren Wesentliche zusammengefasst) eine näher konkretisierte Beförderung gefährlicher Güter (UN 3257, Erwärmter flüssiger Stoff - Bitumen als letztes Ladegut in einem leeren Tankfahrzeug) durchgeführt habe, ohne für die notwendige Kennzeichnung zu sorgen bzw. ohne sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass das Fahrzeug und die Ladung keine den maßgebenden Vorschriften widersprechenden offensichtlichen Mängel aufweisen (der ungereinigte Tank, der bei Anhaltung eine Temperatur von ca. 140 Grad aufgewiesen habe, sei nicht so verschlossen und dicht gewesen wie in gefülltem Zustand, zumal der Domdeckel des Tanksattelanhängers aufgekeilt gewesen sei); über den Revisionswerber wurden Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - nach Durchführung dreier mündlicher Verhandlungen samt Einvernahme des Revisionswerbers und des kontrollierenden Organs als Zeugen und Beiziehung von Amtssachverständigen aus den Bereichen Gefahrguttransport, Kraftfahrtechnik sowie Verkehr und Fahrzeugtechnik - zusammengefasst Folgendes zu Grunde:
3 Die Beförderungseinheit sei wegen des vom Fahrzeug verbreiteten Bitumengeruchs einer Kontrolle unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass es sich um ein leeres Tankfahrzeug, letztes Ladegut UN 3257, Erwärmter flüssiger Stoff, N.A.G. (Bitumen), 9, III (D), mit einer Tanktemperatur laut Tankthermometer von ca. 140 Grad gehandelt habe. Die Beförderungseinheit sei nicht als Gefahrguttransport gekennzeichnet gewesen. Der Domdeckel des Tanksattelanhängers sei nicht verschlossen, sondern mit einer Knebelschraube aufgekeilt gewesen. Der Lenker habe vom Revisionswerber die Anweisung erhalten, nach der Entladung des Tankinhalts die Rückreise mit geöffnetem Domdeckel und mit entfernter Kennzeichnung als Gefahrgut anzutreten.
4 Bei dem im Revisionsfall verwendeten Tankfahrzeug sei zur ständigen Belüftung des Behälters bzw. zur Sicherung gegen Unterdruck ein Vakuumventil eingebaut. Laut Bedienungsanweisung des Herstellers sei der Domdeckel beim Transport geschlossen zu halten und lediglich im Zuge der Befüllung zu öffnen.
5 Der festgestellte Sachverhalt sei im Wesentlichen unstrittig; hinsichtlich der festgestellten Temperatur verwies das Verwaltungsgericht auf ein im Verwaltungsakt vorhandenes Lichtbild, das das Tankthermometer zeige, und eine von der Herstellerfirma angegebene Fehlergrenze von 5 Grad.
6 Der Tankfahrzeughersteller habe eine Anfrage des Verwaltungsgerichts, ob etwa aus Sicherheitsgründen (um die Gefahr einer Implosion zu verhindern) mit geöffnetem Domdeckel zu fahren sei, dahin beantwortet, dass während des Transports mit geschlossenem Domdeckel gefahren werden müsse. Die Ausführungen des Privatsachverständigen Dr. Sp, es sei eine Herstellerempfehlung und zudem branchenüblich, mit geöffnetem Domdeckel zu fahren, seien also unzutreffend; zudem habe der Amtssachverständige dargelegt, im Zuge langjähriger Kontrollen von Tankfahrzeugen festgestellt zu haben, dass die meisten Transporte ordnungsgemäß mit geschlossenem Domdeckel stattfänden (und nicht implodierten). Dieser Amtssachverständige habe auch schlüssig ausgeführt, dass bei einem ungereinigten Tank selbst im Fall des Durchblasens von Luft noch immer heiße Restmengen des transportierten Produkts mit einer Temperatur von bis zu 180 Grad im Tank verbleiben könnten.
7 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht (zusammengefasst) aus, der gegenständliche Transport sei jedenfalls grundsätzlich den Bestimmungen des ADR unterlegen. Es sei daher entscheidend, ob dessen Sondervorschrift TU 35 greife, ob also im Sinne dieser Bestimmung „geeignete Maßnahmen“ ergriffen wurden, um mögliche Gefahren auszuschließen (diesfalls wäre der Transport nicht den Vorschriften des ADR unterlegen). Davon sei aber entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht auszugehen gewesen: Das geltend gemachte Durchblasen des Tanks mit Luft könne - ausgehend vom Gutachten des Amtssachverständigen - nicht verhindern, dass bis zu 180 Grad heiße Restmengen im Tank verblieben. Das der Herstelleranweisung und zudem der Regelung des Punkt 4.3.2.4.2. ADR, wonach ungereinigte leere Tanks während der Beförderung ebenso verschlossen und dicht sein müssen wie in gefülltem Zustand, widersprechende Fahren mit geöffnetem Domdeckel berge die Gefahr des Austritts von Gefahrgut und sei zudem mit einer aus kraftfahr- und straßenverkehrsrechtlicher Sicht verbotenen Geruchsbelästigung verbunden. Die geltend gemachten Verhaltensweisen seien daher nicht geeignet, eine Maßnahme iSd TU 35 zu begründen, weshalb der gegenständliche Transport den Bestimmungen des ADR unterlegen sei.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend: Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den im Revisionsfall relevanten Fragen, ob auf einen Transport mit einem leeren ungereinigten Tankfahrzeug, mit dem als letztes Ladegut das gefährliche Gut erwärmter flüssiger Stoff mit der UN Nr. 3257 transportiert wurde, bei einer Transporttemperatur von über 100 Grad die Sondervorschrift TU 35 anzuwenden sei und ob die vom Revisionswerber ergriffenen Maßnahmen, nämlich Entladen des Ladeguts, Durchblasen des Tanks und Öffnen des Domdeckels, geeignete Maßnahmen iSd TU 35 darstellten.
13 Zudem weiche das angefochtene Erkenntnis von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil es in krassem Widerspruch zu den geltenden Verfahrensgrundsätzen, insbesondere zum Parteiengehör im Verwaltungsstrafverfahren sowie dem Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung stehe. Das Verwaltungsgericht habe sich nämlich nur mangelhaft mit dem Gutachten des Amtssachverständigen auseinandergesetzt, dem seitens des Revisionswerbers durch Vorlage des Gutachtens des Privatsachverständigen Dr. Sp entgegengetreten worden sei. Dieser Sachverständige habe ausgeführt, es könne sein, dass das Thermometer „hängen geblieben“ sei; mit diesem Einwand habe sich der Amtssachverständige aber ebensowenig befasst wie mit der Frage, ob das Tankfahrzeug über eine Heizeinrichtung verfügt habe oder ob das Ladegut vor dem Abladen nochmals aufgewärmt wurde; die auf die Temperaturverhältnisse gestützten Ausführungen des Amtssachverständigen zur Gefahr einer Implosion seien daher nicht nachvollziehbar. Entgegen den Ausführungen des Amtssachverständigen berge das geringfügige Geöffnethalten des Domdeckels weder die Gefahr des Austritts von Bitumenresten noch des Abreißens dieses Deckels. Das Verwaltungsgericht habe es schließlich auch unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, dass den Revisionswerber - vor dem Hintergrund der Beurteilung des strittigen Offenhaltens des Domdeckels nicht nur durch den Privatsachverständigen, sondern auch durch Andere, die das Offenhalten als geeignete Maßnahme iSd TU 35 angesehen hätten - wegen einer zumindest vertretbaren Rechtsansicht kein Verschulden treffe.
14 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
15 Im Revisionsfall ist strittig, ob die revisionsgegenständliche Beförderung als Gefahrguttransport zu qualifizieren war (nur diesfalls trafen den Revisionswerber jene Verpflichtungen, deren Nichteinhaltung ihm mit dem durch das angefochtene Erkenntnis bestätigten Straferkenntnis vorgeworfen wurde). Das Verwaltungsgericht hat dies bejaht (ausgehend von der Feststellung einer Tanktemperatur von ca. 140 Grad und der Beurteilung der vom Revisionswerber geltend gemachten Maßnahmen als „ungeeignet“ iSd TU 35), während die Revision auf Sachverhaltsebene geltend macht, eine Temperatur von mehr als 100 Grad im Zeitpunkt der Anhaltung sei nicht nachgewiesen, und zudem die vom Revisionswerber ergriffenen Maßnahmen als geeignet iSd TU 35 ansieht, weshalb die Anwendbarkeit des ADR zu verneinen sei.
16 Vor diesem Hintergrund sind folgende Bestimmungen der iSd § 2 Z 1 GGBG maßgebenden Vorschrift, des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), von Bedeutung:
17 Teil 3 enthält ein „Verzeichnis der gefährlichen Güter, Sondervorschriften und Freistellungen im Zusammenhang mit begrenzten und freigestellten Mengen“.
18 In dessen Kapitel 3.2. wird in der Tabelle A unter der UN-Nr. UN 3257 „Erwärmter flüssiger Stoff, N.A.G., bei oder über 100 Grad C ...“ aufgelistet, wobei als anzuwendende „Sondervorschriften“ in Spalte 13 beim Transport in ADR-Tanks u.a. „TU 35“ genannt wird.
19 Teil 4 normiert Vorschriften für die Verwendung von - u.a. - Tanks.
20 Dessen Unterkapitel 4.3.2. enthält „Vorschriften für alle Klassen“, wobei Punkt 4.3.2.4 („Ungereinigte leere Tanks ...) eingeleitet wird mit der Bemerkung:
„Für ungereinigte leere Tanks ... können die Sondervorschriften TU 1, TU 2, TU 4, TU 16 und TU 35 des Abschnitts 4.3.5 anwendbar sein.“.
21 Die Unterpunkte 4.3.2.4.1. bis 4.3.2.4.3 lauten:
„4.3.2.4.1 Während der Beförderung dürfen den Tanks außen keine gefährlichen Reste des Füllguts anhaften.
4.3.2.4.2 Ungereinigte leere Tanks ... müssen während der Beförderung ebenso verschlossen und dicht sein wie in gefülltem Zustand.
4.3.2.4.3 Sind ungereinigte Tanks ... nicht ebenso verschlossen und dicht wie in gefülltem Zustand und können die Vorschriften des ADR nicht eingehalten werden, so müssen sie unter Beachtung einer ausreichenden Sicherheit bei der Beförderung der nächsten geeigneten Stelle, wo eine Reinigung oder Reparatur durchgeführt werden kann, zugeführt werden.
Eine ausreichende Sicherheit bei der Beförderung liegt vor, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, die eine den Vorschriften des ADR entsprechende gleichwertige Sicherheit gewährleisten und ein unkontrolliertes Freiwerden der gefährlichen Güter verhindern.“
22 Unterkapitel 4.3.5. enthält „Sondervorschriften“, die anzuwenden sind, wenn sie - was hier zutrifft - in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 13 bei einer Eintragung angegeben sind.
23 Die Sondervorschrift TU 35 lautet:
„Ungereinigte leere festverbundene Tanks ..., die diese Stoffe enthalten haben, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefahren auszuschließen.“
24 Festzuhalten ist daher zunächst, dass der gegenständliche Transport nur dann der UN 3257 unterfiel (und damit gegebenenfalls, in Abhängigkeit von der Sondervorschrift TU 35, dem ADR unterlag), wenn die Temperatur während des Transports zumindest 100 Grad betrug, was das Verwaltungsgericht mit seiner Feststellung, die Temperatur habe ca. 140 Grad betragen, bejaht hat. Das diesbezüglich spekulativ gebliebene Revisionsvorbringen (es könne sein, dass das Thermometer „stecken geblieben“ sei, der Amtssachverständige habe sich nicht mit der Temperatur des Ladeguts beim Abladen auseinandergesetzt) zeigt keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unschlüssigkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung auf.
25 Lag die Temperatur aber - wie hier - über 100 Grad, unterfällt der gegenständliche Transport daher der UN 3257 und damit auch der dabei in Spalte 13 genannten Sondervorschrift TU 35. Die von der Zulässigkeitsbegründung eingangs aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit der TU 35 ist also - schon ausgehend von Wortlaut und Systematik der Regelungen des ADR - klar zu beantworten, ohne dass es einer „Klarstellung“ durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs bedürfte. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht nicht etwa die Anwendbarkeit der TU 35 verneint; es hat vielmehr die vom Revisionswerber geltend gemachten Maßnahmen als ungeeignet beurteilt, um der TU 35 zu genügen (was nicht erforderlich - gewesen - wäre, würde deren Anwendbarkeit verneint).
26 Was die von der Zulässigkeitsbegründung weiters aufgeworfene Frage anlangt, ob die vom Revisionswerber gesetzten Maßnahmen „geeignet“ iSd TU 35 gewesen seien, ist zunächst Folgendes festzuhalten:
27 Die Sondervorschrift TU 35 ist für alle Fälle der Beförderung von leeren und ungereinigten Tanks anzuwenden, die als letztes befördertes Gut ein Gefahrgut enthalten haben, hinsichtlich dessen in der betreffenden Spalte in der Tabelle A des ADR als anzuwendende Sondervorschrift TU 35 genannt wird. Sie bewirkt, dass ein derartiger Transport nicht den Vorschriften des ADR unterliegt, wenn „geeignete Maßnahmen“ ergriffen wurden, um „mögliche Gefahren“ auszuschließen. Diese Regelung stellt insoweit also eine Ausnahme von der „für alle Klassen“ geltenden Vorschrift des Unterkapitel 4.3.2.4 dar, wonach - grundsätzlich - ungereinigte leere Tanks während der Beförderung ebenso verschlossen und dicht sein müssen wie in gefülltem Zustand. Der Wortlaut der Sondervorschrift TU 35 stellt darauf ab, dass der betreffende Tank „leer“ ist (also entladen wurde), aber noch nicht gereinigt wurde.
28 Das vom Revisionswerber geltend gemachte Entladen des Ladeguts ist also insoweit Voraussetzung für die Anwendbarkeit der TU 35 (weil ansonsten der Tank nicht „leer“ wäre) und kann daher schon von daher nicht (zusätzlich) als „geeignete Maßnahme“ iSd TU 35 qualifiziert werden. Hingegen wäre es - ebenso - verfehlt, für die Qualifikation einer Maßnahme als „geeignet“ generell zu verlangen, dass durch sie die Temperatur im Tank auf unter 100 Grad reduziert würde, setzt doch die UN 3257 eine Temperatur von zumindest 100 Grad voraus und ermöglicht auch in diesem Temperaturbereich, durch geeignete Maßnahmen den Anwendungsbereich des ADR zu verlassen.
29 Festzuhalten ist weiters, dass ausgehend vom Ausnahmecharakter der TU 35 entsprechend dem typischerweise einem Regel-Ausnahme-Verhältnis immanenten Prinzip der Bestand der Voraussetzungen für die Ausnahme streng zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinn nur etwa ), was im Übrigen auch der Zielrichtung des ADR entspricht, Gefahren durch den Transport von Gefahrgut möglichst zu reduzieren bzw. Schäden (im Fall der Verwirklichung einer Gefahr) gering zu halten. In diesem Zusammenhang ist noch zu betonen, dass - entgegen den diesbezüglichen Revisionsausführungen, die Bestimmungen des ADR regelten nur den Gefahrguttransport „unter normalen Umständen“ und ein Unfall stelle „für sich genommen keinen normalen Transportumstand“ dar - die Regelungen des ADR auch darauf abzielen, mögliche Schäden im Fall eines Unfalls gering zu halten. Der Revisionseinwand, das vom Amtssachverständigen bemängelte Offenhalten des Domdeckels könne nur bei einem Unfall zu einem Austritt von Resten des Gefahrguts führen, nicht aber „im Normalbetrieb“, ist daher schon von daher nicht zielführend.
30 Die Beantwortung der Frage, ob bestimmte Maßnahmen „geeignet“ iSd TU 35 sind, um „mögliche Gefahren“ auszuschließen, kann somit nicht generell erfolgen, sondern erfordert - regelmäßig unter Beiziehung eines Sachverständigen, weil es um die Beurteilung von Fachfragen geht - eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen der Beförderung, insbesondere mit den Eigenschaften bzw. Auswirkungen und Gefahren des (zuletzt) beförderten Gefahrguts, und damit eine fallbezogene Würdigung der Gesamtumstände der jeweiligen Beförderung.
31 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung ohne eine solche Würdigung und derart grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. dazu etwa , , Ra 2020/08/0132, , Ra 2019/17/0078).
32 Derartiges zeigt die Revision aber nicht auf: Können auch nach „Durchblasen“ des Tanks bis zu 180 Grad heiße Restmengen des Bitumens im Tank verbleiben und birgt das Offenhalten des Domdeckels die Gefahr des Austritts solcher Restmengen, kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, dass diesfalls mögliche Gefahren iSd TU 35 nicht ausgeschlossen sind. Ergänzend ist zu betonen, dass ein Verhalten, das gegen andere Rechtsvorschriften - als den ADR - verstößt (von der Revision wird der Verstoß gegen straßenverkehrs- bzw. kraftfahrrechtliche Bestimmungen durch das Offenhalten des Domdeckels nicht in Frage gestellt), nicht als „geeignet“ iSd TU 35 des ADR beurteilt werden kann.
33 Entgegen der Revision ist auch ihr Hinweis auf Unterpunkt 4.3.2.4.3 des ADR nicht zielführend:
Diese Regelung erlaubt gegebenenfalls - wenn ungereinigte Tanks nicht ebenso verschlossen und dicht sind wie in gefülltem Zustand und wenn die Vorschriften des ADR nicht eingehalten werden können - unter Beachtung einer ausreichenden Sicherheit bei der Beförderung die Zuführung des Tanks zur nächsten geeigneten Stelle, wo eine Reinigung bzw. Reparatur durchgeführt werden kann, nicht aber deren Rücktransport zum Unternehmen des Beförderers (dass es sich im Revisionsfall dabei um die nächste „geeignete“ Stelle in diesem Sinn gehandelt habe, wird von der Revision nicht vorgebracht).
34 Soweit die Revision - insbesondere mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit den Einwänden gegen das Amtssachverständigengutachten auseinandergesetzt - sich gegen die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof lediglich zur Rechtskontrolle berufen ist und derart eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch darin gelegen sein könnte, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in unvertretbarer Weise vorgenommen hat (vgl. etwa , , Ra 2020/03/0055, und , Ra 2014/03/0012).
35 Eine solche (die Zulässigkeit der Revision begründende) grobe Fehlerhaftigkeit wird von der Revision aber nicht aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat - im Rahmen mündlicher Verhandlungen - die in Frage stehende Eignung der geltend gemachten Maßnahmen unter Beiziehung von Amtssachverständigen beurteilt und dem Revisionswerber - also unter Wahrung des Parteiengehörs - Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen und eigene Beweismittel einzubringen, wovon dieser auch Gebrauch gemacht hat; eine Unschlüssigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung ist nicht zu erkennen.
36 Dem Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob dem Revisionswerber eine zumindest vertretbare Rechtsansicht zugutegehalten werden könne, ist bloß zu entgegnen, dass eine objektive Übertretung der einschlägigen Normen selbst bei Unsicherheit über deren Auslegung mangels Erkundigungen bei der zuständigen Behörde auch subjektiv anzulasten ist (vgl. in diesem Sinn etwa ).
37 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, den Hofrat Dr. Lehofer und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über das Auskunftsersuchen iSd Auskunftspflichtgesetzes i.A. der zu Ra 2021/02/0041 protokollierten Revision des K E in V, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Antragsteller hat im Verbesserungsverfahren zu der von ihm eingebrachten Revision zur Zahl Ra 2021/02/0041 mit am zur Post gebrachten Schriftsatz - unter anderem und soweit hier relevant - „iSd AuskPflG“ zu dem in diesem Revisionsverfahren zuständigen Berichter um Auskunft ersucht, „ob ein freimaurerischer Zusammenhang gegeben war oder ist“, da er Personen mit freimaurerischem Hintergrund ablehne.
2 Gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgestellt, dass unter den Organen des Bundes iSd § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz nur die Organe der Bundesverwaltung, nicht aber die Organe der Gerichtsbarkeit zu verstehen sind, und dass sich die Auskunftspflicht somit nicht auf die richterliche Tätigkeit als solche bezieht (vgl. etwa , oder , 94/19/1174, jeweils mwN).
3 Soweit dieses Auskunftsersuchen als Antrag auf Auskunftserteilung im Sinne des Auskunftspflichtgesetzes zu verstehen ist, ist der Antragsteller daher darauf hinzuweisen, dass Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit als solche nicht von der Auskunftspflicht erfasst sind, zumal sich der Geltungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes nicht auf die Organe der Gerichtsbarkeit erstreckt.
4 Der Antrag war daher schon aus diesem Grund nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei I Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 2/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 41.30-85/2021-4, betreffend Ansprüche nach dem EpiG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Leoben), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Vergütung für Verdienstentgang betreffend einen im örtlichen Zuständigkeitsbereich dieser Behörde gelegenen Gastgewerbebetrieb der revisionswerbenden Partei gemäß § 32 und § 36 Abs. 1 lit. i EpiG abgewiesen, da keiner der in § 32 EpiG taxativ aufgezählten Tatbestände vorliege und insbesondere eine bescheidmäßige Schließung des Betriebes oder eine nur für die Betriebsstätte geltende Verordnung nach § 20 EpiG nicht erlassen worden sei.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht diesen Bescheid wegen örtlicher Unzuständigkeit ersatzlos behoben. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die revisionswerbende Partei ihren Firmensitz und den Gewerbestandort des Gastgewerbes in S habe und an einem Standort im örtlichen Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde das Gastgewerbe in einer weiteren Betriebsstätte betreibe.
3 In rechtlicher Hinsicht kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass eine Begründung der Zuständigkeit der belangten Behörde „in Anwendung der Bestimmungen des EpiG per analogiam“ ausscheide, weshalb sich die örtliche Zuständigkeit der Behörde nach § 3 AVG richte. Der Antrag beziehe sich auf den Betrieb des Unternehmens, daher sei der Bürgermeister der Stadt Salzburg örtlich zuständig.
4 Das Verwaltungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der örtlichen Zuständigkeit fehle, wenn bei einem Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 EpiG keine der in § 20 EpiG genannten Individualrechtsakte erlassen wurden.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte ordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6 Die Revision ist zulässig und begründet.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluss vom , Ra 2021/09/0005, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit der örtlichen Zuständigkeit für nach § 32 EpiG geltend gemachte Ansprüche auseinandergesetzt:
Ausgehend von der Subsidiarität des § 3 AVG ist diese Bestimmung angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 33 EpiG hinsichtlich der Zuständigkeit für Ansprüche nach § 32 EpiG nicht anwendbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der nach § 32 EpiG geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, sondern lediglich darauf, ob ein Anspruch nach dieser Bestimmung behauptet wird.
Gemäß § 33 EpiG ist zur Entscheidung über auf § 32 EpiG gestützte Ansprüche jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Bereich „diese Maßnahmen getroffen wurden“, in deren örtlichen Wirkungsbereich die betreffende Maßnahme also faktisch umgesetzt wird, während es nicht darauf ankommt, wo der Sitz eines Unternehmens liegt oder die Behörde, welche die betreffende Maßnahme erlassen hat, ihren Sitz hat.
8 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde daher gegeben.
9 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
10 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des K E in V, über den Antrag auf Wiederaufnahme des vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , So 2021/03/0006-3, erledigten Verfahrens betreffend Auskunftsersuchen iSd Auskunftspflichtgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit Beschluss vom , So 2021/03/0006-3, wies der Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Antragstellers auf Auskunftserteilung zur Frage, ob bei dem im Verbesserungsverfahren zu der von ihm mit eingebrachten Revision zur Zahl Ra 2021/02/0041 zuständigen Berichter „ein freimaurerischer Zusammenhang gegeben“ sei oder gewesen sei, zurück.
2 Mit der vorliegenden Eingabe beantragt der Antragsteller die „Verfahrenswiederaufnahme zu So 2021/03/0006-3“ mit der Begründung, dass die in diesem Verfahren getroffene Entscheidung ( So 2021/03/0006-3) einen Wiederaufnahmegrund darstelle, weil „in rechtlich einengender Vorgangsweise ohne entsprechende Kenntnis (ohne rechtliches Gehör) des Auskunftswerbers auf rechtsprechende Tätigkeitsbereiche des Gerichts (des Berichters) abgestellt wird und sonstige Gerichtsbereiche, gerichtliche Verwaltungsagenden nicht berücksichtigt werden, wobei zur strafrechtlichen Relevanz der aus der Freimaurerei bekannt gewordenen Verbrechenshäufungen (darunter in der E.U. von öffentlichem Interesse zum freimaurerischen Verbrechens- und Lügenmilieu etwa die Verwendung von Meuchelärzten wie im Zusammenhang mit der Kinderschänderszene, zu politisch-behördlicher Lügengestaltung etwa öffentliche Lügenbefürwortung wie durch den braunjüdisch und freimaurerisch geprägten Bundespräsidenten) vom Gericht keine anderslautende Position eingenommen worden ist (verfahrensrelevante Verletzung des Parteiengehörs).“.
3 Damit wird vom Antragsteller kein Vorbringen erstattet, das das Vorliegen der Voraussetzungen eines der in § 45 Abs. 1 Z 1 bis 5 VwGG normierten Tatbestände belegen könnte. Soweit der Antragsteller auf eine Verletzung des Parteiengehörs verweist, ist auszuführen, dass eine solche etwa dann vorläge, wenn Parteien entgegen der Bestimmung des § 36 Abs. 1 VwGG dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beigezogen wurden, wenn der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrags nach § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG zu Unrecht abgesehen hat oder wenn eine Partei entgegen der Vorschrift des § 41 letzter Satz VwGG nicht gehört wurde. Im vorliegenden Fall waren jedoch keine Rechts- oder Tatfragen zu klären, die die Gewährung von Parteiengehör erfordert hätten.
4 Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gemäß § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof oder einer Korrektur seiner Entscheidungen. Eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 45 VwGG bietet somit keine Handhabe dafür, eine in einem abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu bekämpfen (vgl. etwa , mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung).
5 Einem Wiederaufnahmeantrag ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht stattzugeben, wenn dieser weder einen der in § 45 Abs. 1 VwGG aufgezählten Wiederaufnahmegründe geltend macht noch Angaben im Sinn des § 45 Abs. 2 VwGG enthält. Ist die Aussichtslosigkeit dieses Antrages offenkundig, so erübrigt sich auch eine Behebung der ihm anhaftenden Formgebrechen, sodass im vorliegenden Fall ein Auftrag zur Verbesserung des Antrages im Hinblick auf das Erfordernis gemäß § 24 Abs. 2 VwGG, wonach nicht nur Revisionen, Fristsetzungsanträge und Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sondern auch Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen sind, entbehrlich war (vgl. etwa , mwN).
6 Dem Wiederaufnahmeantrag war daher nach § 45 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. d VwGG gebildeten Senat nicht stattzugeben.
7 Abschließend wird der Antragsteller darauf hingewiesen, dass in Hinkunft vergleichbare Eingaben an den Verwaltungsgerichtshof prinzipiell als rechtsmissbräuchlich eingebracht qualifiziert sowie ohne weitere Bearbeitung und ohne weitere Verständigung des Antragstellers zu den Akten genommen werden. Gegenüber dem Einschreiter ist nämlich klargestellt, dass für Eingaben wie die vorliegende kein gesetzlicher Raum besteht.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.2. UnterKap4.3.2.4. ADR 1973 Teil4 UnterKap4.3.5. RechtsregelTU 35 AVG §52 B-VG Art133 Abs4 GGBG 1998 §2 Z1 VStG 1991 §5 Abs2 VwGG §34 Abs1 VwRallg |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030006.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-44987