Schlüssigkeit eines Gutachtens des Sozialministeriumservice
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom zu Ordnungsbegriff ***1***, mit dem ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung des Kindes ***K*** (VNR ***2***) abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin beantragte mit dem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 3 die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ihres Sohnes ***K***.
Daraufhin forderte das Finanzamt vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) eine Bescheinigung im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 an.
Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom , welches ohne Untersuchung des Kindes allein aufgrund der Aktenlage (zitiert werden sieben Befunde) erstellt worden war, wurden folgende Einschränkungen festgestellt:
Der Gesamtgrad der Behinderung wurde 30 % festgestellt. Führend sei das Leiden Nr. 1 mit 30 %. Das Leiden Nr. 2 steigere aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter.
Angesichts dessen wies das Finanzamt mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages ab, da der festgestellte Grad der Behinderung nicht mindestens 50 % betrug (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am . Darin wurde von der Beschwerdeführerin bemängelt, dass das Gutachten ohne Untersuchung des Kindes erstellt worden sei und behauptet, dass bei diesem eine Entwicklungsstörung mittleren Grades (Richtsatzposition ) vorläge, somit eine ernsthafte und durchgängige Beeinträchtigung in mehreren Bereichen sowie ein globaler Unterstützungsbedarf beim Lernen. Außerdem bestünde laut angeschlossenem Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich ein sonderpädagogischer Förderungsbedarf (SPF) in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch. Bei ihrem Sohn liege eine Lese- und Rechtschreibstörung und eine Rechenstörung vor. Auf Grund dieser Lernstörungen sei ein erheblicher Mehraufwand zu leisten, um selbst mit der sonderpädagogischen Förderung annähernd gute Ergebnisse zu erzielen. Des Weiteren sei bei ihrem Sohn eine Verhaltens- und emotionale Störung, sowie eine ernsthafte und durchgängige soziale Störung gegeben (klinisch-psychologischer Bericht vom ). Außerdem leide ihr Sohn als Folge seiner EBV-Infektion im Jahr 2018 häufig an Gelenksbeschwerden. Es entspreche keinesfalls den Tatsachen, dass diese Erkrankung bzw. die daraus resultierenden Beschwerden als geringfügig angesehen werden könnten (wie im Sachverständigengutachten festgehalten). Vielmehr verstärke dieses zusätzliche Krankheitsbild die schwierige Gesamtsituation. Unter anderem leide ihr Sohn auch an einem Posturalem Tachykardiesyndrom, wodurch seine Leistungs- bzw. Belastungsfähigkeit zusätzlich sehr stark eingeschränkt sei und er Medikamente einnehmen müsse. Zusätzlich zu der notwendigen Medikation sei er auf eine umfassende therapeutische Begleitung, Betreuung und Unterstützung angewiesen, wobei es für ihn auch notwendig sei, sehr häufig und engmaschig, auf Reha zu gehen.
Das Finanzamt ersuchte daraufhin das Sozialmininsteriumservice nochmals um Erstellung einer Bescheinigung im Sinne des § 8 Abs. 5 FLAG 1967. Im wiederum nur aufgrund der Aktenlage ohne Untersuchung des Kindes erstellten Sachverständigengutachten vom wurden folgende Einschränkungen festgestellt:
Zur Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung mit 40 % wurde ausgeführt, dass Pkt. 1 durch Pkt. 2 wegen zusätzlicher Beeinträchtigung und Leidensverstärkung um eine Stufe angehoben werde, Pkt. 3 steigere wegen Geringfügigkeit nicht weiter. Der Zustand nach der EBV-Infektion erreiche ebenso wie die festgestellte Adipositas keinen Grad der Behinderung. Pkt. 2 werde nach Vorlage des Bescheides der Bildungsdirektion neu mit einem GdB von 30 % berücksichtigt.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Voraussetzungen für die Gewährung des Erhöhungsbetrages dargestellt und auf die Bindung des Finanzamtes an die Gutachten des Sozialministeriumservice hingewiesen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem neuerlich die unterbliebene Untersuchung des Kindes gerügt und im Übrigen ausgeführt wurde wie in der Beschwerde.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.
Mit Beschluss vom trug das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt auf, eine Ergänzung der vorliegenden Gutachten des Sozialministeriumservice einzuholen. Im ersten Gutachten vom wären als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung unter Punkt 1 unter anderem "normale intellektuelle Fähigkeiten" des Kindes festgestellt worden, im zweiten Gutachten werde dagegen eine Intelligenzminderung im Sinne der Pos.Nr. angenommen. Ferner wurde um Stellungnahme ersucht, warum im gegenständlichen Fall die Gutachten ohne Untersuchung des Kindes erstellt wurden. Schließlich sei laut näher zitiertem ärztlichem Bericht im Dezember 2022 beim Kind ein posturales Tachykardiesyndrom festgestellt worden, welches in den vorliegenden Gutachten nicht erwähnt worden sei.
Im daraufhin erstellten Gutachten vom wurden nach der in Anwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführten Untersuchung des Kindes unter Berücksichtigung aller elektronisch vorliegenden Befunde, Vorgutachten und mitgebrachter Befunde und Bescheide folgende Einschränkungen des Kindes festgestellt:
Der Gesamtgrad der Behinderung wurde damit begründet, dass führend das Leiden Nummer 1 mit 30 % sei. Das Leiden Nummer 2 steigere, da es das Gesamtbild verschlechtert, um eine Stufe. Die restlichen Leiden würden aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter steigern. Somit ergäbe sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 %.
Folgende Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
leichte Knick-Senk-Füße mit Sichelfuß Komponente rechts: Konfektionsschuhe, unauffälliges Gangbild, aktuell keine Modelleinlagen.
Zustand nach POTS Erstdiagnose 12/2022: aktuell 03/2023: NASA Lean Test unauffällig.
Anpassungsstörung, mit gemischter Störung von Gefühlen - Befund 05/2017 aus Vorgutachten 01/2023, diesbezüglich keine aktualisierte Diagnose, keine Therapien.
Prähypertonie/beginnend Hypertonie Grad I systolisch tagsüber
Der Beschwerdeführerin wurde mit Vorhalt vom zur Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, zu diesem Gutachten vom Stellung zu nehmen. Auf die Bindungswirkung schlüssiger Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen habe bereits das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung hingewiesen. Eine Unschlüssigkeit des Gutachtens vom sei für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar. Die im Vorverfahren bemängelte fehlende Untersuchung des Kindes sei nachgeholt worden. Bei der am durchgeführten Untersuchung wären alle vorliegenden Befunde berücksichtigt worden. Die Entwicklungseinschränkung werde zutreffend unter Pos.Nr. 03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung subsumiert. Die Begründung in der Lfd.Nr. 1 für eine Einschätzung unter Punkt (u.a. derzeit fehlender SPF) erscheine schlüssig. Auch die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung gemäß § 3 der Einschätzungsverordnung begegne keinen Bedenken. Auf das im vorletzten Gutachten noch unberücksichtigt gebliebene posturale Tachykardiesyndrom (POTS) sei ebenfalls Bedacht genommen, jedoch festgehalten worden, dass dieses keinen Grad der Behinderung erreiche (NASA Lean Test 03/2023 unauffällig).
Die Beschwerdeführerin gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin bezieht für ihren am ***x***.12.2008 geborenen Sohn Familienbeihilfe (Grundbetrag).
Aufgrund des Antrages auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ihres Sohnes wurden vom Sozialministeriumservice die oben zitierten ärztlichen Sachverständigengutachten vom und erstellt.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde aus den oben angeführten Gründen eine Gutachtensergänzung angefordert. Im daraufhin erstellten dritte Gutachten vom wurde nach erfolgter Untersuchung des Kindes ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 % festgestellt.
Auf die oben zitierten Gutachten wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung
Der Gesetzgeber hat durch die Bestimmung des (unten zitierten) § 8 Abs. 6 FLAG 1967 die Frage des Grades der Behinderung und auch die damit in der Regel unmittelbar zusammenhängende Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet wird und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spielt. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen ().
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (z.B. ; und 2009/16/0310, mwN).
Da im ersten Gutachten vom als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung unter Punkt 1 unter anderem "normale intellektuelle Fähigkeiten" des Kindes festgestellt worden waren, im zweiten Gutachten vom dagegen eine Intelligenzminderung im Sinne der Pos.Nr. angenommen wurde, lag insofern ein Widerspruch vor, weshalb vom Bundesfinanzgericht aus diesem Grund (und aufgrund der bis dahin unterbliebenen Untersuchung des Kindes sowie des unberücksichtigt gebliebenen posturalen Tachykardiesyndroms) eine Gutachtensergänzung veranlasst wurde.
Das daraufhin erstellte dritte Gutachten vom erweist sich dagegen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes als schlüssig. Die im Vorverfahren unterbliebene Untersuchung des Kindes wurde nachgeholt. Die Entwicklungseinschränkung wurde zutreffend unter Pos.Nr. 03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung (Entwicklungseinschränkungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) subsumiert. Für die im Gutachten vom noch angeführte Intelligenzminderung im Sinne des Punktes bestehen keine Anhaltspunkte, eine solche wurde daher im Gutachten vom zutreffend nicht mehr festgestellt. Die Begründung in der Lfd.Nr. 1 für eine Einschätzung der im Gutachten vom näher beschriebenen Entwicklungseinschränkung unter Punkt erscheint unter anderem aufgrund des derzeit fehlenden Sonderpädagogischen Förderbedarfes schlüssig. Bei der Erstellung des Gutachtens vom wurden alle vorliegenden Befunde berücksichtigt, insbesondere wurde auch auf das im vorletzten Gutachten noch unerwähnt gebliebene posturale Tachykardiesyndrom (POTS) Bedacht genommen, jedoch festgehalten, dass dieses keinen Grad der Behinderung erreiche (NASA Lean Test 03/2023 unauffällig).
Der Beschwerdeführerin wurde mit Vorhalt vom Gelegenheit geboten, zum Gutachten vom Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin machte davon keinen Gebrauch; eine allfällige Unschlüssigkeit dieses Gutachtens wurde somit auch von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.
Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird (Grundbetrag gemäß § 8 Abs. 2 FLAG 1967) und erhöht sich für erheblich behinderte Kinder um den in § 8 Abs. 4 FLAG 1967 angeführten Betrag (Erhöhungsbetrag).
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als sechs Monaten. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens alle fünf Jahre neu festzustellen, wenn nach Art und Umfang eine mögliche Änderung zu erwarten ist (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967)
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) dem Finanzamt Österreich durch eine Bescheinigung auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967).
In der Anlage zur Einschätzungsverordnung werden unter Punkt 03.02. die Entwicklungseinschränkungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr angeführt. Erfasst werden dabei umschriebene Entwicklungseinschränkungen des Sprechens und der Sprache, des Kommunikationsvermögens, schulische Fertigkeiten, motorische Funktionen sowie kombinierte umschriebene Entwicklungseinschränkungen und typische Begleiterscheinungen wie emotionale Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung) wie folgt:
Die vom Sachverständigen im Gutachten vom beim Sohn der Beschwerdeführerin festgestellten Entwicklungseinschränkungen (Lese-und Rechtschreibstörung, kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten, Lernschwäche seit 2021 mit stattgehabtem sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) in 3 Fächer, anamnestisch elterliche Hilfestellung bei den Hausaufgaben notwendig, in Summe daher in Teilbereichen Unterstützungsbedarf beim Lernen anzunehmen, aktuell jedoch anamnestisch keine laufenden, derartigen Unterstützungsmaßnahmen wie zum Beispiel SPF) wurden zutreffend unter Punkt der Anlage zur Einschätzungsverordnung subsumiert. In der Beschwerde war zwar unsubstantiiert behauptet worden, dass beim Kind eine Entwicklungsstörung mittleren Grades im Sinne des Punktes vorläge, ohne dafür entsprechende ärztliche Befunde vorzulegen, denen dies zu entnehmen gewesen wäre. Weder wurde eine kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung noch ein globaler Unterstützungsbedarf beim Lernen im Sinne dieses Punktes dargetan. Der Einschätzung der festgestellten Entwicklungsstörung unter Punkt im Gutachten vom , die mit einem Unterstützungsbedarf beim Lernen lediglich in Teilbereichen und aktuell fehlenden Unterstützungsmaßnahmen im Sinne Sonderpädagogischer Fördermaßnahmen begründet wurde, trat die Beschwerdeführerin auch nicht mehr entgegen.
Gleiches gilt für die übrigen Einschätzungen im Gutachten vom (lfd. Nr. 2 bis 4), mit denen alle geltend gemachten Einschränkungen des Kindes berücksichtigt wurden.
Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen (§ 3 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung).
Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt gemäß § 3 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung dann vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine (§ 3 Abs. 4 der Einschätzungsverordnung).
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung vom 40 % erfolgte im Gutachten vom entsprechend diesen Bestimmungen. Es begegnet auch keinen Bedenken, wenn die im Gutachten abschließend angeführten Gesundheitsschädigungen (Knick-Senk-Füße, Zustand nach POTS Erstdiagnose, Anpassungsstörung, Prähypertonie) aus den dort angeführten Gründen als solche bewertet wurden, die keinen Grad der Behinderung erreichen.
Da sich damit das Gutachten vom als schlüssig und vollständig erweist und auch die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung entsprechend der Bestimmung des § 3 Abs. 2 bis 4 der Einschätzungsverordnung erfolgte, ist dieses Gutachten als mängelfreies Beweismittel der gegenständlichen Entscheidung zugrunde zu legen.
Da es damit an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 (Grad der Behinderung von mindestens 50 %) fehlt, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Bindungswirkung schlüssiger Gutachten des Sozialmininsteriumservice entspricht der aufgezeigten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Frage, ob in einem konkreten Fall die vorliegenden Gutachten schlüssig sind, kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100502.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
EAAAF-44938