Entlassung aus der Gesamtschuld
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 100000/203921/2021-1, betreffend Entlassung aus der Gesamtschuld zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird jedoch dahingehend abgeändert, dass der Antrag gemäß Art. 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) in Verbindung mit § 237 Abs.1 Bundesabgabenordnung (BAO) und § 2 Abs.1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) abgewiesen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) wurde mit Haftungsbescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zl. ***2***, auf Grund der mit Urteil des Landesgerichtes ***1*** vom , ***3***, und vom , ***4***, und des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom , ***5***, sowie des Urteils des Oberlandesgerichtes Wien vom , ***6***, rechtskräftig gewordenen Verurteilung als Beteiligter eines vorsätzlichen Finanzvergehens als Haftender gemäß § 11 BAO für die aushaftende Eingangsabgabenschuld (hinterzogener Abgabenbetrag) der ehemaligen (nunmehr insolventen) Firma ***7*** (Abgabepflichtige) im Ausmaß von € 48.953.269,81 (Zoll: € 15.448.062,21; Einfuhrumsatzsteuer € 33.505.207,60) herangezogen und gemäß § 224 Abs.1 BAO aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Eingabe vom beantragte der Bf den Erlass der offenen Forderung. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er zu 39 Monaten Haft im gerichtlichen Finanzstrafverfahren verurteilt worden sei, auf Grund des Entzuges aller zollrechtlichen Bewilligungen und der langen Verfahrensdauer habe er schon vor seiner Haft keinerlei Chance auf einen Job gehabt und er sei seit 2009 beim AMS arbeitslos gemeldet und erhalte derzeit nur ca. € 1.000,00 monatlich. An privaten Schulden habe er noch € 300.000,00 offen und es sei ihm keine Ratenzahlung möglich. Er könne auch keinen Privatkonkurs anmelden, da die Abgabenschulden Deliktschulden darstellen, die einen Privatkonkurs ausschließen. Demnach werde er bis zum Lebensende bis zum Existenzminimum ohne Chance auf einen Job gepfändet bleiben, im Gegensatz zu seinen ***8*** Geschäftspartnern werde er bis zum Lebensende bestraft. Den aushaftenden Betrag werde er ohnehin nie in seinem ganzen Leben zurückzahlen können. Nach Erlass der Abgabenschuld beim Zollamt Österreich könnte er in Privatkonkurs gehen und wieder ein normales Leben führen.
Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 100000/203921/2021-1, wurde der Antrag gemäß Art. 120 Abs.1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) iVm § 237 Abs.1 BAO und § 2 Abs.1 ZollR-DG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Zollschuldentstehung auf eine Täuschung zurückzuführen sei, weshalb ein Abgabenerlass gemäß Art. 120 UZK nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Oberste Gerichtshof die Unterstellung als gewerbsmäßiges Handeln nach § 38 Abs.1 lit.a FinStrG aufgehoben habe, da er sich als Geschäftsführer der ***7*** in eigener Person keinen abgabenrechtlichen Vorteil verschaffen konnte. Er habe daher nicht vorsätzlich gehandelt.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zollschuldentstehung auf ein vorsätzliches Handeln zurückzuführen sei, was einen Abgabenerlass gemäß Art. 120 UZK ausschließe. Zudem liege keine sachliche Unbilligkeit vor.
Mit Eingabe vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend führte der Bf im Wesentlichen aus, dass er zu Unrecht strafrechtlich schuldig gesprochen worden sei. Die abgabenrechtlichen Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates seien zudem mangels Liquidität vom Masseverwalter nicht mehr bekämpft worden, darin sei jedenfalls eine sachliche Unbilligkeit zu erblicken. Zudem werde er wegen der Haftung für fast 49 Millionen Euro bis an sein Lebensende bis zum Existenzminimum gepfändet, weshalb auch eine persönliche Unbilligkeit vorliege.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Firma ***7*** deren Geschäftsführer der Bf war, wurden als Pflichteninhaberin die gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 ZK (i.d.F. bis ), Art. 203 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 erster Anstrich ZK (i.d.F. bis ) sowie Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a und b und Abs. 3 ZK (i.d.F. bis ) entstandene Eingangsabgabenschuld vom Zollamt St. Pölten, Krems Wiener Neustadt mittels Bescheide vom , Zlen. 230000/54026/2007/007, 230000/54026/2007/008, 230000/54026/2007/009, 230000/54026/2007/010 und 230000/54026/2007/011, zur Entrichtung vorgeschrieben, da im Zuge der durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt wurde, dass bei den in den Beilagen angeführten Importverzollungen - zum Teil erforderliche Pflichten und Voraussetzungen nicht erfüllt, zum Teil Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen - und dadurch die Eingangsabgaben zu Unrecht zu gering buchmäßig erfasst wurden.
Die bekämpften Abgabenbescheide wurden mit Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates (UFS), Zl. ZRV/0125-Z1W/09 vom , Zl. ZRV/0126-Z1W/09, vom , Zl. ZRV/0127-Z1W/09 vom , Zl. ZRV/0128-Z1W/09 vom , Zl. ZRV/0129-Z1W/09 vom sowie Zl. ZRV/0130-Z1W/09 vom teilweise berichtigt und erwuchsen in Rechtskraft.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes ***1*** vom , ***3***, und vom , ***4***, und des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom , ***5***, sowie des Urteils des Oberlandesgerichtes Wien vom , ***6***, wurde der Bf unter anderem der Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG sowie der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 FinStrG für schuldig erkannt, da er als unter anderem im Zeitraum vom bis in 33 Angriffen vorsätzlich eingangsabgabenpflichtige Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen sowie im Zeitraum vom bis in 3.378 Angriffen vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht Verkürzungen von Eingangsabgaben bewirkt hat.
Der Bf wurde mit Haftungsbescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zl. ***2***, auf Grund der mit Urteil des Landesgerichtes ***1*** vom , ***3***, und vom , ***4***, und des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom , ***5***, sowie des Urteils des Oberlandesgerichtes Wien vom , ***6***, rechtskräftig gewordenen Verurteilung als Beteiligter eines vorsätzlichen Finanzvergehens als Haftender gemäß § 11 BAO für die aushaftende Eingangsabgabenschuld (hinterzogener Abgabenbetrag) der ehemaligen (nunmehr insolventen) Firma ***7*** (Abgabepflichtige) im Ausmaß von € 48.953.269,81 (Zoll: € 15.448.062,21; Einfuhrumsatzsteuer € 33.505.207,60) herangezogen und gemäß § 224 Abs.1 BAO aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Der Bf hat noch weitere € 300.000,00 an privaten Schulden und wird auf das Existenzminimum gepfändet.
2. Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.
Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).
Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt des vom Zollamt Österreich vorgelegten Verwaltungsaktes. Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß Art. 120 Abs.1 Unionszollkodex (UZK) werden in anderen als den in Artikel 116 Absatz 1 Unterabsatz 2 und in den Artikeln 117, 118 und 119 genannten Fällen die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge aus Billigkeitsgründen erstattet oder erlassen, wenn die Zollschuld unter besonderen Umständen entstanden ist, die nicht auf eine Täuschung oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Zollschuldners zurückzuführen sind.
Gemäß Abs.2 leg. cit. liegen besondere Umstände gemäß Absatz 1 vor, wenn die Umstände des Falls klar erkennen lassen, dass sich der Zollschuldner im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbeteiligten im gleichen Geschäftsfeld in einer besonderen Lage befindet und dass ihm, wenn diese besonderen Umstände nicht vorliegen würden, keine Nachteile aus der Erhebung des Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrags entstanden wären.
Gemäß Art. 121 Abs.1 UZK sind Anträge auf Erstattung oder Erlass nach Artikel 116 innerhalb der folgenden Fristen bei den Zollbehörden zu stellen: a) im Falle von zu hoch bemessenen Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbeträgen, Irrtümern der zuständigen Behörden oder Billigkeit: innerhalb von drei Jahren nach Mitteilung der Zollschuld.
Gemäß Art. 239 Abs.1 ZK können Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle
- werden nach dem Ausschussverfahren festgelegt;
- ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.
Gemäß Art. 899 Abs.1 erster Anstrich Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) erstattet oder erlässt die Entscheidungsbehörde, bei der eine Erstattung oder ein Erlass nach Art. 239 Abs.2 ZK beantragt worden ist, die betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, wenn sie feststellt, dass die für diesen Antrag vorgebrachten Grunde einen der in den Artikeln 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände erfüllen und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt.
Gemäß § 83 ZollR-DG liegt im Falle einer Erstattung oder eines Erlasses der sonstigen Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach den Bestimmungen des Artikels 239 ZK in Verbindung mit Artikel 899 Abs.2 ZK-DVO ein besonderer Fall dann vor, wenn sich die Abgabenbelastung als unbillig nach Lage der Sache erweist oder wenn die Existenz des Abgabenschuldners durch die Abgabenbelastung ernsthaft gefährdet ist. Letzterenfalls stellt die betrügerische Absicht oder grobe Fahrlässigkeit des Beteiligten keinen Ausschließungsgrund für die Gewährung einer Erstattung oder eines Erlasses dar, sofern alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen und eine Gesamtbetrachtung für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers spricht. Eine Vorlage an die Kommission hat zu unterbleiben.
Der Unionszollkodex (UZK) ist mit Wirkung vollständig in Kraft getreten. Zeitgleich wurde die Verordnung (EWG) Nr. 2931/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) aufgehoben. Den Vorschriften betreffend Erstattung und Erlass der Einfuhrabgaben nach Art. 116 ff. UZK kommt keine Rückwirkung zu.
Bezüglich der Erstattung von Einfuhrabgaben handelt es sich um Vorschriften des materiellen Rechts (BFH vom , VII B 19/00). Dies gilt sowohl hinsichtlich Art. 236 und Art. 239 ZK als auch hinsichtlich Art. 116 Abs.1 UZK, in den die Erlass- bzw. Erstattungsvorschriften der Art. 236 und 239 ZK ohne grundsätzliche Änderungen übernommen wurden (BFH vom , VII B 165/16, ; Bieber/Summersberger in BFG Journal 2020,266).
Für die Frage des zeitlichen Anwendungsbereichs ist zwischen Verfahrensvorschriften, die im Allgemeinen auf alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Verfahren anwendbar sind, und materiell rechtlichen Vorschriften zu unterscheiden, die grundsätzlich nicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte gelten. Art. 121 UZK enthält nur Verfahrensvorschriften. Diese Vorschriften sind mithin auf sämtliche bei ihrem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossene Verfahren anzuwenden. Das hat zur Folge, dass auch dann eine Antragsfrist von drei Jahren gilt, wenn die Zollschuld vor dem entstanden ist (Deimel in Wolffgang/Jatzke Unionszollkodex Artikel 121, Rz.3).
Auf Sachverhalte wie den gegenständlichen, in denen die Zollschuld vor dem entstanden ist, sind hingegen die Bestimmungen des Art. 120 UZK nicht anzuwenden. Hier gelten noch die materiell-rechtlichen Bestimmungen des Art. 239 ZK.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist daher zu prüfen, ob die Erstattungsvoraussetzungen des Art. 239 ZK vorliegen:
Eine Erstattung gemäß Art. 239 Abs. 1 erster Anstrich ZK kommt dann in Betracht, wenn einer der in den Art. 900 bis 903 ZK-DVO beschriebenen Tatbestände erfüllt ist und keine offensichtliche Fahrlässigkeit oder betrügerische Absicht des Beteiligten vorliegt.
Betrügerische Absicht erfordert ein vorsätzliches Verhalten, wobei der Beteiligte in Täuschungsabsicht hinsichtlich der Abgaben gehandelt oder in dieser Absicht ein Handeln, zu dem er verpflichtet war, bewusst unterlassen haben muss (Witte, Zollkodex Art. 239 Rz.28)
Der Bf wurde vom zuständigen Strafgericht rechtskräftig für schuldig erkannt, dass er unter anderem im Zeitraum vom bis in 33 Angriffen als Geschäftsführer der Firma ***7*** vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen sowie im Zeitraum vom bis in 3.378 Angriffen vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht Verkürzungen von Eingangsabgaben bewirkt hat.
An diese Vorfragenbeurteilung ist das Bundesfinanzgericht gemäß § 116 Abs.1 BAO gebunden. Ein Erlass der Einfuhrabgabe Zoll ist daher aufgrund der Bestimmung des Art. 239 Abs.1 zweiter Anstrich ZK und Art. 899 Abs.1 erster Anstrich ZK-DVO, wonach bei betrügerischer Absicht bzw. bereits bei offensichtlicher Fahrlässigkeit ein Erlass der Einfuhrabgaben ausgeschlossen ist, rechtlich nicht möglich.
Der nationale Gesetzgeber hat allerdings betreffend die sonstigen Eingangsabgaben (Einfuhrumsatzsteuer) gemäß § 83 ZollR-DG eine Möglichkeit des Erlasses geschaffen, wenn sich die Abgabenbelastung als unbillig nach Lage der Sache erweist oder wenn die Existenz des Abgabenschuldners ernsthaft gefährdet ist. Nur im zweiten Fall stellt die betrügerische Absicht oder grobe Fahrlässigkeit keinen Ausschließungsgrund für die Gewährung eines Erlasses dar.
Ein Nachlass von Abgabenschuldigkeiten kommt jedoch dann nicht in Frage, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte und sich an der Existenzgefährdung nichts ändern würde (, , 2004/10/0276, , 2007/13/0086; , 2006/15/0278; , 2013/15/0173; , 2013/16/0114 uvm).
Da ein Erlass der in Höhe von über 15 Millionen Euro aushaftenden Einfuhrabgabe Zoll aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, hätte die Gewährung des Erlasses der Einfuhrumsatzsteuer keinen Sanierungseffekt zur Folge und würde auch an der Existenzgefährdung des Bf nichts ändern. Der Antrag vom auf Erlass der offenen Forderungen wurde daher vom Zollamt Österreich zu Recht abgewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, sich die Entscheidung auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt und die Ermessensentscheidung keine solche Rechtsfrage darstellt, ist eine Revision nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 239 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 899 Abs. 1 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1 Art. 121 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 § 83 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7200082.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAF-44936