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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.02.2025, RV/7100393/2025

Zurückweisung Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für ***1***, geb. ***2***, für den Zeitraum 01/2023 - 04/2023, Ordnungsbegriff ***3***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Die Beschwerdführerin (Bf.) beantragte am die Zuerkennung von Familienbeihilfe für ihre Tochter ***1*** für den Zeitraum 01 - 04/2023. Ihre Tochter werde einen Aufenthalt über ***4*** auf einer Husky Ranch in ***5*** absolvieren. Das Programm diene der Vorbereitung auf ein Studium im Bereich der Landwirtschaft, Tiermedizin, Biologie oder verwandten Bereichen.

Das Finanzamt (FA) wies den Antrag auf Familienbeihilfe für das Kind ***1*** für den Zeitraum 01/2023 - 04/2023 mit Bescheid vom ab. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Programm um keine Berufsausbildung iS des Familienlastenausgleichsgesetzes handle.

Der Abgabenbescheid konnte an der Abgabestelle der Bf. nicht zugestellt werden. Nachweislich wurde die Bf. von der Hinterlegung des behördlichen Dokumentes verständigt; das Dokument wurde vom - zur Abholung in der Post Geschäftsstelle ***6*** für die Bf. bereitgehalten.

Die Bf. holte das Dokument nachweislich am von der Post Geschäftsstelle ab.

Gegen den Bescheid erhob die Bf. mit Schriftsatz vom - Eingang beim FAÖ (lt. Stampiglie Rückschein) am 09.10.2023Beschwerde. Die Bf. begründet die Beschwerde damit, dass ihre Tochter mit die Ausbildung zur Psychotherapie beginne. Ziel sei es diesen Beruf in Zukunft mit Unterstützung eines Therapiehundes auszuüben. Das professionelle Erlernen und die Übung mit Hunden sei unumgänglich. Deshalb habe ihre Tochter einen Auslandsaufenthalt auf der Husky-Farm gewählt. In der Folge zitiert die Bf. Auszüge aus der "Richtlinie Assistenzhunde" und § 39a Abs. 9 Bundesbehindertengesetz. Die darin enthaltenen Tätigkeiten würden von ihrer Tochter während des Aufenthaltes auf der Husky-Farm erlernt. Aus diesem Grunde ersuche sie den Anspruch auf Familienbeihilfe nochmals zu überprüfen.
Beigelegt wurde eine Teilnahmebestätigung der ***4***, wonach die Tochter der Bf. in der Zeit von - auf einer Husky Ranch in ***5*** das Programm zur Vorbereitung auf ein Studium/eine Ausbildung im Bereich Landwirtschaft, Tiermedizin, Biologie oder verwandten Bereichen absolvieren werde. Die Teilnahme verbessere die Sprachkenntnisse, interkulturellen Kompetenzen und würden Einblicke in die Arbeit schottischer Farmer gewährt.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom zurück. Begründet wurde die Zurückweisung damit, dass die Berufungsfrist (gemeint wohl: Beschwerdefrist) gemäß § 245 bzw. § 276 (gemeint wohl: § 278) BAO bereits am (richtig: ) abgelaufen sei. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte nachweislich durch Hinterlegung und wurde der Bf. am ausgehändigt.

Am langte der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) nachweislich beim FA ein. Hinsichtlich Zurückweisung der Beschwerde führte die Bf. aus: "Aufgrund meines Urlaubes habe ich das Poststück am vom hinterlegenden Postamt abgeholt und war penibel darauf bedacht, die Beschwerde innerhalb dieser Frist einzubringen, was nach meinem Verständnis mit dem Einlangen des Schriftstückes am bei Ihnen gegeben ist". Im Übrigen wiederholte die Bf. ihre Vorbringen von der Beschwerde.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme wurde die Abweisung der Beschwerde wegen Verspätung in eventu in der Sache selbst beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Dem Beschluss zugrundeliegender Sachverhalt

Der Abweisungsbescheid vom konnte der Bf. an der Abgabestelle nicht zugestellt werden. Die Verständigung über die Hinterlegung dieses Dokumentes wurde am an der Abgabestelle der Bf. hinterlegt. Der Verständigung ist zu entnehmen, dass das Dokument von - bei der Post ***6*** zur Abholung bereitgehalten wird.

Der Bf. wurde der Bescheid nachweislich am von der Post Geschäftsstelle ausgehändigt.

Die Bf. übermittelte die mit datierte Beschwerde mittels eingeschriebenen Brief. Die Beschwerde langte beim FA nachweislich am ein.

Die Beschwerdevorentscheidung (Zurückweisung der Beschwerde wegen verspäteter Einbringung), datiert mit , wurde von der Bf. - nach Hinterlegung bei der zuständigen Poststelle - am übernommen.

Im Vorlageantrag vom verweist die Bf. auf die einmonatige Beschwerdefrist und dass sie aufgrund ihres Urlaubes den Abweisungsbescheid erst am abgeholt hat.

Zeitliche Angaben über eine Ortsabwesenheit wurden von der Bf. nicht getätigt. Beweismittel, die eine Ortsabwesenheit belegen, wurden nicht vorgelegt.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen.
Der Umstand der Verspätung wurde der Bf. durch die Beschwerdevorentscheidung und die Übermittlung des Vorlageberichtes bekannt, worin die belangte Behörde unter Anführung der maßgeblichen Umstände die Zurückweisung (Abweisung) der Beschwerde beantragt. Sowohl der Beschwerdevorentscheidung wie auch dem Vorlagebericht kommt Vorhaltscharakter zu ().

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 245 Abs. 1 erster Satz Bundesabgabenordnung (BAO) beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;…

§ 108. (1) BAO lautet: Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

§ 260. (1) BAO lautet: Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.

§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) lautet: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung ist schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Die Zustellung des Abweisungsbescheides erfolgte - nach vorangegangenen Zustellversuch vom - am (Beginn der Abholfrist). Die Beschwerde wurde am eingebracht (Datum Poststempel sowie Eingangsstempel FAÖ). Die einmonatige Beschwerdefrist hat nach § 108 Abs. 2 BAO am Montag, den , geendet. Damit ist die Beschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 245 Abs. 1 BAO eingebracht worden.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZuStG gelten Dokumente als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger …wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein über die Zustellung durch Hinterlegung macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen.
Eine - weder zeitlich konkretisierte noch in irgendeiner Weise belegte Behauptung - ortsabwesend gewesen zu sein genügt hier nicht (). Es bedarf eines konkreten, mit geeigneten Beweismitteln belegten Vorbringens, das klare Aussagen über den Umstand und die Dauer der Abwesenheit von der Abgabestelle enthält (; , 2004/16/0197; , 2012/06/0094).

Das Wirksamwerden der Zustellung tritt auch ein, wenn der Empfänger nach seiner Rückkehr an dem Tag, an dem die Abholung möglich wäre, oder vorher die Abgabestelle wieder verlässt (; Ritz, BAO7, ZustG § 17, Rz 19). Nach , 0114, kommt es nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung der Sendung findet. Entscheidend ist, ob er innerhalb der Abholfrist - wenn auch nur zu einem kurzen Aufenthalt - an die Abgabestelle zurückkehrte und die Abholung der Sendung beim Postamt möglich gewesen wäre.

Die Bf. verweist im Vorlageantrag auf eine weder datumsmäßig konkretisierte noch durch sonstige Beweismittel (zB Hotelbuchung, Flugtickets, Zeugenaussagen etc.) untermauerte Ortsabwesenheit von der Abgabestelle. Sie führt nur aus, dass sie das Poststück am abgeholt habe. Tatsächlich hat sie den Abweisungsbescheid am nachweislich übernommen. Für die Abwesenheit bis 11. bzw. wurde eine Ortsabwesenheit iSd oben angeführten Rechtsprechung nicht glaubhaft gemacht, weshalb die Zustellung des Abweisungsbescheides daher mit (Beginn der Abholfrist) wirksam wurde.

Am , dem Tag der Einbringung der Beschwerde beim FA, war die Frist von einem Monat bereits abgelaufen. Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht und war somit iSd §§ 260 Abs. 1 iVm 278 BAO als verspätet zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob von einer Ortsabwesenheit während des Hinterlegungszeitraumes auszugehen war, ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 39a Abs. 9 BBG, Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100393.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAF-44930