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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2025, RV/5100428/2024

Zugehörigkeit zum Haushalt des Kindesvaters oder der Kindesmutter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 03.2022-06.2022 für den Sohn ***OD***, SVNr. ***123*** Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I.

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird für den Zeitraum April 2022 ersatzlos aufgehoben und Familienbeihilfe gewährt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am , eingelangt am , einen Antrag auf Familienbeihilfe für seinen Sohn ***OD*** ab 03/2022.

2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum 03/2022 bis 06/2022 abgewiesen, da das Kind nicht im Haushalt des Beschwerdeführers lebe. Ab 07/2022 wurde die Familienbeihilfe gewährt.

3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom . Der Sohn sei tatsächlich seit April 2022 bei ihm gewesen. Er trage auch 80 % der Kosten für ihn. Das Gerichtsverfahren habe im Juli begonnen, als er sicher gewesen sei, dass sein Sohn bei ihm wohnen wolle. Er habe die Abwesenheiten seines Sohnes notiert und die Mutter habe die Korrektheit der Aufzeichnungen im Gerichtsverfahren bestätigt. Er sei laut Gerichtsbeschluss ab April 2022 von der Unterhaltsverpflichtung befreit. Die Mutter habe im streitgegenständlichen Zeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen. Der Beschwerde beigefügt, waren folgende Unterlagen: Protokoll vom ***X***.01.2023 vor der Diplomrechtspflegerin des Bezirksgerichtes ***Gericht***, Pflegschaftssache ***OD***; Aufzeichnungen Vater März bis Juli 2022 über den Aufenthalt des Sohnes des Bf.; Beschluss des BG ***Gericht*** vom ***X***.02.2023 (Unterhaltsbefreiung und Unterhaltsneufestsetzung).

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Aus der Begründung:

"Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt. Obwohl Sie die überwiegenden Unterhaltskosten leisten, erhalten Sie keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Stellungnahme der BH ***Bezirk*** wurde festgestellt, dass das Kind von März bis einschließlich Juni 2022 nicht nur die Nächte, sondern auch immer wieder tagsüber bei der Mutter aufhältig war.

Lt. Feststellung und Gegenüberstellung der Sachverhalte (Kindesvater und Kindesmutter) geht der Monat Juli 2022 als Zeitpunkt für den tatsächlichen Wechsel des Kindes von der Mutter zum Vater hervor.

Für den Familienbeihilfenanspruch ist die (überwiegende) Haushaltszugehörigkeit des Kindes maßgebend. Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) vorrangig die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Ein Kind gilt als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, betreut und versorgt wird. Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung."

5. Mit Schreiben vom wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Familienbeihilfe stehe der Mutter für die Monate April bis Juni 2022 nicht zu, dafür spreche auch die Unterhaltsbefreiung ab April 2022 und die Unterhaltsverpflichtung der Mutter ab April 2022.

6. Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer beantragte für seinen Sohn ***OD***, SVNr. ***123*** Familienbeihilfe ab März 2022. Der Sohn lebte nach der Trennung der Eltern im Jahr 2021 zunächst im Haushalt der Mutter.

Ab März 2022 hat sich der Sohn teilweise im Haushalt der Mutter und teilweise im Haushalt des Vaters aufgehalten. Insgesamt war er von März 2022 bis Juni 2022 an rund 20 Tagen im Monat tagsüber beim Vater. Der Sohn nächtigte im April 2022 16-mal, im Mai und Juni 2022 jeweils 13-mal beim Vater.

Der Sohn des Beschwerdeführers war in den Monaten März, Mai und Juni 2022 bei der Mutter haushaltszugehörig, im April und ab Juli 2022 beim Vater.

2. Beweiswürdigung

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen basieren auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers und den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Die detaillierten Aufzeichnungen des Vaters betreffend die Betreuung des Sohnes ***OD*** wurden von der Mutter im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren bestätigt (Beschluss des Bezirksgerichtes ***Gericht***, ***124*** vom : "Die Feststellung über den Aufenthalt des mj. ***OD*** ergibt sich aus den übereinstimmenden Aufzeichnungen des Vaters in ON 12 und den Angaben der Mutter und des Vaters im Protokoll ON 29").

Dass sich der Sohn des Beschwerdeführers erst ab April 2022 hauptsächlich bei ihm aufgehalten hat, und nicht bereits ab März 2022, stellte der Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst außer Streit.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

3.1.1. Rechtsgrundlage

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder, […]

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. […]

§ 2 Abs. 5 FLAG 1967: Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. […]

§ 7 FLAG 1967: Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt.

§ 10 Abs. 4 FLAG 1967: Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

3.1.2. Erwägungen

§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.

So wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, auch gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. ; ).

Die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) sind monatsbezogene Leistungen. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ; ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei einem Kind, das von mehreren Personen jeweils in deren Haushalten betreut wurde, die Ansicht vertreten, dass "die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, ganz wesentlich davon abhängt, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z.B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt" (vgl. ).

Auf Basis der obigen Ausführungen sowie des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich somit, dass der Antrag des Beschwerdeführers für die Monate März, Mai und Juni zu Recht abgewiesen wurde, da das anspruchsvermittelnde Kind in diesen Monaten überwiegend bei der Kindesmutter genächtigt hat und damit dem Haushalt der Mutter angehört hat. Im April 2022 und ab Juli 2022 gehörte der Sohn des Beschwerdeführers familienbeihilfenrechtlich dem Haushalt des Vaters an.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, er habe im umstrittenen Zeitraum 80% der Kosten für das Kind getragen sei erwähnt, dass bei Vorliegen einer Haushaltszugehörigkeit selbst eine überwiegende Kostentragung durch eine andere Person, wie dies beispielsweise bei getrennt lebenden Elternteilen, wobei einem Elternteil die volle Unterhaltspflicht für das Kind (und allenfalls auch den das Kind betreuenden anderen Elternteil) trifft, regelmäßig der Fall ist, nicht zu einem Anspruch auf Familienbeihilfe führt, da das FLAG 1967 den Anspruch auf Familienbeihilfe klar vorrangig an die Haushaltsführung knüpft.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100428.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAF-44929