Berichtigung § 293 BAO aufgrund von Unrichtigkeiten beruhend auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Battlogg Rechtsanwalts GmbH, Dr. Michael Battlogg, Gerichtsweg 2, 6780 Schruns, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom gemäß § 293 BAO zur Änderung des Bescheides betreffend Anspruchszinsen des Jahres 2020, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im gegenständlichen Verfahren steht in Streit, ob die Festsetzung der Anspruchszinsen für das Jahr 2020 sowie die spätere Berichtigung eines Bescheides gemäß § 293 BAO zulässig war.
1. Verfahrensgang und Sachverhalt
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2020 mit einem Betrag von € 44.378,00 festgesetzt. Aufgrund der Corona-Sonderbestimmungen gemäß § 323c Abs. 14 Z 2 BAO erfolgte keine Festsetzung der Anspruchszinsen.
Am erhob der Masseverwalter des Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 Beschwerde.
Nach Beantwortung eines Ergänzungsersuchens wurde der Einkommensteuerbescheid des Jahres 2020 am mit Beschwerdevorentscheidung geändert. Darin wurde eine Abgabengutschrift von € 44.644,00 festgesetzt. Dieser Bescheid erlangte Rechtskraft.
Zeitgleich wurde am ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen erlassen. Die Berechnung der Anspruchszinsen ergab für das Jahr 2020 eine Gutschrift von € 667,34.
Mit Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO vom wurde der Bescheid über die Festsetzung der Anspruchszinsen (Gutschrift) korrigiert. Die festgesetzten Guthabenzinsen wurden mit € 0,00 berichtigt. Dies wurde damit begründet, dass Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO für Gutschriften im Veranlagungszeitraum 2019 und 2020 gemäß § 323c Abs. 14 Z 2 BAO nicht festzusetzen sind. In der Folge ergab sich eine Nachforderung in Höhe von € 667,34.
Gegen den Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO erhob der Masseverwalter am Beschwerde. Er bekämpfte die Nachforderung in Höhe von € 667,34 und stellte den Antrag, den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte im Wesentlichen aus, dass mit dem Einkommensteuerbescheid 2020 vom eine Abgabengutschrift in Höhe von € 44.644,00 festgesetzt wurde. Diese führte zu einer automationsunterstützten Festsetzung von Anspruchszinsen (Gutschrift) in Höhe von € 667,34. Gemäß § 323c Abs. 14 Z 2 BAO wäre dies jedoch nicht zulässig gewesen. Der Fehler wurde mit dem Berichtigungsbescheid vom behoben, indem die Gutschrift wieder rückgängig gemacht wurde. Die Berichtigung beruhte auf einem klar erkennbaren Fehler, da Anspruchszinsen gemäß den Sonderbestimmungen für die Veranlagungsjahre 2019 und 2020 nicht festzusetzen gewesen wären.
Nach § 323 c (Sonderregelungen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19) Abs. 14 Z. 2 BAO ist von einer Vorschreibung hinsichtlich Anspruchszinsen betreffend Nachforderungen (§ 205), die für den Veranlagungszeitraum 2019 oder 2020 festzusetzen wären, abzusehen (BGBl. I 2020/96, BGBl. I 2021/3).
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung
Rechtsgrundlagen:
§ 205 der Bundesabgabenordnung (BAO) BGBl. I Nr. 14/2013 mit der Überschrift "Anspruchszinsen" lautet:
(1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.
(3) Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
(4) Die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) wird durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
(5) Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen sind nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.
(6) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Nachforderungszinsen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen,
a) als der Differenzbetrag (Abs. 1) Folge eines rückwirkenden Ereignisses (§ 295a) ist und die Zinsen die Zeit vor Eintritt des Ereignisses betreffen oder
b) als ein Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf dem Abgabenkonto bestanden hat.
§ 323c Abs. 14 Z 2 BAO BGBl. I Nr. 110/2023 mit der Überschrift "Sonderregelungen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19" lautet:
"Hinsichtlich
1.…
2. Anspruchszinsen betreffend Nachforderungen (§ 205), die für den Veranlagungszeitraum 2019 oder 2020 festzusetzen wären, ist von der Vorschreibung abzusehen.
Insoweit Nachforderungszinsen nach Z 2 nicht vorgeschrieben wurden, sind Anspruchszinsen betreffend Gutschriften (§ 205) nicht festzusetzen."
§ 293 BAO BGBl. I Nr. 97/2002 mit der Überschrift "Abänderung, Zurücknahme und Aufhebung" lautet:
"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen."
Erwägungen:
Aus § 205 Abs. 1 BAO ergibt sich, dass für Differenzbeträge, die sich aus Abgabenbescheiden nach Gegenüberstellung mit geleisteten Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für aus Einkommen- und Körperschaftsteuerbescheiden resultierenden Abgabennachforderungen und -gutschriften, Anspruchszinsen (Nachforderungs- und Gutschriftszinsen) festzusetzen sind.
Differenzbeträge im Sinne des § 205 Abs. 1 BAO sind Nachforderungen oder Gutschriften, die aus erstmaligen Abgabenfestsetzungen, aber auch aus Berichtigungen, Aufhebungen und Abänderungen gemäß § 295 oder 299 BAO, Wiederaufnahmen gemäß § 303 BAO, Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 262 Abs. 1 BAO, Erkenntnissen und Beschlüssen des Bundesfinanzgerichtes und Aufhebungen oder Änderungen durch den VwGH oder VfGH resultieren. Ergeben sich aus einer Abänderung von Bescheiden Abgabennachforderungen, ist für deren Verzinsung bedeutungslos, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war (, ).
Der gesetzlich in § 205 Abs. 1 BAO vorgegebene Zinsenberechnungszeitraum erstreckt sich vom 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zur Bekanntgabe des zur Nachforderung/Gutschrift führenden Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer)bescheides. Der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für die veranlagende Abgabe entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.
Anspruchszinsen gehören nach § 3 Abs. 2 lit. b BAO zu den Nebenansprüchen und sind zur festzusetzenden Abgabe formell akzessorisch (). Anspruchszinsenbescheide sind folglich an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden (; , u.a.)
Gemäß § 323c Abs 14 Z 2 BAO inst hinsichtlich Anspruchszinsen betreffend Nachforderungen gem. § 205 BAO, die für den Veranlagungszeitraum 2019 oder 2020 festsetzen wären, von der Vorschreibung abzusehen.
Im vorliegenden Fall wurde hinsichtlich der Nachforderung an Einkommensteuer 2020 in Höhe von € 44.378,00 mittels Bescheid vom von der Festsetzung von Nachforderungszinsen für den Zeitraum ab gemäß § 323c Abs 14 Z 2 erster Satz BAO abgesehen.
Gemäß § 323c Abs 14 Z 2 zweiter Satz BAO sind insoweit Nachforderungszinsen nach Z 2 nicht vorgeschrieben wurden, Anspruchszinsen betreffend Gutschriften gem. § 205 BAO nicht festzusetzen.
Am erging eine Beschwerdevorentscheidung. Nach dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2020 entstand nunmehr eine Abgabengutschrift in Höhe von € 44.644,00. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmung betreffend Sonderregelungen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 sind jedoch im gegenständlichen Fall keine Anspruchszinsen für die Gutschrift festzusetzen. Auch für die Nachforderung des Einkommensteuerbescheides 2020 vom wurden keine Nachforderungszinsen festgesetzt.
Die Festsetzung der Anspruchszinsen betreffend Gutschriften beruhte im streitgegenständlichen Fall ausschließlich auf Unrichtigkeiten bzw. Fehler durch den Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 293 BAO Rz 7)
Die gegen den Bescheid gemäß § 293 BAO zur Änderung des Bescheides betreffend Anspruchszinsen des Jahres 2020 erhobene Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden
3. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 323c Abs. 14 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100156.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
DAAAF-44921