Kein gewöhnlicher Wohnsitz im Zollgebiet
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde des Bf***, Bf-Adr*** vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom betreffend Eingangsabgaben iHv insgesamt 9.791,68 Euro (3.000 Euro Zoll und 6.600 Euro Einfuhrumsatzsteuer) inklusive Verzugszinsen (191,48 Euro) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Denise Schimonek zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrenslauf
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde für den Beschwerdeführer für die am durch die Nichterfüllung einer in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die vorübergehende Verwendung von Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union, Eingangsabgaben für den PKW Marke Volvo XC 60 mit dem amtlichen Kennzeichen 1*** inklusive Verzugszinsen iHv 9.791,68 Euro fest.
Das gegenständliche Fahrzeug sei von der albanischen Firma des Beschwerdeführers in Albanien von einer Bank geleast worden. Das erste Mal sei der Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Fahrzeug im Dezember 2022 anlässlich eines Italien-Urlaubes in die Europäische Union eingereist. Der Beschwerdeführer habe am das Fahrzeug für eine private Fahrt benutzt, indem er die Tochter zur Schule gebracht habe. Es liege lediglich eine Nutzungsberechtigung der Leasingbank für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau vor.
Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers habe zum tatbestandsrelevanten Zeitpunkt in Wien und demnach im Zollgebiet der Europäischen Union gelegen. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern seit 2018 in Österreich.
Da die Voraussetzungen des Art 215 Abs 3 UZK-DA für eine vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht erfüllt seien, sei für den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verbringung und der damit verbundenen vorschriftswidrigen Verwendung des Fahrzeuges die Eingangsabgabenschuld entstanden.
Mit Beschwerde vom machte der Beschwerdeführer Nichtigkeit des Verfahrens, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides geltend.
Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gem Art 212 Abs 3 UZK-DA erfüllt. Er sei eine außerhalb des Zollgebiets der Union ansässige Person und durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des PKW ermächtigt worden. Die Verwendung des Fahrzeuges sei in erster Linie für beruflich veranlasste Fahrten im Rahmen der Unternehmenstätigkeit gestattet. Bei der beanstandeten Fahrt handle es sich um eine zusätzliche Fahrt zum Arbeitsplatz.
Zudem habe die Vernehmung des Beschwerdeführers am ohne Beiziehung eines Dolmetschers stattgefunden. Das Verfahren sei somit nichtig bzw aufgrund dieser Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig.
Die Zustellung des Bescheides sei nicht am Wohnort des Beschwerdeführers erfolgt und stelle einen weiteren Verfahrensmangel dar. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt, Anträge zu stellen bzw Urkunden vorzulegen. Der Beschwerde sind folgende Unterlagen in albanischer Sprache beigefügt: Berechtigung zur Fahrzeugnutzung (Beilage 1), Berechtigung zur Fahrzeugnutzung (Beilage 2), Firmenbuchauszug des albanischen Unternehmens (Beilage 3), Leasingvertrag (Beilage 4), Zulassungspapiere (Beilage 5), Firmenbuchauszug S*** GmbH (Beilage 6).
Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Schreiben vom (Zahl 230000/206257/02/2023) teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Gründe mit, auf die sich die beabsichtigte Beschwerdevorentscheidung stützen werde und gewährte diesem eine 30-tägige Frist zur Stellungnahme.
In der Stellungnahme vom übermittelte der Beschwerdeführer die bereits in der Beschwerde beigefügten Unterlagen mit beglaubigter Übersetzung sowie eine Gehaltsabrechnung (Geschäftsführerbezug von S*** GmbH) des Beschwerdeführers für den Zeitraum Juli 2023.
Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers sei vor und nach dem in Albanien gelegen. Er sei schriftlich zur Verwendung des PKW ermächtigt. Die Nutzung des PKW sei auch im Rahmen eines Arbeitsvertrages vereinbart worden.
Selbst wenn der Beschwerdeführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hätte, komme die Befreiung nach Art 215 Abs 3 UZK-DA zur Anwendung, da der Beschwerdeführer den PKW in erster Linie für beruflich veranlasste Fahrten im Rahmen seiner Unternehmenstätigkeit des im Drittland ansässigen Unternehmens verwendet habe. Fahrten zum Arbeitsplatz seien erlaubt.
In Beantwortung des Fragenvorhalts der belangten Behörde vom übermittelte die Ehefrau des Beschwerdeführers die Kopie ihres Reisepasses und gibt zudem an, sie habe ihren Wohnsitz im August 2018 von Albanien nach Österreich verlegt. Die gemeinsamen Kinder besuchten seitdem eine österreichische Schule. Sie fahre sieben- bis achtmal pro Jahr nach Albanien. Mit den Kindern fahre sie gemeinsam nach Albanien. Während ihrer Aufenthalte in Albanien während der Schulzeit kümmere sich entweder eine Freundin oder ihr Ehemann um die Kinder in Österreich. Ihr Ehemann betreue neben Albanien und Wien weitere Niederlassungen in Bosnien, Bulgarien, Mazedonien, Montenegro und Serbien und sei daher ständig beruflich unterwegs.
In Beantwortung des Vorhalts der belangten Behörde vom übermittelte der Beschwerdeführer eine Kopie seines Reisepasses.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des Bescheides wurde insofern abgeändert, als dass im Dezember 2022 (statt am ) für den Beschwerdeführer durch die Nichterfüllung einer der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union die Eingangsabgabenschuld für den gegenständlichen PKW in der Höhe von insgesamt 9.791,68 Euro entstanden sei.
Nach Ansicht der Behörde liege der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich, da seine gesamte Familie in Österreich lebe und er regelmäßig an diesen Ort zurückkehre. Daher seien die Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art 212 Abs 3 UZK-DA bei der Einreise in die Europäische Union im Dezember 2022 nicht gegeben.
Da es sich bei der Einreise im Dezember 2022 um keine gewerbliche Verwendung gehandelt habe und der Gebrauch des gegenständlichen Fahrzeuges nur für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort oder für die Ausführung beruflicher Aufgaben gestattet sei, liege auch kein zulässiger Gebrauch im Rahmen der Befreiungsbestimmung nach Art 212 Abs 3 UZK-DA vor.
Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und stellte einen neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Mit Schriftsatz vom wurde der belangten Behörde bekannt gegeben, dass der Vertreter des Beschwerdeführers emeritiert sei. Es bestehe kein neues Vollmachtsverhältnis.
In der mündlichen Verhandlung vom beantragte der durch eine Vollmacht ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers die Verhandlung zu vertagen.
In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am gab der Beschwerdeführer an, er sei im Dezember 2022 in Italien nicht nur auf Urlaub gewesen, sondern habe dort auch dienstliche Gespräche geführt. Im Anschluss der dienstlichen Reise habe er mit seiner Familie ein paar Tage Urlaub gemacht.
Eine private Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei seines Wissens nicht explizit vertraglich geregelt.
Auf die Frage der Richterin antwortet der Beschwerdeführer, dass er sich in Österreich an der Adresse seiner Ehefrau aufhalte. Für Aufenthalte in Albanien besitze er eine eigene Wohnung. Er halte sich in Albanien aus beruflichen und auch privaten Gründen auf, da seine Schwester und seine übrigen Verwandten in Albanien leben.
Als Gesellschafter der S*** GmbH in F*** sei er für die Preisgestaltung und das Marketing des Unternehmens zuständig.
Der Sohn des Beschwerdeführers lebe momentan in den Niederlanden und gehe dort zur Schule. Seine Tochter besuche seit eine Schule in Albanien, werde aber nächstes Jahr wieder eine Schule in Wien besuchen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im Zollgebiet der Union befindet.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist albanischer Staatsbürger und Besitzer eine Rot-Weiß-Rot Karte. Er ist sowohl an einer österreichischen GmbH (S*** GmbH in F***) als auch an einem albanischen Unternehmen (L***) als alleiniger Gesellschafter beteiligt. Zudem zeichnet er als Geschäftsführer an dem albanischen Unternehmen.
Die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers lebten zum beschwerderelevanten Zeitraum in Österreich. Beide Kinder besuchten seit 2018 (jedenfalls bis Ende 2022 und darüber hinaus) eine Schule in Wien. Die Ehefrau des Beschwerdeführers vertritt die S*** GmbH seit als handelsrechtliche Geschäftsführerin.
Der Beschwerdeführer reiste im Dezember 2022 mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug von Albanien kommend in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Er hielt sich einige Tage in Italien aus dienstlichen Gründen auf und verbrachte anschließend einige Urlaubstage gemeinsam mit seiner Familie in einem italienischen Skigebiet.
Laut Reisepassdaten hat der Beschwerdeführer am die EU-Außengrenze bei der Einreise in Kroatien passiert.
Am brachte der Beschwerdeführer seine Tochter mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug von der Wiener Wohnadresse zur Schule.
Eigentümer des Fahrzeuges ist die X*** BANK ALBANIA. Als Nutzungsberechtigter wird im Zulassungsschein das Unternehmen L*** in Tirana genannt.
Die Erstzulassung des Fahrzeuges erfolgte im November 2022. Der Zollwert im Dezember 2022 betrug geschätzt rund 30.000 Euro.
Der Beschwerdeführer ist alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer des Unternehmens L***.
Die B*** BANK ALBANIA stellte der L*** am eine Vollmacht zur Fahrzeugnutzung für das streitgegenständliche Fahrzeug aus und genehmigte darin die Nutzung des Fahrzeuges durch von L*** SHPK autorisierte Personen.
Die L*** SHPK ermächtigte den Beschwerdeführer für den Zeitraum bis zur Nutzung des Fahrzeuges.
Der Beschwerdeführer ist seit 2018 wiederholt mit Unterbrechungen in Österreich mit Hauptwohnsitz wie folgt gemeldet (zugezogen von Albanien, verzogen nach Albanien)
- , 1180 Wien (Unterkunftgeber: Ehefrau)
- , 1190 Wien (Unterkunftgeber: Ehefrau)
- , 4040 Linz (Unterkunftgeber: A***)
- , 1190 Wien (Unterkunftgeber: Ehefrau)
- , 1190 Wien (Unterkunftgeber: Ehefrau)
- , 1190 Wien (Unterkunftgeber: Ehefrau)
Seit -1180 Wien (Unterkunftgeber H***)
Die Kinder des Beschwerdeführers hielten sich im beschwerderelevanten Zeitraum während der Schulzeit in Österreich auf. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hält sich teilweise sowohl in Österreich als auch fallweise in Albanien auf. Sie kehrt regelmäßig zu ihren Kindern an der Wohnadresse in Wien zurück.
Der Beschwerdeführer ist sowohl aus beruflichen als auch persönlichen Bindungen veranlasst, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten.
Die Lohn/Gehaltsabrechnung der S*** GmbH für den Beschwerdeführer weist für den Zeitraum Juli 2023 eine Wohnschriftadresse in Wien aus (Adrxxx***, 1190 Wien).
Beweis wurde erhoben durch die vorgelegten Aktenteile des Zollamtes Österreich, den Eingaben des Beschwerdeführers (insb Berechtigung zur Fahrzeugnutzung, Firmenbuchauszüge, Leasingvertrag, Zulassungspapiere, Gehaltsabrechnung des Beschwerdeführers für den Zeitraum Juli 2023) und dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung. Die Reisebewegungen des Beschwerdeführers (in und aus dem gemeinsamen Zollgebiet) ergeben sich aus den Daten der Reisepässe. Es wurde Einsicht in das Zentrale Melderegister genommen. Der dargestellte Sachverhalt ist zudem nicht strittig.
Der Zollwert wurde durch die belangte Behörde anhand Vergleichszahlen durch Recherchen im Internet vom Bruttoverkaufspreis (45.000 Euro) eines Volvo V60 T8 AWD Kombi iHv 30.000 Euro angesetzt (Erstzulassung 1/2022, 18.000 km, 223 kW). Der Zollwert des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist zudem nicht strittig.
Rechtliche Würdigung:
Gem Art 212 Abs 3 UZK-DA wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;
b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.
Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde.
Gem Art 215 Abs 3 UZK-DA können natürliche Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union haben, die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel in Anspruch nehmen, die sie gewerblich oder zum eigenen Gebrauch verwenden, sofern sie beim Eigentümer, Mieter oder Mietkaufnehmer des Beförderungsmittels beschäftigt sind und der Arbeitgeber außerhalb des Zollgebiets der Union ansässig ist.
Der eigene Gebrauch des Beförderungsmittels ist gestattet für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort des Beschäftigten oder für die Ausführung einer im Arbeitsvertrag der betreffenden Person vorgesehenen beruflichen Aufgabe.
Nach der Rechtsprechung des VwGH sind für die Frage des gewöhnlichen Wohnsitzes nur die tatsächlichen Verhältnisse im Einreisezeitpunkt, nicht aber ein allenfalls bereits vorhandener Willensentschluss, diesen Wohnsitz zu einem späteren Zeitpunkt zu verlegen maßgeblich ().
Es sind daher die tatsächlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und seiner Familie im Dezember 2022 maßgebend.
Gemäß § 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG bedeutet im Zollrecht "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 BAO) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.
Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt.
Demzufolge ist zwischen einer Person, deren berufliche und private Bindungen an einem Ort und einer Person, deren berufliche und private Bindungen an verschiedenen Orten liegen, zu unterscheiden. Während im ersten Fall ein Wohnen von mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr einen gewöhnlichen Wohnsitz begründet, ist im letzteren Fall der Ort der persönlichen Bindungen maßgebend, wenn die Person regelmäßig an diesen Ort zurückkehrt.
Gewöhnlicher Wohnsitz ist der Ort, zu dem eine Person regelmäßig zurückkehrt, weil dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt, insbesondere also berufliche und/oder persönliche Bindungen bestehen ().
Unter persönlichen Bindungen (persönlichen Beziehungen) sind all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigung religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens (und damit die Hauptinteressen, den Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person) ausmachen, an ein bestimmtes Land binden ().
Hinsichtlich des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen" treten nach Auffassung des VwGH die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen hinter die persönlichen Bindungen eindeutig zurück. Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt nämlich in der Regel eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu. Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt ().
Die Aufgabe des Wohnsitzes ist dann anzunehmen, wenn sich jemand freiwillig aus dem Staatsgebiet entfernt und aus den Begleitumständen die Absicht hervorgeht, den Aufenthalt am Ort der neuen Niederlassung zu nehmen (). Es kommt dabei auf die tatsächliche Gestaltung der Dinge und nicht auf die subjektive Absicht und Einstellung des Betroffenen an. Für die Frage des gewöhnlichen Wohnsitzes sind nur die tatsächlichen Verhältnisse im Einreisezeitpunkt, nicht aber ein allenfalls bereits vorhandener Willensentschluss, diesen Wohnsitz zu einem späteren Zeitpunkt zu verlegen, maßgeblich ().
Der Wohnsitzbegriff stellt auf keine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ab, sondern knüpft an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Um einen Wohnsitz zu begründen bzw. aufrecht zu erhalten, bedarf es nur der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung, also ohne wesentliche Änderung, dazu geeignet sind, dass sie jederzeit zum Wohnen benutzt werden können. In diesem Sinne können auch Hotelzimmer oder Untermietzimmer einen Wohnsitz gemäß § 26 Abs 1 begründen oder aufrechterhalten ().
Gem Art 5 Z 31 Buchst a UZK ist eine im Zollgebiet der Union ansässige Person eine natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hat.
Gewöhnlicher Wohnsitz ist der Lebensmittelpunkt einer Person. Kriterien für die Bestimmung des Lebensmittelpunktes sind die körperliche Anwesenheit des Betroffenen, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen, sowie der Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen (vgl Wolffgang in Wolffgang/Jatzke, UZK, 2021, Art 5 Rz 41.)
Der Beschwerdeführer ist sowohl an einer österreichischen GmbH als auch an einem albanischen Unternehmen beteiligt und hat daher sowohl in Österreich als auch in Albanien berufliche und finanzielle Bindungen.
Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder lebten zum beschwerderelevanten Zeitpunkt in Österreich. Der Beschwerdeführer hält sich nach eigenen Angaben regelmäßig immer wieder in Österreich an der Wohnadresse seiner Familie auf und kehrt regelmäßig an diese Adresse zurück.
Darüber hinaus hält er sich auch in Albanien sowohl aus beruflichen als auch aus persönlichen Gründen regelmäßig auf, da seine übrigen Verwandten in Albanien leben.
Der Beschwerdeführer hat somit berufliche und persönliche Bindungen zu einem Ort in Albanien und berufliche und persönliche Bindungen zu einem Ort in Österreich. Er ist daher veranlasst sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten.
Der Kernfamilie (Kinder und Ehefrau in Österreich) ist dabei nach Ansicht des Bundefinanzgerichts mehr Bedeutung beizumessen, als der übrigen Familie (Mutter, Schwester und weitere Verwandte in Albanien). Zudem besuchten beide Kinder im maßgeblichen Zeitraum eine Schule in Österreich. Die gewichtigeren persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers bestehen daher zu Österreich.
Der Beschwerdeführer hat daher nach zollrechtlichen Bestimmungen seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union.
Der Beschwerdeführer hat den streitgegenständlichen PKW im Dezember 2022 nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom sowohl gewerblich als auch für Urlaubszwecke verwendet. Die Verwendung für Urlaubszwecke stellt keinen zulässigen Gebrauch für die Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art 215 UZK-DA dar.
Die Vorschreibung der Einfuhrabgaben erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da sich die Lösung der Rechtsfrage aus dem Gesetz ergibt und auch im Unionsrecht eindeutig beantwortet wird. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehender Sachverhaltsfragen ab, die einer ordentlichen Revision nicht zugänglich sind.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 215 Abs. 3 UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1 Art. 212 Abs. 3 UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1 Art. 5 Z 31 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 |
Verweise | UZK-DA Art. 215 Abs. 3 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7200004.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
EAAAF-44912