TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2025, RV/7103662/2023

Kein Anrechnungsvortrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PwC PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Gruppenfeststellungsbescheid 2020 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Das Einkommen der Gesellschaft wird mit EUR -3.471.275,23 festgestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2020 vom . In der Beschwerde wird die Änderung des Bescheids in zwei Punkten beantragt. Erstens wird ein Antrag auf Berücksichtigung eines Anrechnungsvortrages iHv EUR 83.866,36 in Zusammenhang mit italienischen und britischen Körperschaftsteuern gestellt. Zweitens wird die Geltendmachung von nicht abziehbaren Vorsteuern im Zusammenhang mit Stützungszahlungen für Mitarbeiteressen beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Feststellungen Betriebsstätten Italien und Großbritanien

Die ***Bf1*** ist eine Kapitalgesellschaft, die in Österreich steuerlich ansässig ist. Die Gesellschaft ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Laut Feststellungsbescheid Gruppenträger 2020 hat die Beschwerdeführerin ein negatives Einkommen von EUR -3.448.658,39.

Die Gesellschaft hat eine Betriebsstätte in Italien. Das Ergebnis vor Steuern der italienischen Betriebsstätte betrug in 2020 EUR 307.178,81. In Italien sind in 2020 in Bezug auf die Betriebsstätte folgende Steuern angefallen:

  • IRES: EUR 73.723,00

  • IRAP: EUR 11.980,00

Die Gesellschaft hat eine Betriebstätte in Großbritannien. Das Ergebnis vor Steuern der britischen Betriebsstätte beträgt in 2020 EUR 37.219,27. Die Ertragsteuer in Großbritannien betreffend die Betriebsstätte beträgt in 2020 EUR 7.017,66.

In der Beschwerde und im Vorlageantrag wird beantragt über einen Anrechnungsvortrag von EUR 83.866,336 für ausländische Körperschaftsteuer im Rahmen des Feststellungsbescheid Gruppenträger 2020 abzusprechen.

Feststellungen Sodexo-Stützungszahlungen

Im Jahr 2020 sind im Zusammenhang mit Stützungszahlungen für Mitarbeiteressen EUR 22.616,84 an nicht abziehbaren Vorsteuern angefallen.

2. Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich für das Bundesfinanzgericht unzweifelhaft aus den vorgelegten Verwaltungsakten und entspricht auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde bzw im Vorlageantrag.

Die Feststellung der nicht abziehbaren Vorsteuern für Sodexo-Stützungszahlungen ergibt sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Buchhaltungsunterlagen. Außerdem weist der korrigierte Umsatzsteuerbescheid 2020 vom genau den festgestellten Betrag als Abgabennachforderung aus, was eindeutig beweist, dass die Vorsteuern auch tatsächlich als nicht abzugsfähig behandelt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

1. Anrechnungsvortrag

1.1. Keine Rechtsgrundlage für einen Anrechnungsvortrag

Art 23 Abs 3 lit a Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Italien lautet wie folgt:

"Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach diesem Abkommen in Italien besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer vom Einkommen nicht übersteigen, der auf die Einkünfte, die in Italien besteuert werden dürfen, entfällt."

Art 21 Abs 1 lit a Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Großbritannien lautet wie folgt:

"Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte und dürfen diese Einkünfte nach diesem Abkommen im Vereinigten Königreich besteuert werden, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der im Vereinigten Königreich gezahlten Steuer vom Einkommen oder von Veräußerungsgewinnen entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte oder auf die Veräußerungsgewinne entfällt, die im Vereinigten Königreich besteuert werden dürfen."

Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsauffassung, dass ein Anrechnungsvortrag unmittelbar aus Art 23 Abs 3 lit a Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Italien bzw Art 21 Abs 1 lit a Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Großbritannien abzuleiten sei, entspricht nicht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Nach dem Verwaltungsgerichtshof kann aus den genannten Methodenartikel des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens kein Anrechnungsvortrag für in einer Periode nicht anrechenbare ausländische Steuern abgeleitet werden. Die Anrechnung von ausländischen Steuern hat in jenem Jahr zu erfolgen, in welchem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Einkünfte steuerlich erfasst worden sind. Diese Ansicht leitet der Verwaltungsgerichtshof aus dem in § 2 Abs 1 und § 4 Abs 1 EStG in Verbindung mit § 24 Abs 1 und 3 KStG statuierten Grundsatz der Periodenbesteuerung und dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung der Doppelbesteuerungsabkommen ab, wonach die ausländische Quellensteuer auf die von diesen Einkünften erhobene (österreichische) Steuer anzurechnen ist.

Nach der eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann bei fehlender Steuerbelastung im Jahr der Erfassung der ausländischen Einkünfte in Österreich keine Anrechnung ausländischer Steuern erfolgen (vgl -8; ; ; ; ; ).

Die Beschwerdeführerin führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei, da die Entscheidungen Fälle von Quellensteuer betreffen würden. Im streitgegenständlichen Fall handle es sich aber um Körperschaftsteuer einer ausländischen Betriebsstätte.

Warum die Einhebungsform einer Steuer im Quellenstaat einen Ausschlag für das Vorliegen eines Anrechnungsvortrags im Inland haben soll, ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar. In beiden Fällen kommt die Anrechnungsmethode gemäß den oben zitierten Methodenartikeln des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens zur Anwendung. Wie soeben dargestellt, leitet die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Nichtbestehen eines Anrechnungsvortrages aus dem im österreichischen Steuerrecht geregelten Periodenprinzip und dem Wortlaut der jeweils anwendbaren Methodenartikel ab.

Dabei ist festzuhalten, dass sämtliche Einkünfte einer GmbH gem § 7 Abs 3 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind und für sämtliche Einkünfte grundsätzlich die dieselben Gewinn- und Einkommensermittlungsvorschriften gelten. So unterliegen bspw Lizenzgebühren oder Zinsen nach österreichischem Steuerrecht grundsätzlich (abgesehen von Spezialbestimmungen für zB niedrigbesteuerte Einkünfte) den gleichen Besteuerungsvorschriften, wie andere betriebliche Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten. Es ist also kein Grund ersichtlich, warum Einkünfte für Zwecke eines Anrechnungsvortrages, der nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nach inländischem Recht zu regeln wäre, anders behandelt werden sollen, nur, weil sie unter einen anderen Methodenartikel des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens fallen.

Die Qualifizierung von Einkünften nach den unterschiedlichen Verteilungsnormen dient lediglich dem Zweck der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den beiden Vertragsstaaten. Die Einordnung der Einkünfte unter eine bestimmte Verteilungsnorm hat schlussendlich keinen Einfluss auf die Einkommensermittlung nach inländischem Steuerrecht. Auch der Methodenartikel kommt für sämtliche Einkunftsarten des Doppelbesteuerungsabkommens gleichermaßen zur Anwendung, indem die ausländische Steuer in jenem Ausmaß, das im jeweiligen Methodenartikel geregelt ist, auf die österreichische Steuer angerechnet wird.

Diese Rechtsauffassung wird auch durch die Literatur bestätigt. Selbst Autoren, die der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aus grundsätzlichen Überlegungen kritisch gegenüberstehen, erkennen an, dass auf Basis der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch im Betriebsstättenfall kein Anrechnungsvortrag möglich ist (vgl V. Bendlinger in Kofler/Mitterlehner/Mitterlehner, Festschrift Stefan Bendlinger - Das internationale Steuerrecht in der Praxis (2024), Ein Plädoyer für die Gewährung eines Anrechnungsvortrages bei betrieblichen Verlusten im Ansässigkeitsstaat, 154ff; Bendlinger, Die Anrechnungsmethode im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit, SWK (2021), 701ff).

1.2. Keine analoge Anwendung des § 10a Abs 9 KStG

Im Vorlageantrag vertritt die Beschwerdeführerin darüber hinaus die Rechtsauffassung, dass die spezielle Anrechnungsbestimmung des § 10a Abs 9 KStG, die einen Anrechnungsvortrag im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung bzw. des Methodenwechsels von niedrig besteuerten Passiveinkünften regelt, analog anzuwenden sei. Die Bestimmung (vormals § 10 Abs 6 KStG) sei im Rahmen des Abgabenänderungsgesetz 2011 eingeführt worden und habe aufgrund der Judikatur des EuGH einen Anrechnungsvortrag für Körperschaften vorgesehen. Ohne nähere Begründung kommt die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag zum Schluss, dass die analoge Anwendung dieser Bestimmung nahezu gefordert sei, da eine abweichende Auslegung zu einem unsystematischen Ergebnis führen würde.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine analoge Anwendung einer Gesetzesbestimmung auf andere, nicht von dieser Regelung explizit geregelten Sachverhalte, nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Der VwGH führt dazu in seiner ständigen Rechtsprechung Folgendes aus:

"Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht wiederholt anerkannt. Voraussetzung hierfür ist freilich das Bestehen einer echten (d.h. planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke in diesem Rechtsbereich im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden. Eine durch Analogie zu schließende Lücke kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar ist oder wenn das Gesetz in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf welchen - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - ebendieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen" (vgl z.B. , ; , Ro 2014/07/0033).

Die Voraussetzung für eine analoge Anwendung einer Gesetzesbestimmung ist also das Vorliegen einer echten, planwidrigen Lücke. Weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag wird von der Beschwerdeführerin aufgezeigt, wo im konkreten Fall eine planwidrige Lücke vorliegen soll.

Das Problem, dass positive, ausländische Einkünfte einen Gesamtverlust eines Steuerpflichtigen in einem Jahr kürzen, aber der nicht nutzbare Anrechnungsbetrag an ausländischen Steuern auf Basis der aktuellen Rechtslage nicht auf Folgeperioden vorgetragen werden kann, ist seit langem bekannt und wurde auch in der Literatur ausführlich behandelt (vgl mwN V. Bendlinger in Kofler/Mitterlehner/Mitterlehner, Festschrift Stefan Bendlinger - Das internationale Steuerrecht in der Praxis (2024), Ein Plädoyer für die Gewährung eines Anrechnungsvortrages bei betrieblichen Verlusten im Ansässigkeitsstaat, 154ff). Außerdem hat die Verwaltungspraxis zwischenzeitlich sogar einen Anrechnungsvortrag auf Basis des § 48 BAO gewährt. Diese Praxis wurde aber mit Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vor Jahren wieder eingestellt (vgl EAS 3113 vom ).

Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass das Fehlen einer Bestimmung über einen Anrechnungsvortrag im Zusammenhang mit der Anrechnungsmethode, die in bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt ist, keine planwidrige Lücke iSd Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begründet. Vielmehr handelt es sich offenbar um eine steuerpolitische Entscheidung des Steuergesetzgebers, die die Folgen des Nichtbestehens eines Anrechnungsvortrages bewusst in Kauf nimmt.

Außerdem übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie eine analoge Anwendung des § 10a Abs 9 KStG fordert, dass der Anrechnungsvortrag nach § 10a Abs 9 KStG eine ganz andere Zielsetzung hat, als es ein Anrechnungsvortrag im Rahmen der Anrechnungsmethode eines Doppelbesteuerungsabkommens hätte.

§ 10a Abs 9 KStG (vormals § 10 Abs 6 KStG) wurde vom Gesetzgeber in Reaktion auf das Erkenntnis des und C-437/08, Haribo Lakritzen Hans Riegel BetriebsgmbH/Österreichische Salinen AG eingeführt. Diese Bestimmung dient in erster Linie dazu, die steuerliche Behandlung von ausländischen Dividenden und inländischen Dividenden anzunähern. In bestimmten Fällen unterliegen ausländische Dividenden der Anrechnungsmethode. Der Anrechnungsvortrag dient nun dazu die steuerlichen Wirkungen der Anrechnungsmethode jene der Befreiungsmethode, die für inländische Dividenden gilt, anzugleichen, um eine steuerliche Behandlung zu erreichen, die mit den Grundfreiheiten vereinbar ist.

Diese Bestimmung zielt somit vor allem auf den Fall einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ab, die im österreichischen Steuerrecht bei Dividenden grundsätzlich durch die Anwendung der in § 10 KStG geregelten Befreiungsmethode verhindert wird. Lediglich in bestimmten Fällen kommt die Anrechnungsmethode zur Anwendung. Um die ausländischen Dividenden, auf die die Anrechnungsmethode anwendbar ist, gleichwertigen steuerlichen Wirkungen wie jene für (inländischen) Dividenden zu unterwerfen, forderte der EuGH einen Anrechnungsvortrag zur Vermeidung einer (wirtschaftlichen) Doppelbesteuerung. Mit der Anrechnungsvortragsregelung soll daher sichergestellt werden, dass inländische Dividenden und ausländische Dividenden gleichwertig behandelt werden. Mit der Einführung der Hinzurechnungsbestimmung wurde diese Bestimmung auf andere passive Einkünfte ausgeweitet. Aber auch diese Bestimmung zielt hauptsächlich auf die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Einkünften durch die vorwiegende Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer eines anderen Rechtsträgers ab, die sich alleine aufgrund der innerstaatlichen Besteuerungsmechanismen ergibt.

Im vorliegenden Fall liegt allerdings eine andere Problemstellung vor. Es geht nicht um eine Annäherung der steuerlichen Konsequenzen der Anrechnungsmethode an jene der Befreiungsmethode, sondern um den Ausgleich zeitraumbezogener, steuerlicher Wirkungen beim selben Steuerpflichtigen. Die Beschwerdeführerin fordert deswegen einen Anrechnungsvortrag, da es ihr aufgrund der Verlustsituation im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr nicht möglich ist, die ausländische Steuer mit der inländischen Steuer zu verrechnen. Die positiven Einkünfte aus den Betriebsstätten führen aber gleichzeitig zu einer Kürzung der Verlustvorträge, die gegebenenfalls in Folgejahren verwertet werden können.

Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH aber um einen Fall der juristischen Doppelbesteuerung, da es sich um eine intertemporale Mehrfachbelastung beim selben Steuerpflichtigen handelt, die aufgrund der anwendbaren inländischen Steuerrechtsordnungen der beiden DBA-Vertragsstaaten entsteht. In diesem Zusammenhang hat der EuGH im oben genannten Erkenntnis ebenfalls entschieden, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, in seinem Steuerrecht die Anrechnung der in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat erhoben Quellensteuer vorzusehen, um zu verhindern, dass bei Einkünften eine rechtliche Doppelbesteuerung eintritt, die daraus resultiert, dass die betreffenden Staaten ihre jeweiligen Besteuerungsbefugnisse parallel ausüben.

Somit ist festzuhalten, dass abgesehen von dem Umstand, dass in Bezug auf die fehlende Möglichkeit eines Anrechnungsvortrages für ausländische Quellensteuern gar keine planwidrige Lücke vorliegt, die eine analoge Anwendung des § 10a Abs 9 KStG überhaupt ermöglichen würde, sich die Bestimmung aufgrund ihrer komplett anderen Zielrichtung gar nicht zur analogen Anwendung auf den hier vorliegenden Fall eignen würde.

1.3. Anrechnungsvortragzur Vermeidung intertemporaler Doppelbesteuerung europarechtlich nicht geboten

Weiters bringt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde bzw. im Vorlageantrag vor, dass die Nichtgewährung eines Anrechnungsvortrags gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verstoßen würde.

Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass das österreichische Steuerrecht ausländische und inländische Betriebsstättengewinne, die nach dem Welteinkommensprinzip beide in Österreich zu besteuern sind, gleich behandelt. Das österreichische Körperschaftsteuerrecht sieht keinerlei Differenzierung hinsichtlich der Gewinnermittlung von ausländischen oder inländischen Betriebsstättengewinnen vor. Auch der anwendbare Steuersatz ist in beiden Fällen ident.

Wie bereits oben im Detail ausgeführt, sind die steuerlichen Auswirkungen aufgrund des Fehlens eines Anrechnungsvortrags, als rechtliche Doppelbesteuerung zu qualifizieren, die daraus resultiert, dass beide Vertragsstaaten ihre Steuerhoheit ausüben. Dazu führt der Europäische Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung aus, dass ein Ansässigkeitsstaat nicht dazu verpflichtet ist, Vorkehrungen gegen Nachteile zu treffen, die sich aus der Ausübung der auf diese Weise zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilten Befugnisse ergeben (vgl Société Générale, C-403/19, Rn 29; Haribo Lakritzen Hans Riegel GmbH und Österreichische Salinen AG, C-436/08 und C-437/08, Rn 170; Damseaux, C-128/08 Rn 30 und 34). Demnach kann aus den Grundfreiheiten keine Verpflichtung für den österreichischen Steuergesetzgeber abgeleitet werden, einen Anrechnungsvortrag, für in einer Veranlagungsperiode nicht anrechenbare ausländische Steuern, vorzusehen. Auch der Verwaltungsgerichthof sieht auf Basis der zitierten Judikatur des Europäischen Gerichtshofes einen Anrechnungsvortrag aus unionsrechtlichen Gründen als nicht geboten an (, -8).

2. Betriebsausgabenabzug für nicht abziehbare Vorsteuern aus Sodexo-Stützungszahlungen

Nicht abziehbare Vorsteuern sind Betriebsausgaben gem § 4 Abs 4 EStG. Daher war der Betrag von EUR 22.616,84 zum Abzug zuzulassen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass auch die belangte Behörde in Ihrer Stellungnahme vom eingeräumt hat, dass der Betriebsausgabenabzug in diesem Fall zusteht.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis beruht auf der zitierten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103662.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
DAAAF-44908