Vorsoll ist kein Spruchbestandteil
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***MV***, als Masseverwalter im Konkursverfahren der ***E*** GmbH (vormals: ***Z*** GmbH, wiederum davor: ***D*** GmbH), diese als Rechtsnachfolgerin der ***C*** GmbH & Co KG, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Umsatzsteuer 2011 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die im Jahr 2009 errichtete, sich seit August 2022 im Konkurs befindliche ***E*** GmbH (FN ***123***; ursprünglicher Firmenname: ***D*** GmbH; letztere Firmenbezeichnung wird im Folgenden verwendet) war alleinige Komplementärin der ebenfalls im Jahr 2009 errichteten ***C*** GmbH & Co KG (FN ***123***; in der Folge "***C*** KG").
Die genannten Gesellschaften wurden - neben weiteren Gesellschaften - für die Abwicklung des Bauträgerprojektes "***XY***" errichtet.
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH (FN ***123***) als vorletzte Gesellschafterin aus der ***C*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***D*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, ist die ***C*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***D*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013, das zugrundeliegende Firmenbuchgesuch datiert mit tt.mm.2013.
Im Laufe des Jahres 2016 fand bei der ***D*** GmbH eine ua die Umsatzsteuer 2009 bis 2014 umfassende Außenprüfung statt. Gegenstand dieser Außenprüfung waren auch die umsatzsteuerlichen Belange der ***C*** KG, deren Gesamtrechtsnachfolgerin die ***D*** GmbH ist.
Im Zuge der Eröffnung der Außenprüfung wurde am betreffend Umsatzsteuer 2011 eine Selbstanzeige wegen nicht gemeldeter Selbstbemessungsabgaben 2011 durch die steuerliche Vertretung der ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG erstattet, die eine Umsatzsteuernachforderung iHv. € 44.068,-- für das Jahr 2011 auswies. Weiters wurde die Umsatzsteuerjahreserklärung 2011 bei der Abgabenbehörde eingereicht.
Die hinsichtlich der ***C*** KG im Zuge der Außenprüfung getroffenen Prüfungsfeststellungen betrafen nicht das hier streitgegenständliche Jahr 2011, sondern ausschließlich das Jahr 2012 (siehe den Außenprüfungsbericht vom ).
Mit an die ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG gerichteten Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 erklärungskonform fest.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wurde darauf hingewiesen, dass eine Begründung nachgereicht werde.
In Reaktion auf einen seitens des Finanzamtes erteilten Mängelbehebungsauftrag vom ließ die ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG durch ihren steuerlichen Vertreter dem Finanzamt ein mit datiertes, als "Mängelbehebung" bezeichnetes Schreiben zukommen. Darin wurde ua ausgeführt, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden mangels richtiger Adressierung um absolut nichtige Verwaltungsakte ("Nicht-Bescheide") handle. Es werde beantragt, die Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO mangels tauglicher Anfechtungsobjekte zurückzuweisen. Vor diesem Hintergrund erübrige sich eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden.
Die übrigen Ausführungen in diesem Mängelbehebungsschreiben betrafen das - hier nicht streitgegenständliche - Jahr 2012.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wurde die Beschwerde als zurückgenommen erklärt (§ 85 Abs. 2 BAO). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Mängelbehebungsauftrag sei unzureichend entsprochen worden. Die Umsatzsteuerveranlagung betreffend das Jahr 2011 sei erklärungsgemäß erfolgt. In der Bescheidbegründung werde auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung und den Außenprüfungsbericht verwiesen. Die getroffenen umsatzsteuerlichen Feststellungen beträfen das Jahr 2012, nicht jedoch das Jahr 2011. Die Ausführungen im Mängelbehebungsschreiben gingen damit inhaltlich gänzlich ins Leere.
Mit Schreiben vom wurde innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung 5010 zugewiesen.
Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt, die gebuchten Vorsollbeträge ua des streitgegenständlichen Jahres bekanntzugeben.
In Beantwortung dieses Vorhaltsschreibens teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom ua mit, eine neuerliche Durchsicht der gebuchten Umsatzsteuervoranmeldungen habe folgende Änderungen der maßgeblichen "Vorsoll-Beträge" ergeben:
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USt (Jahr) | "Vorsoll" angefochtene Bescheide | "Vorsoll" nach neuerlicher Durchsicht |
2011 | - € 337.775,07 | € 337.775,07 |
Zur Untermauerung dieses neu errechneten "Vorsoll-Betrages" ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht überdies Auszüge aus dem Abgabeninformationssystem (AIS) sowie weitere tabellarische Aufstellungen zukommen.
Diese Unterlagen übermittelte das Bundesfinanzgericht in der Folge dem mit der gegenständlichen Sache befassten Masseverwalter.
In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung gab der Masseverwalter zu Protokoll, dass er die vom Finanzamt neu errechneten Vorsoll-Beträge zur Kenntnis nehme. Der Finanzamtsvertreter führte aus, der in dem angefochtenen Bescheid ausgewiesene falsche Vorsoll-Betrag beruhe auf einem Irrtum. Er sei damals händisch (und nicht automationsunterstützt) eingetragen worden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen:
Die im Jahr 2009 errichtete, sich seit August 2022 im Konkurs befindliche ***D*** GmbH (FN ***123***) war alleinige Komplementärin der ebenfalls im Jahr 2009 errichteten ***C*** KG (FN ***123***).
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH (FN ***123***) als vorletzte Gesellschafterin aus der ***C*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***D*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, ist die ***C*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***D*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013, das zugrundeliegende Firmenbuchgesuch datiert mit tt.mm.2013.
Zum Streitjahr 2011:
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 erklärungskonform mit € 381.843,07 fest. Im Bescheid wird weiters ausgeführt, dass die Umsatzsteuer bisher mit - € 337.775,07 vorgeschrieben gewesen sei ("Vorsoll") und sich aufgrund der festgesetzten Abgabe (€ 381.843,07) und des bisher vorgeschriebenen Betrages (- € 337.775,07) eine Nachforderung in Höhe von € 719.775,07 ergebe. Darüber hinaus ist im Bescheid angemerkt, dass dieser Betrag bereits fällig gewesen sei.
Das im Bescheid mit - € 337.775,07 ausgewiesene "Vorsoll" ist der Höhe nach unrichtig. Richtigerweise wäre im Bescheid als "Vorsoll" der Betrag von € 337.775,07 anzuführen gewesen. Das fälschlicherweise mit - € 337.775,07 ausgewiesene "Vorsoll" ist auf einen Irrtum des Finanzamtes im Zuge der händischen Übernahme des "Vorsolls" in den Bescheid zurückzuführen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen beruhen auf einer Abfrage des Firmenbuches samt den dort hinterlegten Urkunden. Anderslautendes geht aus den im Akt einliegenden Unterlagen nicht hervor.
Dass der angefochtene Bescheid erklärungskonform erging, ist den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen. Seine Bestätigung findet dies in den im Abgabeninformationssystem (AIS) hinterlegten Daten.
Die Höhe des richtigen "Vorsoll-Betrages" ergibt sich aus dem Schreiben des Finanzamtes vom samt Beilagen (Auszüge aus dem Abgabeninformationssystem [AIS] sowie weitere tabellarische Aufstellungen). Den diesbezüglichen Berechnungen des Finanzamtes ist der Masseverwalter nicht entgegengetreten.
Dass der in dem angefochtenen Bescheid ausgewiesene, unrichtige "Vorsoll-Betrag" auf einen Irrtum des Finanzamtes im Zuge der händischen Übernahme der "Vorsoll-Beträge" in den angefochtenen Bescheid zurückzuführen ist, räumte der Finanzamtsvertreter in der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausdrücklich ein.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Zum Mängelbehebungsverfahren:
§ 85 Abs. 2 BAO lautet:
"Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."
Aus der zitierten Bestimmung folgt, dass inhaltliche Mängel nur dann vorliegen, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen.
Für die Bescheidbeschwerde iSd §§ 243 ff. BAO ergeben sich solche gesetzlichen Inhaltserfordernisse aus § 250 Abs. 1 BAO, der wie folgt lautet:
"Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung."
In seinem Mängelbehebungsauftrag vom wies das Finanzamt darauf hin, dass es der Beschwerde vom an einer Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, an einer Erklärung, welche Änderungen beantragt würden, sowie an einer Begründung mangle. Es ordnete an, dass die Mängel bis zum zu beheben seien.
In Reaktion darauf ließ die ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG durch ihren steuerlichen Vertreter dem Finanzamt ein mit datiertes, als "Mängelbehebung" bezeichnetes Schreiben zukommen. Darin wurde ua ausgeführt, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden mangels richtiger Adressierung um absolut nichtige Verwaltungsakte ("Nicht-Bescheide") handle. Es werde beantragt, die Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO mangels tauglicher Anfechtungsobjekte zurückzuweisen. Vor diesem Hintergrund erübrige sich eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden.
Dazu wird seitens des erkennenden Gerichtes bemerkt, dass mit diesem Vorbringen dem Mängelbehebungsauftrag fristgerecht entsprochen wurde und sich die vom Finanzamt erlassene Beschwerdevorentscheidung, mit welcher die Beschwerde als zurückgenommen erklärt wurde, als rechtswidrig erweist.
Zur Bescheidadressierung:
Gemäß § 142 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über.
Nachdem im Jahr 2013 die ***F*** GmbH als vorletzte Gesellschafterin aus der ***C*** KG ausgeschieden war und folglich nur noch die ***D*** GmbH als letzte Gesellschafterin verblieben war, ist die ***C*** KG gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen und ging deren Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die ***D*** GmbH über. Die diesbezügliche Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2013, das zugrundeliegende Firmenbuchgesuch datiert mit tt.mm.2013.
Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.
Gesamtrechtsnachfolge liegt insbesondere bei einer Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB vor (vgl etwa ).
Der Gesamtrechtsnachfolger tritt sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich voll an die Stelle des Rechtsvorgängers (vgl etwa ).
Daher sind sämtliche Bescheide, die Besteuerungszeiträume vor der Vermögensübernahme und liquidationslosen Vollbeendigung der Personengesellschaft (§ 142 UGB) betreffen, aber erst danach ergehen, an den letzten verbliebenen Gesellschafter als Rechtsnachfolger der vollbeendeten Personengesellschaft zu richten.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht (nur) für in einem Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO ergehende Bescheide. Im Fall der Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) haben Feststellungsbescheide kraft der ausdrücklichen und speziellen gesetzlichen Anordnung des § 191 Abs. 2 BAO nicht an den Gesamtrechtsnachfolger (§ 19 Abs. 1 BAO), sondern an die Personen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, zu ergehen (jüngst etwa , unter Hinweis auf Vorjudikatur).
Es kann dem Finanzamt daher nicht entgegengetreten werden, wenn es den hier angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 2011, bei dem es sich nicht um einen Feststellungsbescheid iSd §§ 188 ff. BAO, sondern um einen Abgabenbescheid iSd. § 198 BAO handelt, an die ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG richtete (der Bescheidadressat wurde im angefochtenen Bescheid mit "***xxx***" abgekürzt; in Zusammenschau mit dem Außenprüfungsbericht vom , auf den in der Begründung des Bescheides verwiesen wird, ergibt sich zweifelsfrei, dass damit die ***D*** GmbH als Rechtsnachfolgerin der ***C*** KG gemeint ist).
Der Beschwerdeeinwand des Vorliegens von Nichtbescheiden geht somit ins Leere.
Zum "Vorsoll":
Im vorliegenden Fall ist aufgrund eines Irrtums des Finanzamtes im Zuge der Bescheiderstellung ein unrichtiger "Vorsoll-Betrag" in den angefochtenen Bescheid eingeflossen, was zur Folge hat, dass im streitgegenständlichen Bescheid der Nachforderungsbetrag der Höhe nach unrichtig ist.
Es ist daher die Frage zu klären, ob das Bundesfinanzgericht als Rechtsmittelinstanz befugt ist, eine Änderung des "Vorsoll-Betrages" vorzunehmen.
Gemäß § 279 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den - hier nicht relevanten - Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes iSd § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO - nach jeder Richtung - ist durch die Sache nach § 279 Abs. 1 erster Satz leg. cit. begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl etwa ; ).
Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu klären, ob das "Vorsoll" Spruchbestandteil des angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheides ist.
Bei dem angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheid handelt es sich um einen Abgabenbescheid iSd. § 198 BAO (vgl etwa ; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 198 Tz 5).
Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.
Einschlägig ist in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des .
Das zitierte Erkenntnis des VwGH betraf einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 1996, in welchem die festgesetzte Jahresumsatzsteuer mit - 9.071 S, das "Vorsoll" mit - 124.586 S und der daraus resultierende Nachforderungsbetrag mit 115.515 S ausgewiesen waren. Der Bescheid enthielt überdies den Hinweis, dass dieser Betrag bereits fällig gewesen sei.
Darüber hinaus betraf das zitierte Erkenntnis des VwGH einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 1995, in welchem die festgesetzte Jahresumsatzsteuer mit - 192.846 S und das "Vorsoll" mit - 68.211 S ausgewiesen waren, woraus eine Abgabengutschrift resultierte.
In beiden Fällen erwies sich das bescheidmäßig ausgewiesene "Vorsoll" - aufgrund einer fehlerhaften zeitlichen Zuordnung der Umsatzsteuervoranmeldungen durch das Finanzamt - der Höhe nach als unrichtig.
Diesen "Fehler" behob die damalige Finanzlandesdirektion im Wege einer Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO, wogegen seitens der Abgabepflichtigen Beschwerde an den VwGH erhoben wurde.
Der VwGH sprach aus, dass "die Worte ,bisher war vorgeschrieben' oder ,… ergibt sich eine Nachforderung' der in Rede stehenden Bescheidteile erkennen lassen, dass diese Teile nicht zum Spruch des Bescheides gehören. Der Aussage über das Vorsoll und die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird. Dieser Teil der Bescheide bringt in einem solchen Fall keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck. Im Übrigen erwähnt auch § 198 Abs 2 BAO das "Vorsoll" nicht."
Der VwGH hob vor diesem Hintergrund den Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf (vgl auch Ritz/Koran, BAO7 § 198 Tz 12; Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 BAO § 198 Tz 3).
Der hier gegenständliche Sachverhalt gleicht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht dem vom VwGH entschiedenen Fall.
Zum angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 2011 ist zu bemerken, dass keine Fälligkeit für die Differenz (Nachforderungsbetrag) zwischen festgesetztem Abgabenbetrag und "bisher vorgeschriebenem" Abgabenbetrag ("Vorsoll") festgesetzt war. Vor dem Hintergrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung kommt damit der Aussage über das "Vorsoll" und über die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe bloß Informationscharakter zu (in diesem Sinne auch ; siehe weiters ).
Da, wie bereits oben ausgeführt wurde, die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes durch die Sache, somit durch die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat, begrenzt ist, im gegenständlichen Fall jedoch der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Aussage über das "Vorsoll" und über die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe nur Informationscharakter - und somit kein Spruchcharakter - zukommt, ist das Bundesfinanzgericht nicht befugt, die Höhe des "Vorsolls" zu ändern.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung sind demnach nicht erfüllt.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100968.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
PAAAF-44904