Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.01.2025, RV/7500034/2025

Verspäteter Einspruch gegen eine Strafverfügung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten (Bf.) vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom , MA6/***4***zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Zurückweisungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom wurde der Einspruch des Bf. vom und gegen die Strafverfügung vom als verspätet eingebracht zurückgewiesen und dazu begründet:

"Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Die an Sie adressierte angefochtene Strafverfügung vom wurde laut Verständigung der Hinterlegung bei der Post Geschäftsstelle ***6*** Wien ***7*** am hinterlegt, am erstmals zur Abholung bereitgehalten und von Ihnen persönlich innerhalb der Hinterlegungsfrist am abgeholt.

Die im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am .

Ihr Einspruch wurde jedoch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am und am , somit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, mittels E-Mail eingebracht, sodass der Einspruch als verspätet zurückgewiesen werden musste.

Anlässlich des Vorhaltes der verspäteten Einbringung des Einspruchs stellten Sie die am erfolgte Zustellung der Strafverfügung in Abrede und gaben an, im Zeitraum der Abholfrist in Innsbruck bei Hochzeitsplanungen gewesen zu sein und übermittelten eine Hochzeitseinladung für .

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, einen Zustellmangel hinsichtlich der am erfolgten Hinterlegung des Schriftstückes und der am erfolgten Abholung der angefochtenen Strafverfügung (Ausfolgung des Schriftstückes in der Postgeschäftsstelle) darzutun.

Laut Übernahmebestätigung wurde die übermittelte Strafverfügung am von Ihnen bei der Postgeschäftsstelle persönlich abgeholt. Die übermittelte Hochzeitseinladung für steht außerdem in keinem Zeitverhältnis zu der zweiwöchigen Abholfrist, die am zu laufen begann. Mögliche Beweise für Ihren Aufenthalt in Innsbruck während des Abholzeitraums der Strafverfügung wurden ebenso nicht übermittelt (Hotelrechnungen, etc.). Im Übrigen galt die Zustellung spätestens mit der Ausfolgung des Schriftstückes (Strafverfügung) am als bewirkt, da Ihnen das Dokument am nachweislich tatsächlich zugekommen ist.

Spätestens am begann daher die im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist zu laufen, endete dann am und erwies sich somit der am und am per E-Mail eingebrachte Einspruch jedenfalls als verspätet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist dar. Der Behörde blieb es daher - durch die verspätete Einbringung des Einspruchs - rechtlich verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen.

Da die Strafverfügung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist beeinsprucht wurde, ist sie in Rechtskraft erwachsen und unabänderlich. Eine Entscheidung in der Sache selbst bzw. über die Strafhöhe ist daher nicht mehr möglich."

****

Dazu wurde seitens des Beschuldigten mit Mail vom wie folgt vorgebracht:

"Ich bestätige, dass ich das Schreiben am persönlich übernommen habe. Allerdings musste ich unmittelbar danach wegen Hochzeitsvorbereitungen meines Bruders ***2*** verlassen. Ich habe angenommen, dass ich meine Aufgaben in kürzester Zeit erledigen könnte, wurde aber leider eines Besseren belehrt, da die Vorbereitungen länger dauerten als erwartet. Aus diesem Grund habe ich es versäumt, Ihnen rechtzeitig zu antworten. Dies ist eine rein menschliche Situation, und ich hoffe, dass sie dies nachvollziehen können, da sie sicherlich wissen, wie stressig Hochzeitsvorbereitungen sein können.

Zusätzlich möchte ich auf einen weiteren Punkt hinweisen: Wie ich bereits in meiner vorigen E-Mail erwähnt habe, ist mein Unternehmen insolvent, und ich bin derzeit arbeitslos. Mein Einkommen vom AMS beträgt lediglich € 520,00 monatlich, was sehr begrenzt ist. Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit als Arbeitgeber fällt meine AMS Unterstützung sehr gering aus. Derzeit teile ich mir eine Wohnung mit meinem Cousin, sodass ich keine Probleme mit Mietzahlungen habe, aber meine finanzielle Lage erlaubt es mir nicht, die gegen mich verhängte Strafe zu bezahlen.

Darüber hinaus gibt es auch andere Strafbeträge, insbesondere die unter ***5*** laufenden Strafbeträge in Höhe von 2.540 €, die mit meinem insolventen Unternehmen in Verbindung stehen. Obwohl diese Beträge meinem Unternehmen zuzuordnen sind, üben die Behörden Druck auf mich aus, diese zu begleichen, und drohen mit Freiheitsstrafen. Diese Situation stellt eine erhebliche Belastung dar.

Ich möchte betonen, dass ich die Strafen gerne begleichen möchte, jedoch bin ich dazu derzeit finanziell nicht in der Lage. Aus diesem Grund bitte ich Sie, die Strafe zu reduzieren und mir eine Ratenzahlungsmöglichkeit einzuräumen. Andernfalls bleibt mir keine Wahl, als eine Freiheitsstrafe in Kauf zu nehmen, was für mich persönlich äußerst belastend wäre und meine Würde beeinträchtigen würde.

Ich möchte sie bitten, diese Strafe nicht nur als einen Betrag von € 1.000, der in die Staatskasse fließt, zu betrachten. Ich bin ebenfalls ein Bürger dieses Landes und habe immer gearbeitet und mich an die Regeln gehalten. Es gab nie eine Phase, in der ich nicht gearbeitet habe. Nun stehe ich vor einer schwierigen Zeit und benötige ihre Unterstützung, um wieder auf die Beine zu kommen.

****

Mit Mail des Magistrates vom wurde der Bf. um Bekanntgabe gebeten, ob seine Mail vom als Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom zu werten sei.

Am selben Tag ging eine Mail des Beschuldigten mit folgenden Ausführungen ein:

"Hiermit lege ich Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom ein. Ich halte die Entscheidung in meinem Fall für unangemessen und möchte die Gründe für meine Position darlegen.

1. Verzögerung bei der Antwort:

Ich bestätige, dass ich das Schreiben am persönlich übernommen habe. Aufgrund der Hochzeitsvorbereitungen meines Bruders war ich jedoch gezwungen, Wien für eine längere Zeit zu verlassen. Ich hatte geplant, meine Angelegenheiten schnell zu erledigen, aber die Umstände vor Ort erlaubten dies nicht. Diese Situation war unerwartet und menschlich nachvollziehbar, weshalb ich hoffe, dass diese Verzögerung nicht als Nachlässigkeit interpretiert wird.

2. Finanzielle Lage:

Mein Unternehmen ist insolvent, und ich bin derzeit arbeitslos. Ich erhalte lediglich 520 € monatlich vom AMS und bin nicht in der Lage, die gegen mich verhängte Strafe in Höhe von 1.000 € zu begleichen. Zudem sind weitere Strafbeträge in Höhe von 2.540 € unter der GZ MBA/***3*** anhängig, die sich auf mein insolventes Unternehmen beziehen. Die Forderung, diese Beträge zu begleichen, übersteigt meine derzeitigen finanziellen Möglichkeiten erheblich und stellt eine enorme Belastung dar.

3. Bitte um Neubeurteilung:

Ich beantrage, den Bescheid vom zu überdenken und meine persönliche und finanzielle Situation dabei angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere bitte ich um:

• Eine Reduzierung der verhängten Strafe,

• Die Möglichkeit einer Ratenzahlung, die meiner finanziellen Lage entspricht.

Sollte mein Antrag nicht berücksichtigt werden, bleibt mir keine andere Wahl, als eine Freiheitsstrafe in Kauf zu nehmen. Diese Maßnahme wäre jedoch nicht nur für mich persönlich äußerst belastend, sondern auch unverhältnismäßig, da ich immer ein gesetzestreuer Bürger war, der sich in einer vorübergehenden schwierigen Lage befindet.

Ich bitte Sie daher, den Sachverhalt nochmals zu prüfen und eine für beide Seiten tragbare Lösung zu finden."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

In diesem Beschwerdeverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob ein Einspruch fristgerecht erhoben wurde oder nicht, dazu bedurfte es nicht der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

§ 48 VStG In der Strafverfügung müssen angegeben sein:

1. die Behörde, die die Strafverfügung erläßt;

2. der Vorname und der Familienname sowie der Wohnort des Beschuldigten;

3. die Tat, die als erwiesen angenommen ist, ferner die Zeit und der Ort ihrer Begehung;

4. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

5. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

6. allenfalls der Ausspruch über die vom Beschuldigten zu ersetzenden Kosten (§ 64 Abs. 3);

7. die Belehrung über den Einspruch (§ 49).

§ 49 Abs. 1 VStG: Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Abs. 2: Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Abs. 3: Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

Sachverhalt:

Die Strafverfügung vom wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Gebrauchsabgabegesetz wurde am vom Bf. persönlich entgegengenommen. Die Zustellung durch Hinterlegung erfolgte bereits am .

Die Strafverfügung enthält die Rechtsbelehrung, dass binnen zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich beim Magistrat ein Einspruch eingebracht werden kann.

Der Bf. hat am per Mail eine Stellungnahme zur Strafverfügung eingebracht und am eine Mail mit der Verwendung der Bezeichnung Einspruch.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt des Magistrates.

Der Bf. hat damit vor Ablauf der Einspruchsfrist Kenntnis von der Strafverfügung erlangt. Es hätte in der Folge ausgereicht, wenn innerhalb der zwei Wochen ab Zustellung eine Mail mit der Bezeichnung Einspruch beim Magistrat eingebracht worden wäre, was eben unbestritten nicht erfolgt ist.

Der Bf. bezieht sich in seinem Vorbringen lediglich darauf, dass er wegen Hochzeitsvorbereitungen für die Hochzeit seines Bruders, die erst im Februar 2025 stattfinden wird, innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht dazu gekommen sei, Einspruch zu erheben.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Fristversäumnis als nicht gegeben zu begründen, es wäre lediglich als Wiedereinsetzungsgrund in einem diesbezüglichen Verfahren geltend zu machen gewesen.

Das BFG hat sich in einem Beschwerdeverfahren ausschließlich punktuell mit einer Prüfung einer Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides zu befassen, daher war auf das Vorbringen zur schlechten wirtschaftlichen Lage des Bf. nicht einzugehen.

Die Verwaltungsstrafbehörde, die die Strafverfügung erlassen hat und bei der einEinspruch verspätet einlangt, ist verpflichtet, diesen Einspruch mit Bescheid als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG2, § 49 VStG unter Verweis auf , , vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm. 11 zu § 49 VStG). Warum kein rechtzeitiger Einspruch erhoben wurde, ist dabei rechtlich ohne Belang (LVwG Wien , VGW-021/035/20356/2014).

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. , 0003). Die Zurückweisung eines Einspruches ist eine Formalentscheidung, bei der auf ein inhaltliches Vorbringen nicht eingegangen werden kann.

Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht und somit zu Recht zurückgewiesen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 50 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 24 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 5 WAOR, Wiener Abgabenorganisationsrecht, LGBl. Nr. 21/1962
§ 48 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500034.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
UAAAF-44895