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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.01.2025, RV/4100290/2021

Bestandsvertrag, Geschäftslokal, Neugründung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Vn.Nn. in der Beschwerdesache A.Nn.1 als Rechtsnachfolger nach A.N..Nn1, vertreten durch Dr. Vn.L., Öffentlicher Notar, Ort, Str. ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 Gebührengesetz 1957, Erfassungsnummer ***1***, u Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt setzte mit Gebührenbescheid vom die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz (GebG) 1957 für den Bestandsvertrag vom mit Frau A.Nn. in Höhe von Euro 498,98 fest. Der Vergebührung lag der Bestandsvertrag über ein Geschäftslokal zwecks Neuerrichtung eines Friseursalons zugrunde.

Beschwerde:

In der Beschwerde vom wurde eingewendet, man habe mit A.Nn. am einen Mietvertrag über ein Geschäftslokal abgeschlossen. Beide Parteien haben eine Befreiung von der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 1 Neugründungs-Förderungsgesetz beantragt. Zusätzlich habe man eine Erklärung nach dem Neugründungs-Förderungsgesetz vorgelegt, welche von der Wirtschaftskammer und der Mieterin unterfertigt worden ist. Die Mieterin war bisher unselbständig und hat sich nunmehr als Friseurin selbständig gemacht.

Gemäß § 1 Neugründungs-Förderungsgesetz sind zum Zwecke der Förderung der Neugründung alle durch die Neugründung unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen von den Stempelgebühren und den Bundesabgaben befreit. Die Ablehnung des Antrages auf Befreiung widerspreche eindeutig dem Wortlaut und der Zielsetzung des Neugründungs-Förderungsgesetzes.

Beschwerdevorentscheidung:

Nachdem das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat, wurde die Vorlage der Beschwerde beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ablehnung des Antrages auf Gebührenbefreiung der Zielsetzung des Gesetzes widerspreche.

A.Nn.1 senior ist am verstorben. Beim Finanzamt Österreich wird A.Nn.1 junior als Rechtsnachfolger (Erbe) geführt.

Das Finanzamt legte die Akten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gegenstand des Erkenntnisses ist die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid vom betreffend die Vergebührung eines Bestandsvertrages vom gemäß
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z.1 GebG 1957 im Zusammenhang mit der Neueröffnung eines Friseursalons. Die Mieterin war zuvor als Friseurin unselbständig tätig. Nun mietete sie ein Geschäftslokal und betreibt selbständig einen Friseursalon.

2. Beweiswürdigung

Dem Verfahren liegen die genannten Schriftsätze und Bescheide zugrunde, aus denen sich der dargestellte Sachverhalt ableitet.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 33 TP 5 GebG idF vor BGBl I Nr. 147/2017 lautete auszugsweise:

"(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
1. im allgemeinen 1 v.H.;
2. beim Jagdpachtvertrag 2 v.H.
(2) […]

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen.

(4) […]"

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Gebührenschuld entsteht, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird,
1. bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften
a) wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung (§ 16 Abs.1 Z 1 lit.a Gebührengesetz 1957, (GebG);
…….. .

Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird (§ 17 Abs.1 GebG; z.B. ).

Das Urkundenprinzip besagt dass
a) die Gebührenpflicht grundsätzlich an das Vorhandensein eines Schriftstücks gebunden ist
b) für die Feststellung der Gebührenpflicht ausschließlich der Inhalt des Schriftstückes maßgebend ist und dass
c) die Gebührenpflicht so oft besteht, als Schriftstücke bezüglich des gleichen gebührenpflichtigen Tatbestandes errichtet werden ()

Der Zeitpunkt in dem die Gebührenschuld entsteht, ist auch als Bewertungsstichtag entscheidend ().

Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften (z.B. Bestandsverträgen) entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterzeichnet wird, gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit.a im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

§ 1 Neugründungs-Förderungsgesetz lautet:
"§ 1. Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben:
1.
Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben für die durch eine Neugründung unmittelbar veranlaßten Schriften und Amtshandlungen;
2.
Grunderwerbsteuer für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;
3.
Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Fimenbuch (Tarifpost 10 Z I des Gerichtsgebührengesetzes) unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung des Betriebes;
4.
Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums (Tarifpost 9 lit. a und lit. b des Gerichtsgebührengesetzes) für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;
5.
Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber;
6.
Börsenumsatzsteuer für die Einbringung von Wertpapieren auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;
7.
……….
………."

In den Erläuterungen "1766 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats XX. GB" wird zur Einführung des Neugründungs-Förderungsgesetzes, NEUFÖG, ausgeführt:

Aus den Erläuterungen zum Neugründungs-Förderungsgesetz ergibt sich eindeutig, dass die Vergebührung von Bestandsverträgen gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 nicht befreit ist. Es handelt sich nach dem Willen des Gesetzgebers um ein mittelbar dienendes Rechtsgeschäft, welches nicht von der Vergebührung befreit ist. Daher erfolgte die Vergebührung des Bestandsvertrages zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100290.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAF-44892