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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.01.2025, RV/7102232/2020

Einstellung des Beschwerdeverfahrens, wenn bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH kein Abwicklungsbedarf besteht durch den Berichter (Einzelrichter), auch wenn eine Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt worden ist

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Name des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Name und Adresse Vertreter gemäß § 80 BAO***
betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide
des Finanzamtes Wien 8/16/17,
nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle Wien 8/16/17, vom
betreffend
Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2015, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2016
Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2015, Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2016,
Aufhebung § 299 BAO / KSt 2017, Aufhebung § 299 BAO / USt 2017,
Haftungsbescheid / Sonstige 2015, Haftungsbescheid / Sonstige 2016,
Haftungsbescheid / Sonstige 2017, Haftungsbescheid / Sonstige 2018,
Körperschaftsteuer 2015, Körperschaftsteuer 2016, Körperschaftsteuer 2017,
Umsatzsteuer 2015, Umsatzsteuer 2016, Umsatzsteuer 2017,
Umsatzsteuerfestsetzung 01.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 02.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 03.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 04.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 05.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 06.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 07.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 08.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 09.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 10.2018, Umsatzsteuerfestsetzung 11.2018, und Umsatzsteuerfestsetzung 12.2018,
Steuernummer ***BF1StNr1***,
beschlossen:

I. Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 279 iVm §§ 269 und 272 Abs. 4 BAO eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Bei der ***Bf1*** (in der Folge als Beschwerdeführerin "Bf." bezeichnet) fand im Jahr 2019 eine Betriebsprüfung betreffend
- Umsatzsteuer 2015-2017,
- Körperschaftsteuer 2015-2017,
- Kammerumlage 2015-2017
- Kapitalertragsteuer 2015-2018 und
- Normverbrauchsabgabe 2015-2018 sowie

eine Nachschau betreffend
- Umsatzsteuer 2018 und
- Kammerumlage 2018

statt.

Da die Bf. keine ordnungsgemäße Buchhaltung vorgelegt hat, wurden die Bemessungsgrundlagen unter Zugrundelegung des damals gültigen Taxitarifes geschätzt.

Der steuerliche Vertreter hat die Taxitarife in einer Auswertung "Nachrechnung einer Taxifahrt" berechnet und die durchschnittlichen Brutto-Kilometer-Erträge für unterschiedliche Distanzen und unterschiedliche Prozentsätze an Leerfahrten ermittelt, wobei die Betriebsprüfung in weiterer Folge einen durchschnittlichen Ertragskilometerwert von € 1,09 bei 50% Leerfahrten der Schätzung der Bemessungsgrundlagen zu Grunde legte.

Der schätzungsweisen Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2015-2017 wurden durch die Betriebsprüfung weiters ein Verbrauch von 9 Litern/100km und ein Preis für 1 Liter Diesel von € 0,90 (netto) im Schätzungsweg angesetzt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung, nahm die Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2015-2016 gemäß § 303 BAO wieder auf bzw. hob den Umsatzsteuer- und den Körperschaftsteuerbescheid 2017 gemäß § 299 BAO auf und erließ - soweit beschwerdegegenständlich - neue Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2015-2017, Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume 01-12/2018 und KeSt-Haftungsbescheide für die Jahre 2015-2018.

In der Beschwerde bekämpfte die Bf. die auf Grundlage der Schätzung der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide im Wesentlichen mit einer anderen Schätzung und resultierten aus dieser Schätzung einerseits höhere Vorsteuern und schätzte die Bf. andererseits - weil die Bf. einen höheren Anteil an Leerfahrten vorgebracht hat (zusätzliche "Verwaltungsfahrten", "Tankfahrten" und "Reparaturfahrten") - einen geringeren durchschnittlichen Kilometerertrag von nur mehr € 1,06.

Obgleich der steuerliche Vertreter die auf Grundlage einer Schätzung ergangenen Bescheide "lediglich" mit einer anderen Schätzung bekämpfte, und selbst für den Fall, dass der in der Beschwerde durch die Bf. dargelegten Schätzungsmethode gefolgt worden wäre, sich andere Spruchbeträge bei den angefochtenen, neuen Sachbescheiden errechnet hätten, wurden durch die Bf. auch die Wiederaufnahme- und die Aufhebungsbescheide angefochten.

In der Beschwerde beantragte die Bf. demnach
- die Aufhebung der Wiederaufnahme- und der Aufhebungsbescheide,
- in eventu die (Zitat:) Anpassung sämtlicher hier bekämpfter Sach- und Haftungsbescheide entsprechend der beiliegenden Kalkulation,
- die Entscheidung durch den gesamten Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und
- die Aussetzung der Einhebung der strittigen Beträge gemäß § 212a BAO.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache per der Gerichtsabteilung 1005 zur Erledigung zugewiesen.

Nach Anforderung ergänzender Unterlagen durch das Bundesfinanzgericht von Seiten der belangten Behörde und nach Durchsicht dieser Unterlagen erließ das Bundesfinanzgericht am einen verfahrensleitenden Beschluss mit nachstehendem Inhalt:

"(…) Sachverhalt, Verfahrensgang

In der gegenständlichen Beschwerdesache sind die Veranlagungsjahre 2015 bis 2017/2018 verfahrensgegenständlich. Der für diese Jahre (ab 2012) gültige Taxitarif stellt sich dar wie folgt (siehe auch Beilage 1 - Information der Wirtschaftskammer ***Name Bundesland***):

Nach dem Betriebsprüfungsbericht wurden seitens der Bf. keine entsprechenden Grundaufzeichnungen vorgelegt, weswegen die Besteuerungsgrundlagen seitens der belangten Behörde zu schätzen waren (§ 184 BAO).

Die steuerliche Vertretung hat als Anlage zum Schreiben vom eine Berechnungstabelle mit der Bezeichnung "Nachrechnung einer Taxifahrt" vorgelegt und wurde auf Grundlage dieser kalkulatorischen Auswertung ein Bruttokilometerertrag von € 1,09 den angefochtenen Sachbescheiden im Schätzungsweg zu Grunde gelegt. Bei diesem Bruttokilometerertrag waren bereits Leerfahrten im Ausmaß von 50% von der Summe "für besetzte Fahrt" abgezogen worden.

Aus dieser Aufstellung ist ebenfalls ersichtlich, dass die Zeittaxen berechnet wurden wie folgt:
3 x 20 Cent x Anzahl Kilometer; bei 25,90 Sekunden pro 20 Cent errechnet sich bei Anwendung dieser Formel (3 x 20 Cent x Anzahl Kilometer bei 20 Cent pro 25,90 Sekunden = 77,7 Sekunden/Kilometer) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ~ 46,332 km/h, von der in dieser Berechnungstabelle ausgegangen worden ist (Beilage 2).

In der Beilage 1 "Kalkulation" zur Niederschrift vom wurde die "kalkulatorische Kilometerleistung auf Basis Treibstoffverbrauch" im Schätzungsweg ermittelt wie folgt:

Auf Grund der der Abweichungen zwischen der "kalkulatorische Kilometerleistung auf Basis Treibstoffverbrauch" und der Gesamtkilometerleistung wurde durch die Betriebsprüfung die Gewinnzurechnung auf Grundlage der Gesamtkilometerleistung im Schätzungsweg ermittelt wie folgt:

Aus den obigen Ausführungen ergeben sich folgende Fragestellungen an die Bf.:

1.) Wiederaufnahmebescheide und Aufhebungsbescheide (gem. § 299 BAO)

Sämtliche Wiederaufnahmebescheide enthalten in ihren Bescheidbegründungen einen Verweis auf die Niederschrift und den Betriebsprüfungsbericht.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH (z.B. , ; ; ) kann das Finanzamt zur Begründung des Wiederaufnahmebescheides zulässiger Weise auch auf den Betriebsprüfungsbericht oder die Niederschrift verweisen.

Hinsichtlich der Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO verweist das Bundesfinanzgericht seinerseits zusätzlich auf die Judikatur des VwGH (z.B.: ) wonach der Aufhebungsbescheid mit dem neuen Sachbescheid eine Einheit bildet. Eine Rechtswidrigkeit eines Aufhebungsbescheides gemäß § 299 BAO wäre nicht einmal dann gegeben, wenn der Aufhebungsbescheid keinen Verweis auf den Sachbescheid oder (wie im vorliegenden Fall) auf den Betriebsprüfungsbericht und die Niederschrift enthalten hätte.

Da die Wiederaufnahmebescheide in ihren Begründungen (gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zulässiger Weise) auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Betriebsprüfungsbericht zu entnehmen sind, verweisen, wird die Bf. binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses um Bekanntgabe ersucht, ob die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide aufrechterhalten wird.

Da die Aufhebungsbescheide in ihren Begründungen darauf verweisen, dass die Begründung für die Aufhebung auf Grund der abgabenbehördlichen Prüfung der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Betriebsprüfungsbericht zu entnehmen sind, wird die Bf. binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses um Bekanntgabe ersucht, ob die Beschwerde gegen die Aufhebungsbescheide aufrechterhalten wird.

Beiden Parteien des Beschwerdeverfahrens wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu den Ausführungen unter diesem Punkt binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

2.) Leerfahrten

Seitens der Betriebsprüfung wurden im Schätzungsweg insgesamt 50% der Fahrten als Leerfahrten angesetzt und auf Grundlage der durch die Bf. vorgelegten "Nachrechnung einer Taxifahrt" ein Brutto-Kilometer-Ertrag von € 1,09 im Schätzungsweg ermittelt. Die Bf. hat in ihrer Beschwerde vorgebracht, dass "Verwaltungsfahrten" stattgefunden hätten, wobei nach der Bf. zusätzlich zu den in der Schätzung der belangten Behörde bereits berücksichtigten Leerfahrten (von 50% "für besetzte Fahrten")
- 50km/Arbeitstag (Arbeitsbeginn, Rückkehr ins Depot, sonstige Verwaltungsfahrten)
- 100km/Monat (für sonstige Reparatur Service) und
- 10km/Arbeitstag (für Tanken)
als zusätzliche Leerfahrten zu berücksichtigen wären.

Die Bf. hat im finanzbehördlichen Prüfungsverfahren keinerlei Nachweise dafür vorgelegt, dass 50% der Fahrten Leerfahrten gewesen wären und dass 50km/Arbeitstag (für Arbeitsbeginn, Rückkehr ins Depot, sonstige Verwaltungsfahrten), 100km/Monat für sonstige Reparatur Service und 10km/Arbeitstag für Tanken als zusätzliche Leerfahrten tatsächlich angefallen sind.

Die Bf. wird daher aufgefordert, binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses nachzuweisen, dass
- die Leerfahrten tatsächlich 50% der Gesamtfahrten ausgemacht haben und
- 50km/Arbeitstag (Arbeitsbeginn, Rückkehr ins Depot, sonstige Verwaltungsfahrten), 100km/Monat (sonstige Reparatur Service) und 10km/Arbeitstag (Tanken) als zusätzliche Leerfahrten tatsächlich angefallen sind und binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses anzugeben, warum Fahrten i.Z.m. Service und Reparaturen einerseits und dem Betanken von Fahrzeugen andererseits sowohl unter den "Verwaltungsfahren" als auch unter der Position "sonst. Rep. Service" einerseits und unter der Position "Tanken" andererseits und somit doppelt angeführt/berücksichtigt worden sind.

Beiden Parteien des Beschwerdeverfahrens wird auch die Möglichkeit geboten, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu den Ausführungen unter diesem Punkt binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

3.) "Berechnung zusätzlicher Aufwand" (Punkt 3 der Beschwerde)

Die belangte Behörde hatte nach den Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht die Umsätze und Gewinne der Bf. gemäß § 184 BAO zu schätzen. Das Finanzamt ist von der Gesamtkilometerleistung ausgegangen, hat diese Gesamtkilometerleistung mit dem Kilometerertrag (€ 1,09) multipliziert, den Nettoerlös errechnet, von diesem Nettoerlös die bislang erklärten Nettoerlöse gemäß Erklärung abgezogen und die Erlösdifferenz ("Kalkulationsdifferenz") erhalten.

Nach Abzug zusätzlicher Treibstoffaufwendungen (Berechnung: Kalkulationsdifferenz lt. Betriebsprüfung netto x 1,1 = Hochgerechneter Bruttoumsatz / 1,09 = umgerechnete Kilometerleistung / 100 km x 9 Liter x € 0,9 = ermittelter Nettotreibstoffaufwand) und zusätzlicher Lohnaufwendungen errechneten sich die Gewinnzurechnungen.

Die "Kalkulatorische Kilometerleistung auf Basis Treibstoffverbrauch" spielte bei dieser Schätzung des Finanzamtes wegen der erheblichen Differenzen zur Gesamtkilometerleistung keine Rolle; es wurden aus dieser Berechnung in der Folge lediglich die durchschnittlichen Treibstoffpreise und der Durchschnittsverbrauch für die Berechnung der zusätzlichen Treibstoffaufwendungen übernommen.

[Anmerkung: festgehalten wird, dass die Nettoerlöse laut Erklärung (z.B.) von 2015 (i.d.H.v. € 481,112,40) dividiert durch die kalkulatorische Kilometerleistung von 2015 (357.600 km) einen Netto-Kilometer-Ertrag von € 1,345 ergibt - die Bf. ist hingegen in ihrer eigenen Berechnung (Beilage 2) von einem Brutto-Kilometer-Ertrag von € 1,09 ausgegangen]

Die Bf. hat nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts die Schätzmethode des Finanzamtes lediglich durch eine andere, für die Bf. vermeintlich vorteilhaftere Schätzmethode ersetzt, wobei die Bf. bei ihrer Schätzung gerade nicht von den aus der oben angeführten Berechnung sich ergebenden höheren Netto-Kilometer-Erträgen (€ 1,345) ausgegangen ist (in der Beschwerde begehrt die Bf. abweichend von der eigenen Berechnung sogar einen "reduzierten" Kilometerertrag von € 1,06 - dazu gleich unten).

Zu dem seitens des Finanzamtes bei der Schätzung der zusätzlichen Treibstoffaufwendungen angesetzten Durchschnittsverbrauch für Treibstoff ist festzuhalten, dass der Durchschnittsverbrauch der von der Bf. in den beschwerdegegenständlichen Jahren verwendeten Fahrzeuge großteils wesentlich geringer war, als vom Finanzamt angenommen. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch der durch die Bf. verwendeten Fahrzeuge ist der Beilage 3 (erstellt auf Grundlage der Eurotaxliste und der Angaben der Fahrzeughersteller) zu entnehmen.

Nach vorläufiger Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts wären anstelle der durch die belangte Behörde im Schätzungsweg angesetzten 9 Liter pro 100 Kilometer nur maximal 6 Liter pro 100 Kilometer anzusetzen gewesen. Wären die Fahrzeuge der Bf. durchwegs im Stadtverkehr verwendet worden (was einen höheren Verbrauch nach sich gezogen hätte), wären auf Grund des Stadtverkehrs die Brutto-Kilometer-Erträge wegen der höheren Zeittaxen entsprechend zu erhöhen (gewesen).

Die Bf. wird aufgefordert, den "reduzierten" Kilometerertrag von € 1,06 und die Höhen der Zeittaxen auf Basis einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ~46,332 km/h binnen einer Frist

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses (insbesondere auch unter Berücksichtigung der Ausführungen unter dem Punkt 4. unten) nachzuweisen.

Beiden Parteien des Beschwerdeverfahrens wird die Möglichkeit geboten, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu den Ausführungen unter diesem Punkt binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

4.) Berechnung des kalkulatorischen Brutto-Kilometerertrages

Die Bf. hat in der Beilage 2 ("Nachrechnung einer Taxifahrt") den Brutto-Kilometer-Ertrag berechnet wie folgt:

Zu dieser Berechnung ist festzuhalten, dass in dieser Berechnung der Streckentarif für die Strecke von 4-9 km nicht mit den Streckentarifen "ab 4000m" (laut Taxitarif € 1,08 und € 1,28), sondern unrichtiger Weise mit den niedrigeren Streckentarifen "ab 9000m" (laut Taxitarif € 1,05 und € 1,18) berechnet worden ist.

Zu dem von der Bf. angesetzten bzw. berechneten Tages-Zeittarif ist festzuhalten, dass eine Kilometerleistung von 1 km in 3 x 25,9 Sekunden (= 1km in 77,7 Sekunden oder 46,33 km/h) nicht nachvollziehbar ist. Ein Zeittarif von € 3,00 in der Nacht für 8 km, da ein km im Grundtarif enthalten ist (dies entspricht € 3,00/€ 0,46332 pro Minute für 8 km oder ~6,475 Minuten für 8 km oder ~1,2355 km/min oder einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ~74,13 km/h) ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar. Aus der nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts unrealistisch angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeit in der Nacht resultiert, dass im Ergebnis eine durchschnittliche Taxifahrt in der Nacht günstiger wäre, als eine durchschnittliche Taxifahrt am Tag.

Bei einer realistischen Durchschnittsgeschwindigkeit in der Stadt von 30 km/h am Tag und 40 km/h in der Nacht (sohin 16 Minuten + 20 Cent für 9km am Tag, da 859,2 Meter im Grundtarif enthalten sind und 12 Minuten für 9km in der Nacht, da der erste km im Grundtarif enthalten ist) und bei Ansatz der korrekten Streckentarife für die Entfernung 4-9 km errechnen sich die Brutto-Kilometer-Erträge wie folgt:

Der von der Bf. berechnete und den angefochtenen Bescheiden zu Grunde gelegte Brutto-Kilometer-Ertrag ist daher einerseits unrichtig (unrichtige Tarifstufe) und nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts darüber hinaus (durch die seitens der Bf. angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeiten) unrealistisch.

Die Bf. wird aufgefordert, binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses
- zu der Verwendung des unrichtigen Streckentarifes eine Stellungnahme abzugeben,
- eine Durchschnittsgeschwindigkeit - wie von der Bf. in der Berechnung angenommen - von über 46km/h am Tag und über 74 km/h in der Nacht nachzuweisen und
- zu der vorläufigen Berechnung des Bundesfinanzgerichts eine Stellungnahme abzugeben.

Der belangten Behörde wird die Möglichkeit geboten, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu den Ausführungen unter diesem Punkt binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

5.) Zusammenfassung

Das Bundesfinanzgericht ist im finanzgerichtlichen Verfahren weder an die Schätzungsmethode des Finanzamtes, noch an die kalkulatorischen Berechnungen der Bf. gebunden und besteht auch keine Bindung an Sachverhaltselemente, die die belangte Behörde und die Bf. quasi außer Streit gestellt haben/hätten.

Im vorliegenden Fall erscheint nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts der angesetzte Brutto-Kilometer-Ertrag von € 1,09 als zu niedrig angesetzt, weil
- unrichtige Streckentaxen der Berechnung zu Grunde gelegt worden sind,
- die Zeittaxen in der Berechnung der Bf. nicht realistisch sind, da eine durchschnittliche Geschwindigkeit von über 46 km/h am Tag und von über 74 km/h in der Nacht im Stadtgebiet nicht nachvollziehbar erscheinen und die Flughafenfahrten, die teilweise über Autobahnen oder Schnellstraßen führen, nach dem Vorbringen der Bf. überwiegend pauschal abgerechnet worden sind und
- weil Leerfahrten im Ausmaß von 50% der Gesamtfahrten sehr hoch erscheinen.

Darüber hinaus erscheinen nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts die seitens der Betriebsprüfung angesetzten zusätzlichen Treibstoffaufwendungen als zu hoch bemessen, da die seitens der Bf. verwendeten Fahrzeuge im Durchschnitt geringere, als von der Betriebsprüfung geschätzte Kraftstoffverbrauchszahlen (gemäß Eurotaxlisten bzw. Angaben der Fahrzeughersteller - vgl. die Auswertung Beilage 3) aufweisen.

Nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts wären die Gesamtkilometer mit einem höheren Brutto-Kilometer-Ertrag zu multiplizieren. Bei den Treibstoffaufwendungen wären zwar die hochgerechneten Bruttoumsätze ebenfalls durch diesen höhreren Brutto-Kilometer-Ertrag zu dividieren, beim ermittelten Treibstoffaufwand aber von maximal 6 Litern pro 100 km auszugehen.

Nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts errechnet sich unter Zugrundelegung der oben angeführten Zahlen/Berechnungen für die Bf. in Summe eine höhere Steuernachforderung als im finanzbehördlichen Verfahren, sodass es im gerichtlichen Beschwerdeverfahren zu einem für die Bf. nachteiligeren Ergebnis ("Verböserung") kommen kann/könnte.

Den beiden Parteien des Beschwerdeverfahrens wird die Möglichkeit geboten, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu den Ausführungen unter diesem Punkt binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

Begründung

Gemäß § 115 Abs. 1 und 2 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Gemäß § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

Gemäß § 161 BAO hat die Abgabenbehörde die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).

Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.

Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen.

Gemäß § 183 Abs. 4 BAO ist den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Da in der gegenständlichen Beschwerdesache die Bf. ihre Vorbringen in der Beschwerde bislang nicht nachgewiesen hat, da der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungsreif ist und da die Möglichkeit besteht, dass das Bundesfinanzgericht von der Schätzung der belangten Behörde zum Nachteil der Bf. abweicht, waren der Bf. die Punkte, in denen wesentliche Abweichungen zu deren Ungunsten in Frage kommen, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen. (…)"

Diesem Beschluss waren als Beilagen der Taxitarif (Beilage 1), die Datei "Nachrechnung einer Taxifahrt" (Beilage 2) und eine Datei mit den Kraftstoffverbrach nach Fahrzeugen (Beilage 3) beigelegt worden.

Da dieser an die Bf. adressierte Beschluss mit dem Vermerk "unbekannt" retourniert worden ist, wurde durch das Bundesfinanzgericht erhoben, dass die Bf. im ***MM***/2024 aus dem Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden ist. Der Beschluss wurde daher an den Vertreter nach § 80 BAO in die ***EU-Land*** mit internationalem Rückschein zugestellt.

Parallel zur nochmaligen Versand des Beschlusses an den Vertreter nach § 80 BAO in der ***EU-Land*** wurde am ein Vorhalt an das Finanzamt übermittelt und dieses gefragt, ob in Ansehung der Bf. ein Abwicklungsbedarf bestehe:

"Der Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom ist in Ansehung der Beschwerdeführerin (Bf.) mit der Begründung "unbekannt" am an das Bundesfinanzgericht retourniert worden.

Eine Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in das Firmenbuch (Auszug in der Anlage) hat ergeben, dass über das Vermögen der Beschwerdeführerin mit Beschluss des ***Bezeichnung Gericht*** vom ***TT.MM.***2021 zur GZ ***XX S XX/21x*** ein Konkursverfahren eröffnet worden ist, dass dieser Konkurs mangels Kostendeckung mit Beschluss vom ***TT.MM.***2021 zur GZ ***XX S XX/21x*** aufgehoben worden ist und dass die Firma mit Geschäftsfall 21 (eingetragen am ***TT.MM.***2024) wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht worden ist.

Es ergeht in Folge der Löschung der Bf. wegen Vermögenslosigkeit das Ersuchen an die belangte Behörde, binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Vorhaltes dem Bundesfinanzgericht bekannt zu geben, ob hinsichtlich der Bf. (noch) ein Abwicklungsbedarf besteht."

Diesem Vorhalt ist ein die Bf. betreffender Firmenbuchauszug beigelegt worden.

Zu dem Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom ist von der Bf. und der belangten Behörde keine Stellungnahme abgegeben worden.

Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts an die belangte Behörde vom wurde seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom dahingehend beantwortet, dass ob der Bf. kein Abwicklungsbedarf (mehr) bestehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Sachverhalt

In Folge einer im Jahr 2019 durchgeführten Betriebsprüfung wurden der Bf. nach Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 und Umsatzsteuer 2015 und 2016 und nach Aufhebung der Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2017 und Körperschaftsteuer 2017 mit Bescheiden vom die Umsatzsteuern für 2015 bis 2018 sowie die Körperschaftsteuern 2015 bis 2017 und mit Haftungsbescheiden vom die Kapitalertragsteuern 2015 bis 2018 vorgeschrieben.

In der nach Fristerstreckungsantrag eingebrachten Beschwerde vom hat die steuerliche Vertretung der Bf. unter anderem eine mündliche Verhandlung und eine Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt.

Mit Beschluss des ***Bezeichnung Gericht*** vom ***TT.MM.***2021 zur GZ ***XX S XX/21x*** wurde über das Vermögen der Bf. ein Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss des ***Bezeichnung Gericht*** vom ***TT.MM.***2021 wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Mit Geschäftsfall 21, eingetragen im Firmenbuch am ***TT.MM.***2024, wurde die Bf. gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Mit Schreiben vom informierte die belangte Behörde das Bundesfinanzgericht darüber, dass ob der Bf. ein Abwicklungsbedarf nicht (mehr) gegeben sei.

2. Beweiswürdigung

Der unter dem Punkt 1. dargelegte Sachverhalt ergibt sich

- aus dem vorgelegten Veranlagungsakt des Finanzamtes,
- aus dem öffentlichen Firmenbuch und
- aus dem Schreiben der belangten Behörde vom

und ist dieser Sachverhalt unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Einstellung)

Gemäß § 78 Abs. 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat.

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit im Abgabenverfahren die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozessordnung ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 80 Abs. 1 bis 3 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Flexiblen Kapitalgesellschaft nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

Der § 272 Abs. 4 BAO normiert: Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.

Gemäß § 274 Abs. 3 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde
1. als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
2. als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären ist oder
3. wenn eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt (§ 278).

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Aktivvermögen vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, z.B. ; , 6 Ob 244/22h) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 79, Tz 10 f; ; , 2006/13/0187).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren13, § 79 Anm 4), was dann der Fall ist, wenn eine Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von bereits entrichteten Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann.

Abwicklungsbedarf und somit Parteifähigkeit besteht trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch ferner, wenn eine Abgabe bereits entrichtet wurde und in einem Abgaben- oder Beschwerdeverfahren ein möglicher Rückforderungsanspruch und somit eine etwaige Forderung geltend gemacht wird (; , Ra 2015/16/0074). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können daher bei bestehendem Abwicklungsbedarf grundsätzlich rechtswirksam ergehen (; , 2006/16/0220; , 2007/15/0112; , Ro 2014/13/0035).

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. Grundsätzlich fungiert der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator" (; ).

Der Auflösung folgt in der Regel die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten.

Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln.

Keine Liquidation findet hingegen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft und im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs. 1 FBG statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 89 Rz 11 f).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. ).

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ), jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft durch die bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren verbunden, selbst wenn die Gesellschaft noch fortbesteht, weil etwa noch Aktivvermögen vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des OGH, z.B. ; , 6 Ob 244/22h). Demnach können in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden (vgl. Knechtl/Mitterlehner/ Panholzer, Die Kapitalgesellschaft in der Steuererklärung 2018, 31 mit weiteren Nachweisen). Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ; ).

Mit der Konkurseröffnung ist die zuvor von der Bf. erteilte Vollmacht an einen Rechtsanwalt gemäß § 1024 ABGB kraft Gesetzes erloschen. Die Vollmacht erlischt endgültig, sie lebt auch mit Aufhebung der Insolvenz nicht wieder auf (vgl. etwa Perner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1024 Rz 1f mit weiteren Nachweisen).

Da somit weder die frühere Masseverwalterin noch die rechtsfreundliche Vertretung die Bf. vertritt und eine andere Person, der eine Erledigung für die Bf. zugestellt werden kann, soweit ersichtlich nicht besteht, kann eine Erledigung durch das erkennende Gericht im gegenständlichen Verfahren ohne Kuratorbestellung für die gelöschte GmbH nicht mehr zugestellt werden, selbst wenn diese als Steuersubjekt noch existieren sollte (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen).

Eine Kuratorbestellung setzt ein zwar handlungsunfähiges, jedoch existentes Steuersubjekt voraus. Sofern kein Abwicklungsbedarf besteht, liegt aber gar kein Rechtssubjekt mehr vor. Mangels Abwicklungsbedarf besteht auch keine Parteifähigkeit mehr. Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht in einem solchen Fall kein Anlass () und ist diese Kuratorenbestellung sohin auch rechtlich nicht zulässig.

Die Aufhebung des Konkurses nach Verteilung des Massevermögens ist ein Indiz dafür, dass die GmbH vermögenslos ist (). Die amtswegige Löschung nach § 40 FBG hat das Vorliegen von Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zur Voraussetzung. Die Bf. im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist vermögenslos und besteht auch ein Abwicklungsbedarf ob der Bf. nicht (mehr). Die beschwerdegegenständlichen Abgaben samt Nebenansprüchen sind daher uneinbringlich (vgl. nochmals ).

Wurde eine Abgabe bereits entrichtet, stellt ein möglicher Rückforderungsanspruch ein Aktivvermögen der gelöschten GmbH dar, weswegen diesfalls Parteifähigkeit weiterbestünde. Die Parteifähigkeit setzt freilich Aktivvermögen voraus (; , Ra 2017/17/0066; , Ra 2017/17/0147; , Ra 2015/16/0074).

Da die streitgegenständlichen Abgabennachforderungen bislang nicht entrichtet wurden (die Abgabennachforderungen waren antragsgemäß § 212a BAO ausgesetzt worden), würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen - dass nach der vorläufigen Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts der Bf. noch höhere Abgaben vorzuschreiben gewesen wäre, als dies in den angefochtenen Bescheiden erfolgt ist, wird durch das Bundesfinanzgericht an dieser Stelle lediglich der Vollständigkeit halber festgehalten. Weder die Bf. selbst noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten daher ein Abgabenguthaben lukrieren. Somit liegt im gegenständlichen Fall eine Vollbeendigung der gelöschten GmbH vor (vgl. ). Es besteht daher auch aus diesem Grund - wie auch schon oben dargelegt - keine Veranlassung zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 1 BAO ( mit Verweis auf Stoll, BAO, 809; ).

Die mangelnde Parteifähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (Ritz, BAO-Kommentar7, § 79 Tz 4 mit Verweis auf ). An nicht parteifähige juristische Personen zugestellte Bescheide oder Erkenntnisse sind nichtig ("Nichtbescheide"), so zum Beispiel die Zustellung an eine rechtlich nicht mehr existente GmbH (Ritz, BAO-Kommentar7, § 79 Tz 4 mit Verweis auf , ; ). Das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist durch das Verwaltungsgericht mittels Beschluss einzustellen ().

Auch wenn in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, entspricht dies jenen Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG, in denen es zum Wegfall der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei kommt (vgl. ; , RV/5100334/2016 mit weiteren Nachweisen).

Da an nicht parteifähige juristische Personen zugestellte Bescheide oder Erkenntnisse nichtig ("Nichtbescheide") sind, konnte an die Bf. auch keine Ladung zu einer mündlichen Verhandlung mehr zugestellt werden, da auch eine solche Ladung eine verfahrensleitende Verfügung (Bescheid) darstellt und eine Zustellung dieser Ladung an die Bf. sohin nichtig gewesen wäre.

Da in der Bundesabgabenordung die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss nicht ausdrücklich vorgesehen ist, in § 274 Abs. 3 BAO aber normiert ist, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, wenn die in dieser Bestimmung angeführten Formalentscheidungen zu erfolgen haben, liegt eine planwidrige Lücke vor, die durch das Bundesfinanzgericht in analoger Anwendung der Bestimmung des § 274 Abs. 3 BAO zu schließen war. Von der beantragten mündlichen Senatsverhandlung war daher abzusehen (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762; ).

Die Einstellung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen (). In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO iVm § 274 Abs. 3 Z 2 BAO obliegt die Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss im gegenständlichen Fall dem Berichterstatter.

Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf. ausschließlich an die Amtspartei (; ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit einer Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Beschluss folgt der zitierten Judikatur des VwGH (insbesondere ). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb auszusprechen war, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur auch keine Revisionslegitimation einer allfälligen zur Haftung in Anspruch genommenen (juristischen) Person besteht ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 78 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102232.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAF-44889