Vorliegen eines Scheinunternehmens gemäß § 8 SBBG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Julia Carola Cermak-Kapl MA in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ALTHUBER SPORNBERGER & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, Doblhoffgasse 9 Top 14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 8 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) des Amtes für Betrugsbekämpfung vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am im Beisein der Schriftführerin Asli Özdemir zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig im beschwerdegegenständlichen Fall ist, ob es sich bei der ***Gesellschaft*** um ein Scheinunternehmen iSd § 8 SBBG handelt.
1. Feststellungsbescheid gemäß § 8 SBBG
Mit dem nunmehr bekämpften Feststellungsbescheid vom stellte das Amt für Betrugsbekämpfung fest, dass die ***Gesellschaft*** ab dem ***Datum 2021*** als Scheinunternehmen gilt.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu der Rechtsträgerin/dem Rechtsträger oder deren/dessen organschaftlichen Vertreterin/Vertreters über die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift oder der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebene Adresse, Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach § 42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten, Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen sowie Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt der Anmeldung einer Dienstnehmerin/eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung das Vorliegen eines Scheinunternehmens evident sei.
Es stehe zwar außer Zweifel, dass die Firma ***Gesellschaft*** tatsächlich am Geschäftsleben teilgenommen habe, allerdings erscheine aufgrund der Sachlage eine malversive und nicht den Normen des Geschäftslebens entsprechende Tätigkeit des Unternehmens gegeben (sogenanntes "hybrides Scheinunternehmen" laut Gutachten des österreichischen Juristentags 2022).
2. Beschwerde
Der infolge des am tt. Juni 2023 über das Vermögen der Gesellschaft eröffneten Konkurses bestellte Masseverwalter der ***Gesellschaft***, ***MV***, brachte am fristgerecht Beschwerde gegen diesen Feststellungsbescheid ein und führte im Wesentlichen aus, dass die von der Behörde herangezogenen Gründe für die Beurteilung als Scheinunternehmen nicht vorlägen.
Der Geschäftsführer sei im Ermittlungsverfahren der Finanzpolizei kooperativ gewesen und habe umfangreiche Auskünfte erteilt, um den Verdacht des Vorliegens eines Scheinunternehmens zu entkräften, jedoch seien die erteilten Informationen, Auskünfte und Beweismittel nicht ausreichend gewürdigt worden.
Der Geschäftsführer sei im Zeitraum der finanzpolizeilichen Ermittlungen unter seiner (behördenseitig bekannten) Telefonnummer erreichbar gewesen und habe sich auch proaktiv bei der Finanzpolizei gemeldet, um die Ermittlungen zu unterstützen. Ebenso sei dieser sowohl mit dem Prüfer der zeitgleich stattgefundenen Umsatzsteuer-Sonderprüfung sowie mit dem Masseverwalter in regelmäßigem Kontakt gestanden.
Das Büro der ***Gesellschaft*** habe im Mai 2023 aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten gewechselt werden müssen. Der Geschäftsführer habe auch nach dem Räumungsdatum für weitere zwei Wochen einen Postschlüssel besessen und danach einen Nachsendeauftrag erteilt. Zu einer Änderung der Firmenbuchadresse sei es aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht mehr gekommen. Der Geschäftsführer selbst sei bis zur Übersiedlung an derselben Adresse wohnhaft gewesen und habe in der Folge eine Wohnung oberhalb der neuen Firmenadresse bezogen.
Betreffend die von der Behörde ins Treffen geführte Verbuchung von Scheinrechnungen wurde vorgebracht, dass keines der Subunternehmen im Zeitpunkt der Beauftragung in der Liste der rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen des BMF eingetragen gewesen sei. In Summe habe die ***Gesellschaft*** im Laufe ihrer operativen Tätigkeit rund fünfzig Unternehmen auf Basis von Werkverträgen beauftragt, lediglich sechs davon seien nachträglich als Scheinunternehmen festgestellt worden.
Auch habe die Gesellschaft standardmäßige Überprüfungen der von ihr beauftragten Subunternehmen durchgeführt. Dazu habe unter anderem (aber nicht ausschließlich) die Abfrage der Scheinunternehmerdatendatenbank (weiters ua die Kontrolle des Firmenbuchauszugs, des Gewerbescheins, der Eintrag auf der HFU-Liste, Ausweis und Meldezettel des Geschäftsführers sowie die korrekte Anmeldung der Arbeitnehmer) gehört.
Selbst wenn es sich bei diesen Unternehmen um Scheinunternehmen handle, könnten diese hybrid und somit auch operativ tätig gewesen sein. Aus der Geltendmachung von Baumängeln lasse sich ableiten, dass die Subunternehmen tatsächlich für die ***Gesellschaft*** tätig gewesen seien. Falls Subunternehmen ihre Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß angemeldet haben sollten, sei dies der Sphäre des jeweiligen Subunternehmers anzulasten und schlage jedenfalls nicht auf die ***Gesellschaft*** durch.
Der hohe Bargeldbestand stehe damit in Zusammenhang, dass während der Corona-Zeit für Materiallieferungen von Baustoffhändlern sowie für diverse Dienstleistungen, die aber nicht als Bauleistungen zu qualifizieren und daher nicht unter das Barzahlungsverbot gefallen seien (zB Schuttentsorgung, Deponieleistungen), zum Teil nur Barzahlungen akzeptiert worden seien. Die ***Gesellschaft*** habe weder Subunternehmer noch Arbeitnehmer in bar ausbezahlt.
Betreffend die Nichtmeldung von Lohnabgaben und BUAK-Beiträgen sowie Rückstände bei der ÖGK wurde begründet, ab Juli 2022 seien alle offenen Aufträge mittels Subunternehmen abgewickelt und daher keine BUAK-Beiträge mehr gemeldet worden. Bei den noch beschäftigten Mitarbeitern habe es sich um Angestellte gehandelt, die nicht unter das BUAG gefallen seien.
Zu den Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträgen wurde vorgebracht, die Rückstände seien auf Zahlungsstockungen zurückzuführen. Mehrmals seien wesentliche Zahlungen an die ÖGK geleistet worden und man habe sich um Ratenzahlungen bemüht. Ein Scheinunternehmen würde keinesfalls so hohe Zahlungen leisten.
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat.
3. Beschwerdevorentscheidung
Mit Datum vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Erreichbarkeit des Unternehmens bzw des Geschäftsführers wurde zusammenfassend ausgeführt, dass sich der Sitz der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung nach wie vor in ***Firmensitz*** befinde. Eine drohende Insolvenzeröffnung heble die Pflicht, die Verlegung des Firmensitzes unverzüglich dem Firmenbuch anzuzeigen, nicht aus. Der Geschäftsführer habe im Rahmen der Niederschrift am lediglich angeben, der Rechtsträger werde eine neue Anschrift haben, eine solche sei allerdings nicht bekannt gegeben worden. Der Geschäftsführer sei sohin auch seiner Mitwirkungspflicht iSd § 115 Abs 1 BAO nicht nachgekommen, welcher im Verfahren nach dem SBBG wesentliche Bedeutung zukomme. Bei Nachschauen am Firmensitz am 15. März und am sei dieser nicht am Firmensitz angetroffen worden. Dass er mit dem Betriebsprüfer und dem Masseverwalter via Mail oder telefonisch in Kontakt getreten sei, sei für die Feststellung als Scheinunternehmen irrelevant, da gemäß den Regelungen des SBBG ein persönlicher Kontakt zur ermittelnden Behörde (am firmenbuchmäßigen Sitz bzw der letzten bekanntgegebenen Adresse) gegeben sein müsse.
Auch ein Kontrahieren mit Scheinunternehmen stelle ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines Scheinunternehmens dar. Daher sei auch dem Abverlangen der Firmenunterlagen der Vertragspartner der ***Gesellschaft*** vor Beginn der Tätigkeit durch den Geschäftsführer, um sich vor allfälligen Haftungen zu schützen, kein besonderer Beweiswert beizumessen.
Der Fremdleistungsaufwand habe im Jahr 2022 EUR 1.505.386,- gesamt betragen, davon EUR 1.005.023,- an (später) rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen. Sohin sei der Fremdleistungsaufwand überwiegend verschiedenen Scheinunternehmen zuzurechnen. Es handle sich auch teilweise um nichtsagende Rechnungen ohne konkrete Beschreibung des Leistungsgegenstands. Der Geltendmachung von Mängeln sei nichts abzugewinnen, da diese den operativen Bereich eines hybriden Scheinunternehmens betreffen könnten, auch ließen die vorgebrachten Beweismittel keinen Schluss auf die tatsächliche Geltendmachung von Mängeln zu.
Zu den Bargeldbeständen sei auszuführen, dass während der Corona-Zeit nur Barzahlungen bei Materialkäufen gestattet gewesen seien, entspreche weder der allgemeinen Lebenserfahrung noch den Fakten. Zudem habe das Kassakonto exakt im Jahr 2022 einen enormen Anstieg verzeichnet, in welchem die pandemiebedingten Einschränkungen bereits geendet hätten. Die angebotenen Barrechnungen seien als Beweis nicht geeignet, da sie nicht aus dem Jahr 2022 stammten und auch nicht die Summe auf dem Kassakonto erreicht hätten.
Die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen und Einstufung der Dienstnehmer als Angestellte stelle kein Indiz für die Ausnahme von der Zugehörigkeit zur BUAK dar. Es werde lediglich darauf abgestellt, dass vorwiegend Angestelltentätigkeiten verrichtet werde. Zur Abwicklung von Büroarbeiten sei den Dienstnehmern jedoch weder Platz noch Infrastruktur zur Verfügung gestanden. Der Behörde lägen keine Beweise oder Indizien vor, dass gegenständliche Dienstnehmer qualifizierte Angestelltentätigkeiten und keine Bautätigkeiten erbracht hätten und sohin als Angestellte zu erfassen wären.
Im Hinblick auf die ÖGK stehe fest, dass seit 2021 systematisch Beiträge nicht geleistet worden seien. Auch ein zwischenzeitliches Ratenansuchen bzw vereinzelte Zahlungen würden diese Tatsache nicht zu entkräften vermögen. Aufgrund der im Rechenwerk aufscheinenden Scheinunternehmen und der durch vorgelegte Rechnungen nicht erklärbaren Barbehebungen und -zahlungen sei ersichtlich, dass die Rückstände nicht auf vorübergehende Zahlungsstockungen zurückzuführen seien und Mittel zur Begleichung vorhanden gewesen wären. Trotz Bestehen von Rückständen seien weiter Dienstnehmer angemeldet worden. Da das Insolvenzverfahren erst mit tt. Juni 2023 eröffnet worden sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass allfällige Zahlungsstockungen für die Nichtbegleichung der Beiträge ursächlich gewesen seien, welche im Anschluss zum Insolvenzverfahren geführt hätten.
Betreffend die Rückstände bei der Abgabenbehörde seien Zahlungen geleistet worden, diese aber nicht geeignet gewesen, den Rückstand auch nur ansatzweise auszugleichen. Zudem stammten die Abgabenverbindlichkeiten (und daher auch die Zahlungen) zu großen Teilen aus Abgabenarten, welche für das Verfahren nach dem SBBG nicht von Relevanz seien.
4. Vorlageantrag
Am wurde fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht und die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zu Entscheidung vorgelegt und unter Verweis auf die Ausführungen im Feststellungsbescheid sowie in der Beschwerdevorentscheidung die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Mit Eingabe vom zog der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.
5. Mündliche Verhandlung
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung am verwiesen die Parteien auf das bisherige Vorbringen.
Von der Finanzpolizei wurde eine Risikoanalyse und Produktivitätsrechnung der ***Gesellschaft*** für die Jahre 2021 und 2022 vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass auf Grund der laut Anmeldung bei der Sozialversicherung tätigen Arbeiter die Produktivität weit unter den gemeldeten Umsätzen liege. Daher sei das Unternehmen vorwiegend darauf ausgerichtet, Lohnabgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu verkürzen.
Der ehemalige Geschäftsführer der ***Gesellschaft***, ***GF***, wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen. Er gab im Wesentlichen an, die Nutzung der Firmenadresse auch zu Wohnzwecken sei mit dem Vermieter vereinbart worden. Die ab August 2022 angestellten Mitarbeiter seien zuständig gewesen Bürotätigkeit, Aufsicht auf der Baustelle und Kontakt mit den Auftraggebern und Subunternehmern. Bauaufträge seien ab diesem Zeitpunkt auch nur mehr mittels Subunternehmen abgewickelt worden.
Mit den Subunternehmen seien teilweise schriftliche Verträge abgeschlossen worden. Dies sei von der Situation abgehangen. Entweder es habe ein Arbeiter angerufen und gesagt, er brauchee sofort jemanden oder er habe jemanden, oder wenn mehr Zeit zur Verfügung gestanden sei, seien auch Ausschreibungsverfahren durchgeführt worden.
Betreffend seine Erreichbarkeit habe er sich immer spätestens am nächsten Tag bei der Behörde gemeldet und sei für die Behörden stets erreichbar gewesen.
Zur Produktivitätsanalyse des Amtes für Betrugsbekämpfung gab er an, dass es bei Arbeitern große Leistungsunterschiede gäbe. Es käme, etwa bei Stemmarbeiten auch auf das Werkzeug und den Untergrund an. Die Aufstellung der Finanzpolizei sei insofern nicht plausibel.
Das Nichtvorliegen von wesentlichen Betriebsmitteln für eine operative Bautätigkeit wurde von Seiten des Amtes für Betrugsbekämpfung nicht mehr als Anknüpfungskriterium herangezogen.
Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers verzichtete auf die Einvernahme der Zeugen ***Zeuge A*** und ***Zeuge B***.
Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers verzichtete auf eine weitere mündliche Verhandlung und beantragte eine Frist von drei Wochen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme hinsichtlich der in der Verhandlung vorgelegten Produktivitätsanalyse der Behörde. Er wurde mittels Beschluss aufgefordert, binnen einer Frist von drei Wochen zur Produktivitätsanalyse der Behörde Stellung zu nehmen.
Eine Stellungnahme wurde nicht eingebracht.
Mit Schreiben vom gab der anwaltliche Vertreter die Auflösung des Vollmachtverhältnisses bekannt und ersuchte sämtliche Korrespondenz an den Masseverwalter zu richten.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1 ***Gesellschaft***
Die Gesellschaft wurde aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom als ***Hausbetreuung und Reinigung GmbH*** gegründet und am ***Datum 2017*** mit Sitz in ***W*** und dem Geschäftszweig der Gebäudebetreuung sowie von Bauleistungen und Reinigung zu ***FN*** im Firmenbuch eingetragen.
Die Gesellschaft unterlag der Gründungsprivilegierung der Stammeinlage und es wurde die Hälfte der EUR 10.000,- einbezahlt.
Als Geschäftsführer und Alleingesellschafter fungierte von der Gründung bis zum ***Datum 2020*** ***GF 1***, geboren am ***Datum 1972***.
Mit Eintragung vom ***Datum 2018*** wurde die Gesellschaft in ***Bau GmbH*** umbenannt. Gleichzeitig wurde ***GF 2***, geboren am ***Datum 1972***, ab dem zum Geschäftsführer bestellt. Dieser vertrat die Gesellschaft von bis zum und ab bis ***Datum 2020***.
Am ***Datum 2019*** wurde die Änderung des Firmensitzes auf 1010 Wien, ***Firmensitz*** eingetragen. Mit Beschluss der Generalversammlung vom wurde mit Eintragungen im Firmenbuch vom ***Datum 2020*** die Gesellschaft in ***Gesellschaft*** umbenannt, der Geschäftszweig auf Bauleistungen geändert und als Geschäftsführer der kroatische Staatsbürger ***GF***, geboren am ***Datum 1974*** und Bruder des ***GF 2*** als selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer bestellt und löste ***GF 1*** als zweiten Geschäftsführer ab. Mit diesem Datum übernahm er auch die gesamte Stammeinlage.
Von ***Datum 2020*** bis zum ***Datum 2021*** waren ***GF 2*** und ***GF***, je zur Hälfte an der Gesellschaft beteiligt.
Ab dem ***Datum 2020*** bis zur Eröffnung des Konkurses vertrat ***GF*** die Gesellschaft selbständig und war ab dem ***Datum 2021*** auch Alleingesellschafter.
***GF*** war bis zum ***Datum 2020*** in ***W*** gemeldet und ab diesem Zeitpunkt bis zum ***Datum 2023*** an der Adresse ***Firmensitz***, wo sich auch der Sitz der Gesellschaft befand. Diese fungierte auch als Unterkunftgeberin.
Von ***Datum 2023*** bis zum ***Datum 2024*** war er in ***L*** gemeldet und seitdem in ***K***.
Am wurde die Firmenadresse ***Firmensitz*** wegen Mietrückständen und aufgrund des gerichtlichen Räumungsvergleiches vom , unter Beiziehung eines Gerichtsvollziehers geräumt. Die Schlüsselübergabe fand in Anwesenheit des Gerichtsvollziehers, eines Vertreters der Hausverwaltung und dem Geschäftsführer statt.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum 2023*** wurde zu ***Az*** über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet und ***MV*** zum Masseverwalter bestellt.
Die ***Gesellschaft*** verfügte ab dem ***Datum 2019*** bis zum ***Datum 2023*** über eine Gewerbeberechtigung als Baumeister sowie von ***Datum 2017*** bis zum ***Datum 2020*** zur Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten. Bei der Gewerbeberechtigung als Baumeister wurde das Entziehungsverfahren eingeleitet.
1.2 Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Scheinunternehmens gemäß § 8 Abs 3 SBBG
1.2.1 Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach § 42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten
Von der Finanzpolizei wurde eine Risikoanalyse und Produktivitätsrechnung der ***Gesellschaft*** für die Jahre 2021 und 2022 erstellt, bei welcher die statistisch zu erreichende Produktivität anhand der angemeldeten Arbeiter mit durchschnittlichen Branchenwerten den erklärten Umsätzen mit Eigenleistung gegenübergestellt wurde.
Aus dieser ergibt sich folgendes Bild:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Risikoanalyse | Jahr 2021 | Jahr 2022 |
Arbeiter Vollzeit | 99,65 | 19,91 |
Arbeiter geringfügig | 0,00 | 0,00 |
Produktivität der Arbeiter | 597.870,08 | 119.484,79 |
steuerbarer Umsatz lt UVA | 2.594.757,31 | 3.965.266,26 |
KZ 048 (Übergang Steuerschuld bei Bauleistungen) | 56.220,96 | 393.749,60 |
Fremdleistungen (KZ 048*5) | -281.104,80 | -1.968.748,00 |
abzgl Wareneinkauf (2021 geschätzt, 2022 lt BH) | -700.000,00 | -690.315,59 |
abzgl Scheinrechnungen | 0,00 | 0,00 |
Umsatz mit Eigenleistung | 1.613.652,51 | 1.306.202,67 |
Produktivität der Arbeiter | 597.870,08 | 119.484,79 |
Umsatz mit Eigenleistung | 1.613.652,51 | 1.306.202,67 |
Differenz | -1.015.782,43 | -1.186.717,88 |
Von der ***Gesellschaft*** wurden trotz Aufforderung keine Arbeitszeitgrundaufzeichnungen vorgelegt, sondern lediglich nicht aussagekräftige Arbeitszeitaufzeichnungen in Form einer Excel-Tabelle übermittelt.
1.2.2 Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen, die dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen
Bei Besuchen der Finanzpolizei (ausgenommen am ) wurden Mitarbeiter in den Räumlichkeiten der Gesellschaft angetroffen und zum Teil einvernommen (***Zeuge C*** am ). Das Kriterium wurde von der belangten Behörde nicht als Anknüpfungspunkt herangezogen.
1.2.3 Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu dem/der Rechtsträger/in oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin über die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift oder die der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegeben Adresse
Am wurde durch die Organe der Finanzpolizei der Firmensitz der ***Gesellschaft***, welcher gleichzeitig der damalige Wohnsitz des handelsrechtlichen Geschäftsführers ***GF*** war, ***Firmensitz***, aufgesucht. Das Unternehmen war dort beschildert, doch konnte niemand persönlich angetroffen werden. Die beschilderte Bürotüre wurde auch nach mehrmaligem Läuten nicht geöffnet.
Am wurde ***GF*** an der Geschäftsadresse in der ***Firmensitz*** einvernommen, nachdem er sich telefonisch bei der Sachbearbeiterin gemeldet hatte. Im Rahmen der Einvernahme versprach er die Übermittlung umfangreicher Unterlagen bis zum Ende der Woche. Es wurden keine Unterlagen übermittelt und der Geschäftsführer war trotz mehrmaliger Versuche nicht mehr durch die Behörde erreichbar.
In dieser Einvernahme gab er an, dass das Büro ***Firmensitz***, mit gekündigt sei und die ***Gesellschaft*** sowie die ***Gesellschaft 2*** einen neuen Firmensitz haben würden.
Eine neue Adresse wurde trotz Ankündigung der belangten Behörde nicht bekannt gegeben.
Am wurde der Mitarbeiter der ***Gesellschaft*** ***Zeuge C*** als Zeuge einvernommen. Im Zuge seiner Einvernahme gab er an, dass er selbst 2-3 mal wöchentlich im Büro sei. Auch ***Zeuge A*** sei im Büro tätig. Der Geschäftsführer ***GF*** sei nur ab und zu im Büro anwesend.
Am erfolgte eine Erhebung der Finanzpolizei bei der Hausverwaltung der Liegenschaft 1010 Wien, ***Firmensitz***. Dort wurde in Erfahrung gebracht, dass aufgrund von Mietrückständen der Firmensitz am unter Beiziehung eines Gerichtsvollziehers geräumt werde, die tatsächlich erfolgte Räumung wurde von der Hausverwaltung per E-Mail im Nachhinein bestätigt.
Am wurde von der Finanzpolizei neuerlich der Firmensitz aufgesucht und dort der Bruder des ***GF***, ***GF 2***, persönlich angetroffen. Er gab an, dass sein Bruder sich in Kroatien aufhalte.
Am kontaktierte ***GF*** telefonisch die Sachbearbeiterin und gab an, er werde sofort die am angeforderten Unterlagen übermitteln. Am übersandte er 8 E-Mails mit Zip-Dateien, worin sich nach einer Prüfung durch die Sachbearbeiterin zahlreiche weder zeitlich noch sachlich geordnete Geschäftsunterlagen befanden.
Seit der Räumung am ist das Unternehmen an der im Firmenbuch gemeldeten Adresse nicht mehr erreichbar. Eine neue Adresse wurde im Firmenbuch nicht eingetragen.
Der Geschäftsführer der ***Gesellschaft***, ***GF***, hatte ebenfalls an der Adresse ***Firmensitz*** seinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz von ***Datum 2020*** bis zum ***Datum 2024***. Nach dieser Abmeldung war er in Österreich nicht mehr gemeldet. Zwei Monate später, am ***Datum 2024*** erfolgte die Meldung an der Adresse ***L***, wo als Unterkunftgeber die Firma ***Gesellschaft 2***, aufscheint, die zu dieser Zeit an dieser Adresse ihren Firmensitz laut Firmenbuch hatte. Dieser wurde am ***Datum 2023*** ebenfalls von der Adresse 1010 Wien, ***Firmensitz***, dorthin verlegt. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert der Bruder des ***GF***, ***GF 2***.
Ab ***Datum 2024*** ist er in ***K*** (Unterkunftgeber: ***Gesellschaft*** / ***Name***) gemeldet.
Im Zuge einer im Jahr 2023 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung betreffend das Jahr 2022 vereinbarte der Prüfer nach Anmeldung bei der steuerlichen Vertretung telefonisch mit dem Geschäftsführer einen Termin für eine Betriebsbesichtigung. Diese fand am an der Adresse ***L***, im Beisein des Geschäftsführers und des damaligen steuerlichen Vertreters statt.
An der Adresse befand sich der (zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Firmenbuch gemeldete) Firmensitz der Firma ***Gesellschaft 2***, welche zuvor ebenfalls an der Adresse ***Firmensitz*** ihren Sitz hatte. An diesem Standort wurden vom Prüfer keine Geschäftsunterlagen wahrgenommen.
Der Geschäftsführer der ***Gesellschaft***, ***GF*** erklärte, der Firmensitz wäre an diese Adresse verlegt worden, weil die Mietpreise aufgrund der hohen Mieten am alten Firmensitz zu hoch gewesen wären. Eine Eintragung ins Firmenbuch scheitere an der Zuziehung eines Rechtsanwalts für den Antrag auf Sitzverlegung, das Verfahren wäre noch im Laufen.
Nach diesem Termin war ***GF*** für den Prüfer nicht mehr erreichbar.
Am erhob der Geschäftsführer persönlich Widerspruch gegen die Verdachtsmitteilung des Amtes für Betrugsbekämpfung und sagte am im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht als Zeuge aus.
Eine Änderung der Adresse im Firmenbuch oder im Gewerberegister erfolgte ebensowenig wie eine (schriftliche) Bekanntgabe an die ÖGK oder die Finanzverwaltung.
1.2.4 Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen
Im Jahr 2022 wurden in Summe EUR 1.005.023,60 an Fremdleistungsaufwand an später rechtskräftig festgestellte Scheinunternehmen verbucht. Die gesamten Fremdleistungskonten der Gesellschaft (Konto 5700 Fremdleistungen, Konto 5701 Fremdleistungen § 19, Konto 5770 Bauleistungen von Subunternehmern § 19) beliefen sich in Summe auf EUR 1.505.386,-. Der Anteil der Scheinunternehmen belief sich daher auf 66,76 %.
Es handelte sich dabei um die folgenden Unternehmen:
***A GmbH***
Es handelt sich um Rechnungen im Zeitraum vom bis zum in Höhe von gesamt EUR 607.185,60. Als Leistungsgegenstand wurden in den Rechnungen unter anderem Stahlbauarbeiten oder Wohnungssanierung angegeben.
Die ***A GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom zu GZ ***GZ***, dass diese seit als Scheinunternehmen gelte (Eintragung am ***Datum 2022***) am ***Datum 2022*** amtswegig vom Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2022*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2022***.
Sie befand sich vom bis zum auf der Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU Liste), die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2022*** über eine Gewerbeberechtigung als Maler und Anstreicher verbunden mit Lackierer, bis ***Datum 2023*** über eine Gewerbeberechtigung in der Hausbetreuung sowie Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst).
Vorgelegt wurden vom Beschwerdeführer die folgenden Unterlagen betreffend die ***A GmbH***:
Ausweis des Geschäftsführers ***GF A***
Meldezettel des Geschäftsführers
Dienstvertrag des ***M*** als gewerberechtlicher Geschäftsführer mit Beginn des Dienstverhältnisses ab dem
Bescheid über die Gewerbeberechtigung des ***M*** als Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, vom
Firmenbuchauszug der ***A GmbH***
Versicherungsbestätigung zur Vorlage an die Gewerbebehörde
Eine Gewerbeberechtigung für das Baugewerbe der ***A GmbH*** wurde nicht in das Gewerbeinformationssystem eingetragen. Eine Eintragung für ***M*** als gewerberechtlicher Geschäftsführer und der entsprechenden Geberbeberechtigung für das Baugewerbe bestand betreffend den Rechnungsausstellungszeitraum von bis zum für die ***G GmbH***, FN ***FN***, in ***W*** sowie von bis zum für die ***H GmbH***, FN ***FN***, in ***W*** und von bis zum für die ***I KG***, ***FN*** in ***W***.
***B GmbH***
Es wurde eine Rechnung in Höhe von EUR 13.900,- vom verbucht.
Die ***B GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom zu GZ ***GZ***, dass diese seit als Scheinunternehmen gelte (Eintragung am ***Datum 2022***) am ***Datum 2023*** amtswegig vom Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Zuvor wurde aufgrund des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum 2022*** zu ***Az*** der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom ***Datum 2022*** nach Schlussverteilung aufgehoben.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2022*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2022***.
Sie befand sich auf der HFU Liste vom bis zum , die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2022*** über eine Gewerbeberechtigung für den Zusammenbau und die Montage beweglicher Sachen, mit Ausnahme von Möbeln und statisch belangreichen Konstruktionen, aus fertig bezogenen Teilen mit Hilfe einfacher Schraub-, Klemm-, Kleb- und Steckverbindungen.
***C GmbH***
Es wurde eine Rechnung in Höhe von EUR 30.938,- vom verbucht.
Die ***C GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom zu GZ ***GZ***, dass diese seit als Scheinunternehmen gelte (Eintragung am ***Datum 2024***) am ***Datum 2024*** amtswegig vom Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Zuvor wurde aufgrund des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum 2023*** zu ***Az*** der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom ***Datum 2024*** nach Schlussverteilung aufgehoben.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2024*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2024***.
Sie befand sich auf der HFU Liste vom bis zum , die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2021*** und von ***Datum 2021*** bis ***Datum 2023*** über eine Gewerbeberechtigung als Baumeister.
***D GmbH***
Es wurden drei Rechnungen vom in Höhe von gesamt EUR 135.000,- für Innenabbruch und die Entsorgung von Sperrmüll verbucht.
Die ***D GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom zu GZ ***GZ***, dass diese seit als Scheinunternehmen gelte (Eintragung am ***Datum 2023***) am ***Datum 2024*** amtswegig vom Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2022*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2022***.
Sie befand sich auf der HFU Liste vom bis zum , die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2024*** über eine Gewerbeberechtigung als Tischler. Die Gewerbeberechtigung als Baumeister ruhte von ***Datum 2019*** bis ***Datum 2023*** und wurde mit diesem Datum beendet.
***E GmbH***
Es wurde eine Rechnung mit Datum in Höhe von EUR 208.000,- für Trockenverlegungs- und Mauerverpressungsarbeiten verbucht.
Betreffend die ***E GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom zu GZ ***GZ***, dass diese seit ***Datum 2022*** Scheinunternehmen gelte, diese Information am ***Datum 2023*** in das Firmenbuch eingetragen. Eine Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist nicht erfolgt.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2023*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2023***.
Sie befand sich auf der HFU Liste vom bis zum , die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2022*** über eine Gewerbeberechtigung für den Zusammenbau und die Montage beweglicher Sachen, mit Ausnahme von Möbeln und statisch belangreichen Konstruktionen, aus fertig bezogenen Teilen mit Hilfe einfacher Schraub-, Klemm-, Kleb- und Steckverbindungen.
***F GmbH***
Es wurde eine Rechnung vom in Höhe von EUR 10.000,- für Abbruch- und Ausgrabungsarbeiten, Randsteine und Bodenrinne einsetzen sowie diverse Schneidearbeiten verbucht.
Die ***F GmbH*** wurde aufgrund einer Mitteilung der Finanzpolizei vom ***Datum 2023*** zu GZ ***GZ***, dass diese seit als Scheinunternehmen gelte (Eintragung am ***Datum 2023***) am ***Datum 2024*** amtswegig vom Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die Veröffentlichung auf der Liste der Scheinunternehmer des BMF erfolgte am ***Datum 2023*** aufgrund der Rechtskraft des Bescheides vom ***Datum 2023***.
Sie befand sich auf der HFU Liste vom bis zum , die UID Nummer wurde mit begrenzt.
Sie verfügte bis ***Datum 2022*** über eine Gewerbeberechtigung zur Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung (Handwerk).
Ausländische Unternehmen ohne Entsende- bzw Überlassungsmeldung
Weiters wurden von der ***Gesellschaft*** Eingangsrechnungen iHv EUR 54.165,73 von folgenden zwei ausländischen Unternehmen verbucht, wobei diese Unternehmen weder eine vorgeschriebene Entsendemeldung (ZK03) oder Überlassungsmeldung (ZK04) für das Tätigwerden der Unternehmen im Bundesgebiet übermittelt haben:
- ***J. d.o.o.***., Rechnungen in Höhe von EUR 42.221,73
- ***K d.o.o.***, eine Rechnung in Höhe von EUR 11.944,-
Es liegen zwischen der ***Gesellschaft*** und den genannten Subunternehmen keine schriftlichen Angebote, Auftragsvereinbarungen oder Auftragsbestätigungen vor. Die Kontaktaufnahme und die Beauftragung sind mündlich erfolgt.
Vorgelegt wurden lediglich die oa Unterlagen betreffend die ***A GmbH***.
Relevante Unterlagen zur Abrechnung der jeweiligen Fremdleistungen oder auch die Geltendmachung von Mängeln, die die Leistungserbringung und Leistungsüberprüfung oder Vorsorge für Haftungsinanspruchnahme nachvollziehbar oder glaubhaft machen würden, liegen betreffend diese Subunternehmen nicht vor.
Bargeldbestand
Das Kassakonto 2700 stieg im Jahr 2022 von einem Anfangssaldo in Höhe von EUR 6.395,95 auf EUR 128.661,56 per an. Bedingt wurde dies im Wesentlichen durch mehrere Einlagen des Gesellschafters zwischen 3. Jänner und im Gesamtausmaß von EUR 461.000,-
Im Zeitraum von bis zum wurden Entnahmen des Gesellschafters iHv gesamt EUR 175.000,- getätigt, unter anderem auch eine Entnahme der Einlage vom iHv EUR 45.000,-. Das Kassakonto 2700 weist eine Buchungslücke von bis auf. Die Einlagen betragen demnach mindesten EUR 506.000,-.
Die Herkunft sowie die Verwendung dieser Barmittel wurden nicht dargelegt.
1.2.5 Nichtvorhandensein von dem angegebenen Geschäftszweig angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen
Angemessene Betriebsmittel für den angegebenen Geschäftszweig (Baubranche) waren vorhanden und wurden kurz vor der Insolvenzeröffnung durch die ***Gesellschaft*** an ein ausländisches Unternehmen veräußert.
1.2.6 Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt einer Anmeldung des/ der Dienstnehmers/ Dienstnehmerin zur Sozialversicherung
Bei der Österreichischen Gesundheitskasse bestand zum ein Beitragsrückstand in Höhe von EUR 86.451,49, resultierend aus Beitragsvorschreibungen von Februar 2021 bis zum Mai 2023.
Die letzte Zahlung wurde am geleistet, davor wurde am ein Teilbetrag entrichtet. Ein Ansuchen auf Ratenzahlung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rückstandes iHv EUR 64.421,94 war am genehmigt worden.
Von der ***Gesellschaft*** wurden Dienstnehmer angemeldet, als bereits Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen bestanden (***Zeuge B*** am , ***D*** am , ***Zeuge A*** am , ***E*** am , ***F*** am , ***G*** am , ***H*** am , ***Zeuge C*** am , ***GF 2*** am , ***I*** am , ***J*** am ).
Bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) bestanden zum Stichtag keine Rückstände. Letztmalig wurden von der BUAK für Juli 2022 Zuschläge nach dem BUAG vorgeschrieben. Es wird davon ausgegangen, dass die Beträge verkürzt wurden.
2. Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist betreffend den vorliegenden Beschwerdefall wie folgt auszuführen:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Verwaltungsakt und dem Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung.
Mit dem Vorlagebericht vom wurden von der belangten Behörde umfangreiche Unterlagen vorgelegt.
2.1 ***Gesellschaft***
Die Feststellungen hinsichtlich der ***Gesellschaft*** gründen sich auf Angaben im österreichischen Firmenbuch, sowie den im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht vorgenommenen Abfragen von Datenbanken (Gewerbeinformationssystem, Grunddatenverwaltung, Zentrales Melderegister).
Die Feststellungen zur Räumungsklage und tatsächlichen Räumung des Firmensitzes ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen betreffend das Gerichtsverfahren. Der Räumungsvergleich vom verpflichtete zur Räumung des Geschäftslokals bis zum , welcher nicht nachgekommen wurde.
Auch wenn gemäß dem abgeschlossenen Mietvertrag die Vermietung der Liegenschaft ***Firmensitz*** lediglich zu Büro- bzw zu Lagerzwecken verwendet werden hätte dürfen, erscheint es glaubwürdig, dass eine Änderung der Vereinbarung dahingehend erfolgte, dass der Geschäftsführer ebenfalls in diesen Räumlichkeiten seinen Wohnsitz hatte. Dies beruht nicht nur auf seiner Zeugenaussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung, sondern ergibt sich auch aus den Ausführungen des Antrages der klagendenden Partei in der Räumungsklage, dass die im Mietobjekt befindlichen Fahrnisse aller Art, die der beklagten Partei oder den mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitgliedern gehören, zur Sicherstellung der Mietzinsforderung pfandweise zu beschreiben seien. Eine Küche sowie Sanitärräume waren - wie aus der Beschreibung im Mietvertrag ersichtlich - vorhanden.
2.2 Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheinunternehmens gemäß § 8 Abs 3 SBBG
2.1.1 Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach § 42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten
Auffälligkeiten ergeben sich aus der von der Finanzpolizei in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Risikoanalyse und Produktivitätsrechnung, aus welcher ersichtlich ist, dass im Jahr 2021 mit den angemeldeten Arbeitern ein Umsatz von EUR 597.870,08 zu erzielen war, aber Umsätze iHv EUR 1.613.652,51 erklärt wurden. Dasselbe Bild ergibt sich für das Jahr 2022, in dem anhand der angemeldeten Arbeiter ein Umsatz iHv EUR 119.484,79 zu erzielen war, tatsächlich aber EUR 1.306.202,67 an Umsätzen mit Eigenleistung zustande kamen.
Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers beantragte in der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Stellungnahme, ließ diese aber ungenutzt verstreichen.
Die Argumentation des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung, es gebe sehr gute Arbeiter, die weit mehr Leistung erbringen als andere, ist zwar per se nachvollziehbar und entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, jedoch erscheint es nicht glaubwürdig, dass die ***Gesellschaft*** nur über gute Arbeiter verfügt hätte bzw über so leistungsstarke Arbeiter, dass eine Lücke von 62,95% im Jahr 2021 sowie von sogar 90,85% im Jahr 2022 erklärbar wäre.
Das Kriterium ist somit als erfüllt anzusehen.
2.1.2 Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen, die dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen
Aus den umfangreichen vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass immer wieder Kontakt zu Angestellten bzw Arbeitern der ***Gesellschaft*** bestand. Diese wurden zum Teil auch einvernommen (***Zeuge C*** am ) oder vertraten den Beschwerdeführer vor Gericht (***Zeuge A*** im Zuge der Räumungsklage). Am wurde bei der Nachschau auch der bei der ***Gesellschaft*** angestellte Bruder des Geschäftsführers, ***GF 2*** angetroffen.
Von der Finanzpolizei wurde nicht vorgebracht, dass keine für das Unternehmen tätigen Personen, welche dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen, auffindbar gewesen sein.
2.1.3 Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu dem/der Rechtsträger/in oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin über die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift oder die der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegeben Adresse
Gemäß § 8 Abs 12 SBBG sind auf das Verfahren nach dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz die Vorschriften der BAO sinngemäß anzuwenden.
Das Verfahren nach der Bundesabgabenordnung (BAO) zeichnet sich dadurch aus, dass der Verpflichtung der Abgabenbehörden zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit gemäß § 115 BAO, die Verpflichtung des Abgabepflichtigen zur Offenlegung gemäß § 119 BAO und zur Mitwirkung gemäß § 115 Abs 1 BAO gegenübersteht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das österreichische Abgabenverfahren durch ein Zusammenspiel amtswegiger Ermittlung und Mitwirkung der Partei charakterisiert, wobei sich beide Teile in dem Bemühen zur Erforschung der materiellen Wahrheit zu ergänzen und gegenseitig zu unterstützen haben. Wo für beide Seiten die Grenze für dieses Bemühen liegt, lässt sich allerdings nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter sorgfältiger Beachtung aller konkreten Umstände entscheiden. Allerdings findet die amtswegige Ermittlungspflicht dort ihre Grenzen, wo der Abgabenbehörde weitere Nachforschungen nicht mehr zugemutet werden können, die Partei aber zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt ().
Auch im Verfahren nach dem SBBG hat die Abgabenbehörde - auch bei Nichterhebung eines Widerspruches gegen die Verdachtsmitteilung - von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln (§ 115 Abs 1 BAO) und hat auch auf neue Tatsachen, die ihr zur Kenntnis gelangen, oder Anregungen Bedacht zu nehmen (§ 270 erster Satz BAO). Im Beschwerdeverfahren gegen einen gemäß § 8 Abs 8 erster Satz SBBG ergangenen Feststellungsbescheid ist es dem betroffenen Unternehmen weiterhin möglich darzulegen, dass kein Verdacht iSd § 8 Abs 2 und Abs 3 SBBG (und damit auch kein Scheinunternehmen iSd § 8 Abs 1 SBBG ) vorliegt ().
Nachdem schon nach der Bundesabgabenordnung Konsequenzen an die Nichteinhaltung der Mitwirkungspflicht sowie auch etwa an die Nichtbekanntgabe einer Adressänderung während eines laufendes Verfahrens geknüpft sind, erscheint es im Hinblick auf die Besonderheiten des SBBG gerechtfertigt einen strengen Maßstab anzulegen.
Insbesondere hat auch der VfGH in seinem Erkenntnis vom , G 117/2019, ua ausgesprochen, dass die Zustellung gemäß § 8 Abs 6 und Abs 8 zweiter Satz SBBG nicht gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot verstößt: Es ist dem Gesetzgeber aus dem Blickwinkel des allgemeinen Sachlichkeitsgebotes nicht entgegenzutreten, wenn er dem Umstand, dass bei der Abgabestelle eines (verdächtigten) Scheinunternehmens iSd § 8 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 SBBG regelmäßig weder deren Vertreter bzw ein Ersatzempfänger anzutreffen sein wird, damit begegnet, dass dieses betreffende behördliche Schriftstücke (letztlich) durch Zurücklassen an der Abgabestelle wirksam zugestellt werden können. Eine solche Regelung ist sachlich gerechtfertigt, weil anderenfalls eine Zustellung von Schriftstücken an (verdächtigte) Scheinunternehmen - die ihrer Natur nach oftmals gerade nicht über einen anwesenden Empfänger bzw Vertreter noch über eine Abgabeeinrichtung an der Abgabestelle verfügen - nicht rechtswirksam erfolgen könnte.
Im vorliegenden Fall konnte die Finanzpolizei den Geschäftsführer bei Erhebungen am Firmensitz am und am nicht persönlich antreffen. Die Argumentation des Geschäftsführers, das Büro sei vor 8:00 nicht besetzt, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, da er auch seinen Wohnsitz in den Räumlichkeiten hatte. Am gab sein Bruder an, dass er sich in Kroatien aufhalte. Auch bei Gerichtsterminen betreffend die Räumungsklage war er - wie aus den Unterlagen ersichtlich - nicht anwesend und wurde die Gesellschaft durch ***Zeuge A*** vertreten. Zu seiner Zeugenaussage am erschien er, wie aus dem Schreiben seines Anwaltes hervorgeht, aufgrund eines Termins in Kroatien ebenfalls nicht.
Zwar stellte der Geschäftsführer unbestritten telefonisch Kontakt zu der betreffenden Sachbearbeiterin her und wurde am in den Räumlichkeiten ***Firmensitz*** einvernommen, jedoch war er im Anschluss nicht mehr telefonisch erreichbar und übermittelte auch die versprochenen Unterlagen nicht. Am meldete er sich wieder telefonisch und übermittelte am diverse Unterlagen.
Durch die erfolgte Räumung am war die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr an der im Firmenbuch bekannt gegebenen Adresse erreichbar. Ein - wie vom Gesetz geforderter - persönlicher Kontakt an der im Firmenbuch eingetragenen Adresse war nicht möglich. Die Adresse wurde im Firmenbuch bis zum heutigen Datum nicht geändert, ebensowenig wie die Adresse des ***GF*** bei seinen Funktionen im Firmenbuch, welche ebenso auf ***Firmensitz*** lautet.
Im Zuge einer Umsatzsteuersonderprüfung war der Geschäftsführer für den Betriebsprüfer am telefonisch erreichbar und es fand eine Betriebsbesichtigung an der Adresse ***L***, im Beisein des Geschäftsführers und des steuerlichen Vertreters statt. Bei dieser Adresse handelte es sich um den Firmensitz der ***Gesellschaft 2*** vom ***Datum 2023*** bis zum ***Datum 2024***. Nach diesem Termin war der Geschäftsführer auch für den Betriebsprüfer nicht mehr erreichbar, wie sich aus dem Aktenvermerk des Telefonats mit dem Betriebsprüfer vom sowie dem Betriebsprüfungsbericht vom ergibt.
Bei der Adresse in ***L***, handelt es sich nicht um eine Adresse gemäß § 8 Abs 3 Z 2 und 3 SBBG. Da weder im Firmenbuch noch im Gewerberegister noch in den Datenbanken der Finanzverwaltung diese Adresse ersichtlich ist, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der Firmensitz offiziell nie an diese Adresse verlegt worden. Auch aus den Berichten des Masseverwalters ergibt sich keine neue Firmensitzadresse.
Unabhängig von der Thematik der Firmenadresse, war auch an dieser Anschrift, ebenso wie zuvor am Firmensitz in Wien kein Herstellen eines persönlichen Kontakts mit dem Geschäftsführer in dem vom Gesetz geforderten Sinn möglich, da zuerst ein telefonischer Kontakt zur Terminvereinbarung hergestellt wurde. Da auch der Firmensitz der ***Gesellschaft 2*** kurze Zeit später wieder an eine andere Adresse verlegt wurde ist nicht davon auszugehen, dass die ***Gesellschaft*** sich noch an dieser Adresse befinden würde - zumal das Unternehmen auch sofort nach Insolvenzeröffnung durch den Masseverwalter - wie aus seinem Bericht vom hervorgeht, mit geschlossen wurde.
Dem Vorbringen in der Beschwerde, die Änderung des Firmensitzes sei aufgrund der drohenden Insolvenzeröffnung nicht erfolgt, ist nicht zu folgen, da § 10 Abs 1 Firmenbuchgesetz (FBG) gesetzlich verpflichtet, eine Verlegung des Sitzes dem Firmenbuchgericht unverzüglich anzuzeigen und nicht ersichtlich ist, warum diese Verpflichtung im Insolvenzfall keine Geltung entfalten sollte.
Auch das Vorbringen, der Geschäftsführer hätte im Rahmen der Einvernahme eine neue Firmensitzadresse bekannt gegeben, ist verfehlt, hat er doch lediglich darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft eine neue Anschrift haben werde, diese wurde aber nie bekannt gegeben.
Es liegt daher jedenfalls eine Verletzung der Mitwirkungspflicht iSd § 115 BAO vor, welcher wie bereits oben dargelegt im Verfahren nach dem SBBG entscheidende Bedeutung zukommt.
Entgegen dem Vorbringen des anwaltlichen Vertreters, dass der Geschäftsführer für das Finanzamt stets erreichbar gewesen sei, kommt aus dem Betriebsprüfungsbericht sowie dem Aktenvermerk des Telefonats der Finanzpolizei mit dem Betriebsprüfer klar hervor, dass dies nicht der Fall war. Die telefonische Kontaktaufnahme oder Versendung von E-Mails genügt nicht, da das Gesetz ausdrücklich das Herstellen eines persönlichen Kontaktes (an dem im Firmenbuch gemeldeten Sitz oder einer anderen der Finanzverwaltung oder ÖGK bekannt gegebenen Adresse) fordert.
Zu den gestellten Beweisanboten ist festzuhalten, dass der Masseverwalter ***MV*** Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren ist. Seine Einvernahme als Zeuge kam daher nicht in Frage. Er wurde in der mündlichen Verhandlung durch den anwaltlichen Vertreter vertreten. Auf die Zeugeneinvernahme der Angestellten ***Zeuge B*** und ***Zeuge A*** wurde von diesem im Rahmen der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes bestehen auch keine Bedenken, der Aussage des Angestellten ***Zeuge C*** vom 30. März, dass der Geschäftsführer nur ab und zu im Büro sei, Glauben zu schenken.
Auch die Argumentation, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass das Büro eines kleinen oder auch mittelständigen Bauunternehmens nicht durchgehend besetzt sei, da die Geschäftstätigkeit regelmäßig auf der jeweiligen Baustelle stattfinde bzw das Büro der ***Gesellschaft*** sogar relativ häufig besetzt gewesen sei und Besucher - von Kunden bis hin zu Organen des Bezirksgerichts - im weit überwiegenden Ausmaß jemanden vor Ort angetroffen haben, kann nicht zu der Feststellung führen, dass ein persönlicher Kontakt zum Geschäftsführer an der Adresse hergestellt hätte werden können.
Auch wenn der Geschäftsführer persönlich Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid erhoben hat - wie aus der Niederschrift vom ersichtlich (und vom Gesetz gefordert) - und in der mündlichen Verhandlung als Zeuge ausgesagt hat, fehlt diesen Kontakten doch das geforderte Kriterium der "im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift".
Überdies steht dies in Widerspruch mit den Ausführungen in der Beschwerde, dass ab Juli 2022 alle noch laufenden Projekte mittels Subunternehmen abgewickelt worden seien und kann insofern keine wesentliche Tätigkeit des Unternehmens auf der jeweiligen Baustelle mehr stattgefunden haben.
Ergänzend ist anzuführen, dass auch der neue Wohnsitz des Geschäftsführers erst mit ***Datum 2023*** und somit zwei Monate nach der Abmeldung von der ***Firmensitz*** erfolgte. In Anbetracht dessen, dass für die Wohnsitzmeldung allgemein eine Frist von drei Tagen eingeräumt ist, kann nicht mehr von einer kleinen Verzögerung gesprochen werden, zumal in seinen Firmenbucheinträgen seine Adresse nach wie vor auf die ***Firmensitz*** lautet.
Da er zudem bereits von den laufenden Ermittlungen hinsichtlich des Verdachts des Vorliegens eines Scheinunternehmens Kenntnis hatte, ist auch hier eine Verletzung der Mitwirkungspflicht gegeben sowie das vom Gesetz geforderte Herstellen eines persönlichen Kontakts über die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift oder die der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebene Adresse nicht als erfüllt anzusehen.
2.1.4 Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen
Die Feststellungen betreffend die Höhe der an (nachträglich) rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen gebuchten Fremdleistungen ergeben sich aus den umfangreichen Ermittlungen des Amtes für Betrugsbekämpfung. Die Feststellungen zu den einzelnen Unternehmen ergeben sich aus dem Firmenbuch, der Abfrage der Scheinunternehmensdatenbank, den Abfragen aus dem Gewerbeinformationssystem sowie den elektronischen Grunddaten der Finanzverwaltung.
Vom Beschwerdeführer wurde dies grundsätzlich nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgebracht, die Scheinunternehmen seien im Zeitpunkt der Beauftragung nicht in der Liste der rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen aufgeschienen und nur eine vergleichsweise geringe Zahl der beauftragten Subunternehmen sei nachträglich als Scheinunternehmen festgestellt worden. Und selbst wenn es sich bei diesen um Scheinunternehmen gehandelt hätte, hätten diese hybride (und somit auch operativ tätig) gewesen sein können, wofür auch die Geltendmachung von Mängeln durch die ***Gesellschaft*** spreche.
Weiters hätte die Gesellschaft auch standardmäßige Überprüfungen der von ihr beauftragten Subunternehmen etwa durch die Abfrage der Scheinunternehmerdatendatenbank, Kontrolle des Firmenbuchauszugs, des Gewerbescheins, der Eintrag auf der HFU-Liste, Ausweis und Meldezettel des Geschäftsführers sowie die korrekte Anmeldung der Arbeitnehmer durchgeführt.
Dem ist entgegen zu halten, dass im Jahr 2022 die Eingangsrechnungen der betreffenden Scheinunternehmen im Ausmaß von EUR 1.005.023,- einem Gesamtfremdleistungsaufwand iHv EUR 1.505.386,- gegenüber stehen. Der Anteil von 66,76% bzw von 70,36% unter Berücksichtigung der ausländischen Unternehmen ohne Entsendungs- bzw Überlassungsmeldung kann also keinenfalls als vergleichsweise gering bezeichnet werden, sondern ist der Fremdleistungsaufwand der ***Gesellschaft*** in weit überwiegendem Ausmaß Scheinunternehmen zuzurechnen, wobei Vertragsbeziehungen mit Scheinunternehmen als Indiz dafür anzusehen sind, dass es sich bei dem betreffenden Unternehmen selbst auch um ein Scheinunternehmen handelt.
Zwar ist dem Beschwerdeführer dahingehend zuzustimmen, dass alle sechs betreffenden Scheinunternehmen erst nach Rechnungslegung an die ***Gesellschaft*** rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt wurden, jedoch ist dies nicht ausschlaggebend.
Dem Vorbringen ist insofern nicht zu folgen, als die beauftragten Unternehmen Subleistungen im Baugewerbe für die ***Gesellschaft*** hätten erbringen sollen. Diese Subunternehmen verfügten aber mit Ausnahme der ***C GmbH*** über gar keine Gewerbeberechtigung für das Baugewerbe bzw keine Gewerbeberechtigung für die in der Rechnung angegebenen Leistungen (***D GmbH***, ***E GmbH***, ***F GmbH***).
Betreffend die ***A GmbH*** ist nicht erklärlich, warum die Gewerberechtigung des ***M*** nicht im Gewerberegister eingetragen wurde.
Betreffend ***B GmbH*** und ***C GmbH*** wurden Rechnungen ohne konkrete Leistungsbeschreibung verbucht.
Bei der ***D GmbH*** wurden alle drei Rechnungen am ausgestellt, derselbe Tag an dem die UID Nummer der Gesellschaft begrenzt wurde.
Vor allem aber spricht auch gegen das Vorliegen einer tatsächlichen Leistungserbringung und korrekten Beauftragung der genannten Subfirmen, dass bei allen der genannten Unternehmen keinerlei schriftlichen Vereinbarungen und keine Dokumentation betreffend Auftragsvergabe und Auftragsdurchführung vorgelegt werden konnte.
Mit den Subunternehmern wurden keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen. Zwar gab der Geschäftsführer im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme an, es seien zum Teil schriftliche Vereinbarungen getroffen worden, derartige Unterlagen wurden aber weder im Rahmen der Übermittlung von Unterlagen an die Behörde mit E-Mail vom noch im Rahmen des Widerspruchs gegen die Verdachtsmitteilung oder im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegt.
Im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hat ein Abgabepflichtiger bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen Sorgfaltspflichten einzuhalten (vgl mit Verweis auf ). So kann etwa die Nichtvorlage von für das Bestehen solcher Geschäftsbeziehungen üblicher Unterlagen über die Leistungserbringung selbst (insbesondere Stundenaufzeichnungen der Arbeiter, Bautagebücher, etc.) nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Verletzung von Sorgfaltspflichten begründen (vgl ).
In seinem Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof zuvor schon ausgeführt, dass ein Unternehmer, der sich bei Durchführung eines ihm erteilten Auftrages eines Subunternehmers bedient, auch über Unterlagen verfügt, die den Leistungsaustausch zwischen Unternehmer und Subunternehmer dokumentieren können, während bei gänzlichem Fehlen derartiger Unterlagen die Schlussfolgerung zulässig ist, dass ein diesbezüglich behaupteter Leistungsaustausch nicht stattgefunden hat.
Die Leistungserbringung durch die Rechnungsleger erscheint aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes daher im Hinblick auf das Fehlen jeglicher auftragsbezogenen Dokumente unglaubwürdig.
Die "Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl ).
Wenn der Beschwerdeführer nun vorbringt, die tatsächliche Leistungserbringung wäre aufgrund der Geltendmachung von Mängeln evident, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass die angebotenen Beweise - nämlich ein E-Mail an die ***A GmbH*** rein organisatorischen Inhalts sowie eine SMS Korrespondenz mit "***X***", dem Ansprechpartner der ***C GmbH***, von dem der Geschäftsführer der ***Gesellschaft*** auch keinen Nachnamen nennen konnte und die der angebotenen Google Übersetzung zufolge lediglich den Inhalt hat, dass der Konversationspartner kein Geld bekäme, nicht dazu geeignet sind, eine tatsächliche Geltendmachung von Mängeln zu bescheinigen.
Überdies könnte es sich - selbst wenn tatsächlich Mängelrügen erteilt worden seien - auch bei den beauftragten Subunternehmern um hybride Scheinunternehmen iSd des Gutachtens des Österreichischen Juristentags aus dem Jahr 2022 handeln, welche parallel zum Verfolgen des sozialbetrügerischen Vorsatzes regelmäßig auch eine operative Tätigkeit ausüben.
Wesentlich ist weiters, dass aus den von der Finanzpolizei vorgelegten Risikoanalysen und Produktivitätsrechnungen für die Jahre 2021 und 2022 eine Differenz erheblichen Ausmaßes zwischen der Produktivität der eigenen Arbeiter, welche statistisch gesehen erreicht werden kann, und den erklärten Umsätzen augenscheinlich ist und vom Beschwerdeführer nicht erklärt werden konnte.
Es ist daher aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes davon auszugehen, dass es sich bei den Eingangsrechnungen der betreffenden Unternehmen um Scheinrechnungen handelt, die zur Verschleierung von Geldbewegungen im Hinblick auf die Bezahlung von Schwarzlöhnen in der Auftragskette durch die angeblichen Auftraggeber verwendet wurden.
Die Feststellungen zu den Bewegungen am Kassakonto 2700 basieren auf dem vorgelegten Kontoblatt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der eklatante Anstieg der Barmittel im Jahr 2022 von EUR 6.395,95 auf EUR 128.661,56 per , sei auf coronabedingte Einschränkungen zurückzuführen, ist entgegen zu halten, dass im Jahr 2022 diese pandemiebedingten Einschränkungen bereits geendet haben. In diesem Zusammenhang ist auch nicht erklärlich, warum dann in den Jahren 2020 und 2021 noch kein entsprechender Anstieg des Kassakontos verzeichnet werden konnte.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar erscheint die Argumentation, dass während der Corona Zeit nur die Barzahlung von Materiallieferungen bzw Dienstleistungen, auch wenn diese keine Bauleistungen darstellen und somit nicht unter das Barzahlungsverbot fallen, möglich war. Dies lässt sich auch aus dem vorliegenden Kontoblatt nicht nachvollziehen.
Die Herkunft der Bareinlagen des Gesellschafters iHv gesamt EUR 461.000,- wurde ebenso nicht dargelegt, wie Nachweise für die Verwendungen der Barmittel erbracht. Insbesondere konnten auch die Entnahmen der zuvor getätigten Einlagen durch den Gesellschafter iHv EUR 175.000,- nicht erklärt werden.
Es ist daher davon auszugehen, dass Geldmittel außerhalb des offiziellen Firmenkreislaufs vorhanden sind, die aus Zahlungen an die genannten rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen stammen und als "Kick-Back-Zahlungen" zurück an die ***Gesellschaft*** geflossen sind.
Die angebotenen Beweise, nämlich Barrechnungen der ***Holz GmbH*** sowie der ***Baustoffe GmbH*** sind nicht dazu geeignet, das Beschwerdevorbringen des Anstiegs der Barmittel im Jahr 2022 zur Barzahlung von Material und Dienstleistungen zu belegen, da keine der besagten Rechnungen aus dem Jahr 2022 stammt. Es handelt sich um zwei Rechnungen der ***Holz GmbH***. aus dem Jahr 2021 iHv EUR 8.326,10, eine Rechnung der ***Bau GmbH*** iHv EUR 1.400,- aus dem Jahr 2020 und 15 Rechnungen der ***Baustoffe GmbH*** aus den Jahren 2020 und 2021 iHv gesamt EUR 47.153,24.
Aufgrund der Verbuchung von Fremdleistungen an Scheinunternehmen in erheblichem Ausmaß, der nicht vorhandenen Unterlagen über Beauftragung und Vertragsbeziehungen zu diesen Subunternehmen, der nicht belegbaren Barmittel sowie des Umstandes, dass auch keine aussagekräftigen Arbeitsaufzeichnungen von Arbeitern der Gesellschaft vorgelegt wurden, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes davon auszugehen, dass die Gesellschaft falsche bzw verfälschte Urkunden bzw Beweismittel in Form von Scheinrechnungen, denen in Wahrheit keine Leistungen zu Grunde liegen, verwendet hat. Das Kriterium ist daher als erfüllt anzusehen.
2.1.5 Nichtvorhandensein von dem angegebenen Geschäftszweig angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen
Aus den Berichten des Masseverwalters ergibt sich, dass das bestehende Sachanlagevermögen der ***Gesellschaft*** kurz vor Konkurseröffnung an eine ausländische Gesellschaft verkauft wurde. Der Verkauf erfolgte nach einem Sachverständigengutachten zu einem überhöhten Preis. Auch wenn nach der Ansicht des Masseverwalters der Verdacht nahesteht, die ausländische Gesellschaft sei vorgeschoben worden, um die Gegenstände knapp vor Insolvenzeröffnung dem Zugriff des damals noch zu bestellenden Masseverwalters zu entziehen - wie seinem Bericht vom zu entnehmen ist - so ändert dies nichts daran, dass diese Vermögensgegenstände im Betriebsvermögen vorhanden waren.
Das Nichtvorhandensein von angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen wurde von der belangten Behörde im Feststellungsbescheid, aber nicht mehr in der Beschwerdevorentscheidung als Kriterium herangezogen. Ausdrücklich wurde dies auch in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt.
2.1.6 Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt einer Anmeldung des/ der Dienstnehmers/ Dienstnehmerin zur Sozialversicherung
Betreffend die Rückstände bei der Österreichischen Gesundheitskasse ist anzuführen, dass diese, wie aus dem Rückstandsausweis der ÖGK vom ersichtlich, systematisch seit dem Beitragszeitraum Februar 2021 angelaufen sind. Gemäß der Auskunft der ÖGK von diesem Datum wurden aufgrund der Insolvenzeröffnung die Beiträge für den Zeitraum 06/23 bis 10/23, als die Abmeldung der letzten Dienstnehmer stattfand, noch gar nicht verbucht und scheinen daher nicht auf dem Rückstandsausweis auf.
Wie aus dem festgestellten Sachverhalt und der von der belangten Behörde vorgelegten Dienstnehmerliste vom ***Datum 2024*** ersichtlich, wurden ab dem Bestehen der Rückstände bei der ÖGK weiterhin regelmäßig Dienstnehmer angemeldet.
Bis einschließlich des Beitragszeitraumes Juni 2022 beliefen sich die Rückstände auf EUR 9.383,24, danach stiegen sie eklatant an. In Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Anzahl der Dienstnehmer bei der ***Gesellschaft*** GmbH mit Juli 2022 sank und keine Arbeiter mehr bei der Gesellschaft beschäftigt waren, da nach dem Vorbringen in der Beschwerde alle bestehenden Aufträge durch Subunternehmen abgewickelt wurden, ist der nach Juli 2022 angelaufene Rückstand als bedeutend anzusehen.
Gleichzeitig wurden auch nach dem Juli 2022 noch Dienstnehmer angemeldet (***Zeuge C*** am , ***GF 2*** am , ***I*** am , ***J*** am ) wodurch das Kriterium als erfüllt anzusehen ist.
Zwar wurden einzelne Zahlungen am und am geleistet, jedoch waren diese nicht dazu geeignet, den Rückstand zu tilgen. Auch die Vereinbarung von Ratenvereinbarungen ändert nichts an der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes.
Auch die Zahlung vom iHv EUR 75.000,- stellte - wie aus dem Schreiben der ÖGK vom zu ersehen ist - eine Anzahlung zu einem bewilligten Ratenansuchen über den bestehenden Rückstand iHv EUR 75.527,51 zzgl der gesetzlichen Verzugszinsen dar. Auch wenn - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht und aus dem vorgelegten Webeku Auszug ersichtlich - der vollstreckbare Rückstand am lediglich EUR 2.241,37 betrug, so stimmt das nicht mit den Daten des ausgefertigten Rückstandsausweises der ÖGK vom überein, wonach aus den Beitragsvorschreibungen von Februar 2021 bis Juni 2022 ein vollstreckbarer Rückstand iHv EUR 9.383,24 bestand. Es ist davon auszugehen, dass der übersteigende Rückstand zum gegenständlichen Zeitpunkt etwa ausgesetzt oder von einer Ratenvereinbarung erfasst war, wodurch dieser nicht als vollstreckbar aufschien.
Das Bundesfinanzgericht kann auch der Argumentation in der Beschwerde, dass die Rückstände auf vorübergehende Zahlungsstockungen zurückzuführen seien, nicht folgen, zumal diese auch nicht im Detail dargestellt wurden. Überdies ist aus der in der Risikoanalyse dargelegten Diskrepanz zwischen erklärten Umsätzen und Produktivität der eigenen Arbeiter, den in der Buchhaltung aufscheinenden Scheinunternehmen und den nicht erklärbaren Barmittelanstiegen und Auszahlungen ersichtlich, dass vorübergehende Zahlungsstockungen nicht für die Rückstände ursächlich sein konnten und ist davon auszugehen, dass die Mittel zur Begleichung vorhanden gewesen wären.
Da der Anstieg der Rückstände im Wesentlichen ab dem Beitragszeitraum Juli 2022 erfolgte, das Insolvenzverfahren jedoch erst mit tt. Juni 2023 eröffnet wurde, ist ein Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren ebenfalls nicht anzunehmen.
Dem Vorbingen, es sei ein (weiteres) Ratenansuchen mit genehmigt worden, ist zu entgegnen, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers das Bemühen um Ratenvereinbarungen oder die Vornahme einzelner Zahlungen nicht gegen das Vorliegen eines Scheinunternehmens spricht, sondern vielmehr dem Bemühen einen drohenden Konkurs abzuwenden, geschuldet erscheint.
Betreffend die Anzahlung iHv EUR 10.000,- wurde diese gemäß der vorgelegten Zahlungsanweisung vom gebucht. Dass die Zahlung nicht erfolgt ist, ergibt sich aus der Mitteilung der ÖGK vom , in welcher dargelegt wird, dass die letzte Zahlung am geleistet wurde.
Ergänzend ergibt sich aus dem Ratenansuchen die Fälligkeit der Anzahlung am und der ersten Rate am . Aufgrund des am tt. Juni 2023 eröffneten Konkurses konnte das Ratenansuchen nicht mehr erfüllt werden.
Es ist daher nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes davon auszugehen, dass seit Februar 2021 systematisch Beiträge zur Sozialversicherung durch die ***Gesellschaft*** nicht mehr geleistet wurden. Auch zwischenzeitliche Ratenansuchen und vereinzelte Zahlungen können nicht das Gegenteil beweisen.
Der dem SBBG immanente Vorsatz auf Sozialbetrug wird auch durch stetige Anmeldungen von Dienstnehmern trotz Bestehen von Rückständen umgesetzt.
Betreffend die Beiträge an die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) ist anzumerken, dass die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen und Einstufung der Dienstnehmer als Angestellte, kein Kriterium für die Ausnahme von der Zugehörigkeit zur BUAK darstellt. Es ist darauf abzustellen, ob vorwiegend Angestelltentätigkeiten verrichtet wird.
Gemäß § 1 AngG sind Angestellte Arbeitnehmer, die im Geschäftsbetrieb eines Kaufmanns vorwiegend zur Leistung kaufmännischer (Handlungsgehilfen) oder höherer nicht kaufmännischer Dienste oder zu Kanzleiarbeiten angestellt sind (Löschnigg/Reiff in Löschnigg/Melzer, Angestelltengesetz ll § 1 (Stand , rdb.at).
Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH liegt ein Angestelltenverhältnis bei Bauleistungen erst bei einer Aufsicht über eine Vielzahl an Dienstnehmern sowie weiteren verantwortungsbehafteten hinzutretenden Elementen vor (, Arb 8601; Rv I 632/12, Fuchs 63; ArbG Salzburg , Cr 227/49, Arb 5112; LG Graz , 1 Cg 402/30, Arb 4086).
Nach den Angaben des Geschäftsführers in seiner Zeugenaussage sowie der Argumentation in der Beschwerde waren die Angestellten zuständig für Bürotätigkeit, Aufsicht auf der Baustelle und Kontakt mit den Auftraggebern und Subunternehmern. Bauaufträge wurden ab diesem Zeitpunkt auch nur mehr mittels Subunternehmen abgewickelt. Diese Angestellten sollen auch auf der Baustelle kontrolliert, ob die Arbeiter da sind und mit den entsprechenden Bauherren gesprochen haben.
Aus dem vorgelegten Lohnkonto für das Jahr 2022 ist ersichtlich, dass die ***Gesellschaft*** ab dem Juli 2022 zwischen sechs und sieben Angestellte beschäftigte.
Im Hinblick auf die im Rahmen der Ermittlungen getätigten Fotos vom Firmensitz vom erscheint es zweifelhaft, dass genügend Platz und Infrastruktur im Büro für diese Anzahl von Angestellten zur Verfügung gestanden wäre.
Auch bei Berücksichtigung von bauaufsichtlichen Tätigkeiten oder Homeoffice - auch wenn dies nicht vom Beschwerdeführer vorgebracht wurde, erscheint der Umstand, es seien nur Angestelltentätigkeiten verrichtet worden, unglaubwürdig.
Dies vor allem auch in Hinblick auf die sich aus der Risikoanalyse und Produktivitätsrechnung ergebende Diskrepanz, die Verbuchung von Rechnungen festgestellter Scheinunternehmen in derart erheblichem Ausmaß und die nicht erklärten Bareinlagen und -entnahmen durch den Gesellschafter.
Es ist daher davon auszugehen, dass durch die ***Gesellschaft*** auch Beiträge zur BUAK verkürzt wurden.
Zum Beschwerdevorbringen, es seien auch wesentliche Zahlungen an die Abgabenbehörde entrichtet worden, ist ergänzend anzumerken, dass durch die ***Gesellschaft*** zwischenzeitlich tatsächlich Zahlungen eingegangen sind. Diese waren jedoch in Anbetracht der Rückstände auf dem Abgabenkonto zu keiner Zeit geeignet, den Rückstand auszugleichen. Auch stammen die Abgabenverbindlichkeiten zu großen Teilen aus Abgabenarten, welche für das Verfahren nach dem SBBG nicht von Relevanz sind.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 8 Abs 1 SBBG idF BGBl. I Nr. 104/2019 handelt es sich bei einem Scheinunternehmen um ein Unternehmen, das vorrangig darauf ausgerichtet ist,
1. Lohnabgaben, Beiträge zur Sozialversicherung, Zuschläge nach dem BUAG oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmer/innen/n zu verkürzen, oder
2. Personen zur Sozialversicherung anzumelden, um Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transfernleistungen zu beziehen, obwohl diese keine unselbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Das SBBG kennt daher zwei verschiedene Tatbestände einer Scheinunternehmerschaft: den Verkürzungstatbestand (§ 8 Abs 1 Z 1 SBBG) und den Erschleichungstatbestand (§ 8 Abs 1 Z 2 SBBG).
Nach Abs 2 leg cit ist der Verdacht auf das Vorliegen eines Scheinunternehmes dann gegeben, wenn die Anhaltspunkte bei einer Gesamtbetrachtung ihrem Gewicht, ihrer Bedeutung und ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach berechtigte Zweifel begründen, ob die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vom Vorsatz getragen ist, die in Folge der Anmeldung oder Meldung auflaufenden Lohn- und Sozialabgaben oder Zuschläge nach dem BUAG zur Gänze zu entrichten (Z 1), oder die Anmeldung zur Sozialversicherung vom Vorsatz getragen ist, dass die angemeldeten Personen eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen (Z 2).
Abs 3 leg cit sieht vor, dass Anhaltspunkte für einen Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens insbesondere sind:
1. Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach § 42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten,
2. Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen, die dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen, an der der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebenen Adresse oder der im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift,
3. Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu dem/der Rechtsträger/in oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin über die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift oder die der Bundesfinanzverwaltung oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebene Adresse,
4. Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen,
5. Nichtvorhandensein von dem angegebenen Geschäftszweig angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen,
6. Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt einer Anmeldung des/der Dienstnehmers/Dienstnehmerin zur Sozialversicherung.
Bei den in § 8 Abs 3 SBBG genannten Umstände handelt es sich um keine taxative Aufzählung (vgl Wiesinger, Punkt 2.3.2.3.1, ASok-Spezial (SBBG)).
Gemäß § 8 Abs 4 SBBG ist für die Feststellung der Scheinunternehmerschaft das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig, welches bei Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens diesen dessen Rechtsträger/in schriftlich mitzuteilen hat.
Nach Abs 7 dieser Bestimmung kann gegen den mitgeteilten Verdacht binnen einer Woche ab Zustellung Widerspruch beim Amt für Betrugsbekämpfung erhoben werden. Der Widerspruch kann nur durch persönliche Vorsprache des/der Rechtsträgers/Rechtsträgerin oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin erfolgen.
Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde der beschwerdeführenden Partei am eine entsprechende Verdachtsmitteilung zugestellt und dagegen am fristgerecht Widerspruch erhoben.
Die durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer getätigten Aussagen waren jedoch nicht geeignet, den Verdacht auszuräumen. Nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens wurde gegenständlicher Rechtsträger mit Bescheid vom als Scheinunternehmen festgestellt.
Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes durfte die belangte Behörde - wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt - aufgrund ihrer Erhebungen zu Recht davon ausgehen, dass die in § 8 Abs 3 Z 1, 3, 4 und 6 SBBG aufgelisteten Anhaltspunkte vorliegen und bei der ***Gesellschaft*** daher ein Scheinunternehmen vorliegt.
Fest steht auch, dass betreffend den Beschwerdeführer ein Betragsrückstand iHv EUR 86.451,49 zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand, wobei diese Rückstände sich auf Beitragszeiträume ab dem Februar 2021 beziehen und gleichzeitig noch Dienstnehmen in nicht unbedeutender Anzahl angemeldet wurden.
Es handelt sich daher bei der ***Gesellschaft*** um ein Unternehmen, das vorrangig darauf ausgerichtet ist, Beiträge zur Sozialversicherung zu verkürzen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und handelt sich bei der ***Gesellschaft*** ab dem ***Datum 2021*** um ein Scheinunternehmen iSd § 8 Abs 1 SBBG.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Solch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt gegenständlich nicht vor. Bei der Beurteilung des Vorliegens der Kriterien für eine Scheinunternehmerschaft iSd § 8 SBBG handelt es sich um eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu lösende Sachverhaltsfrage.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 SBBG, Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz, BGBl. I Nr. 113/2015 § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102253.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAF-44884