VwGH 29.01.2025, Ra 2022/15/0046
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Novak und die Hofrätin Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des G M in S, vertreten durch die Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts KG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100031/2022, betreffend Einkommensteuer 2019, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Finanzamts vom wurde dem Revisionswerber Einkommensteuer für das Jahr 2019 vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde vom Finanzamt am gemäß § 299 BAO aufgehoben und unter einem ein neuer Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2019 gegenüber dem Revisionswerber erlassen.
2 In dem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom führte der Revisionswerber aus:
„Betrifft: Klage gegen das Finanzamt [X]
[...]
Begründung: Meine Einsprüche von 2017 bis dato werden immer ohne eine rechtlich gültige Rechtsprechung abgelehnt. Der Grund ist, dass Sie Hr. Richter [Y] sich nicht getrauen mir mitzuteilen auf welcher rechtlichen Grundlage Sie meine Einsprüche gegen die Steuerbescheide ablehnen. Dazu machen Sie Umwege und beschäftigen andere Gerichte. Zum Beispiel das Finanzgericht Linz. Aber der Herr Richter [Z] hat sich nicht für Ihre Zwecke einspannen lassen. Ich hatte eine Beschwerde gegen den Vorauszahlungsteilbetrag eingereicht der unverständlicherweise für mich erhöht wurde. Leider war diese Beschwerde nicht zulässig, das wusste ich nicht. Der Hr. Richter [Z] hat die Beschwerde zu Recht abgewiesen. Aber in der Hauptangelegenheit gegen die Einsprüche meiner Steuerbescheide hat er nicht entschieden. Denn das ist Ihre Aufgabe. Ich fordere Sie auf, mir mitzuteilen auf welcher rechtlichen Grundlage Sie meine Beschwerden ablehnen wollen. Denn ohne Ihren Ablehnungsbescheid kann ich keine Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. [...] Vielleicht fällt Ihnen ja eine andere Lösung in der Angelegenheit ein. Ich bin kein nachtragender Mensch und akzeptiere auch Kompromisse.
Mit freundlichen Grüßen“
3 Das Finanzamt wertete dieses Schreiben als Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom und forderte den Revisionswerber mit Bescheid vom auf, bis diverse konkret bezeichnete Mängel der Beschwerde zu beseitigen, insbesondere die Bescheide zu bezeichnen, gegen die sich die Eingabe richtet, widrigenfalls das Anbringen als zurückgenommen gelte.
4 Mit Schreiben vom erläuterte der Revisionswerber seine Sichtweise zum Einkommensteuerveranlagungsakt seit dem Jahr 2017, ohne die ihm aufgetragenen Mängel zu beseitigen.
5 Daraufhin erließ das Finanzamt am eine die Beschwerde abweisende, näher begründete Beschwerdevorentscheidung.
6 Mit dem - an das Bundesfinanzgericht gerichteten und zuständigkeitshalber an das Finanzamt weitergeleiteten - Schreiben vom erhob der Revisionswerber „Widerspruch“ gegen die Beschwerdevorentscheidung und führte im Wesentlichen aus, dass er keine Beschwerde, sondern eine Klage gegen das Finanzamt erhoben habe. Diese Klage sei in eine Beschwerde umgewandelt und abgewiesen worden. Das entspreche nicht dem „rechtstaatlichen Prinzip und auch nicht dem Grundgesetz“.
7 Das Finanzamt wertete dieses Schreiben vom als Vorlageantrag.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht daraufhin die Beschwerdevorentscheidung vom infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos auf. Zur Begründung führte es aus, aus dem Schreiben vom gehe hervor, dass der Revisionswerber mit seinem ursprünglichen, vom Finanzamt als Beschwerde gewerteten Schriftsatz keine Beschwerde im Sinne der BAO habe einbringen wollen. Dies entspreche auch dem Wortlaut des Schreibens vom , das weder eine Bezeichnung als Beschwerde enthalte noch einen konkret angefochtenen Bescheid erkennen lasse. Da die Beschwerde schon dem Grunde nach nicht eingebracht worden sei, sei auch nachvollziehbar, warum der Revisionswerber dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen habe. Demnach habe das Finanzamt ohne Vorliegen einer Beschwerde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, sodass diese über den Vorlageantrag des Revisionswerbers ersatzlos zu beheben gewesen sei. Die ordentliche Revision ließ das Bundesfinanzgericht nicht zu.
9 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Unter diesem Gesichtspunkt bringt der Revisionswerber im Wesentlichen vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil die Eingabe des Revisionswerbers vom nicht als Beschwerde gewertet worden sei. Damit sei dem Bundesfinanzgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen.
14 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
15 Für die Beurteilung eines Parteianbringens kommt es auf dessen Inhalt an, auf das erkennbar oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Der Erklärungsinhalt ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen (vgl. etwa , mwN). Im Falle einer Beschwerde ist entscheidend, ob aus ihrem Inhalt hervorgeht, wogegen sie sich richtet (vgl. etwa und , jeweils mwN).
16 Im Revisionsfall hat das Finanzamt am einen Aufhebungsbescheid betreffend die Einkommensteuer 2019 erlassen und mit weiterem Bescheid vom selben Tag die Einkommensteuer für das Jahr 2019 neu festgesetzt.
17 Mit Eingabe vom tätigte der Revisionswerber generelle Ausführungen in Bezug auf die - seinen Angaben zufolge - seit dem Jahr 2017 ohne Erfolg erhobenen „Einsprüche“, und zwar ohne dass daraus hervorgeht, gegen welchen Bescheid sich sein Anbringen richtet. Einem daraufhin ergangenen Mängelbehebungsauftrag kam der Revisionswerber nicht nach und wies - nach abweisender Beschwerdevorentscheidung vom - in seiner Eingabe vom ausdrücklich darauf hin, dass er keine Beschwerde erhoben habe und die „Umdeutung“ rechtswidrig erfolgt sei.
18 Bei dieser Sachlage begegnet es keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, dass das Bundesfinanzgericht angesichts des Wortlauts des in Rede stehenden Anbringens vom , dem ausdrücklich klarstellenden Vorbringen des Revisionswerbers vom folgend, und unter Berücksichtigung der damit im Einklang stehenden Nichtbefolgung des Mängelbehebungsauftrags im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Eingaben des Revisionswerbers davon ausging, es habe sich bei seinem Schreiben vom nicht um eine Beschwerde gehandelt. Daraus folgerte das Bundesfinanzgericht zu Recht, dass eine Zuständigkeit des Finanzamts zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom nicht gegeben war (vgl. ).
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2025:RA2022150046.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-44861