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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2025, RV/3100578/2024

Rückzahlung iSd § 239 BAO setzt ein Guthaben im Zeitpunkt der Erledigung voraus: Abweisung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf_Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Sonstiges 2024 Steuernummer ***Bf_StNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt/Verfahrensgang

1. Mit Beschluss vom des ***BG***, ***GZ_SRV***, wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers ***Bf*** (Bf) das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Mangels Annahme des Zahlungsplanes wurde mit Beschluss des ***BG*** vom das Abschöpfungsverfahren eingeleitet, und das Schuldenregulierungsverfahren mit Beschluss vom aufgehoben. Nach Begleichung einer Quote von 0,75 % an die Insolvenzgläubiger wurde das Abschöpfungsverfahren mit Beschluss des ***BG*** vom beendet und dem Bf die Restschuldbefreiung erteilt. Dieser Beschluss ist mittlerweile rechtskräftig.

2. Von der Abgabenbehörde wurden im Schuldenregulierungsverfahren Forderungen iHv € ***Betrag_Anm_SRV*** angemeldet.

Nach Ergehen der Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagungen) für 2021 am , für 2022 am und für 2023 am wurden die sich aus den Veranlagungen ergebenden Gutschriften iHv € ***GS1*** (2021), € ***GS2*** (2022) und € ***GS3*** (2023) mit den aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten verrechnet, und die angemeldeten Insolvenzforderungen entsprechend eingeschränkt.

3. Mit Beschluss vom sprach das ***BG*** aus, dem Antrag des Bf auf Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages iSd § 291f Abs. 2 EO iZm der Auszahlung des Guthabens aus der Arbeitnehmerveranlagung 2022 werde entsprochen. Der Bf dürfe über das gesamte Guthaben frei verfügen.

Mit Beschluss vom sprach das ***BG*** aus, dem Antrag des Bf auf Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages iSd § 291f Abs. 2 EO iZm der Auszahlung des Guthabens aus der Arbeitnehmerveranlagung 2023 werde entsprochen. Der Bf dürfe über das gesamte Guthaben frei verfügen.

4. Am stellte die ***S_T*** den Antrag, dem Bf unpfändbare Guthaben aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2022 und 2023 iHv € ***GS2*** bzw. € ***GS3*** auf dessen Konto anzuweisen oder alternativ einen Abweisungsbescheid zu erlassen.

Dem Antrag beigelegt waren die og. Beschlüsse des ***BG*** vom und vom .

Die ***S_T*** verwies abschließend darauf, dass die Lohnsteuerguthaben 2022 und 2023 vom Finanzamt nicht an den Bf ausgezahlt, sondern mit der Insolvenzforderung aufgerechnet worden seien. Es werde beantragt, das einbehaltene Guthaben auf das Konto des Bf anzuweisen oder alternativ einen Abweisungsbescheid zu erlassen.

Der Bf legte in Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom eine der ***S_T*** im Mai 2024 erteilte Vollmacht vor.

5. Der Antrag vom wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Begründet wurde die Abweisung damit, dass die zur Rückzahlung beantragte Gutschrift zur teilweisen Tilgung der Abgabenschuldigkeiten des Bf heranzuziehen gewesen sei.

6. Die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid wurde am vom Bf selbst eingebracht. Darin wird - zusammengefasst - unter Verweis auf die seit der Gesamtreform des Exekutionsrechts ("Grex 2021") geltende Rechtslage, insbesondere den am in Kraft getretenen § 291f EO, die Berechtigung der Abgabenbehörde zur Aufrechnung der Einkommensteuergutschriften mit den Abgabenschulden des Bf in Abrede gestellt. Die bis zur Grex 2021 vertretene Rechtsansicht, es handle sich bei Gutschriften aus Arbeitnehmerveranlagungen um öffentlich-rechtliche Ansprüche gegenüber dem Abgabengläubiger, die von der Abtretungserklärung im Abschöpfungsverfahren nicht umfasst seien, sei im Hinblick auf § 291f EO nicht mehr aufrechtzuerhalten.

7. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde unter Verweis auf einschlägige VwGH-Judikatur () ebendiese Auffassung vertreten, es handle sich bei Einkommensteuergutschriften aus Arbeitnehmerveranlagungen nicht um Arbeitseinkommen, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegenüber dem Abgabengläubiger. Die Einkommensteuergutschriften seien daher nicht von der Abtretungserklärung erfasst, fielen in die freie Verfügungsbefugnis des Schuldners und unterlägen daher nicht dem Aufrechnungsverbot des § 206 Abs. 3 IO.

Die Verrechnung der Einkommensteuergutschriften sei - auch im Abschöpfungsverfahren - gem. § 215 Abs. 1 BAO zwingend vorzunehmen gewesen. Da infolge dieser Verrechnung ein Guthaben iSd § 215 BAO auf dem Abgabenkonto nicht (mehr) bestanden habe, sei der Rückzahlungsantrag abzuweisen gewesen.

Über die Verrechenbarkeit der Abgabengutschriften sei auf Antrag des Bf in einem Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO (Anm.: Nicht § 16 BAO) zu entscheiden. Ein solcher Antrag sei gegenständlich nicht gestellt worden.

8. Am wurde vom Bf der Vorlageantrag ohne weiteres Vorbringen eingebracht.

II. Rechtslage und Erwägungen

1. Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

§ 215 BAO, soweit gegenständlich relevant, lautet:
(1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.
(…)
(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe des § 239 BAO zurückzuzahlen.

Ein Guthabenentsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht. Maßgebend hierbei sind die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen. Erst nach Verwendung gem. § 215 Abs. 1 bis 3 BAO verbleibende Guthaben sind auf Antrag oder von Amts wegen rückzahlbar. (Ritz/Koran, BAO7, § 239 Rz 1 u. 2, mit zahlreichen Verweisen auf VwGH-Judikatur)

Eine Rückzahlung setzt jedenfalls ein Guthaben im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung voraus ().
Da im Beschwerdefall im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf dem Abgabenkonto des Bf infolge der gem. § 215 Abs. 1 BAO durchgeführten Verrechnungen kein Guthaben bestand, wurde der Rückzahlungsantrag von der Abgabenbehörde zu Recht abgewiesen.

2. Die in § 279 BAO normierte Befugnis des Bundesfinanzgerichtes, den angefochtenen Bescheid - nach jeder Richtung - abzuändern, ist durch die Sache begrenzt; Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (). Angelegenheit des Spruches des angefochtenen Bescheides war gegenständlich die Abweisung des Rückzahlungsantrages vom .

Es ist aus dem Beschwerdevorbringen ersichtlich, dass der Bf die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto bestreitet. Aufgrund der Bindung an die "Sache" ist dem Bundesfinanzgericht eine Absprache über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto, ob also die Verrechnung der Einkommensteuergutschriften zu Recht erfolgt ist, im gegenständlichen Erkenntnis jedoch verwehrt.

Wie die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung bereits erkannt und richtig ausgeführt hat, sind derartige Fragen nicht anlässlich der Entscheidung über einen Rückzahlungsantrag, sondern im Abrechnungsbescheidverfahren gem. § 216 BAO zu klären, welches auf Antrag des Bf durchzuführen wäre.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es war im Beschwerdefall keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100578.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100578.2024

Fundstelle(n):
OAAAF-44712