Ausgaben für Zeitschriften und sonstige Reisekosten als Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***X*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 vom . Vom Finanzamt (FA) wurden die geltend gemachten Ausgaben für Sonderausgaben gem. § 18 EStG 1988 nur teilweise anerkannt. Die Ausgaben für Werbungskosten wurden nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens mangels Belegnachweisen mit dem Pauschbetrag gem. § 16 Abs. 3 EStG 1988 berücksichtigt.
Mit Datum vom wurde eine Beschwerde gem. § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid 2016, unter Beifügung von weiteren Belegnachweisen, eingebracht.
In der Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO vom hat das FA der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die ursprünglich beantragten Sonderausgaben in voller Höhe zuerkannt. Die Werbungskosten wurden mit dem Pauschbetrag gem. § 16 Abs. 3 EStG 1988 berücksichtigt.
Dagegen wurde vom Bf. am ein Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 1 BAO, unter Beifügung von weiteren Belegnachweisen und Erläuterungen, mit dem Begehren, auch die ursprünglich beantragten Werbungskosten in voller Höhe zu berücksichtigen, eingebracht.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das FA hat dem überwiegenden Teil der Werbungskosten aufgrund der zwischenzeitlich beigebrachten Nachweise die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten zuerkannt. Für einen Teil der Werbungskosten im Zusammenhang mit Fachliteratur und Fahrtkosten hat das FA die Abweisung des Beschwerdebegehrens beantragt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungs-Ausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache dieser Gerichtsabteilung zur Entscheidung zugewiesen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Ausgaben für die Zeitschrift "The Economist", aufgrund einer teilweisen privaten Veranlassung anteilig angesetzt mit 80% (= 150,40 Euro), wurden belegmäßig nachgewiesen.
Beruflich veranlasste Fahrtkosten (zB Netzkarte u.a.), mit dem auf die berufliche Nutzung entfallenden Hälfte-Anteil (= 244,10 Euro) angesetzt, wurden belegmäßig nachgewiesen.
Sonstige beruflich veranlasste Kosten in Höhe von 871,47 Euro wurden belegmäßig nachgewiesen und vom FA im Vorlagebericht als abzugsfähig gewertet.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, sowie aus den weiteren Angaben der Verfahrensparteien.
Die nicht ausschließliche berufliche Nutzung der Kosten für die Zeitschrift "The Economist" ergibt sich aus der Tatsache, dass eine teilweise private Veranlassung durch den Bf. erklärt wurde. Mit Schreiben vom bestätigte der Bf., dass eine ausschließliche bzw. nahezu ausschließliche berufliche Verwendung nicht gegeben war.
Die anteilige berufliche Veranlassung mit der Hälfte der Fahrtkosten ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Bf. hinsichtlich seiner Fahrten zu Kunden und Partnerunternehmen.
Die sonstigen nachgewiesenen Kosten stellen, analog der Erläuterungen im Vorlagebericht, Werbungskosten gem. § 16 EStG 1988 dar.
Die beantragten Sonderausgaben gem. § 18 EStG 1988 wurden belegmäßig nachgewiesen und bereits in der Beschwerdevorentscheidung in voller Höhe zuerkannt.
Der festgestellte Sachverhalt ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.
3. Rechtslage
§ 16 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 117/2016 auszugsweise
Abs. 1: "Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen …
Z. 7 Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung) …"
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 117/2016auszugsweise
"Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
Z. 2 lit a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen …"
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
4.1.1 Zeitschrift "The Economist"
Voraussetzung für die Anerkennung von Tageszeitungen und Zeitschriften als Werbungskosten gem. § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 ist, dass die Ausgaben ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind. Das ist nur der Fall, soweit die erworbene Zeitschrift lediglich für die Erfüllung von beruflichen Zwecken dient. Soweit hingegen die Lektüre aufgrund der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung erwartet wird bzw. aus beruflichen und zugleich privaten Gründen gelesen wird, liegt eine gem. § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 nicht abzugsfähige private Veranlassung vor.
Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dies gilt selbst dann, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 gilt gleichermaßen für laufende Aufwendungen wie auch für den Erwerb von Wirtschaftsgütern (vgl. Margreiter, ÖStZ 1984) und sowohl im Bereich der Betriebsausgaben wie auch jenem der Werbungskosten.
Nach Rechtsprechung und Verwaltungspraxis liegt die Kernaussage dieser Bestimmung in einem Aufteilungs- und Abzugsverbot, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit (§ 114 BAO) zu Grunde liegt; es soll vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abziehbar machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (zB ; , 2007/15/0260 u.a.m.)
Eine einkünftemindernde Berücksichtigung verstieße diesfalls gegen den Gleichheitssatz des Art 7 B-VG (; , 2002/15/0123).
Demnach sind gemischt veranlasste Aufwendungen grundsätzlich zur Gänze nicht abzugsfähig (vgl. Althuber in Hofstätter/Reichel, § 20 Tz 4.1). § 20 Abs. 1 Z 2 lit a schließt aber die Abzugsfähigkeit dann nicht aus, wenn der betreffende Aufwand (nahezu) ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlasst ist bzw. das betreffende Wirtschaftsgut (nahezu) ausschließlich betrieblich bzw. beruflich genutzt wird (zB ; , 94/14/0014; , 2001/13/0218 u.a.m.) oder sich der Teil der Aufwendungen, der auf die ausschließlich betriebliche bzw. berufliche Veranlassung bzw. Nutzung entfällt, einwandfrei von den Ausgaben für die private Lebensführung trennen lässt und die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung nicht bloß völlig untergeordnet ist (zB ; , 2010/15/0197; , 2009/15/0088; , 2011/15/0187), vgl. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) § 20 Tz 21/2.
Liegt keine ausschließliche oder nahezu ausschließliche betriebliche bzw. berufliche Nutzung oder Veranlassung vor, unterscheidet die Rechtsprechung danach, ob sich die Aufwendungen für die Lebensführung und berufliche Aufwendungen einwandfrei trennen lassen (; , 2009/15/0088; , 2011/15/0187); nur wenn dies der Fall ist, kommt eine Aufteilung in Betracht, sonst gilt das Aufteilungs- und Abzugsverbot, vgl. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) § 20 Tz 22/1.
Demzufolge war den geltend gemachten Ausgaben in Höhe von 150,40 Euro für die Zeitschrift "The Economist", aufgrund der Angaben des Bf. zur nicht ausschließlichen beruflichen Veranlassung, die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten zu versagen.
4.1.2 sonstige Fahrtkosten
Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Werbungskosten nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 EStG 1988. Sie sind unabhängig vom Vorliegen einer Reise als Werbungskosten anzuerkennen. Eine Besonderheit besteht für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch die Sonderregelung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988. Die laufenden Aufwendungen für diese Fahrten finden Berücksichtigung durch Verkehrsabsetzbetrag, Pendlerpauschale und Pendlereuro (), vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) § 16 Tz 200/6.
Bei einer für Berufsfahrten und private Fahrten verwendeten Netzkarte für den öffentlichen Verkehr kann ein Teil der Kosten der Karte steuerliche Fahrtkosten darstellen. In gleicher Weise, wie die Anschaffungskosten eines Pkw, der zum Teil für betriebliche (berufliche) zum Teil für private Fahrten eingesetzt wird, teilweise (u.U. im Wege des Kilometergeldes) zu Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten führen, sind auch die Kosten für den Erwerb einer Netzkarte in Komponenten mit unterschiedlichem einkommensteuerlichen Schicksal aufzuteilen. In diesem - gegebenenfalls durch Schätzung zu ermittelnden -Verhältnis sind Werbungskosten anzuerkennen (), vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) § 16 Tz 200/8.
Eine ausreichende Trennbarkeit von betrieblich/beruflich veranlassten Aufwendungen (mit der Folge, dass das Aufteilungsverbot nicht zum Tragen kommt) wird in der Rechtsprechung beispielsweise für Kfz-Kosten, Telefon- und Internetkosten einschließlich Grundgebühren, Kosten für Computer- und Computerzubehör, aber auch für Netzkarten und Musikinstrumente bejaht.
Gegen das Aufteilungs- und Abzugsverbot in der dargestellten Form wurde mehrfach eingewendet, dass es in vielen Fällen gerade mit dem Prinzip der Steuergerechtigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sei und auch nicht darauf gestützt werden könne, dass eine Aufteilung nicht möglich wäre. Die Rechtsprechung anerkennt (auch in den vorhin genannten Fällen einer Trennbarkeit), dass eine Aufteilung im Schätzungswege möglich ist. In Ausnahmefällen wird eine Aufteilung selbst dann zugelassen, wenn sie - mangels anderweitiger Trennbarkeit - nur griffweise, dh unter Anwendung einer ggf. nur mehr sehr groben Schätzungsmethode möglich ist ( betr. eine Jahresnetzkarte zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel). Selbst die Abgrenzung jener Fälle, in denen eine ausschließliche bzw. nahezu ausschließliche betriebliche/berufliche Veranlassung angenommen werden kann, zu jenen Fällen, in denen dies nicht mehr möglich ist, setzt voraus, dass eine Aufteilung, wo immer sie angesetzt wird, vorgenommen wird. Die Rechtsprechung ließ eine Trennung, ggf. durch griffweises Ausscheiden von Privatanteilen, auch schon zu bzw. unbeanstandet ( Tageszeitungen in einem Hotel; , 387/59 Tiefkühltruhe eines Arztes; , 1727/53 Reinigung bürgerlicher Bekleidung eines Schauspielers; vgl. Jakom/Baldauf EStG § 20 Rz 16).
Mit den Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2768-W/07 und vom , RV/1686-W/02 wurde unter Anwendung der angesprochenen sehr groben Schätzungsmethode ein beruflicher Anteil der Kosten der Wiener Jahresnetzkarte in Höhe von 50% berücksichtigt.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Anteil der beruflich veranlassten Fahrtkosten mit 50% festgestellt und von den Verfahrensparteien außer Streit gestellt. Nicht zu berücksichtigen waren demnach die privat veranlassten Fahrtkosten bzw. die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Es werden dementsprechend Fahrtkosten iHv 244,10 Euro als Werbungskosten gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 berücksichtigt.
4.1.3 Übersicht über die steuerlichen Auswirkungen
4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis steht im Einklang mit den klaren und eindeutigen in der Entscheidung angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Zudem ergeht es im Einklang mit der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor und liegt insoweit kein Grund vor, eine (ordentliche) Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104463.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104463.2018
Fundstelle(n):
PAAAF-44687