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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2025, RV/5100021/2024

Familienbeihilfe; voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht bescheinigt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für ***K.***, VNR: ***000***, für den Zeitraum ab Juli 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt Anträge der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung für die Zeiträume ab Juli 2022 ab, weil sich das Kind ***K.***, VNR: ***000***, in keiner Berufsausbildung oder Berufsfortbildung befinde und das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, im Sachverständigengutachten (nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010) vom , VOB: ***GA1***, auch keine vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretene voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt habe.

Die dagegen mit Eingabe vom erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als zurückgenommen erklärt, da die Bf. einem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen sei.

Daraufhin stellte die Bf. mit Eingabe vom einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), in dem sie sinngemäß vorbrachte, dass ihr Sohn anscheinend als erwerbsfähig eingestuft worden sei, im Alltag sich dies aber anders darstelle: Er und die gesamte Familie seien sehr belastet. Es gebe eine sehr schwierige Trennungs- bzw. Scheidungssituation, die auf alle Familienmitglieder Auswirkungen habe. Auch die Familie sei aufgrund eines Privatkonkurses des ehemaligen Partners der Bf. finanziell schwer belastet. Der Sohn der Bf. sei dadurch auch psychisch sehr belastet und überlastet. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) neben der Schule und der Vorbereitung für die schriftliche und mündliche Matura zu schreiben. Auch jetzt sei es ihm auf Grund der psychischen Belastung kaum möglich, sich auf die VWA zu konzentrieren. Den Führerschein müsse er auch noch abschließen.
Er sei hochgradig schwerhörig/gehörlos und habe einen Grad der Behinderung von 90%. Für hörgeschädigte Personen sei es "doppelt" schwer, in der Schule allem zu folgen, zu lernen oder eine schriftliche Arbeit zu schreiben. Es sei wirklich nicht vergleichbar mit einer hörenden Person.

Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht brachte die Bf. eine ärztliche Bestätigung des ***KH***, ***Institut***, vom bei, in der u.a. auch das Vorliegen einer sozialen Angststörung bestätigt wurde.

Da dieses Beweismittel im bisherigen Verfahren keine Berücksichtigung finden konnte, wurde das Finanzamt gemäß § 269 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) beauftragt, ein die bisherigen Gutachten ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice - (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967) zur Frage einzuholen, ob beim Sohn der Bf. als Folge einer körperlichen oder geistigen Behinderung eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.) reichte seine vorwissenschaftliche Arbeit zum Haupttermin der Reifeprüfung nicht ein, weshalb ihm im Juni 2022 kein gültiges Reifeprüfungszeugnis ausgestellt werden konnte. Er befindet sich seither nicht in einer Berufsausbildung und vollendete am ***TT.MM.2022*** das 21. Lebensjahr.
Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass bei einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H., vorliegend ab April 2021, eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht vorliegt.
Laut AJ-WEB Auskunftsverfahren (Sozialversicherungsdatenabfrage) ist der Sohn der Bf. seit beim AMS als arbeitssuchend gemeldet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten, aus den im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ (Sozialministeriumservice) erstellten Sachverständigengutachten, aus einer im Zuge der Beschwerde vorgelegten Schulbestätigung vom , aus einer vom Bundesfinanzgericht veranlassten Abfrage der Sozialversicherungsdaten, sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

Die Bf. behauptet nicht, dass ihr Sohn nach Beendigung der Schulausbildung eine Berufsausbildung begonnen habe. Auch in den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten finden sich diesbezüglich keine Hinweise.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren geht es daher im Wesentlichen um die Frage, ob die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, nämlich der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder - für den Beschwerdefall nicht relevant - während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetretenen voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, für einen (zeitlich unbegrenzten) Familienbeihilfenanspruch vorliegt.

In den vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten (nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, vom , VOB: ***GA1***, und vom , VOB: ***GA2***, wurde dem Sohn der Bf. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht zugestanden.

Im zuletzt erwähnten ärztlichen Sachverständigengutachten vom heißt es (auszugsweise):

"[…]

Anamnese:

[...]

Derzeitige Beschwerden:

[...]

[…]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

[...]

Untersuchungsbefund:

[…]

[...]

[...]

Gutachten erstellt am von […]

Gutachten vidiert am von […]"

Im Vorgutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, vom , VOB: ***GA1***, heißt es auszugsweise:

"[…]

Untersuchungsbefund:

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

[...]

Gutachten erstellt am von […]

Gutachten vidiert am von […]"

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis , ausgeführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung (siehe etwa , oder ) der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen.

Bei der Antwort auf die Frage, ob eine solche Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist, sind sohin die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (vgl. etwa ; und , mwN).

Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als schlüssig und vollständig anzusehen sind.

Die ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice sind auf die Art der Leiden und deren Ausmaß eingegangen und haben die von der Bf. vorgelegten Unterlagen und Befunde berücksichtigt. Die vorliegenden Gutachten vom und vom sind daher als vollständig anzusehen.

In den genannten Gutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 80 v.H. vorliegend ab 2020 festgestellt. Eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit wurde dem Sohn der Bf. jedoch nicht bescheinigt.
Dies wurde in den Gutachten damit begründet, dass mit einer beruflichen Regelintegration zu rechnen sei.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass durch die Vorlage von Privatgutachten oder weiterer Befunde die Schlüssigkeit der vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten widerlegt werden könnte (z.B. ; , 2009/16/0307).

Der Bf. wurde daher im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom die Gelegenheit eingeräumt, Unschlüssigkeiten der Gutachten aufzuzeigen oder den Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.
Eine Stellungnahme der Bf. erfolgte dazu jedoch nicht.

Die von der Bf. im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen und Befunde vermochten keine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten aufzuzeigen.

Vor dem Hintergrund, dass der Sohn der Bf. nach Absolvierung der Reifeprüfung ein Studium plante und er laut Abfrage der Sozialversicherungsdaten seit als arbeitssuchend gemeldet ist, sind die vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten auch im Hinblick auf die nicht zugestandene voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit schlüssig, sodass das Bundesfinanzgericht diese Bescheinigungen dem gegenständlichen Erkenntnis zu Grunde zu legen hat.

3. Rechtslage

Nach den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, u.a. Anspruch auf Familienbeihilfe

  • für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, … (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967),

  • für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967),

  • für volljährige Kinder, die die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, … (§ 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967)

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist.

Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

4. Rechtliche Beurteilung

Für die Beurteilung von Anbringen kommt es unter anderem darauf an, wie die Parteierklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeiten nimmt (Ritz, BAO7, § 85 Tz 1 mwH). Wurde mit zwei gleich datierten Bescheide über am selben Tag beim Finanzamt eingelangte Anträge der unvertretenen Bf. einerseits auf Zuerkennung des Grundbetrages und andererseits auf Zuerkennung des Erhöhungsbetrages abweisend abgesprochen, war die Formulierung "Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid" nach Dafürhalten des Bundesfinanzgerichtes im vorliegenden Fall dahingehend zu verstehen, dass sowohl gegen den Abweisungsbescheid betreffend Grundbetrag als auch gegen den Abweisungsbescheid betreffend Erhöhungsbetrag Beschwerde erhoben wird.

Nach der bisher vorliegenden Sach- und Beweislage liegt beim Sohn der Bf. ab Juli 2022 keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967 vor, sodass ein Anspruch auf Familienbeihilfe auf der Grundlage dieser Bestimmungen im Beschwerdefall nicht in Betracht kommt.

§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 regelt, unter welchen Voraussetzungen bei Behinderungen der Grundbetrag an Familienbeihilfe gewährt werden kann.
Dieser steht für volljährige Kinder bzw. volljährigen Kindern zu, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Hierbei ist auch eine Behinderung im psychischen Bereich als geistige Behinderung iSd obigen Bestimmungen anzusehen (; Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 17).

Ausschlaggebend hierfür ist somit ausschließlich, ob die in § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 normierten Voraussetzungen erfüllt sind.

Dem Sohn der Bf. wurde in den vorliegenden medizinischen Gutachten des Sozialministeriumservice keine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr bescheinigt.

Die Gutachten wurden, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Beweiswürdigung ergibt, als schlüssig erachtet, sodass das Bundesfinanzgericht an diese vom Sozialministeriumservice erstellten ärztlichen Gutachten gebunden ist.
Damit lagen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 für den Bezug des Grundbetrages an Familienbeihilfe nicht vor.

Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht. Das bedeutet, dass bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist, und würde er auch 100 % betragen. Besteht also keine vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder - im Beschwerdefall nicht relevant - während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, stehen sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 18 u. 19).

Liegen - wie gegenständlich - die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 für den Bezug des Grundbetrages an Familienbeihilfe nicht vor, kann auch der Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 nicht gewährt werden.

Die Abweisungen der Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung erweisen sich daher als zu Recht erfolgt.

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob beim Sohn der Bf. eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem 21. Lebensjahr vorlag. Weder die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht. Da sohin keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen waren, ist eine Revision nicht zulässig.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100021.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100021.2024

Fundstelle(n):
RAAAF-44669