Pflichtveranlagung bei ausländischen Einkünften
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Einkommensteuerbescheid 2022 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2022 mit einem Betrag von 5.763,00 € antragsgemäß festgesetzt.
Dabei seien unter anderem Einkünfte ohne inländischem Steuerabzug berücksichtigt worden (Einkünfte in der Schweiz).
Als Umrechnungskurs für den Schweizer Franken sei ein Kurs von 0,980392 zugrunde gelegt worden.
In diesem Bescheid seien auch Bezüge des Arbeitsmarktservice Österreich berücksichtigt worden (Kontrollrechnung).
Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen den Bescheid 2022 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin hätte noch eine Bestätigung von dem Steueramt in Graubünden/Schweiz erhalten. Hier würde es um die Quellensteuer, die 2022 vom Berghaus X einbehalten worden sei. gehen. Das seien noch einmal 1.104,65 CHF gewesen. Also insgesamt seien im Jahr 2022 dann 1.806,86 CHF + 1.104,65 CHF = 2.911,51 CHF Quellensteuer einbehalten worden.
Als Beilage sei die Bescheinigung über abgerechnete Quellensteuern vom übermittelt worden.
Darin sei eine steuerbare Leistung iHv 15.916,55 CHF sowie eine Quellensteuer iHv 1.104,65 CHF angeführt worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom geändert.
Nunmehr sei die Einkommensteuer mit einem Betrag von 5.080,00 € festgesetzt worden.
Die Quellensteuer aus der Schweiz sei nun richtig zum Ansatz gebracht worden.
Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Mit dem angefochtenen Bescheid sei der Beschwerdeführerin für das Kalenderjahr 2022 eine Lohnsteuernachzahlung in Höhe von 2.032,34 € vorgeschrieben worden. Da kein Grund zur Pflichtveranlagung vorliegen würde, werde der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das betreffende Kalenderjahr zurückgezogen. Es werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Mit Vorlagebericht vom 20. August 2024f wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach umfassender Darlegung des Sachverhaltes beantragte die belangte Behörde die Abänderung des Bescheides.
Es würde eine Steuererklärungspflicht gemäß § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 bestehen. Die Beschwerdeführerin sei sowohl mit ihren inländischen als auch mit ihren ausländischen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig und nach Artikel 4 DBA-Schweiz in Österreich ansässig. Die ausländischen Einkünfte seien von Artikel 15 Abs. 1 DBA-Schweiz erfasst. Die Schweiz dürfe als Tätigkeitsstaat die Einkünfte besteuern. Würde eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 10, 15 und 19 fallende Einkünfte beziehen, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so würde Österreich gemäß Artikel 23 Abs. 2 DBA-Schweiz auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag anrechnen, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspreche; der anzurechnende Betrag dürfe jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfalle (Anrechnungshöchstbetrag). Die Einkünfte im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur Y Bergbahnen AG seien bisher nicht erklärt und auch im Rahmen der Veranlagung nicht berücksichtigt worden. Die Abgabenbehörde beantrage die Abänderung des Bescheids.
Dabei seien folgende Lohnausweise zu berücksichtigten (Umrechnungskurs 0,980392):
< Lohnausweis 1: 11.136,22 € (11.358,95 CHF)
< Lohnausweis 2: 1.297,40 € (1.323,35 CHF)
< L17 A: 17.815,50 €
< Y Bergbahnen: 3.486,32 € (3.556,05 CHF)
Die Einkünfte ohne inländischem Steuerabzug würden daher 36.811,22 € (17.016,22 € + 19.795,00 €) betragen. Die Einkünfte ohne inländischem Steuerabzug würden nach Abzug der Versicherungsbeiträge 33.735,44 € betragen.
Weitere von der belangten Behörde vorgelegte Unterlagen:
< Lohnausweis/Lohnbescheinigung (L17) A:
- Bruttobezüge: 19.795,00 € (29.5.-)
- einbehaltene SV Beiträge: 1.979,50 €
< Lohnausweis Z GmbH:
- Bruttolohn: 12.360,50 CHF (1.1.-)
- Nettolohn: 10.932,90 CHF
- Quellensteuerabzug: 915,75 CHF
< Lohnausweis/Lohnbescheinigung (L17) Z GmbH / Berghaus X:
- Bruttobezüge: 1.440,00 € (20.12.-)
- einbehaltene SV Beiträge: 116,50 €
- Arbeitgeberbeiträge Pensionskasse: 20,90 €
< Bestätigung Quellensteuer Schweiz (Steueramt Uri):
- Bruttolohn: 21.638,00 CHF (29.5.-)
- Quellensteuer: 1.843,00 CHF
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war in streitgegenständlichem Zeitraum jedenfalls in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.
Am hat sie einen Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung eingereicht, in welchem zwei "L17" angeführt wurden.
Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2022 sowohl Arbeitslosengeld (Arbeitsmarktservice Österreich) als auch Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit in der Schweiz erzielt, von welchen Quellensteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten wurden. Ein Lohnsteuerabzug bzw. sonstige Besteuerung hat hinsichtlich dieser Einkünfte in Österreich nicht stattgefunden.
2. Beweiswürdigung
Oben genannter Sachverhalt geht unzweifelhaft aus den Angaben der Beschwerdeführerin hervor (Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich).
Dies wird von keiner Partei in Zweifel gezogen.
Die erzielten Einkünfte in der Schweiz gehen ebenfalls unstrittig aus den vorliegenden Lohnzettel/Lohnbescheinigungen hervor; ebenso die Arbeitslosengeldbezüge.
Diese Daten waren auch der Beschwerdeführerin aus dem Vorlagebericht bekannt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen.
Gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und eine der dort angeführten Voraussetzungen erfüllt ist, so ua. wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 € übersteigt.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen (§ 41 Abs. 2 EStG 1988).
Besteht das Einkommen nur aus nichtselbständigen (lohnsteuerpflichtigen) Einkünften, erfolgt grundsätzlich keine Veranlagung; an die Stelle der Veranlagung tritt als Erhebungsform der Einkommensteuer der Abzug der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber (vgl. , mwN). Im § 41 Abs. 1 EStG 1988 hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen festgelegt, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Liegt ein solcher Pflichtveranlagungstatbestand nicht vor, erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag. Ein solcher Antrag nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 kann bis zur Rechtskraft der Arbeitnehmerveranlagung und somit auch im Beschwerdeverfahren zurückgezogen werden [vgl. , sowie Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 41 Tz 30 (Stand: , rdb.at), mwN].
Damit ist für die Beschwerdeführerin jedoch nichts zu gewinnen.
§ 41 Abs. 1 EStG 1988 setzt den Bezug lohnsteuerpflichtiger Einkünfte voraus. Ein Lohnsteuerabzug erfolgt nach § 47 Abs. 1 EStG 1988, wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Die gesetzlichen Vorschriften über die Erhebung der Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuerpflicht) sind daher nur auf inländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anwendbar [vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar, 56. Lfg. (Mai 2014), § 41 Tz 7].
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus dem Ausland zufließen, gehören somit, selbst wenn sie im Ausland dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, nicht zu den Einkünften, von denen ein Steuerabzug (im Inland) vorzunehmen ist (vgl. 758/67) und fallen sohin nicht unter die lohnsteuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 41 Abs. 1 EStG 1988.
Bezieht ein im Inland unbeschränkt Steuerpflichtiger ausschließlich solche im Inland nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, ist eine Veranlagung somit schon aufgrund der Bestimmung des § 39 EStG 1988 durchzuführen.
Die Beschwerdeführerin hat von einem (mehreren) ausländischen Arbeitgebern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, die im Inland unstrittig nicht dem Lohnsteuerabzug unterlagen. Damit ist aber die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2022 zu Recht erfolgt und konnte der angefochtene Bescheid daher auch nicht durch eine Zurücknahme des Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung aus dem Rechtsbestand beseitigt werden.
Nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA-Schweiz darf Österreich ungeachtet des Abs. 1 Einkünfte im Sinne des Art. 15 Abs. 1 sowie Einkünfte im Sinne des Art. 19 (ausgenommen Ruhegehälter), die eine in Österreich ansässige Person aus ihrer in der Schweiz ausgeübten Arbeit aus öffentlichen Kassen der Schweiz bezieht, besteuern. Bezieht eine in Österreich ansässige Person unter Art. 10, 15 und 19 fallende Einkünfte, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt.
Die belangte Behörde hat in ihrem Vorlagebericht die zu versteuernden Einkünfte klar dargestellt. Dieser Vorlagebericht ist auch der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gelangte und ist wie ein Bedenkenvorhalt zu werten.
Somit wird durch diese Änderung ach nicht gegen das sogenannte Überraschungsverbot verstoßen.
Die Beschwerdeführerin hat keine Einwendungen gegen diese Darstellungen vorgebracht. Im Übrigen entsprechen diese Berechnungsgrundlagen auch den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen (Lohnausweisen).
Die nunmehrigen Änderungen gegenüber der Beschwerdevorentscheidung resultieren aus einem weiteren übermittelten Lohnzettel (Y Bergbahnen AG; 3.556,05 €).
Weiters war der Verkehrsabsetzbetrag (VAB) iHv 400,00 € zu berücksichtigen (§ 33 Abs. 5 EStG 1988), da ein bestehendes Dienstverhältnis vorliegt.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständliche Beurteilung fußt auf den klaren Sachverhaltsdarstellungen und den daraus folgenden eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 39 EStG 1988). Eine ordentliche Revisionsmöglichkeit ist somit nicht zu gewähren.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 39 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 47 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 15 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 23 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 § 33 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100572.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100572.2024
Fundstelle(n):
BAAAF-44644