WIFI-Werkmeisterschule ist eine Fachschule iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Ordnungsbegriff ***1*** betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum Dezember 2023 bis Juni 2024 Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt
Der Sohn des Beschwerdeführers besuchte die Tages-Werkmeisterschule Maschinenbau-Betriebstechnik am Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Oberösterreich in Linz. Laut vorgelegten Anmeldebestätigungen fand diese ganztägige Ausbildung in zwei Teilen vom bis Juli 2024 statt.
Die WIFI-Werkmeisterschule ist eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht, und wird vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Verzeichnis der Schulen und Bildungseinrichtungen (Schulen online) unter der Schulkennzahl 401557 geführt. Schulerhalter ist das WIFI, Schulaufsichtsbehörde die Bildungsdirektion für Oberösterreich, Bildungsregion Linz, als Schulartbezeichnung wird angeführt: "technische und gewerbliche mittlere oder höhere Schule" (https://www.schulen-online.at/sol/oeff_suche_schulen.jsf).
Diese berufsbildende Fachschule dient zur Erweiterung der theoretischen Fachbildung für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung im technisch-gewerblichen Bereich. Die WIFI-Werkmeisterschule kann als berufsbegleitende Schule oder als Ganztagsschule besucht werden. Abgeschlossen wird die Werkmeisterschule mit einer kommissionellen Abschlussprüfung (www.wifi-ooe.at/k/werkmeisterschulen-wms).
Am beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn für den Zeitraum "" (gemeint offensichtlich ) bis "06.2024", da eine Weiterbildung in der genannten Werkmeisterschule vorliege.
Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom für den Zeitraum Dezember 2023 bis Juni 2024 ab, da "für die Zeit zwischen einer abgeschlossenen Berufsausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung" kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass sein Sohn keine Berufsausbildung, sondern eine Berufsfortbildung mache. Sein Sohn sei gelernter Maschinenbauer und mache eine Fortbildung (Werkmeister Maschinenbau-Betriebstechnik) an der technischen Fachschule WIFI-Linz. Da er den Meister in der Form eines Tageskurses absolviere, sei es ihm nicht möglich den Beruf auszuüben. Daher würden alle Kriterien erfüllt und stünde Familienbeihilfe zu.
Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab, da das WIFI OÖ keine Fachschule sei.
Im Vorlageantrag vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass laut der (oben bereits zitierten) WIFI-Webseite die WIFI-Werksmeisterschule sehr wohl eine technische Fachschule sei. Hinzu komme, dass Eltern von Kursteilnehmern, welche den gleichen Kurs wie sein Sohn besuchten, die Familienbeihilfe ohne weiteres bekommen würden. Daher sei es für ihn unerklärlich, dass andere unter den gleichen Bedingungen Familienbeihilfe bekämen, er jedoch nicht.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Hinweis auf das Erkenntnis , die Abweisung der Beschwerde.
Der Beihilfendatenbank ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Zuge eines weiteren (nicht verfahrensgegenständlichen) Antrages vom die Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum " bis 07.2024" begehrte. Im Zuge dieses Antrages wurden Anmeldebestätigungen des WIFI vorgelegt, auf denen bestätigt wird, dass sich der Sohn des Beschwerdeführers zur "WIFI-Privatschule" (Tages-Werkmeisterschule Maschinenbau-Betriebstechnik) angemeldet hat.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967).
Der Inhalt des Begriffes der Fachschule wird in dieser Bestimmung nicht näher erläutert und ist daher unter Zuhilfenahme der Bestimmungen des Schulorganistationsgesetzes (SchOG 1962) zu bestimmen ().
Gemäß § 58 Abs. 1 SchOG 1962 umfassen die gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen Fachschulen einen zwei- bis vierjährigen Bildungsgang. Sie dienen der Erlernung eines oder mehrerer Gewerbe oder der Ausbildung auf technischem oder kunstgewerblichem Gebiet.
§ 59 SchOG 1962 trifft nähere Regelungen zu den Sonderformen der gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen Fachschulen sowie gewerblichen und technischen Lehrgängen und Kursen. In der Fassung vor der Änderung durch das Bundesgesetz BGBl I 20/1998 bestimmte § 59 Abs. 1 SchOG 1962 auszugsweise:
(1) Als Sonderformen der gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen Fachschulen können geführt werden:
1. Lehrgänge und Kurse zur fachlichen Weiterbildung, die bis zu vier Jahren umfassen; solche Sonderformen sind insbesondere:
a) …
b) Werkmeisterschulen und Bauhandwerkerschulen zur Erweiterung der Fachbildung von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung;
…
2. Vorbereitungslehrgänge, die ein oder zwei Semester umfassen, …
Seit der Änderung durch das Bundesgesetz BGBl I 20/1998 lautet diese Bestimmung:
(1) Als Sonderformen der gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen Fachschulen können geführt werden:
1. Schulen zur fachlichen Weiterbildung, die bis zu vier Jahre umfassen:
a) …
b) Werkmeisterschulen und Bauhandwerkerschulen zur Erweiterung der Fachbildung von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung;
…
2. Vorbereitungslehrgänge, die ein oder zwei Semester umfassen, …
Seit der genannten Novelle bezeichnet der Gesetzgeber im SchOG die Werkmeisterschulen ausdrücklich als Schulen zur fachlichen Weiterbildung. Schon damit ist der Begriff der Fachschule im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 erfüllt.
Dazu kommt, dass es sich bei der WIFI-Werkmeisterschule um eine berufsbildende mittlere Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht handelt, die vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Verzeichnis der Schulen und Bildungseinrichtungen unter der Schulkennzahl 401557 geführt wird. Damit ist auch das vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Erfordernis, dass eine Fachschule iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur bei Vorhandensein einer öffentlichen Schule oder einer zur Führung einer gesetzlich geregelten Schulartbezeichnung berechtigten Privatschule angenommen werden kann, erfüllt.
Zusammengefasst wurde der Sohn des Beschwerdeführers daher in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet, und war ihm durch den Schulbesuch (Ganztagsschule) die Ausübung seines Berufes nicht möglich ist. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sind daher erfüllt, weshalb sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig erweist, und daher ersatzlos aufzuheben war.
Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass nach § 13 zweiter Satz FLAG 1967 ein Bescheid nur dann zu ergehen hat, wenn einem Antrag auf Familienbeilhilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattgeben wird. Die Stattgabe eines Antrags auf Familienbeihilfe erfolgt durch deren Gewährung (Auszahlung). Das Bundesfinanzgericht kann daher bei Stattgabe der Beschwerde den abweisenden Bescheid des Finanzamts nicht dahin abändern, dass die Familienbeihilfe gewährt wird, sondern diesen Bescheid nur ersatzlos aufheben (). Durch die Aufhebung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat (§ 279 Abs. 2 BAO). Das Finanzamt hat über den Beihilfenantrag daher neuerlich zu entscheiden, wobei es im weiteren Verfahren an die für die Aufhebung maßgebliche Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes gebunden und verpflichtet ist, unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 25 Abs. 1 BFGG). Es ist daher die zu gewährende Familienbeihilfe, wie sie beantragt wurde, von der Abgabenbehörde nach § 11 FLAG 1967 auszubezahlen, und gemäß § 12 FLAG 1967 eine entsprechende Mitteilung auszustellen (). Auf den Antrag des Beschwerdeführers vom (Gewährung der Beihilfe ab Schulbeginn im September 2023, Dauer bis Juli 2024) ist dabei Bedacht zu nehmen.
2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 59 Abs. 1 SchOG, Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100118.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100118.2024
Fundstelle(n):
NAAAF-44640