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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2025, RV/7100267/2019

Aberkennung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006, 2008, 2009 und 2010 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

***Bf1*** ist am verstorben. Er wird in diesem Erkenntnis weiterhin als bfP (beschwerdeführende Partei) bezeichnet. Die Erbin war ***2***.

I. Verfahrensgang

Am erließ die belangte Behörde die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006, 2008, 2009 und 2010 mit denen das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2008, 2009 und 2010 gem. § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen wurde.

Am erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid 2006 (Nachforderung € 500,71), den Einkommensteuerbescheid 2008 (Nachforderung € 130,00), den Einkommensteuerbescheid 2009 (Nachforderung € 1.687,45) sowie den Einkommensteuerbescheid 2010 (Nachforderung € 332,00).

Mit Anbringen vom wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom , den Einkommensteuerbescheid 2008 vom , den Einkommensteuerbescheid 2009 vom , den Einkommensteuerbescheid 2010 vom , den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2006 vom sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2009 vom . Begründend wurde angeführt, dass die Erklärungen L1 zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2006, 2008, 2009 und 2010 nicht von der bfP eingebracht worden wären. Diese wären unter Vortäuschung falscher Tatsachen von der ***3*** erstellt worden.

Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung in der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde angeführt, dass die bfP selbst gegenüber der Finanzbehörde in schriftlicher Form erklärt habe, dass keine Prämienzahlungen betreffend steuerlich absetzbarer Personenversicherungen geleistet worden wären. Weiters wären über die Orte der Arbeitseinsätze keine ausreichenden Angaben gemacht worden. Daher bestünde weder ein Anspruch auf die Geltendmachung von Sonderausgaben noch ein Anspruch auf das Pendlerpauschale. Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung in der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom als unbegründet abgewiesen wurde. Darin wurde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2006 verwiesen. Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung in der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 vom als unbegründet abgewiesen wurde. Darin wurde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2006 verwiesen. Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung in der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom als unbegründet abgewiesen wurde. Darin wurde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2006 verwiesen.

Mit Anbringen vom wurde beantragt, die Bescheidbeschwerden betreffend Einkommensteuer 2006, 2008, 2009 und 2010 dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag). Darin wurde auf die bisher vorgebrachten Begründungen verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom wurden die Bescheidbeschwerden betreffend Einkommensteuer 2006, 2008, 2009 und 2010, zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, vorgelegt. Darin wurde beantragt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen. Auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2006 wurde verwiesen.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am wurde die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 über Finanzonline elektronisch eingebracht. Am wurde die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2008 über Finanzonline elektronisch eingebracht. Am wurde die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2009 über Finanzonline elektronisch eingebracht. Am wurde die Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2010 über Finanzonline elektronisch eingebracht.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2006 (Gutschrift
€ 1.222,91) erlassen. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 (Gutschrift € 907,19) erlassen. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 (Gutschrift € 985,91) erlassen. Am wurde eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 eingereicht. Mit wurde die Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2009 (Gutschrift
€ 2.239,01) erlassen. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 (Gutschrift € 1.390,00) erlassen. Diese Veranlagungen erfolgten antragsgemäß unter Berücksichtigung der angegebenen Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Gegen diese (Erst)Bescheide wurden keine Rechtsmittel eingebracht.

Am wurden die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006, 2008, 2009 und 2010, mit denen das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2008, 2009 und 2010 gem. § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen wurden, erlassen. Gegen diese Bescheide wurden keine Rechtsmittel eingebracht.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2006 von der belangten Behörde erlassen. Die im Erstbescheid angesetzten Werbungskosten iHv € 508,00 und Sonderausgaben iHv € 858,20 wurden nicht anerkannt. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 von der belangten Behörde erlassen. Das im Erstbescheid angesetzte Pendlerpauschale iHv € 210,00 und die angesetzten Sonderausgaben iHv € 596,42 wurden nicht anerkannt. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 von der belangten Behörde erlassen. Das im Erstbescheid angesetzte Pendlerpauschale iHv € 520,00 und die angesetzten Sonderausgaben iHv € 730,00 sowie die angesetzten außergewöhnlichen Belastungen iHv € 4.000,00 wurden nicht anerkannt. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 von der belangten Behörde erlassen. Das im Erstbescheid angesetzte Pendlerpauschale iHv € 450,00 und die angesetzten Sonderausgaben iHv € 730,00 wurden nicht anerkannt. Gegen diese Bescheide wurde Beschwerde erhoben und ein Vorlageantrag eingebracht.

Die bfP hat persönlich nie eine Arbeitnehmerveranlagung beantragt. Die ***3*** wurde bevollmächtigt Steuererklärungen einzureichen. Der bfP lagen betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2006, 2008, 2009 und 2010 keine Unterlagen vor. Die bfP hatte keine Versicherungen abgeschlossen und dementsprechend auch keine Zahlungen geleistet. Weiters hatte die bfP im Jahr 2009 keine Krankheitskosten zu tragen.

Im Rahmen der eingebrachten Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2006, 2008, 2009 und 2010 wurden nicht angefallene bzw. nicht bezahlte Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen zu Unrecht geltend gemacht.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund des Vorbringens der bfP sowie der von der belangten Behörde vorgelegten Akten. Gewürdigt wurden die im bisherigen Verfahren vorgelegten Beweismittel, insbesondere den ausgefüllten Fragebogen sowie das Protokoll über die Zeugeneinvernahme. Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens in freier Beweiswürdigung nach § 167 Abs 2 BAO zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl , ).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweislastregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (Ritz, BAO, § 167 Tz 6).

Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass im Rahmen der eingebrachten Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2006, 2008, 2009 und 2010 nicht angefallene bzw. nicht bezahlte Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht wurden. Ebenso wurde rechtswidrig die Berücksichtigung des Pendlerpauschales beantragt. Die bfP gab an, dass ihr diesbezüglich keinerlei Unterlagen oder Beweismittel vorlagen. Die bfP hat auch keine Zahlungen betreffend Versicherungen oder Krankheitskosten geleistet. In den angefochtenen Bescheiden wurden seitens der Behörde diese zu Unrecht geltend gemachten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen aberkannt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 16 Abs 1 EStG idgF lautete: Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

§ 16 Abs 1 Z 6 EStG idgF normierte, dass Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten sind. Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzliche Pauschbeträge berücksichtigt. Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b weitere Pauschbeträge berücksichtigt.

§ 18 EStG idgF normierte, dass bestimmte Ausgaben wie beispielsweise Renten und dauernde Lasten, Beiträge und Versicherungsprämien, zur Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen sind.

§ 34 Abs 1 EStG idgF lautete: Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Mangels dem Vorliegen von Ausgaben bzw. Aufwendungen waren die geltend gemachten Werbungskosten, Sonderausgaben sowie außergewöhnlichen Belastungen nicht anzuerkennen. Die Benützung des Massenbeförderungsmittels war zumutbar. Aufgrund der Wegstrecke von weniger als 20 km bestand kein Anspruch auf ein Pendlerpauschale. Da die geltend gemachten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nicht die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllten erfolgte die Aberkennung zu Recht.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der Frage der Geltendmachung von Werbungskosten, Sonderausgaben sowie außergewöhnlichen Belastungen folgt dieses Erkenntnis der geltenden Rechtslage sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100267.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100267.2019

Fundstelle(n):
PAAAF-44502