Weiterverwendung alter Parkscheine
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen, vom betreffend Umtausch von Parkscheinen, MA 6/ARP-1796686/2022, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden "Bf.") beantragte im August 2022 bei der belangten Behörde den Umtausch von Parkscheinen mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren (11 Stück zu je EUR 1,00) gegen gültige Parkscheine oder alternativ die Rückzahlung eines Betrages in der Höhe von insgesamt EUR 11,00 gegen Übergabe der Parkscheine.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Bf. ab. Begründend führte sie insbesondere aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die sechsmonatige Rückgabefrist im Sinne des § 4a Abs. 3 der Parkometerabgabeverordnung, innerhalb derer die vom Bf. erwähnten Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes zurückgegeben werden könnten, unbestritten abgelaufen sei. Soweit der Bf. vermeine, die bezughabende Verordnung wäre verfassungswidrig gewesen, sei dem entgegenzuhalten, dass Verwaltungsbehörden kundgemachte Verordnungen anzuwenden hätten, ohne dass diesen die Prüfung solcher zustünde. Die belangte Behörde sei somit gehalten, in Geltung stehende Verordnungen zu befolgen. Einer Beurteilung der Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit dieser Verordnung müsse sich die belangte Behörde enthalten, zumal diese Kompetenz einzig den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zukomme. Es werde jedoch festgestellt, dass der Verfassungsgerichtshof in einem gleichgelagerten Fall die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und ausgesprochen habe, dass die in § 4a Abs. 3 der Parkometerabgabeverordnung vorgesehene sechsmonatige "Umtauschfrist" für nicht mehr gültige Parkscheine nicht unsachlich sei (vgl. Zl. B 1550/2013).
Dagegen erhob der Bf. Beschwerde. In dieser führte er aus, dass sein Ansinnen nicht nur die Frage der unbegrenzten Umtauschmöglichkeit der Wertzeichen "Parkscheine" betroffen habe, sondern vor allem die Möglichkeit der kumulativen Verwendung von alten Parkscheinen, um die aktuell geforderte Gebühr zu begleichen (z.B. Verwendung von drei roten Parkscheinen mit dem Wert von je EUR 1,00, um eine Stunde - gegebenenfalls für eine Gebühr von EUR 2,20 - parken zu dürfen). Parkscheine seien wie Briefmarken zu sehen. Briefe könnten, solange Briefmarken Euro-Werte hätten, mit mehreren Briefmarken unterschiedlicher Werte frankiert und auch überfrankiert werden. Dieses Ansinnen wiederspreche nicht dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl B 1550/2013. Im Gegenteil, wenn alte Wertzeichen nicht verbraucht werden dürften, liege eine zivilrechtliche Bereicherung der Stadt Wien vor. § 4a Parkometerabgabeverordnung sei folglich als rechtswidrig anzusehen.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Hinsichtlich der möglichen Weiterverwendung der Parkscheine werde auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen: Mit der Valorisierung der Parkometerabgabe, kundgemacht im ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016 (Inkrafttretensdatum: ), sei die Abgabenhöhe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen insofern geändert worden, als der gemäß § 2 der Parkometerabgabeverordnung für jede halbe Stunde Abstellzeit zu entrichtende Betrag in Höhe von EUR 1,00 auf EUR 1,05 erhöht worden sei. Weiters sei in § 4a Abs. 3 Parkometerabgabeverordnung normiert, dass mit dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe jeweils alle Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel verlören. Diese Parkscheine hätten innerhalb von sechs Monaten ab dem Inkrafttreten der erwähnten Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes - und somit bis zum - zurückgegeben werden können.
Daraus habe sich ergeben, dass Parkscheine, welche vor dem gültige Beträge aufgedruckt gehabt hätten, mit Ablauf des ihre Gültigkeit als Abgabenentrichtungsmittel verloren hätten. Demnach sei bzw. sei auch die Weiterverwendung derartiger ungültig gewordener Parkscheine nicht zulässig gewesen, da damit die Parkometerabgabe nicht (mehr) habe entrichtet werden können (vgl. , vom , RV/7500652/2021, und vom , RV/7500632/2021).
Die im Parkometergesetz vorgesehenen Bestimmungen hätten einen Gegenstand der öffentlichen Verwaltung, nämlich der Entrichtung von Abgaben, zum Regelungsinhalt. Die Parkometerabgabe sei in Form der ordnungsgemäßen Entwertung von Parkscheinen bei Beginn der Abstellung des Fahrzeuges zu entrichten. Bei Parkscheinen handele es sich nicht um Gutscheine, sondern um amtliche Wertzeichen. Es werde in diesem Zusammenhang auf § 4a Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung verwiesen, wonach der Magistrat die in den §§ 2 bis 4 angeführten Abgaben zu erhöhen oder zu verringern habe, wenn sich der Verbraucherpreisindex 2005 (VPI 2005) oder ein an dessen Stelle tretender Index seit entsprechend ändere. Die Wertzeicheneigenschaft ende beispielsweise damit, dass sie, wie in der Parkometerabgabeverordnung festgelegt, amtlich außer Kraft gesetzt werde. Alte Parkscheine könnten aber gemäß § 4a Abs. 3 Parkometerabgabeverordnung innerhalb von sechs Monaten ab dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes zurückgegeben werden.
Zu dem Vorwurf des Bf., es läge eine zivilrechtliche Bereicherung der Stadt Wien vor, wenn alte Wertzeichen nicht verbraucht werden dürften, sei Folgendes auszuführen (vgl. ): Art. 5 StGG bestimme, dass das Eigentum unverletzlich sei. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers könne nur in den Fällen und der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmten. Dazu bestimme Art. 1 des ZProtMRK, dass jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums habe und niemandem sein Eigentum entzogen werden dürfe, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlange und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehene Bedingungen.
Nach dem Wortlaut der Bestimmungen zur Unverletzlichkeit des Eigentums betreffe diese im Wesentlichen die Enteignung oder die Entziehung des Eigentums, wobei eine Enteignung auch dann anzunehmen sei, wenn wesentliche Eigentümerbefugnisse eingeschränkt würden (materielle Enteignung). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien unter dem historisch auszulegenden Enteignungsbegriff niemals Geldleistungen an die öffentliche Hand wie unter anderem Steuern und Abgaben verstanden worden. Der Umstand, dass die Abgabe erhöht werde und die Parkscheine nicht mehr gültig seien, begründe keine Enteignung, da der bezahlte Betrag in Höhe des aufgedruckten Wertes innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten habe zurückgefordert werden können und auch rückerstattet worden sei.
Ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Fahrzeuglenker sei verpflichtet, sich laufend mit den ihn betreffenden Rechtsvorschriften vertraut zu machen und gegebenenfalls Erkundigungen bei den zuständigen Stellen einzuholen. Somit müsste dem Bf. bekannt gewesen sein, dass die Parkometerabgabe, wie auch andere Gebühren, einer Inflationsanpassung unterlägen und Papierparkscheine nicht in jedem Fall unbefristet gültig seien. Es wäre daher erforderlich gewesen, sich nach der medial angekündigten Abgabenerhöhung über die verbleibende Gültigkeitsdauer der Papierparkscheine mit dem alten Tarif beim Magistrat der Stadt Wien zu informieren und ein vorrangiges Aufbrauchen dieser Parkscheine zu gewährleisten bzw. diese innerhalb der sechsmonatigen Frist umzutauschen. Diese Unkenntnis über die Geltung der Parkscheine könne nicht als unverschuldet angesehen werden und vermöge somit keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen aufzuzeigen.
Ein Abgabepflichtiger sei durch die Änderung der Abgabenhöhe und der daraus resultierenden Möglichkeit des Umtausches der "alten, nicht mehr gültigen" Parkscheine nicht in seinem Recht auf Eigentum eingeschränkt worden. Daher könne auch keine Bereicherung der Stadt Wien vorliegen. Hinsichtlich der Behauptung einer rechtswidrigen Verordnung (hier die Parkometerabgabeverordnung) werde auf die Ausführung des angefochtenen Bescheides vom verwiesen.
In Folge stellte der Bf. einen Vorlageantrag. In diesem brachte er insbesondere vor, die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, dass Parkscheine mit Änderung der Abgabenhöhe ihre Gültigkeit verlören, seien insoweit nicht nachvollziehbar, da diese auf eine gültige Währung ausgestellt seien. Mit dem Kauf sei ein Anspruch auf Kurzparken erworben worden. Mit der Erhöhung der Gebühren verkürze sich zwar der Anspruch auf Parken. Die komplette Aberkennung des Anspruchs sei ein Eingriff in das Eigentum des Bf. und verfassungswidrig. Die in der Beschwerdevorentscheidung zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts (RV/7500002/2022 und RV/7500652/2021) beträfen die Verkürzung der Abgabe und nicht den Anspruch auf die kumulative Verwendung von rechtsgültig erworbenen Parkscheinen. Somit sei die gegenständliche Beschwerdesache nicht mit diesen Entscheidungen vergleichbar.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde vor und verwies in ihrer Stellungnahme auf die Begründungen des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung erklärte der Bf., es sei zu klären, ob die Stadt Wien privatwirtschaftlich tätig geworden sei. Bejahendenfalls liege eine Bereicherung vor. Zudem sei maßgeblich, ob Parkscheine Wertzeichen seien. Der Bf. wies nochmals auf Briefmarken hin, die im Wert zusammengezählt werden könnten, sowie auf die deutlich längere Umtauschfrist von Schilling in Euro.
Diesbezüglich entgegnete der Vertreter der belangten Behörde, dass die Kompetenz hinsichtlich der Parkometerabgabe im Finanzverfassungsgesetz in Verbindung mit dem Finanzausgleichsgesetz festgelegt sei. Sie dürfe durch Beschluss des Gemeinderats ausgeschrieben werden und liege somit im Bereich der Hoheitsverwaltung.
Laut Bf. gebe es jedoch Anhaltspunkte für eine andere materiell-rechtliche Beurteilung. So sei die Leistung der Parkometerabgabe mit einer Zahlung für die Nutzung eines Parkhauses vergleichbar, der Einnahmenaspekt sei nicht unerheblich und der Grund stünde im Eigentum der Gemeinde Wien.
Dazu merkte der Vertreter der belangten Behörde an, es gebe auch Straßen, die eigentumsrechtlich Privatstraßen seien, aber für die die Stadt Wien als Straßenerhalter zuständig sei.
Thematisiert wurde auch die von der belangten Behörde genannte Rechtsprechung: Zu dieser merkte der Bf. an, dass ihr ein anderer Tatbestand zu Grunde liege. Dazu führte der Vertreter der belangten Behörde aus, dass der Rechtsprechung zwar ein anderer Tatbestand (Verhängung einer Verwaltungsstrafe) zu Grunde liege, hier allerdings die Problematik lediglich am virulentesten werde.
Zum Vorbringen des Bf., die Sechsmonatsfrist sei nicht verhältnismäßig, entgegnete der Vertreter der belangten Behörde, dass der VfGH in seiner Judikatur zu Art. 7 B-VG dem Abgabengesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum einräume. Verfassungsrechtlich sei vorgesehen, dass es sich hier um eine hoheitliche Tätigkeit handele. Die Parkometerabgabe sei eine Beschlussrechsabgabe.
Abschließend erklärte der Bf., der Charakter der Abgabe müsse näher geprüft werden. Die Verhältnismäßigkeit sei nicht gegeben und Wertzeichen wie Parkscheine könnten nicht außer Kraft gesetzt werden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. verfügt über elf Parkscheine, auf denen nicht mehr gültige Gebühren (je EUR 1,00) aufgedruckt sind. Im August 2022 beantragte er bei der belangten Behörde den Umtausch dieser Parkscheine gegen gültige Parkscheine oder alternativ die Rückzahlung eines Betrages in der Höhe von insgesamt EUR 11,00 gegen Übergabe der Parkscheine. Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom ab.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I: Abweisung
Gemäß § 1 der Verordnung des Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 idF ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2011, war für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen eine Abgabe zu entrichten. Diese betrug (von März 2012 bis Dezember 2016) für jede halbe Stunde Abstellzeit EUR 1,00, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten war (§ 2).
Gemäß § 4a Abs. 1 der Parkometerabgabeverordnung hat der Magistrat die in den §§ 2 bis 4 angeführten Abgaben zu erhöhen oder zu verringern, wenn sich der von der Bundesanstalt Statistik Österreich berechnete und im Amtsblatt der Stadt Wien kundgemachte Verbraucherpreisindex 2005 (VPI 2005) oder ein an dessen Stelle tretender Index seit und in weiterer Folge seit der letzten Änderung der Abgabe zum Stichtag 30. Juni eines Jahres mindestens insoweit verändert hat, dass unter Zugrundelegung der Änderung eine Erhöhung bzw. Verminderung der jeweils geltenden Abgabenhöhe für jede halbe Stunde Abstellzeit in Höhe von mindestens 5 Cent (Schwellenwert) vorzunehmen ist. Die Änderung hat im Ausmaß der Erhöhung oder Verminderung des Indexes zum Stichtag 30. Juni dieses Jahres in Schritten von vollen 5 Cent zu erfolgen. Dabei sind Teilbeträge von weniger als 3 Cent auf die vorigen 10 Cent abzurunden und Teilbeträge von weniger als 8 Cent auf die vorigen 5 Cent abzurunden. Teilbeträge von mindestens 3 Cent sind auf die nächsten 5 Cent aufzurunden und Teilbeträge von mindestens 8 Cent auf die nächsten 10 Cent aufzurunden. Die Valorisierung ist vom Magistrat im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen und tritt mit Beginn des der Indexanpassung nachfolgenden 1. Jänner in Kraft.
Mit Verordnung des Gemeinderates, mit der die Verordnung des Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), geändert wurde, wurde die Abgabenhöhe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen insofern geändert, als der gemäß § 2 der Parkometerabgabeverordnung für jede halbe Stunde Abstellzeit zu entrichtende Betrag in Höhe von EUR 0,60 auf EUR 1,00 erhöht wurde. Diese Änderung der Abgabenhöhe trat mit in Kraft.
Gemäß § 4a Abs. 3 der Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2011, verloren mit dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe jeweils alle Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel. Diese Parkscheine konnten innerhalb von sechs Monaten ab dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes zurückgegeben werden.
Mit der Valorisierung der Parkometerabgabe, kundgemacht im ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016 (Inkrafttretensdatum: ), wurde die Abgabenhöhe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen insofern geändert, als der gemäß § 2 der Parkometerabgabeverordnung für jede halbe Stunde Abstellzeit zu entrichtende Betrag in Höhe von EUR 1,00 auf EUR 1,05 erhöht wurde. Somit verloren alle Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel. Diese Parkscheine konnten innerhalb von sechs Monaten ab dem Inkrafttreten der erwähnten Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes - und somit bis zum - zurückgegeben werden.
Der Bf., der nach Ablauf dieser Frist den Umtausch von elf Parkscheinen mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren gegen gültige Parkscheine oder alternativ die Rückzahlung eines Betrages in der Höhe von insgesamt EUR 11,00 gegen Übergabe der Parkscheine beantragt hatte, brachte in seiner Beschwerde gegen die Abweisung seines Antrags Bedenken vor. Er führte aus, sein Ansinnen habe vor allem die Möglichkeit der kumulativen Verwendung von alten Parkscheinen betroffen, um die aktuell geforderte Gebühr zu entrichten. Parkscheine seien wie Briefmarken zu sehen. Briefe könnten, solange Briefmarken Euro-Werte hätten, mit mehreren Briefmarken unterschiedlicher Werte frankiert und auch überfrankiert werden. Wenn alte Wertzeichen nicht verbraucht werden dürften, liege eine zivilrechtliche Bereicherung der Stadt Wien vor. § 4a Parkometerabgabeverordnung sei folglich als rechtswidrig anzusehen. Im Vorlageantrag ergänzte er, dass sich mit Erhöhung der Gebühren zwar der Anspruch auf Parken verkürze. Die komplette Aberkennung des Anspruchs sei ein Eingriff in das Eigentum des Bf. und verfassungswidrig. Die in der Beschwerdevorentscheidung zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts (RV/7500002/2022 und RV/7500652/2021) beträfen die Verkürzung der Abgabe und nicht den Anspruch auf die kumulative Verwendung von rechtsgültig erworbenen Parkscheinen. Somit sei die gegenständliche Beschwerdesache nicht mit diesen Entscheidungen vergleichbar.
Im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung ergänzte der Bf., dass eine zivilrechtliche Bereicherung der Stadt Wien zu bejahen sei, wenn sie privatwirtschaftlich tätig geworden sei. In Folge wurde die Frage diskutiert, ob die Stadt Wien die Parkometerabgabe im Rahmen der Hoheits- oder Privatwirtschaftsverwaltung einhebe.
Hoheitliche Verwaltung liegt vor, wenn die Verwaltungsorgane mit "imperium", also unter Einsatz spezifischer staatlicher Befehls- und Zwangsgewalt auftreten. Sie handeln dabei in jenen Rechtssatzformen, die das öffentliche Recht für die Ausübung von behördlichen Befugnissen zur Verfügung stellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt es für die Abgrenzung des Gebietes der Privatwirtschaftsverwaltung von dem der Hoheitsverwaltung auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit nicht an, entscheidend ist vielmehr, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt. Hat der Gesetzgeber den Verwaltungsträger mit keinen Zwangsbefugnissen ausgestattet, so liegt keine Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor (vgl. etwa VfSlg. 16.104/2001).
Gemäß § 15 Abs. 3 Z 5 FAG 2005 werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960 vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben.
Auf dieser Grundlage sowie auf Grundlage des Parkometergesetzes 2006 erging die Parkometerabgabeverordnung, wonach für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten ist (§ 1 Parkometerabgabeverordnung). Gemäß § 1 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 idF LGBl. Nr. 09/2006 erfolgt die Vorschreibung der Abgabe durch formlose Zahlungsaufforderung und gemäß § 1 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 idF LGBl. Nr. 36/2023 kann die Vorschreibung der Abgabe durch formlose Zahlungsaufforderung (§ 203a Bundesabgabenordnung - BAO) erfolgen. Die Erlassung eines Abgabenbescheides ohne vorhergehende formlose Zahlungsaufforderung ist zulässig (§ 1 Abs. 5 Parkometergesetz 2006 idF LGBl. Nr. 09/2006 sowie § 1 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 idF LGBl. Nr. 36/2023). Die Gemeinde wird ermächtigt, durch Verordnung die Art der von den Abgabepflichtigen zu verwendenden Kontrolleinrichtungen unter Bedachtnahme auf eine möglichst einfache Handhabung und auf die Auswirkungen auf das Stadtbild sowie unter Rücksichtnahme auf zur Überwachung von Parkzeitbeschränkungen vorgeschriebene Kontrolleinrichtungen zu bestimmen (§ 3 Parkometergesetz 2006). Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Aus alldem geht hervor, dass der Gesetzgeber den Verwaltungsträger mit Zwangsbefugnissen ausgestattet hat, was das Vorliegen einer Privatwirtschaftsverwaltung ausschließt.
Zudem wird Folgendes angemerkt:
Das Bundesfinanzgericht kann dem Bf. nicht beipflichten, wenn dieser ins Treffen führt, dass Parkscheine wie Briefmarken zu sehen seien. Seit der Privatisierung der Post dienen Briefmarken nur mehr als Beweiszeichen für die Entrichtung des Entgelts für die Inanspruchnahme privatrechtlicher Dienstleistungen der Post und damit nicht mehr als Zeichen amtlicher Gebührenentrichtung (Hinterhofer, Salzburger Kommentar zum StGB, 39. Lfg., § 238 [Oshidari] Rz 22). Da - wie bereits ausgeführt - die Einhebung der Parkometerabgabe hingegen im Bereich der Hoheitsverwaltung liegt, sind auch Parkscheine anders zu beurteilen. Sie gelten als amtliche Wertzeichen (vgl. etwa ). Wertzeichen werden unter behördlicher Autorität und im Zusammenhang mit der Entrichtung bestimmter Gebühren, Abgaben oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Leistungen ausgegeben (Hinterhofer, Salzburger Kommentar zum StGB, 39. Lfg., § 238 [Oshidari] Rz 11).
Parkscheine werden im Zusammenhang mit der Entrichtung der Parkometerabgabe ausgegeben. Deshalb findet die ständige Rechtsprechung des VfGH Anwendung, wonach unter dem historisch auszulegenden Enteignungsbegriff niemals Geldleistungen an die öffentliche Hand, wie Steuern, öffentlich-rechtliche Mitgliedsbeiträge und Sozialversicherungsbeiträge verstanden worden und demnach auch nicht als Enteignung zu verstehen sind (VfSlg. 10468/1985 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Zudem stellte der Verfassungsgerichtshof betreffend § 4a Abs. 3 der Wiener Parkometerabgabeverordnung fest, dass die sechsmonatige "Umtauschfrist" für nicht mehr gültige Parkscheine nicht das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt, und führte aus, dass das Vorbringen in der betreffenden Beschwerde auch die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen lässt, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (vgl. etwa ). Zwar erging diese Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verhängung von Verwaltungsstrafen. Allerdings ist diese aus Sicht des Bundesfinanzgerichts auch für die vorliegende Beschwerdesache maßgeblich, da § 4a Abs. 3 Parkometergabeverordnung hier ebenso Anwendung findet.
Das Bundesfinanzgericht hegt somit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangende Vorschrift der Parkometerabgabeverordnung. Dem Bf. steht es frei, Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu erheben; nähere Ausführungen finden sich dazu am Ende dieses Erkenntnisses.
Ergänzend wird angemerkt, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aus Sicht des Bundesfinanzgerichts auch für spätere Fassungen des § 4a Wiener Parkometerabgabeverordnung analog gelten muss, wonach nicht eine "Umtauschfrist", sondern eine Weitergeltung der alten Parkscheine für sechs bzw. zwölf Monate nach Inkrafttreten der Abgabenerhöhung vorgesehen ist.
3.2. Zu Spruchpunkt II: Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Vorgehen der belangten Behörde unstrittig im Einklang mit § 4a Abs. 3 Parkometerabgabeverordnung in der anzuwendenden Fassung steht, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weshalb die Revision an den Verwaltungsgerichtshof spruchgemäß nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 4a Abs. 3 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7400029.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAF-44501