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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2024, RV/7103619/2024

Großes Pendlerpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

  • Die Einkommensteuer für 2023 wird festgesetzt in Höhe von EUR -57,00 (Gutschrift),
    bisher war vorgeschrieben EUR 925,00.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, in welcher Höhe Pendlerpauschale und Pendlereuro für das Jahr 2023 zustehen.

I. Verfahrensgang

1.) Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.) war von Jänner bis Oktober 2023 bei dem Arbeitgeber "***Ag1***" beschäftigt, im November und Dezember 2023 war ihr Arbeitgeber die ***Ag2***. Ein Pendlerpauschale von Jänner bis Oktober 2023 wurde bereits vom Arbeitgeber berücksichtigt. Der Bescheid zur Einkommensteuer für das Jahr 2023 vom weist eine Gutschrift in Höhe von EUR 57,00 aus.

2.) Am erhob die Bf. Beschwerde, da Pendlerpauschale und Pendlereuro für die Monate November und Dezember betreffend das Arbeitsverhältnis mit der ***Ag2*** nicht berücksichtigt worden seien. Sie beantragte diese in Höhe von EUR 62,00 (Pendlerpauschale) und EUR 5,00 (Pendlereuro) zuzuerkennen.

3.) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid dahingehend abgeändert, dass ein Pendlerpauschale in Höhe von EUR 62,00 und ein Pendlereuro in Höhe von EUR 5,00 anerkannt wurden. Pendlerpauschale in Höhe von EUR 2.184,00 und Pendlereuro in Höhe von EUR 350,00 betreffend die Zeit von Jänner bis Oktober beim Arbeitgeber "***Ag1***" fanden, anders als im Einkommensteuerbescheid vom , keine Berücksichtigung mehr. In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit EUR 925,00 festgesetzt. Aufgrund der im Bescheid vom ausgewiesenen Vorschreibung in Höhe von EUR -57,00 und der mit Beschwerdevorentscheidung festgesetzten Abgabe in Höhe von EUR 925,00 ergab sich eine Nachforderung in Höhe von EUR 982,00.

4.) Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Aufhebung des Bescheides und eine Neuberechnung der Einkommensteuer, ebenso die Aussetzung der Einhebung der Nachforderung in Höhe von EUR 982,00. Als Beilage übermittelte sie ein Foto der von ihr errechneten Beträge mittels Pendlerrechner für die Monate November und Dezember in Höhe eines Pendlerpauschales von EUR 124,00 / jährlich und eines Pendlereuros in Höhe von EUR 10,00 / jährlich. Das Foto zeigte lediglich einen Teilausschnitt der Abfrage, sodass die benutzten Anfragedaten nicht ersichtlich waren.

5.) Die Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Aus dem Vorlagebericht ist zu entnehmen, dass sich der Arbeitsort betreffend das Arbeitsverhältnis November / Dezember an der Adresse ***Ag2-Adr***, befindet und sich die Arbeitszeit von 7:00 Uhr bis 16:30 Uhr erstreckt. Auf Grundlage dieser Angaben nahm die Behörde eine Berechnung eines Pendlerpauschales sowie eines Pendlereuros mittels Pendlerrechner vor, wobei sie Montag, den , als maßgebliches Datum für die Berechnung zu Grunde legte. Die Behörde ging dabei von mehr als 10 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pro Monat aus. Demnach steht ein Anspruch auf Pendlerpauschale und Pendlereuro nicht zu, zumal die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist und die Wegstrecke weniger als 20 km beträgt.

6.) Die Behörde stellt ein Pendlerpauschale aus dem Lohnzettel des früheren Dienstgebers in Höhe von EUR 2.148,00 außer Streit. Hinsichtlich der Monate November und Dezember verneint die Behörde den Anspruch auf Pendlerpauschale. Demnach sei der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom mit einer Gutschrift in Höhe von EUR 57,00 richtig.

7.) Der Bf. wurde der Vorlagebericht der belangten Behörde zugemittelt. Dieser entfaltet die Wirkung eines Vorhaltes, da der Bf. die von der belangten Behörde vertretene Auffassung bekannt gemacht war.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.) Die Bf. war im Jahr 2023 bis Ende Oktober bei "***Ag1***" beschäftigt, ab November 2023 war ihr Arbeitgeber die ***Ag2***. Ihre Regelarbeitszeit erstreckt sich von 7:00 Uhr bis 16:30 Uhr, dies zumindest mehrmals wöchentlich. Wohnadresse ist ***Bf1-Adr*** die Arbeitsstätte befindet sich in der ***Ag2-Adr***. Die einfache Wegstrecke vom Wohnort zur Arbeitsstätte beträgt 12 km.

2.) Von Montag bis Donnertag beträgt die Fahrtzeit mittels öffentlichem Verkehr für die Hinfahrt auf einer Strecke von 14,2 km 62 Minuten (05:58 Uhr bis 07:00 Uhr), für die Rückfahrt auf einer Strecke von 17,9 km 53 Minuten (16:30 Uhr bis 17:23 Uhr).

Freitags beträgt die Fahrtzeit mittels öffentlichem Verkehr für die Hinfahrt auf einer Strecke von 14,2 km 62 Minuten (05:58 Uhr bis 07:00 Uhr), für die Rückfahrt auf einer Strecke von 17,8 km 88 Minuten (16:30 Uhr bis 17:58 Uhr).

3.) Laut Ergebnis des Pendlerrechners ist Montag bis Donnerstag die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar und es besteht aufgrund der Wegstrecke von weniger als 20 km kein Anspruch auf Pendlerpauschale. Freitags ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels unzumutbar, danach würde ein großes Pendlerpauschale für eine Wegstrecke von 2 bis 20 km zustehen. Aus der zeitllichen Gegenüberstellung folgt, dass überwiegend Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels gegeben ist und somit kein großes Pendlerpauschale und folglich auch kein Pendlereuro zustehen.

2. Beweiswürdigung

1.) Der Sachverhalt fußt auf der Aktenlage. Die angenommenen Entfernungen, Zeiten und Busverbindungen sind dem vom Bundesministerium für Finanzen auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten Pendlerrechner entnommen.

2.) Dass es sich bei dem Abfragedatum des vorgelegten Teilausschnittes vom um einen Freitag handelt, ergibt sich aus dem logischen Schluss, dass die Bf. davon ausgegangen ist, dass ihr ein Pendlerpauschale und ein Pendlereuro für die jeweiligen Freitage eines Monates (vier bis sechs) zusteht, auch wenn die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels an den anderen Wochentagen zumutbar ist.

3.) Die im Einkommensteuerbescheid vom ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beinhalten einen Betrag in Höhe von EUR 5.762,09 für die Monate November und Dezember der ***Ag2***. Dass diese Entlohnung einer Arbeitszeit entspricht, die sich über den Freitag hinaus auch auf die anderen Wochentage erstrecken muss, entspricht allgemeiner Erfahrung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

a)Rechtliche Grundlagen

1.) Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 EStG EStG 1988 gehören dazu auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Gemäß Z 6 lit a sind diese Ausgaben durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs 5 Z 1 EStG) abgegolten. Steht nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 ein Pendlerpauschale zu ist gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG ein Pendlereuro zu berücksichtigen.

Ist dem Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale bei mindestens 2 km bis 20 km EUR 372,00 jährlich.

Gemäß lit e ist Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit d, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu.

Der Bundesminister für Finanzen ist gemäß lit j dazu ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mittels Verordnung festzulegen.

2.) Gemäß § 1 Abs 1 PendlerVO, BGBl II 276/2013 idF BGBl II 154/2014, umfasst die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die gesamte Wegstrecke, die unter Verwendung eines Massenbeförderungsmittels, ausgenommen eines Schiffes oder Luftfahrzeuges, unter Verwendung eines privaten Personenkraftwagens oder auf Gehwegen (§ 7) zurückgelegt werden muss, um nach Maßgabe des Abs 2 in der kürzesten möglichen Zeitdauer (§ 2 Abs 2) die Arbeitsstätte von der Wohnung aus zu erreichen. Entsprechendes gilt nach Maßgabe des Abs 3 für die Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung.

Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar (§ 2 Abs 1), bemisst sich die Entfernung gemäß § 1 Abs 8 der VO nach den Streckenkilometern des Massenbeförderungsmittels und allfälliger zusätzlicher Straßenkilometer und Gehwege.

Die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels ist gemäß § 2 Abs 1 nach dessen Z 1 und Z 2 zu beurteilen. Die Verhältnisse nach § 1 sind dieser Beurteilung zugrunde zulegen. Die Umstände, die die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit begründen, müssen jeweils überwiegend im Kalendermonat vorliegen.

Gemäß § 3 Abs 1 ist für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2), für Verhältnisse innerhalb Österreichs, der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zu Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden.

3.) Nach § 33 Abs 5 Z 4 EStG steht ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG hat. Für die Berücksichtigung eines Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs 1 Z 6 lit b und lit e bis j EStG entsprechend.

b)Rechtliche Erwägungen

1.) Strittig ist, ob ein Pendlerpauschale für die Monate November und Dezember 2023 zusteht, hierfür ist iSd § 2 Abs 1 PendlerVO zu klären, ob die Umstände, die die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels begründen, in den Kalendermonaten November und Dezember 2023 überwiegend vorlagen.

2.) Der gemäß § 3 Abs 1 PendlerVO für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2) zu verwendende Pendlerrechner stellt lediglich für Freitag Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels, hingegen für Montag bis Donnerstag Zumutbarkeit fest.

3.) Gegenständlich liegt zeitliches Überwiegen jener Umstände vor, welche die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar machen, da die Summe der Wochentage von Montag bis Donnerstag die Gesamtanzahl der im November und Dezember 2023 liegenden Freitage eindeutig übersteigt.

4.) Da überwiegend Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels vorliegt, besteht für die Monate November und Dezember 2023 kein Anspruch auf Pendlerpauschale. Dementsprechend ist der Bescheid vom rechtsrichtig.

5.) Strittig ist auch der Anspruch auf Pendlereuro für die Monate November und Dezember. Voraussetzung für den Zuspruch eines Pendlereuro ist, dass dem Arbeitnehmer ein Pendlerpauschale nach § 16 Abs 1 Z 6 EStG - in welcher Höhe immer - zusteht (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 33). Auf Grund der Akzessorietät des Anspruchs auf Pendlereuro zu jenem auf das Pendlerpauschale ist dieser nur im Falle des Zuspruches des Pendlerpauschales gegeben (vgl. ).
Da der Bf. für die Monate November und Dezember kein Anspruch auf Pendlerpauschale zusteht, ist hinsichtlich eines Pendlereuros auf die Richtigkeit des Bescheides vom zu verweisen und das in der Beschwerde vorgebrachte Mehrbegehren dementsprechend abzuweisen.

6.) Der Beschwerde ist teilweise stattzugeben. Der Berechnung der Einkommensteuer sind die im Bescheid vom dargestellten Berechnungsgrundlagen zugrunde zu legen.
Diese ergeben eine Einkommensteuergutschrift iHv Euro 57,00.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dem gegenständlichen Ausspruch über die Höhe eines Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG und eines Pendlereuros gemäß § 33 Abs 5 EStG liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu Grunde. Eine ordentliche Revision ist demnach nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 33 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 2 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 3 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103619.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103619.2024

Fundstelle(n):
WAAAF-44475