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Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.08.2024, VH/7500011/2024

Parkometerabgabeverordnung - Antrag auf Verfahrenshilfe

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** über den Antrag des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom auf Verfahrenshilfe (Beigebung eines Verteidigers) für ein Beschwerdeverfahren gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/GZ/2024, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, beschlossen:

I. Der Antrag auf Verfahrenshilfe (Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers) wird abgewiesen.

II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis (Strafbescheid) vom , GZ. MA67/GZ/2024, lastete der Magistrat der Stadt Wien dem nunmehrigen Antragsteller an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 09:24 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Castlegasse 18, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Antragsteller die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 verhängte der Magistrat der Stadt Wien über den Antragsteller eine Geldstrafe in Höhe 60,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10,00 Euro vor. Der verspätet bezahlte Anonymverfügungsstrafbetrag in der Höhe von 48,00 Euro wurde angerechnet, womit sich der zu zahlende Gesamtbetrag auf 27,00 Euro belief.

Binnen offener Beschwerdefrist beantragte der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Strafverfügung [Anmerkung BFG, gemeint: das Straferkenntnis vom des Magistrats der Stadt Wien, GZ. MA67/GZ/2024], fristgerecht die Verfahrenshilfe, wobei er Folgendes ausführte:
"Sehr geehrte Damen und Herren,gegen die Strafverfügung MA67/GZ/2024erhebe ich BESCHWERDE und erneut Einspruch!Ich beantrage eine öffentlich mündliche Verhandlung!Ich beantrage Verfahrenshilfe!Wie bereits in meinem email am festgehalten, sehe ich nicht ein,daß Sie mir ,gesetzliche Fristen' vorgeben, sich selbst aber in keinster weise anFristen für die Beantwortung halten!Des Weiteren stellen Sie Schreiben mit Datum erst 3 Wochen später,nämlich erst am zu!Ein Strafzettel für dieses Delikt sieht eine übliche Strafe von 36€ vor.Dieser Betrag wurde mir aber verwehrt, da KEIN Strafzettel am Fahrzeug angebracht wurde!Durch die Unkenntnis der ,fehlerhaften Strafe' wurde mein angebrachter Parkscheinauch nicht aufbewahrt! Daher ist die Strafe dem Grunde nach falsch, weil ein Parkschein angebracht wurde!Sie nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom , welches mir aber erst am zugestellt wurde, da dies per ID Austria erfolgte, ist dies sicherlich nachvollziehbar!Sie beziehen sich also auf Fristen und Schreiben, die aufgrund Ihrer ,willkürliche Datums-Schreiberei' in keinster Weise nachzuvollziehen sind!Auch haben Sie sich für die Beantwortung meines Emails vom MEHR als 4 WochenZeit gelassen. Ich halte also fest, daß Sie sich in keinster Weise an Fristen oder fristgerechteBearbeitungszeiten halten UND Schreiben erst 3 Wochen verspätet zustellen!Ich habe daher fälschlicherweise die Anonymverfügung bezahlt, obwohl ich einen Parkscheinangebracht hatte. Ich habe sogar den erhöhten Betrag der Anonymverfügung mit 48€ bezahlt,obwohl ich, wenn ein Parkschein [Anmerkung BFG, gemeint:wenn kein Parkschein], angebracht worden wäre, nur 36€ zu bezahlen gehabt hätte!Und jetzt wollen Sie noch mehr Geld von mir!Ich erhebe daher Beschwerde gegen dieses ganze Angelegenheit und beantrage eine mündlicheVerhandlung, da es sich hier um reine Schikane und Abzocke handelt!Der erhöhte Strafbetrag wurde bezahlt!Es wurde kein Strafzettel angebracht!Sie stellen Schreiben mit dem falschen Datum erst 3 Wochen später zu!Machen offensichtlich mehrere Fehler, die ich hinnehmen soll, halten mir aber dieNichteinhaltung von Fristen vor!Ich lehne daher eine weitere Zahlung von diesen Gebühren strikt ab!Auch möchte ich erneut, wie bereits im Email vom und auch bereits mehrmals zuvor auf folgendes hinweisen:Ich halte daher fest, daß ich Schreiben der MA67 (Strafverfügungen,...) nur mehr akzeptiere, wenn diese postalisch an meine Meldeadresse gesendet werden, eine elektronische Zustellung lehne ich strikt ab!!!Ich bitte dies in Zukunft zu beachten!"

Eine weitere Darstellung der persönlichen wirtschaftlichen Lage ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Es wurde nur der vorgenannte Grund für die Beigebung eines Verteidigers vorgebracht.

Über den Antrag wurde erwogen:

§ 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in Folge: VwGVG) in der ab gültigen Fassung (BGBl. I Nr. 24/2017) lautet:

"Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist."

Gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat; jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) das Recht, sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.

Der Verweis in § 40 Abs. 1 VwGVG auf Bestimmungen der EMRK (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) bekräftigt somit den Inhalt des § 40 Abs. 1 VwGVG. Der dritte Absatz von Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ("Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten") bekräftigt ebenfalls den Inhalt des § 40 Abs. 1 VwGVG.

§ 40 VwGVG entspricht weitgehend der Bestimmung des § 51a Verwaltungsstrafgesetz (VStG) in der Fassung vor BGBl. I 33/2013, weshalb die zu § 51a VStG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hier anwendbar ist (vgl. , Rnr. 10 unter Verweis auf ).

Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers sind besondere Schwierigkeiten der Sachlage oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen, wobei die Beigabe eines Verfahrenshelfers nur dann vorgesehen ist, wenn beide in § 51a Abs 1 VStG

bzw. in § 40 Abs. 1 VwGVG genannten Voraussetzungen (Mittellosigkeit, Interessen der Rechtspflege) kumulativ vorliegen (vgl. ; , Rnr. 10).

Besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage sind anzunehmen, wenn die Ermittlung oder Beurteilung des Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt oder eine besondere rechtliche Komplexität des Sachverhaltes gegeben ist. Sind sowohl die Sachverhaltsfragen als auch die Rechtsfragen vergleichsweise einfach, so ist Verfahrenshilfe nicht zu gewähren (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 40 VwGVG, Rz 3 unter Verweis auf ). Dies selbst dann, wenn es sich beim Beschuldigten um eine Person ohne juristische Ausbildung handelt (vgl. , Rnr. 13).

Im vorliegenden Fall wurde dem Antragsteller die Begehung der oben näher beschriebenen Verwaltungsübertretung (Abstellen des Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben) zur Last gelegt. Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der entscheidungsmaßgeblichen Sach- und Rechtslage können dem Akteninhalt nicht entnommen werden. Gegenteiliges behauptet selbst der Antragsteller nicht.

Auch sind die Rechtsfolgen des dem Bf. zur Last gelegten rechtswidrigen Handelns durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.

Wie die zuvor wiedergegebenen Beschwerdeausführungen und auch der übrigen aktenkundige Inhalt der Eingaben des Antragstellers zeigen, ist dieser zudem in der Lage, auch ohne Beigabe eines Verteidigers sein Anliegen entsprechend zu artikulieren und diesbezügliche Beweisanträge zu stellen (vgl. G 7/2015, wonach grundsätzlich kein Gebot zur Beigebung eines unentgeltlichen Verfahrenshelfers besteht, wenn ein Fall nicht komplex ist, sodass die Partei ihre Interessen selbstständig vertreten kann).

Das Interesse einer zweckdienlichen Verteidigung erfordert daher nach Lage des Falles keine Beigebung eines Verteidigers.

Für das Bundesfinanzgericht sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Antragsteller nicht in der Lage sein sollte, seinen Standpunkt vor dem Bundesfinanzgericht in einer Beschwerde und in einer (von ihm bereits beantragten) mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen.

Weiters droht dem Antragsteller für das Strafverfahren keine höhere Geldstrafe als 60,00 Euro (bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine maximale Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden), weil gemäß § 42 VwGVG in einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine höhere Strafe verhängt werden darf als im angefochtenen Bescheid. Auch aus diesem Grund ist keine besondere Tragweite des Falles zu erkennen, welche die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers erforderlich machen würde.

Da die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege nicht erforderlich ist, braucht auch nicht mehr geprüft werden, ob der Antragsteller außer Stande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

Der Antrag war sohin abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Eine Revision wegen Verletzung in Rechten ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und überdies im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wurde. Eine Angelegenheit, die einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren untrennbar verbunden ist, stellt eine Verwaltungsstrafsache iSd § 25a Abs. 4 VwGG dar und es kommt daher der Revisionsausschluss zum Tragen.

Diese Voraussetzungen liegen in gegenständlicher Verwaltungsstrafsache vor. Wenn gegen die Verhängung der Geldstrafe eine Revision unzulässig ist, muss dies auch für die Entscheidung über die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers in einem solchen Verfahren gelten, sodass die Revision schon kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 64 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 40 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 6 Abs. 1 und 3 lit. c EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958
Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389
§ 40 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 51a VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 51a Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 42 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise



G 7/2015
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:VH.7500011.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:VH.7500011.2024

Fundstelle(n):
JAAAF-44462