Bei elektronischer Zustellung ist der Zeitpunkt des Einlangens in der Databox für den Fristenlauf maßgeblich
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache der Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Ungarn, betreffend deren Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend 1) Abweisung des Antrages vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides2021 vom sowie 2) Einkommensteuer 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO (als nicht fristgerecht eingebracht) zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 299 BAO die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 vom .
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diesen Antrag aus näher angeführten Gründen ab.
Ebenfalls am erging seitens des Finanzamtes der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022.
Beide Bescheide wurden der Bf. elektronisch zugestellt und sind am (um ca. 15:10 Uhr) in der Databox der Bf. eingelangt. Die Bescheide wurden am (um 16:39 sowie um 16:42 Uhr) geöffnet bzw. "gelesen".
Gegen beide Bescheide hat die Bf. am - via FinanzOnline - Beschwerde erhoben.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom hat das Finanzamt die beiden Beschwerden gemäß § 260 BAO zurückgewiesen, da diese nicht fristgerecht eingebracht worden seien.
Dagegen stellte die Bf. am den Antrag, die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Das Bundesfinanzgericht teilte der Bf. mittels Vorhalt vom mit, dass die Beschwerden nach der Aktenlage verspätet eingebracht wurden, und räumte der Bf. die Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme ein.
Daraufhin teilte die Bf. (durch Herrn MW) dem Bundesfinanzgericht per E-Mail vom Folgendes mit:
"Nach Recherche habe ich folgendes in Erfahrung gebracht.
Wenn der Bescheid in das Finanz Online gestellt wird, ist dieser erst am nächsten Tag für mich ersichtlich. Die Einstellung kann erst am nächsten Tag in den Nachrichten eingesehen und gelesen werden.
Dazu möchte ich festhalten, dass meine Beschwerde noch in der Frist und somit termingerecht nach einem Monat erfolgte. Damit habe ich fristgerecht gehandelt. (…)"
Laut Mitteilung der zuständigen Abteilung für Verfahrensbetreuung im gelangten die beiden oa. Bescheide am um 15:10 Uhr in den elektronischen Verfügungsbereich der Bf. und wurden am (um 16:39 bzw. 16:42 Uhr) gelesen (bzw. eingesehen).
Das BFG hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat. Die Beschwerdefrist beginnt an dem Tag zu laufen, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (§ 109 BAO).
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.
Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. Ritz, BAO 6. Auflage, § 98 Tz 4, mit zahlreichen Judikaturnachweisen, darunter ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (Ritz, aaO, § 98 Tz 4; , , , ; ; uva.).
Die Nichtangabe einer E-Mailadresse (bzw. die nicht erteilte Zustimmung) zur Verständigung über die Zustellung per E-Mail hindert nach § 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) die Wirksamkeit der Zustellung nicht (zB ; ).
Im Beschwerdefall wurden die angefochtenen Bescheide (Abweisung eines Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2021 sowie Einkommensteuer 2022) der Bf. unstrittig am Freitag, , durch Übermittlung in deren persönliche Databox zugestellt.
Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden (elektronisch) am Dienstag, , eingebracht.
Da die genannten Bescheide am (um ca. 15:50 Uhr) in die elektronische Databox der Bf. gelangt sind, wurde deren Zustellung auch mit diesem Tag wirksam. Am selben Tag wurde die einmonatige Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt und endete diese somit am (Montag).
Die Beschwerden wurden unbestritten (erst) am Dienstag, , - und damit nach Ablauf der oa. Frist - eingebracht.
Die Bf. brachte gegenüber dem Bundesfinanzgericht vor, sie habe "in Erfahrung gebracht", dass elektronisch zugestellte Bescheide erst am Tag nach deren Einlangen in der Databox vom jeweiligen Empfänger eingesehen und gelesen werden könnten. Daher seien ihre Beschwerden noch fristgerecht eingebracht worden.
Aus welcher Quelle diese "Erfahrung" bzw. Information stammen soll, gibt die Bf. nicht an. Da die Bf. die bekämpften Bescheide erst am eingesehen bzw. gelesen hat, kann die bezügliche Behauptung auch nicht auf einer persönlichen "Erfahrung" der Bf. beruhen.
Das Vorbringen der Bf. ist zudem nicht nachvollziehbar und steht auch in Widerspruch zu der oben zitierten Gesetzesbestimmung sowie der umfangreich vorhandenen Rechtsprechung (des VwGH und des BFG), wonach für die wirksame Zustellung eines Bescheides alleine der Zeitpunkt entscheidend ist, in welchem dieser in der Databox von FinanzOnline einlangt. Darüber hinaus gab die für die Verfahrensbetreuung zuständige Abteilung des BMF gegenüber dem Bundesfinanzgericht an, dass die Behauptung der Bf., wonach ein Bescheid erst einen Tag nach dessen elektronischer Zustellung für den Empfänger einsehbar und lesbar sei, nicht zutrifft. Die von der Bf. behauptete Fallkonstellation wäre einzig und alleine dann denkbar, wenn ein Bescheid kurz vor Mitternacht erstellt und durch die Abarbeitung der Fälle erst nach Mitternacht zugestellt würde (so die Abteilung für Verfahrensbetreuung in ihrer E-Mail vom ). Eine derartige Konstellation ist aber im hier gegenständlichen Fall nicht gegeben: Die angefochtenen Bescheide sind laut elektronischem Nachweis am um ca. 15:10 Uhr im Verfügungsbereich (Databox) der Bf. eingelangt; die Zustellung wurde daher an diesem Tage wirksam. Der Lauf der Beschwerdefristen begann sohin auch (bereits) am .
Da die Fristen folglich am abgelaufen sind, wurden die am eingebrachten Beschwerden verspätet erhoben.
Auf Grund der oa. Gesetzesbestimmung des § 260 Abs. 1 BAO ist eine Beschwerde (zwingend) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Es ist daher selbst bei geringfügigen Verspätungen sowohl der Abgabenbehörde als auch dem Bundesfinanzgericht verwehrt, allenfalls im Ermessenswege von der Zurückweisung einer Beschwerde abzusehen und diese ungeachtet ihrer Verspätung in meritorische Behandlung zu nehmen.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Zurückweisung ergibt sich im Falle der verspäteten Einbringung einer Beschwerde zwingend aus dem Gesetzestext, sodass eine Rechtsfrage im oa. Sinne nicht vorlag und folglich eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100237.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100237.2024
Fundstelle(n):
RAAAF-44241