Aufhebung wegen Unzuständigkeit in Folge eines unterlassenen Mängelbehebungsverfahrens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***RA***, ***RA-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***230000/00000/2017***, betreffend Mineralölsteuer zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am hat der ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) beim Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt eine Antrag auf Bewilligung eines eingeschränkten Freischeins inklusive Betankungssschein(e) für ein näher bezeichnetes Luftfahrzeug der Marke Cessna zur mineralölsteuerfreien Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen gestellt.
Dieser Antrag ist vom Zollamt mit Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2017***, mit der Begründung abgewiesen worden, der Verein sei laut Statuten nicht auf Gewinn ausgerichtet und in allen Belangen gemeinnützig im Sinne der BAO. Die Voraussetzung für die Steuerbefreiung von Luftfahrtbetriebsstoffen, nämlich die Gewerbsmäßigkeit und somit auch die Gewinnerzielungsabsicht, sei nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bf durch seinen damaligen Vertreter mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des VwGH wird vorgebracht, wesentlich sei nicht die Gewinnerzielung, sondern die nicht private Nutzung des Luftfahrzeuges gegen Entgelt. Der Freischein einschließlich Betankungsschein sei daher antragsgemäß auszustellen.
Das Zollamt hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***230000/00000/03/2017***, als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom wurde beantragt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Gleichzeitig wird die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Beschluss vom ist die Entscheidung über die Beschwerde vom Bundesfinanzgericht bis zur Beendigung des dort zur GZ. RV/7200117/2016 anhängigen Verfahrens ausgesetzt.
Die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind vom nunmehrigen Vertreter mit Schreiben vom zurückgezogen worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Anbringen zur Geltendmachung von Rechten (zB Anträge) sind gemäß § 85 Abs 1 BAO vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs 3 (Entgegennahme mündlicher Anbringen) schriftlich einzureichen (Eingaben).
Der Antrag des Bf vom trägt nur die Unterschrift des damaligen Vereinsobmanns ***MK***.
Laut § 13 Abs 3 der Statuten des Vereines idmF sind Schriftstücke, insbesondere den Verein verpflichtende Urkunden, jedoch vom Obmann und einem weiteren stimmberechtigten volljährigen Vorstandsmitglied, in vermögensrechtlichen Angelegenheiten vom Obmann und dem Finanzreferenten gemeinsam zu unterfertigen.
§ 85 Abs 2 BAO bestimmt:
"Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."
Die Eingabe des Bf vom 2. September 20217 ist insofern mangelhaft, als die laut § 13 Abs 3 der Statuten des Vereines notwendige Unterschrift eines weiteren stimmberechtigten volljährigen Vorstandsmitglieds fehlt.
Liegen die Voraussetzungen vor (Formgebrechen, inhaltliche Mängel bzw fehlende Unterschrift), so ist die Behörde verpflichtet, mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (kein Ermessen, 17/2599/79; , 2010/15/0213).
Da das Zollamt über einen mangelhaften Antrag entschieden hat, ohne gemäß § 85 Abs 2 BAO mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen, ist der Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2017***, rechtswidrig infolge Unzuständigkeit (vgl ). Der genannte Mangel ist im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht sanierbar. Der angefochtene Bescheid vom war daher aufzuheben, um es der Abgabenbehörde zu ermöglichen, das Mängelbehebungsverfahren nachzuholen und danach über den Antrag vom zu entscheiden (vgl ZRV/0231-Z3K/06, betreffend eine mangelhafte Berufung, wobei angefochtener Bescheid nach der damaligen Rechtslage die vom Zollamt erlassene Berufungsvorentscheidung gewesen ist).
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Judikatur - nicht erfüllt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | ZRV/0231-Z3K/06 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200001.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200001.2018
Fundstelle(n):
GAAAF-44236