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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2024, RV/7101530/2022

Verspätete Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages

Beachte

Revision eingebracht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***STB**, ***Adr1***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, dieses vertreten durch ***AV1*** und Dr. ***AV2**, vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO, ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Gegenwart der Schriftführerin ***Sf1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid erfährt keine Änderung.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO und holte gleichzeitig die versäumte Handlung in Form der Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide (Einkommensteuer) der Jahre 2012 bis 2018 sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide derselben Zeiträume nach.

Der Bf führte dabei wörtlich aus:

"Betroffene Steuerbescheide 2012 bis 2018

Das Finanzamt Österreich hat

- die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2018 jeweils am erlassen,

- die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018 jeweils am erlassen und

- die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2012 bis 2018 jeweils am erlassen.

Die gegenständlichen Steuerbescheide sind dem zustellungsbevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder am per Databox zur Kenntnis gelangt. Teil der Steuerbescheide ist die Begründung, wobei die Begründung in Form der Niederschrift bzw. dem Betriebsprüfungsbericht wohl am ausgefertigt wurde, erst aber am dem richtigen zustellungsbevollmächtigten Steuerberater zugestellt wurde, da von Seiten der Abgabenbehörde auf Grund der mangelnden Kuvertierung die Zustellung am an eine andere Steuerberatungskanzlei erfolgte, die die Weiterleitung an den richtigen steuerlichen Vertreter durchführte. Die Steuerbescheide in Papierform wurden am zugestellt, jedoch ohne Begründung. Diese wurde am zugestellt.

2. Ausfertigung der Beschwerde (siehe Punkt II.):

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide (siehe Beschwerdeschrift vom hinsichtlich des Punktes 1 "betroffene Bescheide") wurde am ausgefertigt und auch zur Post gegeben. Hinsichtlich des Postlaufes verweisen wir auf die nachfolgenden Darstellungen.

3. Antrag auf Aussetzung der Einhebung:

Ebenfalls am wurde an das zuständige Finanzamt der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich eines Aussetzungsbetrages in Höhe von € 389.725,33 gestellt und hierbei auch festgehalten, dass das Ersuchen sich hinsichtlich der Begründung auf die am heutigen Tage eingebrachten Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 bezieht.

Beweis:

Beilage 1: Beschwerdevorentscheidung vom zur Beschwerde vom bzw. jeweils datiert mit

4. Überreichung der Sendung zur Beförderung an die Österreichische Post AG:

Unbestritten wurde der Österreichischen Post AG am die Beschwerde samt Beilagen zur Beförderung übergeben und war diese hierbei wie folgt adressiert:

"Finanzamt Österreich Postfach 260 1000 Wien"

Die Abgabe der Beschwerde bzw. des Schriftsatzes erfolgte bei der Poststelle in ***PostAdr*** am . Die Sendung wurde mit Rechnungsnummer ***0000*** versehen, wobei die Aufgabe am um 17:06 Uhr erfolgte.

Beweis:

Beilage 2: Rechnungsnummer der Österreichischen Post AG

5. Kontaktaufnahme Finanzamt Österreich vom :

Auf Grund der telefonischen Kontaktaufnahme von Frau ***F** vom mit dem steuerlichen Vertreter hat dieser mitgeteilt, dass er die Beschwerde eingebracht und der Post zur Beförderung übergeben habe. Des Weiteren wurde am gleichen Tag mittels Mail vom der Postaufgabenachweis und die Beschwerde übermittelt.

Es wurde hierbei von Seiten der Post bestätigt, dass ein Paket mit einem Inhalt bis 4 kg an die Postleitzahl 1000 mit der oben genannten Sendungsnummer übernommen und versendet wurde.

6. Vorhalt vom :

Der steuerliche Vertreter hat auf Grund der Information von Frau ***F** (Mitarbeiterin des Finanzamtes Österreich) die Abgabestelle ***PostAdr*** am kontaktiert, da laut Angabe von Frau ***F** vom die Beschwerde in Form des Originalschriftsatzes samt Beilagen bisher nicht eingegangen sei. Bei der zuständigen Poststelle ***PostAdr*** wurde die dafür verantwortliche Mitarbeiterin, Frau ***N***, kontaktiert und teilte diese mit, dass sie die Ansicht habe, dass an das Postfach des Finanzamtes Österreich mit der Postfachnummer 260 in 1000 Wien ein Schriftsatz in Form eines Ordners nicht zugestellt werden könne. Sie sehe das Telefonat aber als Nachforschungsantrag an und werde sich bemühen, eine Nachforschung zu bewirken.

Beweis: Memo des zuständigen Mitarbeiters ***C*** vom (Beilage 4)

Beweis: Zeugeneinvernahme von Frau ***N*** Mitarbeiterin der Poststelle ***PostAdr***

7. Posteingang beim Finanzamt Österreich:

Auf Seite 3 der Beschwerdevorentscheidung vom (vergleiche Beilage I) ist ersichtlich, dass das Finanzamt Österreich bestätigt, dass die Postsendung mit Datum hinsichtlich der Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 am einlangte. Hinsichtlich der Dauer des Postweges ist in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung nichts enthalten.

Auf die Ausführungen des , wird verwiesen. Gemäß § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet. Nach herrschender Rechtserfassung ist für den Beginn des Postlaufes maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird, wobei zur Feststellung dieses Zeitpunktes grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumstempel heranzuziehen ist (vergleiche .2019/15/0133).

Der Postaufgabestempel besitzt den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde, wobei ein Gegenbeweis jedoch zulässig ist (vergleiche ).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidungen (vergleiche Beilage 1 dieses Schriftsatzes) einen tauglichen Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der durch den Poststempel erfolgten Beurkundung nicht erbracht.

8. Nachforschung :

Nachdem die Information des Zugehens vom laut Seite 3 der Beschwerdevorentscheidung vom nicht bekannt war, hat der steuerliche Vertreter am nochmals mit der Abgabestelle Kontakt aufgenommen. Die am Postamt ***PostAdr*** zuständige Dame für die Nachverfolgung (Frau ***H***) teilte mit, dass die Ticketnummer GF-***1*** ausgestellt wurde und nunmehr der steuerliche Vertreter mit Verweis auf dieses Ticket mittels Kontaktformular auf der Homepage der Post AG (post.at) entsprechende Wünsche betreffend die Zustellung und die Urgenz der Österreichischen Post AG erteilen möge.

Beweis:

Gesendetes Kontaktformular mit Notiz (Beilage 5)

Darüber hinausgehend hat der steuerliche Vertreter am an die zuständige Postfiliale ***PostAdr*** ein Schreiben versandt betreffend die Zustellung der Beschwerde an das zuständige Finanzamt.

Beweis:

Schreiben an die Österreichische Post AG zu GZ ***2*** (Beilage 6)

Am erreichte den steuerlichen Vertreter die Empfangsbestätigung für die am gesandte Nachricht.

Beweis:

Mail von Frau ***Z*** (Beilage 7)

Am hat der steuerliche Vertreter um Urgenz betreffend den Nachweis der Zustellung der Beschwerdeschrift vom ersucht und diesbezüglich um umgehende Prüfung und Mitteilung gebeten.

Beweis:

Eingeschriebene Urgenz an die Österreichische Post AG zu GZ ***3*** (Beilage 8)

9. Schlussfolgerungen aus den bisherigen Sachverhaltsdarstellungen:

1. Aus den obigen Darstellungen ist bewiesen, dass die Beförderung der Post hinsichtlich des Dokuments der Beschwerde vom fristgerecht laut den entsprechenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung am um 17:06 Uhr übergeben wurde.

2. Auf Seite 3 der Beschwerdevorentscheidung vom ist ersichtlich, dass der Schriftsatz vom in Form der Beschwerde vom am einlangte. Die Dauer der Beförderung ist nicht dem Abgabepflichtigen zuzurechnen und stellt daher kein Fristversäumnis dar.

3. Die Erfassung der Zustellung bzw. die Nichterfassung der Zustellung der Österreichischen Post AG liegt nicht der Verantwortung des Abgabepflichtigen. Schließlich obliegt die Dokumentation der Zustellung ausschließlich im Machtbereich der Österreichischen Post AG.

4. Ergänzend wird festgestellt, dass das Finanzamt bestätigt, dass die gegenständliche Beschwerdeschrift vom nochmals am zugestellt wurde. Aus dem sicherlich aufbewahrten Umschlag ist ersichtlich, dass es sich hinsichtlich des Paketes mit dem Etikett der Österreichischen Post AG um die Nummer ***0000*** handelte. Somit ist festzuhalten, dass die Zustellung rechtzeitig erfolgte. Das gegenständliche Vorbringen ist nunmehr Teil der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der Beschwerdevorentscheidung.

Gleichzeitig stellt der Abgabepflichtige in eventu aber den

ANTRAG,

die Wiedereinsetzung in vorherigen Stand durchzuführen, da er durch die Versäumung der vorgenannten Fristen einen Rechtsnachteil erleidet und die Partei glaubhaft gemacht hat, dass sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis (der Österreichischen Post AG) verhindert war, die Zustellung zu beeinflussen. Darüber hinausgehend ist festzustellen, dass es ausschließlich im Verschulden der Österreichischen Post AG liegt, dass die Beförderungsdauer einen solch umfassenden Zeitraum umfasst.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 308 BAO ist fristgerecht erfolgt. "

Der Bf führte weiters u.a. aus, dass ihm keinerlei Verschulden an der nicht rechtzeitigen Zustellung der Beschwerdeschrift treffe; die im Rahmen des Organisationshandbuches dokumentierte Vorgehensweise würde genau die Einhaltung der Bestimmungen hinsichtlich der Postaufgabe vorsehen. Es sei auch kein auffallend sorgloses Handeln gegeben, zumal die Beschwerde auch umgehend nach Zustellung der Begründung zur Beförderung an die Post übergeben worden sei.

Die Organisation seines Kanzleibetriebes sei dergestalt eingerichtet, dass die richtige und fristgerechte Versendung von Beschwerdeschriften sichergestellt sei. Im gegenständlichen Fall habe die zuständige Mitarbeiterin ***BO*** entsprechend dem Organisationshandbuch gehandelt. Die besagte Mitarbeiterin übergebe regelmäßig (beinahe täglich) Poststücke der Post zur Beförderung. Somit liege auch keine grobes Auswahlverschulden in Bezug auf die betraute Mitarbeiterin vor, zumal diese in der Vergangenheit ihre Aufgabe (Übergabe von Poststücken zur Beförderung) mängelfrei erledigt habe. Darüber hinaus sei anzumerken, dass Parteienvertreter nicht dazu verhalten seien, die ausdrücklich angeordnete Postaufgabe auf ihr tatsächliches Stattfinden zu kontrollieren.

Die Kuvertierung der Post habe die Kanzleileiterin Frau ***G***, eine seit Jahrzehnten verlässliche Mitarbeiterin, überwacht.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine fristgerechte Übergabe der Beschwerdeschrift an die Post AG zur Beförderung handle; die Beförderung sei allerdings aufgrund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Hindernisses nicht fristgerecht durchgeführt worden.

Ein Hindernis sei unvorhersehbar, wenn dieses selbst bei Beachtung der persönlichen zumutbaren Sorgfalt nicht erkennbar sei. Unabwendbar sei ein Ereignis, welches zwar vorhersehbar sei, aber mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindert werden könne. Gegenständlich sei es für den Abgabepflichtigen unvorhersehbar gewesen, dass die Postlaufkette aus bisher unbekannten Gründen von Seiten der Österreichischen Post AG unterbrochen worden sei. Die Erhebungen der Abgabenbehörde hätten ergeben, dass derzeit nicht festgestellt werden könne, wo sich das gegenständliche Schriftstück befinde.

Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei innerhalb offener Frist nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden.

Gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag brachte der Bf eine Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide hinsichtlich Einkommensteuer 2012 bis 2018 sowie gegen die dazu ergangenen Sachbescheide (EStB 2012 bis 2018) und gegen die Bescheide betreffend eine Anspruchsverzinsung derselben Zeiträume ein.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom trug die Abgabenbehörde dem Bf auf, jene Angaben darzulegen, welche für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand notwendig seien. Gemäß § 309a lit d BAO habe der Antragsteller darzustellen, wann das Hindernis iSd § 309 Abs. 3 BAO aufgehört habe.

Mit Eingabe vom teilte der Bf in Bezug auf "Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages erforderlich sind" mit, dass das Finanzamt am eine Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde vom bzw. gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide derselben Zeiträume erlassen habe. Diese Beschwerdevorentscheidung sei am eingegangen. In der genannten BVE sei ausgeführt worden, dass laut einem mit der Post AG geführten Telefonat die Beschwerdeschrift derzeit noch nicht der belangten Behörde zugestellt worden sei. Auch sei bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Nachforschungsauftrag an die Post AG erteilt worden, wozu seitens des Bf auch kein Anlass bestanden habe.

Der Wegfall des Hindernisses iSd § 308 (3) BAO decke sich somit mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom .

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO als unbegründet ab.

Wörtlich führte die Behörde darin aus:

"Sachverhalt:

Am wurden vom Finanzamt Österreich die oa. Bescheide an den Antragsteller erlassen. Sowohl in den Einkommensteuerbescheiden, den Anspruchszinsenbescheiden als auch in den Wiederaufnahmebescheiden wurde jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung hingewiesen, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen waren.

Mit datierten Schreiben vom , eingelangt am wurde von der steuerlichen Vertretung des Abgabepflichtigen ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem § 212a BAO für den Betrag iHv € 389.725,33 gestellt. Begründet wurde dieses Ersuchen damit, dass "am heutigen Tage eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingebracht wurde."

Dem Umstand geschuldet, dass beim Abgabepflichtigen zum Zeitpunkt des Einlangens keine Beschwerde eingelangt war, wurde von der Mitarbeiterin der betrieblichen Veranlagung Frau ***F** am telefonisch beim steuerlichen Vertreter um Auskunft ersucht, ob eine Beschwerde eingebracht wurde, weil diese im System nicht aufrecht sei.

Mit E-Mail vom wurde folgendes E-Mail an das Finanzamt übermittelt: "Sehr geehrte Frau ***F**! Wie soeben telefonisch besprochen übermitteln wir Ihnen den Postnachweis und die Beschwerde ohne Beilagen zu Ihrer Verwendung. Mit freundlichen Grüßen i.A. ***G***".

Die Dokumente Beschwerde. pdf und Postnachweis.pdf wurden als Anlage mitübermittelt.

Die mitübermittelte Rechnung (Postnachweis.pdf) zeigt, dass am , um 17:06 Uhr, ein Poststück aufgegeben worden ist. Dabei ist ein Paket Inland bis 4 kg an die PLZ 1000 mit der Sendungsnummer ***0000*** verschickt worden.

In der übermittelten Bescheidbeschwerde wurde in den Beschwerdeanträgen (Punkt 4.) neuerlich ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem § 212a BAO für den Gesamtbetrag des mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten Zahlungsanspruches bis zur Entscheidung über die Beschwerde gestellt.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt Österreich um Ergänzung betreffend Beschwerde:

"Dem Finanzamt Österreich ist bis dato keine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingegangen. Auch die Abfrage der Sendungsverfolgungsnummer, die per Mail am dem Finanzamt übermittelt wurde, kommt zum Ergebnis, dass die Sendung noch nicht an den Empfänger übergeben wurde. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen zu führen, wonach die Beförderung einer Sendung durch die Post auf die Gefahr des Absenders erfolgt. Eine Eingabe gilt nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde wirklich behändigt worden ist, also ihr tatsächlich zugekommen ist. (). Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender (s. ). Hiefür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (vgl ). Aus diesem Grund werden Sie aufgefordert, einen Nachweis über das Einlangen der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 beim Finanzamt vorzulegen."

Am langte beim Finanzamt Österreich - Postfach 260 ein mit datiertes Schreiben der steuerlichen Vertretung ein, in dem Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 erhoben wurde. Beilagen waren diesem Schreiben nicht angeschlossen.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde wird unter Punkt 2. Folgendes ausgeführt:

"2.1. Die gegenständlichen Steuerbescheide sind am ausgefertigt und wurden am per Databox zugestellt. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig. Der Betriebsprüfungsbericht ist bisher als Begründung nicht zugegangen.

2.2. Die Begründung der Bescheide bezieht sich auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen ist. Der Betriebsprüfungsbericht wurde am ausgefertigt und am zugestellt. Dieser wurde postalisch irrtümlich einer anderen Steuerberatungskanzlei am zu gestellt wie auch aus dem Zustellvermerk am Deckblatt ersichtlich ist.

Beilage 39: Betriebsprüfungsbericht vom

2.3. Die Steuerbescheide wurden in Papierform sodann am dem zustellungsbevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder zugestellt. Die Beschwerde ist rechtzeitig."

Mit Schreiben vom , eingelangt am , erfolgte von Seiten der steuerlichen Vertretung die Beantwortung des Ergänzungsersuchens mit folgendem Inhalt:

"In Beantwortung Ihres Ersuchens um Ergänzung teilen wir Ihnen mit, dass wir die gegenständliche Sendung fristgerecht am an das zuständige Finanzamt Österreich übersandt haben. Die entsprechende Absendung ist für die Fristenwahrung maßgeblich. Eine in der Zwischenzeit durchgeführte Recherche bzw. Sendungsverfolgung hat ergeben, dass die Sendung (es handelt sich um einen Ordner) noch immer im Verteilungszentrum liegt. Wir haben nunmehr ersucht, die Zustellung durchzuführen, wobei die Zustellung an das Finanzamt Österreich, Marxergasse 4,1030 Wien, erfolgen wird. Bereits vorweg haben wir die Beschwerde per Mail übermittelt."

Am wurde beim Finanzamt Österreich, gemeinsame Einlaufstelle der Finanzämter Wien, ein weiteres Schreiben der steuerlichen Vertretung mit Datum persönlich überreicht, in dem eine Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 erhoben wurde. In diesem Schreiben waren auch Beilagen enthalten.

Zusammenfassend liegen dem Finanzamt Österreich, Dienststelle ***, nunmehr drei idente Beschwerdeschreiben vor:

1. Übermittlung der Beschwerde ohne Beilagen per Mail am an Frau ***F**,

2. Postalische Einbringung der Beschwerde ohne Beilagen an das Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien am ,

3. Persönliche Überreichung der Beschwerde mit Beilagen an das Finanzamt Österreich, gemeinsame Einlaufstelle der Finanzämter Wien, am .

Die Abfrage der Sendungsverfolgungsnummer bei Post.at vom hat ergeben, dass das Paket noch immer in Zustellung ist. Die letzte Aktualisierung hatte am stattgefunden.

Am wurde vom Finanzamt Österreich, Herrn Dr. ***AV***, telefonisch Rücksprache bei der österreichischen Post gehalten. Dazu wurde folgender Aktenvermerk angefertigt:

"Laut tel. Rücksprache bei der Post (+43 800 010 100) wurde das Paket definitiv noch nicht zugestellt. Ein Ersuchen des Absenders, dass die Zustellung an das Finanzamt Österreich, Marxergasse 4,1030 Wien, erfolgen soll, ist im Zustellsystem nicht vermerkt und auch nicht möglich, zumal laut Postauskunft kein Problem mit der Adresse des Empfängers besteht. Dass in das System von Seiten der Post nicht eingegriffen wurde, wird auch dadurch bestätigt, dass zu dieser Sendungsnummer bis dato noch kein Nachforschungsauftrag in Auftrag gegeben wurde (dies kann nur der Absender erwirken). Zuletzt wurde die Frage, ob man mit der Post vereinbaren kann, dass eine "persönliche Überreichung" eines Pakets durch den Postboten an das Infocenter eines Finanzamtes erfolgen soll, ablehnend beantwortet (Anm. durch Finanzamt: normal werden diese in der Einlaufstelle des Finanzamtes abgegeben und mit Posteingangsstempel und nicht mit 'persönlich überreicht' versehen). Die Post-Geschäftsfallnummer lautet: GZ-***4***"

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden vom und vom gern § 260 Abs 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht zurückgewiesen.

Begründet wurde dies damit, dass es sich bei der am eingelangten Beschwerde nicht um jene handle, die möglicherweise am zur Post gegeben worden sei. Dies deshalb, weil die Beschwerde vom per Kuvert aufgegeben worden sei (kein Paket) und keine Beilagen enthalten habe. Die Einbringung der Beschwerde vom könne auch als Reaktion der steuerlichen Vertretung auf den Vorhalt des Finanzamtes vom gesehen werden.

Auch bei der am eingelangten Beschwerde handle es sich nicht um jene, die möglicherweise am zur Post gegeben worden sei. Dies aus folgenden Gründen:

  • Laut Abfrage der Sendungsnummer würde die Sendung nach wie vor den Satus "Sendung in Verteilung" aufweisen (letzte Meldung am ).

  • Die telefonische Auskunft bei der Post am habe die bisherige Nichtzustellung bestätigt - "das Paket wurde definitiv noch nicht zugestellt".

  • Die Sendung sei laut Postauskunft an die Adresse des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien gerichtet worden, laut Vorbringen der steuerlichen Vertretung im Ergänzungsersuchen vom sei eine Adressänderung an das Finanzamt Österreich, Marxergasse 4,1030 Wien vorgenommen worden. Die telefonische Rücksprache bei der Post vom habe diesbezüglich auch ergeben, dass eine Adressänderung im System nicht vorgenommen worden sei. Dies werde auch nur bei Sendungen vorgenommen, bei denen die Empfängeradresse unrichtig angegeben worden sei, was jedoch im gegenständlichen Fall nicht der Fall wäre.

  • Im Ergänzungsersuchen vom wird von der steuerlichen Vertretung festgehalten, dass "eine in der Zwischenzeit durchgeführte Recherche bzw. Sendungsnachverfolgung" ergeben habe, dass die Sendung noch immer im Verteilungszentrum liege. Die telefonische Auskunft der Post am habe ergeben, dass bis dato kein Nachforschungsauftrag des Absenders für diese Sendung in Auftrag gegeben worden sei. Dieser wäre überhaupt eine Voraussetzung für ein Tätigwerden der Post.

  • Die am eingelangte Beschwerde sei von der gemeinsamen Einlaufstelle (Infocenter) der Finanzämter Wien mit "persönlich überreicht" gestempelt worden. Dies setze aber voraus, dass jemand die Sendung einem Mitarbeiter beim Schalter des Infocenters abgegeben habe. Bei der Übergabe durch einen Postboten werde das Schriftstück mit "Eingegangen + Datum" versehen.

Von der Abgabenbehörde werde auch die grundsätzliche Postaufgabe einer Beschwerde am in Zweifel gezogen. So enthalte die mit Datum versehene und am eingebrachte Beschwerde unter Punkt 4. - Beschwerdeanträge - einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO. Ebenfalls mit Datum sei ein separater Aussetzungsantrag desselben Sachbearbeiters erstellt worden, welcher tatsächlich auch bei der Abgabenbehörde am einlangt sei. Wenn entsprechend dem Vorbringen eine Beschwerde samt Aussetzungsantrag am versendet worden sei, weshalb werde am selben Tag nochmals ein Aussetzungsantrag erstellt und versendet.

Mit Schreiben vom wurde von der steuerlichen Vertretung ein Antrag auf Vorlage der Beschwerden vom , (Eingang laut BVE) und hinsichtlich der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , und der Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , beantragt.

Mit separaten Schreiben vom wurde von der steuerlichen Vertretung des Abgabepflichtigen in eventu ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und gleichzeitig die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingebracht. Dieser wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Nach Vorbringen der steuerlichen Vertretung sei der Antrag auf Wiedereinsetzung gem § 308 BAO fristgerecht erfolgt. Bereits aus den Erläuterungen der Bundesabgabenordnung ergebe sich, dass wiedereinsetzbare Fristen Berufungsfristen (nunmehr Beschwerdefristen) seien und darüberhinausgehend ein entsprechender Rechtsnachteil dem Abgabepflichtigen dadurch entstehe. Dies aus dem Umstand, dass die befristete Prozesshandlung nicht mehr vorgenommen werden könne. Ob die versäumte Handlung sich letztlich zum Vorteil der Partei auswirken würde, sei nicht maßgebend. Hinsichtlich des Ereignisses sei festzuhalten, dass es sich auf Grund der obigen Darstellung des Sachverhaltes um ein Geschehen handle, dass von der Österreichischen Post AG verursacht worden sei. Es liege somit von Seiten des Beschwerdeführers keinerlei Verschulden vor. Auch der steuerliche Vertreter habe keinerlei Verschulden gesetzt, da fristgerecht mit entsprechendem Nachweis die Übergabe der Beförderung erfolgt sei. Das vorgesehene Ereignis sei unvorhergesehen und kann die Partei nicht einberechnen, da sie die erforderliche persönliche zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht gewahrt habe. Hinsichtlich des Verschuldens sei ausdrücklich festzuhalten, dass kein grobes Verschulden vorliege, darüberhinausgehend sogar festgehalten werde, dass kein minderer Grad des Verschuldens gegeben sei. Darüberhinausgehend sei auch kein auffallendes sorgloses Handeln gegeben, da die gegenständliche Beschwerde auch umgehend nach Zustellung der Begründung zur Beförderung übergeben worden sei.

Im Hinblick darauf, dass die Mitarbeiterin fristgerecht und rechtzeitig entsprechend den Bestimmungen des Organisationshandbuches die Übergabe des gegenständlichen Schriftsatzes an die Österreichische Post AG zur Beförderung durchgeführt habe, führe dazu, dass ein Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters nicht gegeben sei. Der Parteienvertreter habe in seiner Organisation seines Kanzleibetriebes so eingerichtet, dass die richtige und fristgerechte Versendung von Beschwerdefristen und damit auch die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sichergestellt sei. Des Weiteren habe die zuständige Mitarbeiterin ***BO*** entsprechend dem Organisationshandbuch gehandelt und habe fristgerecht die Übergabe des Schriftsatzes zur Beförderung der Österreichischen Post AG durchgeführt. Somit sei auch kein grobes Auswahlverschulden vorliegend, da die Mitarbeiterin regelmäßig (beinahe täglich) entsprechende Schriftstücke zum Transport der Österreichischen Post AG übergebe und bisher keinerlei Mängel jeweils von nicht fristgerechten Zustellungen bekannt geworden seien. Diesbezüglich habe der Parteienvertreter auch seine Kanzleiorganisation so organisiert, dass die jeweiligen Fristen im Rahmen eines Vormerkbuches geführt werden, ein Fristenkalender vorliegend sei und auch jeweils die gegenständliche Frist nach Erledigung ausgetragen werde, was auch am erfolgt sei. Beweis: Zeugeneinnahme Frau ***BO***. Darüberhinausgehend müsse festgehalten werden, dass der Parteienvertreter die ausdrücklich angeordnete Postaufgabe nicht auf ihr tatsächliches Stattfinden kontrollieren müsse und darüberhinausgehend auch nicht verpflichtet sei, den Postlauf nachzuvollziehen und die Österreichische Post AG zu kontrollieren, ob die Zustellung des Schriftstückes ordnungsgemäß erfolgt sei (vgl ). Darüberhinausgehend habe die Kuvertierung die Kanzleileiterin ***G***, die eine seit Jahrzehnten verlässliche Kanzleikraft sei, überwacht.

Der gegenständliche Antrag sei innerhalb offener Frist nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Dieser Antrag entspreche inhaltlich den Erfordernissen des § 309a BAO."

Mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Antragsteller ein Mängelbehebungsauftrag erlassen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom weise durch das Fehlen von Inhaltserfordernissen (§ 309a BAO) den nachfolgenden Mangel auf: Die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind. Nach § 309a lit d BAO ist darzustellen, wann das Hindernis iSd § 308 Abs 3 BAO aufgehört hat. Die Formulierung "fristgerecht" (Seite 6 des Schreibens) und "innerhalb offener Frist" (Seite 8 des Schreibens) ist hier nicht ausreichend (vgl Ritz, BAO6 § 309a Rz 7).

Der angeführte Mangel ist gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.

Der Bescheid - Mängelbehebungsauftrag - wurde laut Rückschein der steuerlichen Vertretung des Bf. am zugestellt.

Mit Schreiben vom erfolgte - neben einer Vorhaltsbeantwortung - auch die Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages.

"2. Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages erforderlich sind:

2.1. Das Finanzamt Österreich - Dienststelle 22 - hat am eine Beschwerdevorentscheidung betreffend eine Beschwerde vom gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 - 2018 sowie den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für den Zeitraum 2012 - 2018 erlassen. Diese Beschwerdevorentscheidung ist am August [sic!] eingegangen. Betreffend diese Beschwerdevorentscheidung wurde am [gemeint wohl ] ein Vorlageantrag zur Vorlage der Entscheidung an das Bundesfinanzgericht (GZ: 21376/2021/1848) gestellt.

Beilage 1: Vorlageantrag vom 02.09.2021zu GZ: 21376/2021/1848

2.2. In der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung (Seite 4) teilt der Rechtsmittelreferent Dr. ***AV2** mit, dass er telefonisch Rücksprache mit der Österreichischen Post AG gehalten habe und die Beschwerdeschrift noch nicht der belangten Behörde zugestellt worden sei. Auch sei bis zu diesem Zeitpunkt kein Nachforschungsauftrag an die österreichische Post AG erteilt worden, wozu von Seiten des Beschwerdeführers aus keinerlei Anlass bestand.

2.3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von 3 Monaten (§ 308 Abs. 3 BAO) nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages gilt § 249 Abs.1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen. Die gegenständliche Beschwerdeschrift sei laut Ansicht der belangten Behörde durch Versäumnis der Beschwerdefrist nicht fristgerecht eingebracht worden. Die Beschwerdevorentscheidung vom lautet: ,Ihre Beschwerde vom wird gem. § 260 Abs. 1 iit. b BAO als nicht fristgerecht zurückgewiesen.' Der Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 308 Abs. 3 BAO ist somit mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom zu werten.

Die Bestimmungen des § 249 Abs. 1 dritter Satz BAO lauten, wonach eine Bescheidbeschwerde innerhalb der Frist gem. § 245 beim Verwaltungsgericht eingebracht werde, so gilt diese als rechtzeitige Einbringung. Das Verwaltungsgericht habe die bei ihr eingebrachte Bescheidbeschwerde unverzüglich an die Abgabenbehörde weiterzuleiten. Dieser Sachverhalt ist nicht auf gegenständlichen Fall zutreffend.

2.5. Es wurde eine Sendungsverfolgung in Auftrag gegeben. Die entsprechende Suchnummer lautet ***0000*** daraus ergab sich, dass die österreichische Post AG nicht feststellen konnte, wo die gegenständliche Sendung befindlich sei, sie konnte aber auch nicht ausschließen, dass in der Zwischenzeit eine Zustellung erfolgte. Eine weitere Einsichtnahme in die Sendungsverfolgung zu Suchnummer ***0000*** vom ergab, dass ,Zu Ihrer Abfrage konnten keine Daten gefunden werden' dies weist darauf hin, dass die österreichische Post AG den Sendungsverfolgungsauftrag aus dem System genommen hat. Eine nähere Begründung liegt nicht vor.

Beilage 2: Aufgabeschein zu ***0000***
Abruf der Sendungsverfolgung vom

2.6. Aus der Beschwerdevorentscheidung vom , wonach die Beschwerde als nicht fristgerecht zurückgewiesen wird' stellt fest, dass die Frist versäumt ist. Es ist somit keine Abweisung des Antrages mit der Begründung möglich, dass den Fristenlauf auslösende Schriftstück (Wiederaufnahme- und Sachbescheide) bisher nicht zugestellt worden sei. Als Schlussfolgerung ist festzuhalten, dass somit eine Zustellung von Seiten der belangten Behörde nicht mehr bestritten wird.

2.7. Zusammenfassend wird nochmals festgehalten, dass die Voraussetzungen des § 308 BAO voll inhaltlich erfüllt sind und der Beschwerdeführer einen Rechtsnachteil durch die versäumte Handlung erleidet. Darüber hinausgehend liegt ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vor. Dem Beschwerdeführer trifft kein grobes Verschulden, da seit Jahrzehnten die Einbringung von Beschwerden ohne jegliche Fristsäumnis durch den steuerlichen Vertreter gleichartig erfolgte. Die Umstellung der Finanzbehörden ab auf das Finanzamt Österreich und die eventuelle damit in Verbindung stehende Problematik, dass keine Ordner als Schriftstücke an die Postadresse 1000 Wien, Postfach 260 zugestellt werden können, ist nicht dem Beschwerdeführer zuzuordnen, dass die belangte Behörde wohl ein ausreichend großes Postfach betreibt, welches auch Platz für einen Ordner hat."

Rechtslage:

§ 308 Abs 1 und 3 BAO lauten:

(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) (aufgehoben)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

§ 309a BAO lautet:

Der Wiedereinsetzungsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der versäumten Frist oder der versäumten mündlichen Verhandlung;

b) die Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (§ 308 Abs 1);

c) die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Fristversäumung oder der Versäumung der mündlichen Verhandlung notwendig sind;

d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind.

§ 310 BAO lautet:

(1) Die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand obliegt der Behörde, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war.

(2) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, steht die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

(3) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Soweit die versäumte Handlung erst die Einleitung eines Verfahrens zur Folge gehabt hätte, ist durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung die ursprünglich versäumte Handlung als rechtzeitig vorgenommen anzusehen.

Rechtliche Würdigung:

Die Voraussetzungen für eine Bewilligung einer Wiedereinsetzung sind die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung, ein hiedurch entstandener Rechtsnachteil, ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, kein grobes Verschulden sowie ein rechtzeitiger Antrag auf Wiedereinsetzung.

Ein unvorhergesehenes Ereignis ist ein solches, welches die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 9).

Ein solches Ereignis ist z.B. der Verlust eines Schriftstückes auf dem Postweg (Ritz/Koran, BAO7 § 308 Rz 11).

Des Weiteren ist der Wiedereinsetzungsantrag nur rechtzeitig, wenn er spätestens drei Monate nach Wegfall des Hindernisses gestellt wurde, wobei fristrelevant ist, wann die Fristversäumung erkennbar wird (zB ). Es kommt somit auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit der Fristversäumung an.

Im gegenständlichen Fall war das Erkennens des Irrtums der Partei, die Beschwerde wäre ordnungsgemäß zugestellt worden und nicht auf dem Postweg verloren gegangen, als die zuständige Mitarbeiterin der betrieblichen Veranlagung, Frau ***AC*** ***F**, am die steuerliche Vertretung über das Nichteinlangens der Beschwerde telefonisch informiert hat.

Der Grund für die Nachfrage beim steuerlichen Vertreter war, dass vom Abgabepflichtigen mit Schreiben vom , eingelangt am , ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für den Betrag iHv. € 389.725,33 beim Finanzamt gestellt wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt keine Beschwerde angemerkt bzw. vorhanden ist.

Mit dem Ergänzungsersuchen vom (Anmerkung: rund zwei Monate nach Aufgabe des Poststückes) wurde die steuerliche Vertretung des Abgabepflichtigen nochmals über das Nichteinlangen des Poststückes beim Finanzamt in Kenntnis gesetzt: "Dem Finanzamt Österreich ist bis dato keine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingegangen."

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der steuerlichen Vertretung des Antragstellers das Erkennen der Fristversäumnis zumutbar. Eine Gewissheit über das Vorliegen einer Fristversäumnis (zB durch Zurückweisung der Beschwerde durch Beschwerdevorentscheidung gem § 260 Abs 1 lit b BAO) ist nach der VwGH-Judikatur für den Beginn des Fristenlaufes nicht erforderlich (zB ; , 2003/14/0005; , 93/13/0092; , 90/03/0030).

Dass der Antragsteller bereits zu diesem Zeitpunkt den Verlust des Poststückes und somit die Versäumung der Frist zu diesem Zeitpunkt schon erkannt hat, deutet auch der Umstand der Einbringung einer (weiteren) Beschwerde am hin. In diesem Zusammenhang wird auf die Vorhaltsbeantwortung vom verwiesen, in der der Bf. auf die Frage "Weshalb haben Sie beim Finanzamt mehrere Beschwerden eingebracht?" Folgendes antwortet:

"Vorweg ist festzuhalten, dass nicht "leere Beschwerde[n]" eingebracht wurden. Vielmehr wurde die ursprüngliche Beschwerde nach Zugehens der Information, dass wohl der Antrag auf Aussetzung der Einhebung bei der zuständigen Referentin eingegangen sei, nicht aber die Beschwerdefrist selbst, die Beschwerde nochmals gleichartig weggesandt wurde."

Ebenso ist aus der im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrages vorgelegten Beilage ./6 - Schreiben an die Österreichische Post AG vom - ersichtlich, dass die steuerliche Vertretung des Abgabepflichtigen bereits Kenntnis von der Nichtzustellung der Beschwerde hatte. Dort heißt es ua.: "Bei einer routinemäßigen Überprüfung der Sendungsdetails, haben wir festgestellt, dass diese nicht zugestellt wurden."

Der Antragsteller hatte also nicht erst ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am Kenntnis vom Nichteinlangen der Beschwerde bei der Abgabenbehörde erlangt, sondern konnte und musste diesen Umstand schon geraume Zeit vorher ( bzw. ) als solchen erkennen ().

Zuletzt ist der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass es in den Fällen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht am Finanzamt liegt den Zeitpunkt des Wegfalles des Hindernisses zu beweisen, sondern, dass es auf Grund des klaren Gesetzeswortlauts am Antragsteller liegt, glaubhaft zu machen, wann das unvorhergesehene bzw unvorhersehbare Ereignis weggefallen ist.

Ergänzend darf das Finanzamt auch auf zwei Widersprüche im Wiedereinsetzungsantrag hinweisen:

  • So wird von steuerlichen Vertretung des Abgabepflichtigen auf Seite 7 des Schreibens ausgeführt, dass "bisher keinerlei Mängel jeweils von nicht fristgerechten Zustellungen bekannt geworden sind." Die Beilage./6 enthält aber ein Schreiben, datiert vom , welches von der steuerlichen Vertretung an die Österreichische Post AG adressiert war, in dem festgehalten wurde, dass neben der gegenständlichen Sendungsnummer ***5*** eine weitere Sendungsnummer RQ***6*** nicht zugestellt wurde: "Am haben wir eine Rechtfertigung nach *** versendet, welche nach derzeitigem Status seit 2 Monaten immer noch in Zustellung ist."

  • Auf Seite 7 des Schreibens wird von der steuerlichen Vertretung festgehalten, dass darüberhinausgehend "die Kuvertierung die Kanzleimitarbeiterin ***G***, die eine seit Jahrzehnen verlässliche Kanzleikraft ist, überwacht hat. Tatsächlich handelt es sich beim verlorengegangenen Poststück aber um kein Kuvert, sondern um ein Paket.

Da der Antragsteller den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst am , sohin mehr als drei Monate nach Wegfall des Hindernisses gestellt hat, war der Antrag als verspätet zurückzuweisen."

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom , wobei dieser in Bezug auf die Beschwerdebegründung auf sein im Wiedereinsetzungsantrag dargelegtes Vorbringen verwies. Weiters wandte der Bf ein, dass zahlreiche Beweise nicht gewürdigt worden seien sowie dass der finanzamtliche Aktenvermerk vom nicht schlüssig sei. Aus dem besagten Aktenvermerk seien weder der Zeitpunkt des zwischen Dr. ***AV*** (FA-Rechtsmittelreferent) und dem Postmitarbeiter geführten Telefonats noch der Name des Postbediensteten zu ersehen. Die eingelösten Tickets lauteten "***7*** und ***8***"; weshalb das Finanzamt eine Geschäftsfallnummer (GZ-***4***" mit der Syntax "GZ" anführt) sei fraglich. Bemängelt werde zudem, dass keine Information betreffend des Eintrags vom vermerkt sei. Im System der österreichischen Post AG habe sich die Sendung am "in Verteilung" befunden; diese Angabe sei aus dem Aktenvermerk nicht zu entnehmen. Daher sei der Mitarbeiter des Finanzamtes zu befragen, weshalb er mit "persönliche Überreichung" und nicht mit dem Posteingangsstempel gestempelt habe. Daraus ergebe sich die Unvollständigkeit und Unschlüssigkeit des Aktenvermerkes.

Auch sei keine Befragung der Kanzleimitarbeiterin ***BO*** erfolgt, welche beweisen könne, dass sie den Ordner der Post AG ordnungsgemäß und fristgerecht abgegeben habe.

Der Bf beantragte die Stattgabe des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

In seiner Ergänzungseingabe vom führt der Bf u.a. aus, dass die belangte Behörde zwar bestätige ein Beschwerdeschreiben erhalten zu haben, sie bleibe allerdings den Beweis über das nicht fristgerechte Einlangen schuldig. Den Ausführungen der Behörde sei kein Glauben zu schenken, da es sich diesbezüglich um eine reine Schutzbehauptung handle.

Das Finanzamt legte die vorliegende Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - der Bf hatte ausdrücklich auf die Erlassung einer solchen verzichtet und die ungesäumte Vorlage seines Rechtsmittels an das Verwaltungsgericht beantragt - dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

In seinem Vorlagebericht hielt der Amtsvertreter Nachstehendes fest:

"Sachverhalt:

Zum Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf. genannt) werden beim BFG unter den Geschäftszahlen RV/7102781/2021 und RV/7103350/2021 bereits zwei Beschwerdeverfahren geführt, bei denen die Abgabenbehörde die Beschwerden (vom und vom ) gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide als verspätet zurückgewiesen hat.

In weiterer Folge hat der Bf. am einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (in eventu) sowie eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 gestellt.

Die Abgabenbehörde hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO vom bezüglich der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen

- die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am ,

- die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , und

- die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen (korrekt wäre "zurückzuweisen" gewesen). Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am .

Dabei führte die Abgabenbehörde im Wesentlichen aus, dass der Verlust eines Schriftstückes auf dem Postweg ein unvorhergesehenes Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO jedenfalls sei, der Antrag des Bf. aber nicht innerhalb von drei Monaten ab Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei und er deshalb als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

Mit Schreiben vom wurde vom Bf. fristgerecht das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid vom eingebracht. Dabei wurde vom Bf. der ausdrückliche Antrag gestellt, dass auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gem § 262 Abs. 2 lit. a BAO verzichtet und beantragt werde, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Bezüglich der Begründung wird vom Bf. zunächst auf den "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2012 - 2018 vom " (Anm. gemeint wohl Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom ), auf die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 - 2018 und auf die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen der Jahre 2012 - 2018 (Anm. diese liegen dem BFG schon vor und werden in den beiden oa Verfahren geführt) verwiesen. Eine ergänzende Begründung werde von der steuerlichen Vertretung nach Vorlage weiterer Unterlagen eingebracht. Hinsichtlich der Beweiswürdigung werde vom Bf. bemängelt, dass zahlreiche Beweise nicht gewürdigt worden seien. Insbesondere werde darauf hingewiesen, dass der Aktenvermerk vom nicht schlüssig sei.

Bezüglich des weiteren Verfahrensablaufes bzw. der Sachverhaltsdarstellung darf auf die ausführliche Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen werden.

Beweismittel:

- Einkommensteuer-, Anspruchszinsen- und Wiederaufnahmebescheide vom ,

- Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ,

- Schreiben des Bf. vom , eingelangt am , mit dem ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO gestellt wurde,

- E-Mail des Bf. vom mit Beilagen Beschwerde.pdf und Postnachweis.pdf

- Aktenvermerk von Frau ***F** vom ,

- Vorhalt des Finanzamtes vom um Ergänzung betreffend Bescheidbeschwerde

- Datiertes Schreiben vom , eingelangt am , mit dem Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 erhoben wurde (ohne Beilagen),

- Schreiben vom mit Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom ,

- Datiertes Schreiben vom , persönlich überreicht am , mit dem Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 erhoben wurde,

- Aktenvermerk von Dr. ***AV*** vom über Telefongespräch mit der österreichischen Post,

- Beschwerdevorentscheidungen vom , mit dem die Beschwerden vom und vom als nicht fristgerecht zurückgewiesen wurden,

- Schreiben vom , mit dem ein Antrag auf Vorlage der Beschwerden vom , und hinsichtlich der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012 bis 2018, der Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2018 und der Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2012 bis 2018, jeweils erlassen am , beantragt wurde,

- Schreiben vom , mit dem ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (in eventu) sowie eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 gestellt wurde,

- Bescheid - Mängelbehebungsauftrag vom bezüglich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Zustellung laut Rückschein am ),

- Vorhalt vom bzgl des Vorlageantrages,

- Schreiben vom mit Beantwortung des Vorhaltes und des Mängelbehebungsauftrages,

- Aktenvermerk von Dr. ***AV*** vom ,

- Bescheid vom , mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen wurde (Zustellung laut Rückschein am ),

- Beschwerde vom gegen den Bescheid vom .

Stellungnahme:

Vorweg ist festzuhalten, dass der Bf. im Rahmen seiner Bescheidbeschwerde vom ausdrücklich auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet hat (§ 262 Abs. 2 lit. a BAO) und von der Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird (§ 262 Abs. 2 lit. b BAO).

Nach der für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Bestimmung des § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110 BAO) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten.

Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, eingebracht werden. Bei Versäumung einer Beschwerdefrist (§ 245 BAO) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264 BAO) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz BAO sinngemäß. Spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist somit nur rechtzeitig, wenn er spätestens drei Monate nach Wegfall des Hindernisses gestellt wurde. Fristrelevant ist, wann erstmals die Fristversäumung erkennbar wird (zB ; , 97/14/0106: "spätestens ab Erkennen der Fristversäumung"). Dies kann zB aus einem wegen Verspätung des Anbringens zurückweisenden Bescheid der Fall sein, außer der Fristablauf war bereits vorher erkennbar (, ZfVB 1991/2/778; auf Erkennbarkeit bei gehöriger Aufmerksamkeit abstellend , ZfVB 1997/5/1821 und , 96/21/0124, ZfVB 1998/4/1297).

Im gegenständlichen Fall steht zweifelsfrei fest, dass der Bf. bereits vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen vom Kenntnis vom Nichteinlangen der Beschwerde bei der Abgabenbehörde erlangt hat:

- : Die Mitarbeiterin der betrieblichen Veranlagung, Frau ***F**, ersucht an diesem Tag telefonisch um Auskunft beim Steuerberater, weshalb mit Schreiben vom (eingelangt am ) ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung eingelangt war, nicht jedoch eine Beschwerde.

- : E-Mail der steuerlichen Vertretung an Frau ***F**: "Sehr geehrte Frau ***F**! Wie soeben telefonisch besprochen übermitteln wir Ihnen den Postnachweis und die Beschwerde ohne Beilagen zu Ihrer Verwendung. Mit freundlichen Grüßen i.A. ***G***"

- : Aktenvermerk durch Mitarbeiterin Frau ***F**: "Beschwerde bis dato nicht eingescannt, wg AE-Antrag Nachfrage beim Stb, dieser hat die Beschwerde und einen Postnachweis mit Mail eingereicht -Mail an FB wg Anerkennung Beschwerde? @F***9*** ,210421@"

- : Vorhalt des Finanzamtes Österreich an den Bf. betreffend Beschwerde: "Dem Finanzamt Österreich ist bis dato keine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingegangen. Auch die Abfrage der Sendungsverfolgungsnummer, die per Mail am dem Finanzamt übermittelt wurde, kommt zum Ergebnis, dass die Sendung noch nicht an den Empfänger übergeben wurde. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen zu führen, wonach die Beförderung einer Sendung durch die Post auf die Gefahr des Absenders erfolgt. Eine Eingabe gilt nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde wirklich behändigt worden ist, also ihr tatsächlich zugekommen ist. (). Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender (s. ). Hiefür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (vgl ). Aus diesem Grund werden Sie aufgefordert, einen Nachweis über das Einlangen der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 beim Finanzamt vorzulegen."

- : Im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrages wurde ein Schreiben vom als Beilage angefügt, welches an die Österreichische Post gesendet wurde. Dort heißt es ua.:

"Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit nehmen wir Bezug auf die im Betreff genannte Sendungsnummer, welche von uns in Ihre Postfiliale ***PostAdr*** aufgegeben wurden. Bei einer routinemäßigen Überprüfung der Sendungsdetails haben wir festgestellt, dass diese nicht zugestellt wurden. […]"

- : Mit Schreiben vom , eingelangt am , führt der Bf. aus, dass eine in der Zwischenzeit durchgeführte Recherche bzw. Sendungsnachverfolgung ergeben habe, dass die Sendung noch immer im Verteilungszentrum liege.

- : Mit Schreiben vom erfolgte - neben der Mängelbehebung - auch eine Vorhaltsbeantwortung. Auf die Frage, "Weshalb haben Sie beim Finanzamt mehrere Beschwerden eingebracht?" hat der Bf. folgendes geantwortet:

"Vorweg ist festzuhalten, dass nicht ,leere Beschwerde[n]' eingebracht wurden. Vielmehr wurde die ursprüngliche Beschwerde nach Zugehens der Information, dass wohl der Antrag auf Aussetzung der Einhebung bei der zuständigen Referentin eingegangen sei, nicht aber die Beschwerdeschrift selbst, die Beschwerde nochmals gleichartig weggesandt wurde."

Aus all dem kann geschlossen werden, dass dem Antragsteller die Kenntnis des Nichteinlangens der Beschwerde vom bei der Abgabenbehörde nicht erst mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom , sondern bereits mit dem Telefonat vom bzw. mit dem Vorhalt der Abgabenbehörde vom zugegangen ist.

Da eine Paketzustellung laut Website der Österreichischen Post (https://www.post.at/p/c/faq privat#FAQ***10***) innerhalb Österreichs in der Regel innerhalb von zwei Werktagen erfolgt, war aus Sicht der Abgabenbehörde das Erkennen der Fristversäumnis für den Antragsteller bereits mit dem Telefonat vom (1 Monat und 6 Tage nach Postaufgabe) bzw. spätestens mit dem Vorhalt vom (knapp 2 Monate nach Postaufgabe) nicht nur zumutbar, sondern geboten. Eine Gewissheit über das Vorliegen einer Fristversäumnis ist nach der VwGH-Judikatur für den Beginn des Fristenlaufes nicht erforderlich (zB ; , 2003/15/0005; , 93/13/0092; , 90/03/0030). Seites des Finanzamtes wird daher beantragt, die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom (zugestellt am ) als unbegründet abzuweisen."

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ersuchte das Gericht die Post AG (Kundenservice-Leitung) um Bekanntgabe, ob Aufzeichnungen in Bezug auf eine Zustellung der am beim Postamt ***PostAdr*** aufgegebenen Paketsendung (Sendungsnummer ***0000***) vorhanden seien, welche eine Zustellung der Sendung verlässlich dokumentieren sowie ob ein Nachforschungsauftrag zur genannten Sendung erteilt worden sei. Weiters wurde der Post AG aufgetragen, den Korrespondenzverlauf zum ***11*** vorzulegen.

Mit Antwortschreiben vom teilte die Post AG dem Gericht mit, dass sich zur angeführten Paketsendung keine Aufzeichnungen im postinternen System mehr befinden würden, zumal die Nachforschungsfristen je nach Sendungsart lediglich drei bzw. sechs Monate betragen würden. Auch die Postfundstelle habe keinerlei Aufzeichnungen über die genannte Sendungsnummer. Im System der Post würde zudem auch kein Nachforschungsauftrag zur nämlichen Paketsendung aufscheinen. Da von Seiten der Post aus Gründen des Datenschutzes Geschäftsfälle lediglich über einen Zeitraum von drei Jahren gespeichert würden, lägen auch keinerlei Informationen in Bezug auf das gezogene Ticket ***8*** (Email von *A* ***Z*** vom an die steuerliche Vertretung des Bf betreffend Weiterleitung der Sendung an die zuständige Fachabteilung) vor.

Im Zuge der abgeführten Beschwerdeverhandlung gab der steuerliche Vertreter Mag. **STB*** zu Protokoll, dass die in Streit stehende Frist für die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages mit dem Datum der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom (betrifft Beschwerde gegen die Bescheide betreffend WA (ESt), ESt und Anspruchszinsen für 2012 bis 2018) zu laufen begonnen habe. Erst ab diesem Zeitpunkt habe sich die steuerliche Vertretung einigermaßen sicher sein können, dass das am der Post AG zur Beförderung übergebene Paketstück möglicherweise in Verstoß geraten sein könnte. Die Erkennbarkeit in Bezug auf eine Fristversäumnis im Mai 2021 sei aus dem Grunde nicht gegeben, da im Postverfolgungssystem das Poststück sich bis zum noch "in Verteilung" befunden habe und damit eine Unsicherheit in Bezug auf eine mögliche Zustellung existiert habe. Nach Ansicht des steuerlichen Vertreters sei das Poststück ohnedies am der belangten Behörde zugestellt worden; der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ohnedies lediglich aus Gründen der Vorsicht eingebracht worden.

Die Amtsvertreterin entgegnete, dass laut gefestigter höchstgerichtlicher Judikatur für den Beginn des Fristenlaufes nicht die Gewissheit über eine eingetretene Fristversäumnis erforderlich sei; vielmehr sei auf die zumutbare Erkennbarkeit abzustellen. Eine zumutbare Erkennbarkeit in Bezug auf eine Fristversäumnis habe bereits im April bzw. Mai 2021 vorgelegen. Bereits am sei die steuerliche Vertretung von einer Mitarbeiterin des Finanzamtes (*E* ***F**) telefonisch über das Nichteinlangen der Beschwerde informiert worden. Im Vorhalt vom habe die belangte Behörde diese Information dem Bf bzw. dessen steuerlichen Vertreter abermals zur Kenntnis gebracht. Auch die steuerliche Vertretung führe in ihrem Schreiben vom an die Post AG dezidiert an, dass bei einer routinemäßigen Überprüfung der Sendungsdetails festgestellt worden sei, dass das Poststück noch nicht zugestellt worden sei. Daraus folge, dass der Bf spätestens im Mai 2021 Kenntnis über die nicht erfolgte Zustellung der Beschwerde gehabt haben musste.

Der im Zuge der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommene ***C*** (bei der steuerlichen Vertretung als Buchhalter angestellt und mit der Kontaktaufnahme mit der Post AG und dem FAÖ im ggst Beschwerdefall beauftragt bzw. betraut) gab über Befragen durch den Richter an, dass er sämtliche vom ihm gesetzten Aktivitäten mit seinem Vorgesetzten Mag. **STB*** abzusprechen gehabt habe. Sein Vorgesetzter habe ihm konkrete Weisungen erteilt, was zu machen sei. Die Mitarbeiterin der Post-Hotline, mit welcher er erstmals telefonisch Kontakt aufgenommen habe, habe möglicherweise nicht, wie von ihm angegeben, Frau ***N*** geheißen. Es sei ihm eingedenk, dass diese Dame fließend Deutsch gesprochen habe und das Telefongespräch länger angedauert habe. Am sei sodann im Postwege ein eingeschriebenes Urgenzschreiben an das Postamt ***PostAdr***, Filialleitung, ergangen, mit welchem die Zustellung des Poststückes urgiert worden sei. Am selben Tage sei von Seiten der Post AG eine Email der Postmitarbeiterin *A* *Z* eingelangt, mit welcher mitgeteilt worden sei, dass die zuständige Fachabteilung über die Weiterleitung des Poststücks bereits informiert worden sei. Er (Zeuge) habe laufend die Sendungsverfolgungsfunktion betätigt und sich so über den Verbleib der Postsendung vom ein Bild gemacht. Letztendlich sei er davon ausgegangen, dass die Beschwerdeeingabe am beim Finanzamt eingelangt sei; allerdings sei dieser Vorgang im System der Post AG nicht erfasst worden. Für ihn sei die Mitteilung der Post AG vom über die Weiterleitung des Poststückes relevant gewesen. Ob er nach dem nochmals die Post kontaktiert habe, könne er nicht mehr angeben. Ebenso entziehe sich seiner Kenntnis, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag am eingebracht worden sei. Als Buchhalter sei er für die Abfassung von Rechtsmitteln nicht zuständig gewesen; diese Kompetenz sei bei seinem Vorgesetzten Mag. **STB*** gelegen. Er könne auch nicht angeben, weshalb am nochmals eine idente Beschwerde im Postwege an das FAÖ übermittelt worden sei. Ebenso entziehe sich seiner Kenntnis, ob letztlich ein förmlicher Nachforschungsauftrag an die Post AG erging. Er habe jedenfalls alles Mögliche versucht um Licht in die Sache zu bringen und den Verbleib des Poststücks zu eruieren; dabei habe er sehr häufig den Sendestatus online abgefragt.

Der ebenso zeugenschaftlich einvernommene Mag. **STB*** gab über Befragen durch den Richter ua. an, dass er als direkter Vorgesetzter von ***C*** über alle Aktivitäten und Nachforschungsmaßnahmen laufend informiert worden sei.

Die Amtsvertreterin beantragte die Abweisung des Beschwerdebegehrens wegen Versäumung der Frist für die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages. Der steuerliche Vertreter beantragte, das Gericht möge der Beschwerde stattgeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. brachte mit Datum einen Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und begründete dies mit dem Argument, dass die am zur Post gegebene Beschwerdeschrift samt beiliegendem Ordner offenbar durch das alleinige Verschulden der Post bei der Abgabenbehörde nicht eingelangt sei. Aus diesem Grunde habe er durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Hindernis die Frist für die Einbringung der Beschwerde versäumt. Die Einbringung der Beschwerde sei jedenfalls innerhalb der Beschwerdefrist abgefasst und der Post am zur Beförderung übergeben worden. Dies alles sei durch erfahrene Mitarbeiter geschehen. Die Frist für die Einbringung des Rechtsbehelfes der Wiedereinsetzung idvSt sei gewahrt, zumal der Fristenlauf mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am (über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme-, Sach- und Anspruchszinsenbescheide 2012 bis 2018) beginne.

Die belangte Behörde wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab, wobei diese ausführte, die gesetzliche Frist von drei Monaten für die Stellung des besagten Rechtsbehelfes sei nicht eingehalten worden. Diese Frist werde nicht dann ausgelöst, wenn der Steuerpflichtige definitiv Kenntnis über die Nichtzustellung des Poststückes hat, sondern bereits dann, wenn eine zumutbare Erkennbarkeit einer Fristversäumnis vorliege.

2. Beweiswürdigung

Das Gericht legt seiner Beweiswürdigung die aktenkundigen Urkunden sowie das schriftlich und mündlich erstattete Vorbringen der Verfahrensparteien zugrunde. Einbezogen in die Beweiswürdigung wurden zudem die Aussagen der beiden Zeugen ***C*** und Mag. **STB***.

Nähere Ausführungen mögen aus Pkt. 3 dieses Erkenntnisses entnommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 308 BAO in der für die Streitzeiträume geltenden Fassung ordnet an:

"(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 124/2003)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

(4) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung auch bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist."

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. Nr. 680/1994)

Gemäß § 309a BAO hat der Wiedereinsetzungsantrag zu enthalten:

a) bis c) …
d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind."

Im vorliegenden Fall ist lediglich strittig, ob das Tatbestandsmerkmal der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages vorliegt. Die Existenz der restlichen Tatbildmerkmale, die eine Wiedereinsetzung idvSt rechtfertigen, wird von Seiten der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.

Der VwGH hatte sich in seinem Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0035, mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer im Postwege verloren gegangenen Beschwerde möglich ist.

Allgemein führte der VwGH aus, dass gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleide, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen (§ 308 Abs. 1 BAO). Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liege, hindere die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, sofern es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handle.

Der Wiedereinsetzungsantrag müsse nach § 308 Abs. 3 BAO binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen gewesen sei, eingebracht werden.

Im vom VwGH zu beurteilenden Fall war unbestritten, dass die revisionswerbenden Parteien innerhalb der verlängerten Beschwerdefrist eine Bescheidbeschwerde der Post zum eingeschriebenen Versand übergeben hatten. Dass dieses Schriftstück beim Finanzamt eingelangt sei, konnte nicht belegt werden.

Das Höchstgericht führte aus, dass gemäß seiner ständigen Rechtsprechung die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolge. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstücks bei der Behörde treffe somit den Absender. Dafür reiche der Beweis der Postaufgabe nicht aus.

Ab Einlangen in der Einlaufstelle befinde sich ein Poststück (Eingabe, Schriftsatz, etc.) hingegen in der Sphäre der Behörde, die sich der Einlaufstelle bediene. Die Unterlassung der (rechtzeitigen) Weiterleitung des Schriftsatzes von der Einlaufstelle an die jeweils zuständige Stelle stelle einen Behördenfehler dar, welcher die Behörde und nicht der Absender zu vertreten habe (unter Verweis auf ).

Ein Anbringen, so der VwGH, liege somit erst dann vor, wenn die Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlange. Sollte eine Postsendung nach der Übergabe an die Post zur Beförderung in Verstoß geraten und dadurch nicht bei der Behörde einlangen, so stelle dies ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, welches zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berechtige. Der Verlust (auch) eines nicht eingeschriebenen Briefes stelle kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar, weil auch ohne diese besondere Form der Postaufgabe mit dem Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde gerechnet werden könne. Auch in der Unterlassung der (allgemein jedenfalls nicht vorgeschriebenen) Überprüfung des Einlangens der Eingabe bei der Abgabenbehörde könne kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden (unter Hinweis auf die ergangene Vorjudikatur ; , 2013/17/0137).

Als Hindernis iSd § 308 Abs. 3 BAO - so der VwGH - sei jenes Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindere. Bestehe das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis in einem Irrtum, so falle dieses Hindernis bereits dann weg, sobald die Partei (oder ihr Vertreter) diesen Irrtum als solchen erkennen hätte könne bzw. erkennen musste (unter Hinweis auf die Vorerkenntnisse vom , 2003/14/0005; , Ro 2018/16/0014 u.v.m.).

Für den Lauf der Wiedereinsetzungsfrist komme es somit auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit des Irrtums an, also auf den Wegfall des Irrtums oder der Umstände, unter denen er nicht in einer der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Weise vorwerfbar sei. Der Wiedereinsetzung entgegen stehe der Irrtum aber dann, wenn der mindere Grad des Versehens überschritten werde (unter Hinweis auf das VwGH-Erk vom , 2002/01/0286).

Der Lauf der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages beginne demnach nicht erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung. Diese Frist werde aber nur dann in Lauf gesetzt, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist; es dürfe nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0036608).

Die bedeute, dass im Falle der Versäumnis einer Prozesshandlung durch einen Irrtum die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dessen möglicher Aufklärung beginne, sofern diese durch auffallende Sorglosigkeit unterblieben ist (vgl. RIS-Justiz RS0036742; z.B. ). Auf diese Rechtsprechung verweise auch der Verfassungsgerichtshof (vgl. z.B. u.a., mwN).

In Anwendung der durch den VwGH gezeichneten Grundsätze lassen sich in Bezug auf den hier zu beurteilenden Fall folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Im gegenständlichen Fall hatte sich der Bf bzw. dessen steuerliche Vertretung über das Einlangen der am der Post AG zur Beförderung übergebenen Paketsendung beim Finanzamt geirrt.

Nun stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt der steuerliche Vertreter den Irrtum, nämlich das Nichteinlangen des nämlichen am aufgegebenen Paketes beim Finanzamt erkennen hätte können bzw. erkennen hätte müssen. Gewendet betrachtet bedeutet dies, ab welchem Zeitpunkt hätte der Irrtum vom Bf bzw. dessen Vertretung aufgeklärt werden können.

Aufgrund der Chronologie der Ereignisse ergibt sich, dass erstmals am die Mitarbeiterin des Finanzamtes, Frau ***AC*** ***F**, den steuerlichen Vertreter telefonisch darüber informierte, dass zwar ein Aussetzungsantrag nach § 212a BAO vorliege, allerdings bislang noch keine Bescheidbeschwerde beim Finanzamt eingelangt sei. Noch am selben Tag übermittelte die steuerliche Vertretung (Kanzleileiterin *E* ***G***) die fehlende Beschwerde samt Postaufgabeschein im Wege eines Emails an die genannte Mitarbeiterin des Finanzamtes. Anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang, dass im Regime der BAO ein rechtsgültiges Anbringen per Email nicht vorgesehen ist, weshalb diese Art der Übermittlung, abgesehen vom Umstand, dass dieses nach Ende der für die Einbringung geltenden Frist (Fristende unstrittig ) erfolgt war, weder als taugliche Nachholung der Einbringung noch als Wiedereinsetzungsantrag gedeutet werden kann.

Mit Vorhalteschreiben vom teilte das Finanzamt der steuerlichen Vertretung nunmehr schriftlich mit, dass "bis dato keine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide der Jahre 2012 bis 2018 eingegangen" sei. Im besagten Vorhalt wurde der Bf auch dezidiert über die Beweislastverteilung im Zusammenhang mit der postalischen Übermittlung von Eingaben an die Behörde sowie über den durch einhellige Judikatur geprägten Umstand, wonach eine Eingabe nur dann als eingebracht gelte, wenn sie der Behörde tatsächlich zugekommen ("behändigt") sei, in Kenntnis gesetzt.

Wie ausgeführt, kommt es für den Beginn des Fristenlaufes in Bezug auf die Wiedereinsetzung auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit des Irrtums an, also auf den Wegfall des Irrtums oder der Umstände, unter denen er nicht in einer der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Weise vorwerfbar ist (; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl, § 308 Tz 22).

Im vorliegenden Fall gelangte der steuerlichen Vertretung der Umstand, dass das Paketstück, welches die Beschwerdeschrift sowie eine Beilagensammlung enthielt, bislang nicht beim Finanzamt einlangte, erstmals im Zuge des Telefonates mit der FA-Mitarbeiterin am zur Kenntnis. Spätestens nach Erhalt des Vorhaltes vom wurde der Bf bzw. dessen steuerliche Vertretung auch schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, dass die Beschwerdeschrift beim Finanzamt bislang nicht eingelangt ist.

Im Wissen um diese Tatsache wurde in der Folge eine weitere Beschwerdeschrift (Faksimile der Beschwerdeschrift vom ) per Briefpost ohne Beilagen beim Finanzamt eingebracht, welche am bei der Behörde einlangte. Weshalb diese Vorgangsweise gewählt wurde, vermochte weder der Zeuge ***C*** noch sein Fachvorgesetzter Steuerberater Mag. **STB*** zu erklären.

Für das Gericht ist ganz offenkundig, dass die steuerliche Vertretung aufgrund der Information durch das Finanzamt (Telefonat mit Frau ***F** bzw. Vorhalt vom ) von einem Problem in Bezug auf die postalische Beförderung des am zur Post gegebenen Poststücks erfuhr und nunmehr den von der Post verursachten Fehler (Unterbleiben der Zustellung) sanieren wollte. Zur selben Zeit, nämlich am , wurde auch ein Urgenzschreiben an die Filialleitung des Postamtes ***PostAdr*** gerichtet mit der Aufforderung um umgehende Zustellung der hängen gebliebenen Paketsendung. Dabei wurde vom steuerlichen Vertreter ausdrücklich auf die Dringlichkeit der Zustellung sowie auf die sich für die Mandantschaft ergebenden Rechtsnachteile durch eine Nichtzustellung hingewiesen.

Das Gericht teilt die Auffassung der belangten Behörde, wonach spätestens mit Einlangen des Vorhaltes vom bzw. mit Urgenzschreiben vom der Bf vom Vorliegen eines ernsten Zustellproblems in Bezug auf die Beschwerdeschrift wusste bzw. gewusst haben musste und davon ausgehen musste, dass das Zustellstück im Postweg untergegangen bzw. verloren gegangen ist. Nach Auffassung des Gerichtes bildet auch die gesonderte Übermittlung der Beschwerdeschrift als Briefpost am ein eindeutiges Indiz dahingehend, dass der Bf Kenntnis davon hatte, dass die Beschwerdeschrift nach einem Postlauf von über zwei Monaten (!) beim Finanzamt nicht eingelangt ist und nun zur Absicherung eine wiederholte Zusendung vornahm.

Die von der verwaltungsgerichtlichen Judikatur postulierte (objektive) mögliche Erkennbarkeit einer Fristversäumnis lag nach Auffassung des erkennenden Gerichtes im vorliegenden Fall jedenfalls spätestens am vor. Wenn ein der Post zur Beförderung übergebenes Poststück (Inlandspost), dessen Empfängeranschrift sich noch dazu in der selben Leitzone (ggst 1***) wie das Aufgabepostamt befindet, nach über zwei Monaten immer noch nicht zugestellt ist, dann ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass dieses mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auf dem Postweg verloren gegangen ist. Daran vermag auch der Umstand, dass sich das Poststück durchgehend bis zum im Trackingsystem der Post als "in Verteilung" befindlich aufschien, nichts zu ändern.

Die vielfach vorgenommenen Online-Abfragen der Sendungsverfolgungsnummer durch Herrn ***C*** bilden ebenso ein Indiz dafür, dass die steuerliche Vertretung bereits vor dem damit rechnen musste, dass das Poststückes möglicherweise im Postweg verloren gegangen ist. Die von Seiten der Vertretung wiederholte Kontaktaufnahme (sowohl schriftlich als auch per Email) mit dem Kundenservice der Post ergab letztendlich keine Antwort auf den Verbleib des Zustellstücks.

Der Fristenlauf beginnt mit der "zumutbare Erkennbarkeit" des Irrtums. Wie bereits ausgeführt, ist es nicht erforderlich, dass Gewissheit über das Vorliegen eines Irrtums besteht. Das Vorliegen einer Gewissheit wäre bei der vorliegenden Fallkonstellation (Untergang einer Paketsendung im Postwege) ohnedies niemals gegeben, da letztendlich nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein Poststück (Irrläufer) nach vielen Jahren doch noch seinen Absender findet und zugestellt wird.

Wie ausgeführt, war für den Bf bzw. dessen steuerliche Vertretung die zumutbare Erkennbarkeit eines Irrtums (Tatirrtum betreffend Zustellung der Beschwerde) spätestens am eindeutig erkennbar. Das ist jener Zeitpunkt, an dem der Bf davon ausgehen musste, dass eine Zustellung der Beschwerdeschrift nach einem über zweimonatigen Postweg voraussichtlich nicht mehr erfolgen wird. Während dieser Zeit und darüber hinaus bis zum (letzter Tag einer möglichen Sendungsverfolgung) blieb der Zustellstatus mit "in Verteilung" stets unverändert.

Was die subjektive Komponente anbelangt, so hindert ein "minderer Grad des Versehens" nicht die Bewilligung der Wiedereinsetzung. Unschädlich ist sohin ein Grad des Versehens, der als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen ist (Capek/Rzeszut/Turpin in Stoll 2.04 § 308 Rz 48 unter Verweis auf ; ; , 2012/13/0051; , 2013/17/0137). Ein minderer Grad des Versehens liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (; , 2009/03/0089).

Nachdem objektiv erkennbar wurde und auch vom Bf tatsächlich erkannt wurde, dass die Zustellung der Sendung bislang nicht erfolgt war, wurde Herr ***C*** mit der Bearbeitung der Causa betraut. Dieser war es, der sich mit der Post AG Verbindung setzte und sich über den Verbleib des Poststückes erkundigte bzw. die Zuleitung derselben an die Behörde insistierte. Wie der Zeuge ***C*** angab, geschah dies alles auf Weisung seines Vorgesetzen StB Mag. **STB***, der auch über jenen Schritt informiert war.

Herr ***C*** und Herr Mag. **STB*** gaben übereinstimmend an, dass sie der Meinung waren, mit sei die Zustellung der Beschwerde bewirkt worden, da eine Sendungsverfolgung danach nicht mehr möglich gewesen sei. Diese Auffassung verwundert, zumal der Status der Sendung mit "in Verteilung" unverändert blieb. Ebenso wenig erhielt die steuerliche Vertretung eine Benachrichtigung der Post AG über den Verbleib des Poststücks; auch nahm diese keinen Kontakt mit der Behörde auf um sich über einen allfälligen Eingang der Beschwerdeschrift nach dem zu erkundigen.

Wenn eine in Steuersachen zur beruflichen Vertretung befugte Steuerberatungskanzlei bei der hier vorliegenden Sachlage die Zustellung der am aufgegebenen Beschwerdeschrift als vorliegend annimmt, nur weil diese im Trackingsystem der Post nach dem Datum nicht mehr aufscheint und vorerst keine weiteren verfahrensrechtlichen Schritte wie die hier dringend gebotene Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages setzt, so ist darin nach Auffassung des Gerichtes eine auffallende Sorglosigkeit zu erblicken. Die angestellte Vermutung des verspäteten Zuganges eines hängen gebliebenen Zustellstückes hätte zumindest einer Rückfrage bei der Behörde als Zustellungsempfängerin bedurft. Das Vertrauen auf die Sendungsverfolgung, die noch dazu keine Änderung des Zustellstatus ("in Verteilung") ausweist, ist jedenfalls unzureichend. Wenngleich der Untergang des Poststückes in der Sphäre des Beförderers geschah und die steuerliche Vertretung keinerlei Verschulden am Verlust der Sendung hatte, wäre es für eine berufsmäßige Parteienvertreterin, insbesondere in Ansehung des in Streit stehenden Betrages aus Gründen der Sorgfalt jedenfalls erforderlich gewesen, fristgerecht den Rechtsbehelf nach § 308 BAO einzubringen, um so etwaige durch die Fristversäumnis entstandene Nachteile hintanzuhalten. Dass offenbar versucht wurde durch neuerliche Postaufgabe am die Beschwerde (als Briefpost) zugestellt erscheinen zu lassen bzw. durch "persönliches Überreichen" der Bescheidbeschwerde samt Ordner am die Zustellung nachzuholen (siehe BFG Erkenntnis RV/7103350/2021), entbindet nach Auffassung des Gerichts die steuerliche Vertretung nicht davon, den gebotenen und verfahrensrechtlich korrekten Weg zu beschreiten und die Wiedereinsetzung idvSt zu beantragen.

Ein Überwachungsverschulden der steuerlichen Vertretung in Bezug auf Herrn ***C*** liegt nicht vor; ***C*** hatte als Buchhalter nur einen eingeschränkten Aufgabenbereich, welcher jedenfalls nicht die Einbringung und (selbständige) Überwachung von Rechtsmitteln bzw. Anträgen beinhaltete. Auch gab ***C*** glaubwürdig an, dass er seinen Vorgesetzten Mag. **STB*** über jenen von ihm gesetzten Schritt vollumfänglich zu informieren hatte bzw. er nur über Weisung von StB Mag. **STB*** tätig werden durfte.

Zusammenfassend ist in Bezug auf das subjektive Moment auszuführen: Wenn ein Steuerberater trotz ausdrücklicher Mitteilung der Behörde über das Nichteinlangen einer Beschwerdeschrift keinen Wiedereinsetzungsantrag stellt, sondern lediglich mit der Post Kontakt aufnimmt und die Zustellung des Paketes urgiert, sich letztendlich aber darauf verlässt, dass die Zustellung schon erfolgen werde, so stellt dies nach Auffassung des Gerichtes gemessen am Sorgfaltsmaßstab eines durchschnittlichen Steuerberaters eine grobe Sorgfaltswidrigkeit dar. Der hier vorliegende Grad des Verschuldens überschreitet jedenfalls den Grad einer leichten Fahrlässigkeit. Für das Handeln von berufsmäßigen Parteienvertretern gilt ein höherer Sorgfaltsmaßstab als etwa bei nicht vertretenen rechtsunkundigen Steuerpflichtigen.

Da die Frist für die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages am zu laufen begann und diese somit mit Ablauf des endete, war der Wiedereinsetzungsantrag vom 02.09.0221 somit verspätet.

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
VwGH, Ro2018/16/0014
VwGH, 2013/17/0137
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101530.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101530.2022

Fundstelle(n):
WAAAF-44235