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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2025, RV/5100065/2025

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes als außergewöhnliche Belastungen - relevante Fahrzeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) reichte am ihre Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 auf elektronischem Weg via Finanzonline beim Finanzamt Österreich ein. Sie machte in dieser Krankheitskosten in Höhe von € 818,98 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt für sich sowie außergewöhnliche Belastungen für ihre Kinder ***1*** (€ 228,25) und ***2*** (€ 2.271,50) ebenfalls mit Selbstbehalt geltend.

Mit Bescheid vom erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, wobei sich die von der Bf. erklärten außergewöhnlichen Belastungen wegen des gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigenden Selbstbehaltes von € 2.299,80 € nur mit einem Betrag von € 1.018,93 steuerlich ausgewirkt haben.

Am brachte die Bf. via Finanzonline eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2023 vom ein, in der sie die Berücksichtigung des Pauschbetrages für auswärtige Berufsausbildung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die Monate Oktober bis Dezember 2023 begehrte, weil ihr Sohn ***2*** seit Oktober 2023 an der ***6*** studieren würde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Österreich die Beschwerde der Bf. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2023 mit folgender Begründung als unbegründet ab:

Gem. § 5 der Verordnung zu § 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz 1988 und § 26 Abs. 3 Studienfördergesetz 1992 wäre für in der Gemeinde ***3*** wohnhaften Studenten eine Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort ***7*** zeitlich noch zumutbar. Daher war die beantragte auswärtige Berufsausbildung für den Sohn ***2*** nicht zu gewähren.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom brachte die Bf. ebenfalls elektronisch am eine "Beschwerde" ein, die nach ihrem Inhalt nach (§ 85 BAO) als Vorlageantrag zu werten ist und brachte darin wie folgt vor:

Ihr Sohn ***2*** würde seit Oktober 2023 an der ***6*** studieren. Daher würde die Bf. um Änderung ihrer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 bitten. Ihr Sohn ***2*** würde um 8.05 Uhr das Haus verlassen und würde 10 Minuten zu Fuß zum Bahnhof ***4*** gehen, dann würde er den Zug, REX ***12***, mit Abfahrt in ***4*** um 8.21 Uhr nehmen. Ankunftszeit in ***10*** wäre um 9.06 Uhr, weiter würde er mit dem Bus Nr. ***13*** mit Abfahrt 9.10 Uhr fahren und wäre dann um 9.34 Uhr bei der ***6***. Seine Vorlesung würde um 10.15 Uhr beginnen. Somit würde sein Weg von zuhause bis zur Universität über 1 Stunde mit dem schnellsten öffentlichen Verkehrsmittel betragen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2023 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab folgende Stellungnahme zur Beschwerde ab:

Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Begründung:
Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 würden Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht.

In § 2 Abs. 2 der zu dieser Bestimmung ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II 624/1995, die in der Fassung des Jahres 2023 werde Folgendes bestimmt:

"Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar."

In § 5 der auf dieser Bestimmung basierenden Verordnung BGBl. II 605/1993 idgF. würde die Gemeinde ***14*** (Anmerkung: gemeint wohl: ***3***) als eine Gemeinde angeführt werden, von der die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort ***7*** zeitlich noch als zumutbar festgestellt werden würde.

Im gegenständlichen Fall wäre der Wohnort in einer Gemeinde ***14*** von der Ausbildungsstätte in ***7*** keine 80 km entfernt (siehe die Routenplanerausdrucke im Anhang).

Für die Berechnung der Fahrtzeit wären jene Punkte der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet wird. Das wäre in der Regel der jeweilige Bahnhof der Gemeinde. In § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II 624/1995, würde nicht auf Wegstrecken innerhalb der Wohnortes abgestellt werden, sondern würde auf die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 verwiesen werden und wäre daher die innerörtliche Erreichbarkeit der jeweiligen Abfahrtsgemeinde auszublenden (vgl. ).

Nicht einzurechnen wären daher Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 EStG Rz 72). Demzufolge wären die Geh- und Fahrtzeiten von der Wohnung bis zum Bahnhof ***15*** (Anmerkung: richtig wohl: ***16***) nicht von Relevanz und wären die Fahrten innerhalb von ***7*** nicht zu berücksichtigen.

Laut Routenplanerabfrage google maps (siehe Anhang) würde die Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt zwischen ***15*** Bahnhof und ***10*** mit den öffentlichen Verkehrsmitteln jeweils unter einer Stunde betragen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. hat im Jahr 2023 von zwei Arbeitgebern und zwar von einem von 1.1. bis und vom anderen ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. Wohnort der Bf. und auch ihres Sohnes ***2*** ist ***4***, ***5***.

***2*** studiert seit Oktober 2023 an der ***6***.

Der Wohnort der Bf. ist vom Studienort des Sohnes ***2*** weniger als 60 km entfernt.

***7*** und zwar der ***Bahnhof X*** ist vom Wohnort der Bf. mit dem Zug und zwar vom Bahnhof ***3*** in weniger als einer Stunde erreichbar.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass der Wohnort der Bf. vom Studienort des Sohnes ***2*** weniger als 60 km entfernt ist, ergibt sich aus einer von der belangten Behörde durchgeführten Abfrage über "google maps" und zwar beträgt die Strecke über die Autobahnen ***8*** und ***9*** ***weniger als 80 *** km (Hinfahrt von ***3***) bzw. ***weniger als 80 *** km (Rückfahrt von ***10***). Über die ***9*** und die ***11*** beträgt die Entfernung ***weniger als 80 *** km (Hinfahrt von ***3***) bzw. ***weniger als 80 *** km (Rückfahrt von ***10***).

Dass ***7*** und zwar der ***Bahnhof X*** vom Wohnort der Bf. mit dem Zug und zwar vom Bahnhof ***3*** in weniger als einer Stunde erreichbar ist ergibt sich ebenfalls aus von der belangten Behörde durchgeführten Abfragen der An- und Abfahrtszeiten von Zügen vom Bahnhof ***3*** zum ***10***. Auch wird das von der Bf. im Vorlageantrag nicht in Abrede gestellt, wenn sie darauf verweist, dass ihr Sohn ***2*** für die Fahrt zum Studienort mit dem Regionalexpress ***12*** am 8:21 Uhr wegfährt und in ***7*** am Hauptbahnhof um 9:06 Uhr ankommt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

§ 1 der VO des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (BGBl 1995/624 idF BGBl II 2018/37) bestimmt, dass Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegen.

Da dies auf die Strecke ***3*** - ***7*** nicht zutrifft wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, sind die Voraussetzungen des § 1 der zit. VO jedenfalls nicht erfüllt.

Gemäß § 2 Abs. 1 der VO BGBl 1995/624 idF BGBl II 2018/37 gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels liegt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Sudienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016 anzuwenden.

Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar (§ 2 Abs. 2 leg.cit.).

Gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz, BGBl 1993/605, gilt von der Gemeinde ***3*** die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort ***7*** zeitlich noch zumutbar.

Auch ein Nachweis, dass davon abweichend von der Gemeinde ***3*** die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort in ***7*** unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt, ist der Bf. aus den nachstehende angeführten Gründen nicht gelungen:

§ 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl 1995/624 idF BGBl II 2018/37 stellt nämlich auf die Fahrzeit zwischen Wohnort und Ausbildungsort ab. Es ist daher für die Berechnung der Fahrtzeit auf jene Orte der jeweiligen Gemeinden abzustellen, an denen die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet wird. Da der Sohn der Bf. für die Fahrt vom Heimartort zum Studienort die Bahn benützt, sind die maßgeblichen Orte laut § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl 1995/624 idF BGBl II 2018/37 die jeweiligen Bahnhöfe in ***3*** und ***7***. Daher sind zwar Wartezeiten, die beim Umsteigen außerhalb des Heimat- oder Studienortes anfallen, zu berücksichtigen, nicht aber die Zeiten zwischen der Ankunft im Ausbildungsort und Ausbildungsbeginn sowie zwischen Ausbildungsende und Abfahrt des Verkehrsmittels. Dies gilt gleichermaßen, dh. diese Zeiten sind bei der Beurteilung der Dauer der Fahrzeit im Sinn des § 2 Abs. 1 der VO BGBl. 1995/624 idF BGBl II 2018/37 ebenfalls nicht zu berücksichtigen, für andere Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (; ). Es spielt daher die Zeit bis zur Erreichbarkeit der Abfahrstelle innerhalb der Gemeinde keine Rolle und ist bei der Prüfung ob die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt entgegen der im Vorlageantrag von der Bf. vertretenen Ansicht die Zeit zwischen Verlassen des Wohnhauses der Bf. und dem Erreichen des Bahnhofes in ***3*** nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Zeit zwischen Ankunft in ***7*** und dem Erreichen der ***6*** sowie die Wartezeit bis zum Vorlesungsbeginn (vgl. dazu auch Jakom/Peyerl, EStG 2024, Rz 79 zu § 34 mwN).

Daher war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist bei der Auslegung der Regelung des § 2 Abs. 1 der VO BGBl 1995/624 idF BGBl II 2018/37 der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, weswegen eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100065.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAF-44231