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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2025, RV/3100445/2024

Gemeiner Wert eines Hotelgebäudes bei Entnahme ins Privatvermögen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (Bf) erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus dem Betrieb eines Hotels. Dieser Betrieb wurde mit aufgegeben. Im Zuge der Betriebsaufgabe wurde der Wert des ins Privatvermögen entnommenen Gebäudes ***1*** auf Basis des Grundstückswertrechners ermittelt und nach der pauschalen Ermittlung für private Grundstücksveräußerungen der Besteuerung unterzogen.

2. Dieser Umstand wurde im Rahmen einer abgabenrechtlichen Außenprüfung im Jahr 2024 aufgedeckt. Ein vom Bf. beauftragter Sachverständiger erstellte daraufhin zwei weitere Gutachten nach der Ertragswertmethode, die vom Finanzamt allerdings nicht als geeignete Beweismittel zum Nachweis des gemeinen Wertes betrachtet wurden.

3. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2017 mit einer Abgabennachforderung iHv. 81.744 Euro. Zur Begründung wurde auf den Prüfungsbericht bzw. die Niederschrift verwiesen. Die Wertermittlung für das Gebäude erfolgte dabei auf Basis der vorgelegten Beweismittel nach der Sachwertmethode und ergab einen Wert iHv. 428.000 Euro.

4. Am , eingelangt beim Finanzamt am , wurde fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid erhoben und beantragt den gemeinen Wert des Betriebsgebäudes iHv. 165.000 Euro anzusetzen. Weiters wurde das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 Abs 2 Z 1 BAO beantragt.
Begründend wurde ausgeführt:
"Infolge des Pensionsantrittes von Herrn ***Bf1*** wurde der Hotelbetrieb an der Adresse ***1*** aufgegeben und anschließend verpachtet. Somit waren die stillen Reserven des Gebäudes aufzudecken und der Einkommensteuer zu unterwerfen. Die stillen Reserven wurden fälschlicherweise unter Zuhilfenahme des Grundstückswertrechners ermittelt, wobei die pauschale Berechnung für private Grundstücksveräußerungen angewendet wurde. Diese Vorgangsweise wurde im Zuge der Außenprüfung vom Finanzamt als nicht zulässig erklärt und in weiterer Folge wurde daher ein Bewertungsgutachten nur für das Gebäude beauftragt, weil der Grund und Boden zum Buchwert zu entnehmen ist. Im Gutachten vom bzw. der adaptierten Version vom wird ein Gebäudewert von 165.000 EUR ohne Ansatz des Grundanteiles ermittelt. Nach Ansicht des Finanzamtes sei das Gutachten somit nicht schlüssig und könne nicht als Beweismittel anerkannt werden. Wie der Gutachter in der adaptierten Bewertung vom darlegt und bei der Befragung am mündlich wiederholt hat, ist die Bodenwertverzinsung vom Ertragswert nicht abgezogen worden, weil der Bodenwert nicht in die Bewertung eingeflossen ist. Die detaillierte Stellungnahme des Gutachters dazu legen wir als Anhang 1 bei.
Zuletzt fand im Jahr 1999 eine Sanierung statt, seither wurden nur mehr die allernotwendigsten Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Das Gebäude ist somit nicht mehr in einem guten Zustand und nach Ablauf der Pachtdauer in 4 Jahren können höchstwahrscheinlich keine Gäste mehr untergebracht werden. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich dann ein potentieller Käufer finden lässt. Vermutlich kann eventuell der Grund, ohne Gebäude, verkauft werden. Vermutlich wird das Gebäude daher in absehbarer Zeit abgerissen."

5. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung unter Verweis auf die Begründung im Prüfungsbericht vom . Strittig sei, ob der gemeine Wert des Betriebsgebäudes gemäß der adaptierten Liegenschaftsbewertung iHv. 165.000 Euro anzusetzen ist und ob in der Wertermittlung ein Grundanteil enthalten ist.

6. Am fand eine Begehung des gegenständlichen Gebäudes durch den erkennenden Richter gemeinsam mit dem Bf und dem steuerlichen Vertreter statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus dem Betrieb eines Hotels. Dieser Betrieb wurde mit aufgegeben.

79% des Gebäudes ***1*** waren im Betriebsvermögen, 21% entfielen auf die Privatwohnung.

Im Zuge der Betriebsaufgabe wurde der bisher als Hotel genutzte Gebäudeteil ins Privatvermögen überführt.

Bis 2028 ist das Gebäude an fremde Dritte verpachtet und wird als Frühstückspension betrieben. Die jährliche Pacht beträgt netto 20.455 Euro.

Strittig ist der gemeine Wert dieses Gebäudes.

Im vom Bf vorgelegten Sachverständigengutachten wird mittels Ertragswertverfahren ein Wert von 165.000 Euro geschätzt. Unter Berücksichtigung der Bodenwertverzinsung ergibt sich ein Wert von 31.710 Euro.

Die belangte Behörde ermittelte mit Hilfe des Sachwertverfahrens einen Wert von 428.000 Euro.

Bei Begehung des Gebäudes am wurde festgestellt, dass es in Hinblick auf die verwinkelte Grundrissgestaltung zeitgemäßen Bedürfnissen nicht entspricht und einer umfangreichen Reparatur und Renovierung bedarf. Das Gebäude weist wegen des Zubaus Niveauunterschiede auf und das Untergeschoss ist nur für die Zufahrt von niedrigen Fahrzeugen geeignet. Der Dachstuhl ist wahrscheinlich zu erneuern.
Aufgrund dieser Umstände ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ein Abschlag iHv. 128.000 Euro zu dem von der belangten Behörde ermittelten Wert von 428.000 Euro geboten.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten und der Begehung des Gebäudes durch den erkennenden Richter.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 24 Abs 3 EStG 1988 ist für Wirtschaftsgüter, die nicht veräußert werden, der gemeine Wert im Zeitpunkt ihrer Überführung ins Privatvermögen anzusetzen. Dies galt in der Fassung vor BGBl. I 110/2023 auch für Gebäude.

Gemäß § 10 Bewertungsgesetz 1955 wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.

Der gemeine Wert ist eine fiktive Größe und aufgrund einer Preisschätzung zu ermitteln (Doralt, EStG, Tz 135 zu § 6).
Welche Schätzungsmethode dabei die Behörde wählt, steht ihr frei, sofern die Wahl der Methode und die Durchführung der Schätzung mit den Denkgesetzen übereinstimmt (; Zorn/Petritz in Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 6 Z 4 EStG, Rz 31).

Nach welcher Methode der (steuerlich relevante) Verkehrswert ermittelt wird, richtet sich nach der Charakteristik der zu bewertenden Liegenschaft, der Zusammensetzung des Kaufinteressentenkreises sowie nach den Kriterien, nach welchen die Marktteilnehmer die Liegenschaft beurteilen (Ertrag- Anlageobjekt, Sach-Eigennutzung etc). Zu einem Wertgutachten über ein Renditegrundstück, wie vorliegend gegeben, gehört üblicherweise die Ermittlung des Sachwertes und des Ertragswertes. Während der Sachwert die technische Wertkomponente bei der Verkehrsermittlung ist, ist der Ertragswert die wirtschaftliche Wertkomponente. Die Lage, Miete, Rentabilität, Bewirtschaftungskosten und die Nutzungsdauer sind dabei wesentliche Bewertungskriterien. Das Verhältnis von Sachwert zu Ertragswert wird weitgehend von den wirtschaftlichen Möglichkeiten der jeweiligen Liegenschaft bestimmt. Nach der Ermittlung des Gebäudesachwertes sind in aller Regel weitere Wertkorrekturen vorzunehmen, die in der bisherigen Berechnung noch nicht erfasst sind, so sind für die für die Sachwertberechnung einer bebauten Liegenschaft zu ermittelnden Kaufpreise vor allem Angebot und Nachfrage am Realitätenmarkt entscheidend; Ungünstiger Standort, fehlende Infrastruktur, Art und Größe der Liegenschaft spielen eine nicht unerhebliche Rolle; so werden betrieblich genutzte Grundstücke, die zu klein oder übergroß sind, in der Regel unter dem Sachwert gehandelt (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 7. Auflage, S. 84). So können sich zB Nachteile der Grundrissaufteilung auf den Ertrag des Objektes auswirken, sodass die Höhe der erforderlichen Korrektur mit Hilfe des Ertragswertverfahrens zu ermitteln sein wird.

Der Verkehrswert von Gastronomie- und Hotelliegenschaften sollte nur in Ausnahmefällen mit Hilfe des Sachwertverfahrens ermittelt werden, zB bei nicht mehr zeitgemäßen Hotels, kleineren Gastgewerbebetrieben und Frühstückspensionen Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 7. Auflage, S. 268).
Da es sich beim gegenständlichen Gebäude zweifellos um ein nicht mehr zeitgemäßes Hotel handelt, wird der Anwendung des Sachwertverfahrens durch die belangte Behörde grundsätzlich nicht entgegengetreten.
Bei Berechnung der Bauwerts wird von den Herstellungskosten am Wertermittlungsstichtag ausgegangen und diese werden um die technische (Alter, Baumängel, Bauschäden) und wirtschaftliche (zeitgemäßen Bedürfnissen nicht entsprechender, unwirtschaftlicher Aufbau wie zB Grundrissgestaltung, Geschoßhöhe) Wertminderung gekürzt.
Angesichts der bei der Begehung festgestellten verwinkelten Grundrissgestaltung, der Reparaturbedürftigkeit, der Niveauunterschiede und der geringen Geschoßhöhen ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts eine deutliche Wertminderung anzusetzen.
Diese Wertminderung wird mit einem Abschlag iHv. 128.000 Euro zu dem von der belangten Behörde ermittelten Wert von 428.000 Euro geschätzt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall waren keine Rechtsfragen zu klären. Sachverhaltsfragen sind einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100445.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100445.2024

Fundstelle(n):
NAAAF-44225