Keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist, wenn der FinanzOnline-Zugang vom Steuerpflichtigen über sechs Jahre nicht genutzt wurde, auch wenn dem steuerlichen Vertreter Einsichtmöglichkeiten nach § 90a BAO eingeräumt wurden
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** als Vertreter der unbesetzten GA 7003 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb1***, ***Stb1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist für Beschwerden gegen die Einkommensteuer 2003 und 2004 nach § 308 BAO zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der BF stellte durch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertreter mit Schreiben vom einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gegen den Zurückweisungsbescheid des FAÖ vom . Das FAÖ hatte einen zuvor ergangenen Antrag des BF auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 zurückgewiesen und die dagegen ergangene Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen.
Den Wiedereinsetzungsantrag begründete der BF damit, dass ihm nicht möglich gewesen sei die Frist einzuhalten, da dem BF nicht bewusst gewesen sei, dass er seit 2017 über einen privaten finanzonline Zugang verfügt habe. Deswegen habe er trotz steuerlicher Vertretung, keinen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist stellen können, da keine Kenntnis über den privaten Finanzonlinezugang bestanden habe. Der im Rechtsmittelverfahren einer GmbH & Co KG dem BF als Beteiligten zugestellte Bescheid stelle ein sonstiges Schriftstück dar, der nur in die persönliche Databox des BF zugestellt werde.
Es handle sich um ein unvorhergesehenes Ereignis, da alle bis zu diesem Zeitpunkt zugestellten Schriftstücke in dem Rechtsmittelverfahren der GmbH & Co KG dem BF postalisch zugestellt worden seien. Der BF habe den finanzonline Zugang seit 2017 nicht genutzt, da ihm dieser Zugang nicht aufgefallen sei. Zugangsdaten mittels RSa seien dem BF nach seiner Erinnerung 2017 nicht zugegangen, er habe erst am neue Zugangsdaten mittels RSa zugestellt bekommen, da er sich nicht an Zugangsdaten erinnern konnte und diese nach seiner Erinnerung auch nicht erhalten habe.
Diesen Antrag nach § 308 BAO wies das FA mit Bescheid vom ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es richtig sei, dass seit dem Jahr 2017 in die Databox des Antragstellers diverse Dokumente und Bescheide zugestellt worden seien. Dies betreffe auch den Zurückweisungsbescheid vom der mit diesem Datum in die Databox des Antragstellers zugestellt worden sei, jedoch erstmalig am dort angesehen worden sei. Die Versäumung der Beschwerdefrist sei jedoch weder auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurückzuführen, noch liege ein minderer Grad des Versehens als Verschulden des Antragstellers vor.
Gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter am fristgerecht über finanzonline Beschwerde und begründete dies im Wesentlichen damit dass die Aktivierung des finanzonline Zuganges grundsätzlich in zwei Schritten erfolge, nämlich mit der Beantragung der Zugangsdaten und der tatsächlichen Aktivierung durch das erstmalige Einloggen mit Einstiegsdaten, sodass genau in diesem zweiten Schritt eine entsprechende Mailadresse sowie Zustellmöglichkeiten konfiguriert werden könnten. Da dies nicht durchgeführt worden sei, könne auf keine Aktivierung des finanzonline Zugangs geschlossen werden. Dies sei auch durch den von der Abgabenbehörde bestätigten ersten Zugriff am untermauert worden. Eine Zustellung in die Databox kann nur dann als wirksam angesehen werden, wenn der Empfänger Zugang dazu habe. Im gegenständlichen Fall sei es evident, dass zum Zeitpunkt der Zustellung (des fraglichen Zurückweisungsbescheides) kein aktivierter finanzonline Zugang bestanden habe. Damit sei die Zustellung nicht wirksam erfolgt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies damit, dass aufgrund neuer eingeholter Informationen der BF erstmalig am mit der Bürgerkarte in finanzonline eingestiegen sei und im Zuge dessen noch eine elektronische Registrierung bestätigt habe, womit die Databox aktiviert worden sei. Eine Erstregistrierung sei bei Einstieg mittels Bürgerkarte nicht erforderlich, die Zustellung des Bescheides vom sei daher korrekt erfolgt. Das Vorliegen eines unvorhergesehenen bzw. unabwendbaren Ereignisses, welches die Versäumung der Beschwerdefrist rechtfertigen könnte, könne nicht angenommen werden.
Mit Vorlageantrag vom führte der BF an, dass die Abgabenbehörde den neu festgestellten Sachverhalt des Ersteinstieges nicht durch Beweise untermauert habe. Im Gegenteil behaupte die Behörde selbst, dass laut vorliegender Logdaten der erste Zugang zu finanzonline mit erfolgt sei. Weder der BF selbst, noch dessen steuerlicher Vertreter hätten erkennen können, dass die Databox des BF bereits früher aktiviert worden sei und beantragte die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung.
Mit Schreiben vom beraumte das BFG nach vorheriger telefonischer Absprache eine mündliche Verhandlung für den an.
Mit Schreiben vom zog der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter sowohl den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Senat als auch den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück und führte zum Sachverhalt nochmals ergänzend aus, dass nochmals darauf hinzuweisen sei dass das FA in sämtlichen Rechtsmittelverfahren beim BF insbesondere auch bei den gegenständlichen Rechtsmittelverfahren ausschließlich eine persönliche postalische Zustellung von Schriftstücken vorgenommen wurde, obwohl bereits zuvor für das FA immer die technische Möglichkeit zur elektronischen Zustellung vorhanden gewesen wäre. Zudem wies der steuerliche Vertreter des BF darauf hin, dass die Bescheide des Klienten dem steuerlichen Vertreter nicht von der Databox des Klienten zugestellt worden wären, sondern der Steuerberater habe im finanzonline einen direkten Zugang zum Steuerakt. Wenn sich im Steuerakt etwas bewege (Buchungen am FA Konto Steuererklärungen, Steuerbescheide, VZ Bescheide, Ersuchen um Ergänzung, USB) so sehe dies der Steuerberater durch den Einsatz der Software BMD automatisch, er bekomme eine Nachricht. Auf die Databox des Klienten habe das überhaupt keine Auswirkungen und der Steuerberater habe auch keine Einsicht in die Databox des Klienten.
Das BFG beraumte in weiterer Folge die mündliche Verhandlung wiederum ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Schreiben vom beantragte der BF gemäß § 295 Abs. 4 BAO die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004.
Mit Bescheid vom wies das FA diesen Antrag zurück, da er nicht rechtzeitig gestellt worden sei und begründete dies ausführlich.
Mit Schreiben vom erhob der steuerliche Vertreter des BF "binnen offener Frist" Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom . Dieser sei am beim steuerlichen Vertreter eingelangt. Der Bescheid sei nach telefonischer Auskunft des FA vom per Post und ohne Zustellnachweis an den BF zugestellt worden. Der Fristenlauf habe somit am begonnen, das Rechtsmittel sei fristgerecht eingebracht worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FAÖ die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurück und begründete dies damit, dass der Zurückweisungsbescheid betreffend den Antrag gemäß § 294 Abs. 4 BAO am mit finanzonline elektronisch in der Databox zugestellt worden sei. Die Beschwerdefrist habe am zu laufen begonnen und am geendet. Die Beschwerde sei somit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebracht worden.
Ein Vorlageantrag erfolgte nicht, diese Beschwerdevorentscheidung wurde rechtskräftig.
Mit Schreiben vom stellte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gegen den Zurückweisungsbescheid des FAÖ vom .
Der BF war im Jahr 2023 Geschäftsführer von zwei GmbHs, Komplementär einer KG und nach § 81 BAO Zustellbevollmächtigter Vertreter in einer Vermietungsgemeinschaft mit seiner Ehegattin.
Der BF verfügt seit dem Jahr 2017 über einen finanzonline Zugang, den er mit seiner in diesem Jahr erworbenen Bürgerkarte aktiviert hatte. Dabei wurde auch die Zustellung in der Databox aktiviert. Der jeweilige steuerliche Vertreter war jedenfalls ab dem Jahr 2017 gemäß § 90a BAO zur elektronischen Akteneinsicht berechtigt, ab besaß der steuerliche Vertreter eine Zustellvollmacht.
Die Steuererklärungen wurden durch den steuerlichen Vertreter über den finanzonline Zugang des BF eingebracht, Ergänzungsersuchen in der Databox des BF (zB für das Jahr 2019 und 2021) wurden durch den steuerlichen Vertreter im Steuerakt des BF in finanzonline beantwortet, Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen (zB für das Jahr 2022 und 2023) wurden durch den steuerlichen Vertreter im Steuerakt des BF über dessen finanzonline Konto beantragt. Die Zustellung von Bescheiden an den BF erfolgte ab 2017 in der Databox im Steuerakt des BF in finanzonline.
Der BF selbst stieg bis zum September 2023 nicht in seinen finanzonline Zugang ein. Er wurde über Ein- und Ausgänge in seinem Steuerakt von seinem steuerlichen Vertreter informiert, der im Wege der elektronischen Akteneinsicht über seine Kanzleisoftware automatisch über den über Ein- und Ausgänge im Steuerakt des BF in Kenntnis wurde. Der steuerliche Vertreter aktivierte die Option zur Information über Nachrichten im Finanzonlinezugang des BF nicht.
Der BF kümmerte sich seit 2017 selbst nicht um Ein- und Ausgänge in seinem elektronischen Steuerakt. Er benutzte diesen selbst bis 09/2023 nicht aktiv für Anträge und las auch die ihm zugestellten behördlichen Mitteilungen nicht. Die Wartung des Steueraktes erfolgte bis dorthin ausschließlich durch seinen nach § 90a BAO berechtigten Steuerberater.
Eine solche Vorgehensweise stellt eine über Jahre gepflegte auffallende Sorglosigkeit des BF im Umgang mit seinen eigenen steuerlichen Angelegenheiten dar.
Der steuerliche Vertreter war trotz der ihm zustehenden Akteneinsicht nach § 90a BAO nicht in der Lage, den in Frage stehenden Abweisungsbescheid, der in den "sonstigen Schriftstücken" zugestellt wurde. Eine entsprechende Einsicht in diese "sonstigen Schriftstücke" ist für einen steuerlichen Vertreter möglich, wenn diese Funktion in Finanzonline von ihm aktiviert wird. Der steuerliche Vertreter hat diese Funktion nicht aktiviert. Dass dies über viele Jahre nicht auffiel, stellt keinen Grad minderen Versehens dar.
2. Beweiswürdigung
Die Darstellung der vorliegenden Anträge und der ergangenen Bescheide ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und ist von den Parteien des Verfahrens unbestritten weswegen das BFG keine Bedenken hat diese seiner Sachverhaltsdarstellung zugrunde zu legen.
Die Tätigkeiten des BF als Geschäftsführer mehrerer GmbH´s, als Gesellschafter sowie als Miteigentümer ergeben sich unstrittig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und werden vom BFG der Entscheidung zugrundegelegt.
Das Bestehen des finanzonline Zugangs des BF seit dem Jahr 2017, die Art der Aktivierung, die Einbringung von Steuererklärungen und Anträgen durch den Steuerberater und die Zustellung von Erledigungen in der Databox ergeben sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und sind von den Parteien des Verfahrens nicht bestritten. Der Umfang der Vertretungsbefugnis, insbesondere die Möglichkeit der Akteneinsicht nach § 90a BAO iVm § 4 Z. 2 FOnV und die automatisierte Information des steuerlichen Vertreters über Eingänge im Steuerakt des BFG ergeben sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Sie werden vom (Vertreter des) BF in den entscheidungswesentlichen Teilen bestätigt, weswegen das BFG keine Bedenken hat diesen Sachverhalt seiner Beurteilung zugrunde zu legen.
Entgegen der Darstellungen des BF, wonach ihm bis in das Jahr 2023 nicht bewusst gewesen sei, dass er über einen finanzonline Zugang verfüge und welche Mitteilungen dort abgelegt werden könnten geht das BFG davon aus, dass dem BF das Vorliegen eines persönlichen finanzonline Zugangs sehr wohl bewusst war. Er hat jedoch seinem steuerlichen Vertreter die Überprüfung der Ein- und Ausgänge in seinem Steuerakt ohne jegliche Kontrolle überlassen.
Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Steuerpflichtiger der Geschäftsführer mehrerer Unternehmen ist, an verschiedenen Gesellschaften beteiligt ist und somit im Wirtschaftsleben erfahren ist nicht erkennt, dass er mit der Aktivierung seiner Bürgerkarte auch seinen finanzonline Zugang aktiviert hat, was bei der Einrichtung der Bürgerkarte mitgeteilt wird. Selbst wenn er dies nicht direkt aus den Unterlagen ersehen hat so hat ihm klar sein müssen, dass es einen Grund dafür geben muss, dass ihm - obwohl er keine Zustellvollmacht erteilt hatte- Steuerbescheide nicht mehr persönlich zugestellt werden, sondern dass es seines Steuerberaters bedarf, der ihm diese Bescheide ausgedruckt zukommen lässt und ihn auf Zahlungsfristen hinweist. Bei dieser Ausgangslage stellt ein Verhalten, bei dem sich der BF durchgängig nicht um den Inhalt seines Steueraktes kümmerte, und diesen Steuerakt über Jahre nicht kontrollierte aus der Sicht des BFG ein auffallend sorgloses Verhalten dar. Eine zumindest stichprobenartige Überprüfung, insbesondere dann, wenn Abgabenerklärungen eingereicht wurden oder ihm Bescheide von seinem steuerlichen Vertreter weitergeleitet wurden, ist über mehr als sechs Jahre kein einziges Mal erfolgt.
Diese auffallende Sorglosigkeit wird auch nicht dadurch aufgewogen, dass der BF seinem steuerlichen Vertreter im Rahmen der Bevollmächtigung die elektronische Akteneinsicht einräumte. Weiterreichende Bevollmächtigung bis hin zu einer Zustellvollmacht können zwar Versäumnisse eines Steuerpflichtigen selbst weitgehend ausschließen. Aber auch einem erfahrenen steuerlichen Vertreter können Fehler unterlaufen, weswegen eine derartige Kontrolle durch den Steuerpflichtigen unabdingbar ist. Sie ist dem BF aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer verschiedener Unternehmen und Wirtschaftstreibenden auch zumutbar.
Weitgehende Bevollmächtigung entbinden den Steuerpflichtigen nicht davon seine steuerlichen Angelegenheiten selbst zu überwachen.
Berücksichtigt man, dass der BF wie oben dargestellt als langjähriger Geschäftsführer und Unternehmer mit wirtschaftlichen Angelegenheiten und steuerlichen Erfordernissen vertraut war, so stellt ein solches Verhalten in eigenen Angelegenheiten eine auffallende Sorglosigkeit und ist nicht als minderer Grad des Versehens einzustufen.
Dass der steuerliche Vertreter des BF die Option zur Information über Nachrichten (siehe https://finanzonline.bmf.gv.at/fon/a/hilfe.do?pageId=6f3cb4491e5734a3010f5c1a86182862) nicht aktivierte ergibt sich als Schlussfolgerung daraus, dass der steuerliche Vertreter bereits in der Beschwerde ausführte, dass er über sonstige Schriftstücke aus dem Steuerakt des BF nicht informiert worden sei. Aus den Ausführungen des steuerlichen Vertreters ergibt sich auch zwingend, dass ihm diese Einschränkung seiner Informationsmöglichkeiten für den in Frage stehenden Bereich der "sonstigen Schriftstücke" nicht aufgefallen ist.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 90a Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde soweit durch Verordnung zugelassen, der Partei sowie den in den §§ 80 ff bezeichneten Vertretern ermöglichen, personenbezogene Daten dieser Partei aus Akten oder Aktenteilen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung abzufragen. Bei der Ausgestaltung dieser Abfragemöglichkeit sind die in § 48e Abs. 1 Z 1 bis 6, § 90 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 4 DSGVO angeführten Beschränkungen unter sinngemäßer Anwendung zu beachten.
Gemäß § 4 Z. 2 FOnV ist im Verfahren FinanzOnline […] für Parteienvertreter die Abfrage von personenbezogenen Daten der vertretenen Partei aus Akten oder Aktenteilen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung gemäß § 90a BAO zulässig. Für Parteienvertreter ist die Abfrage nur soweit zulässig, als sie nach den berufsrechtlichen Vorschriften zur elektronischen Akteneinsicht befugt sind.
Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) […] auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten […]. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. ( unter Verweis auf , mwN, und vom , 2009/03/0089). Handlungen und insb ein Verschulden des Vertreters wären dem Vertretenen zuzurechnen ().
Damit ist aber das gegenständliche Verfahren entschieden. Der BF hat mit der Aktivierung der Bürgerkarte im Jahr 2017 auch seinen finanzonline Zugang aktiviert, hat ab diesem Zeitpunkt keine Zustellungen vom FA mehr erhalten und hat sich um seinen elektronischen Steuerakt über mehr als sechs Jahre nicht gekümmert, obwohl er ab diesem Zeitpunkt in seinen Steuerangelegenheiten keine Bescheide mehr zugestellt erhalten hat. Er hat alle Schritte von der Erstellung der Steuererklärungen über die Beantwortung von Vorhalten und Herabsetzungen von Vorauszahlungen bis hin zur Erfassung der Bescheide seinem steuerlichen Vertreter überlassen und hat dadurch eine auffallende Sorglosigkeit begangen, da er die seinem Vertreter durch eine Bevollmächtigung nach § 90a BAO übertragenen Aufgaben durch eigene Einsicht in seinen Steuerakt nicht auf ihre Vollständigkeit und Zeitgerechtigkeit hin überprüft hat.
Zu dieser Sorglosigkeit des BF selbst kam, dass der steuerliche Vertreter der gemäß § 90a BAO Akteneinsicht hatte, diese durch einen Fehler im Anlegen seiner Berechtigungen nach § 90a BAO über ein derartiges Schriftstück wie den Zurückweisungsbescheid vom über sein Kanzleiinformationssystem nicht automatisch informiert worden ist. Zudem wäre es in Kenntnis des offenen Antrages auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 sowohl in der Sorgfaltspflicht des steuerlichen Vertreters als auch des BF gelegen gewesen, sich um einen Antrag, der seit mehr als einem Jahr unerledigt war beim FA entweder durch Nachfrage zu erkundigen oder in finanzonline periodisch wiederkehrend Einsicht zu nehmen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung fußt auf dem oben dargestellten Sachverhalt und der dazu getroffenen Beweiswürdigung. Bei dieser Sachlage ergibt sich die rechtliche Konsequenz unmittelbar aus den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.6100287.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
DAAAF-44224