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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2025, RV/7101596/2022

Die Kosten für eine Senioren-Residenz führen nur bei jenem Partner zu außergewöhnlichen Belastungen, der nicht (mehr) im Stande ist, seinen Haushalt selber zu führen; die Wohnkosten des anderen Partners sind als Aufwendungen der Lebensführung gemäß § 20 EStG nicht abzugsfähig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Namen des Richters*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***Bf1*** (in der Folge als Beschwerdeführer "Bf." bezeichnet) bezog im Veranlagungsjahr 2020 nichtselbständige Einkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und vom ***Namen ehemaliger Dienstgeber***. Er brachte seine "Erklärung L1 zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2020" am ein und machte in dieser Erklärung geltend:
- Versicherungsprämien von € 4.289,34 und Steuerberatungskosten von € 480,12 als Sonderausgaben,
- Gewerkschaftsbeiträge von € 180,00 als Werbungskosten sowie
- Begräbniskosten von € 2.556,44, den Pauschalbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung eines Kindes für 12 Monate wegen vollständiger Tragung des Unterhaltes (zu 100%) und tatsächliche Kosten bei Behinderung des Antragstellers von € 22.901,85 als außergewöhnliche Belastungen

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2020, berücksichtigte die Begräbniskosten nicht (da die entsprechende Rechnung auf die Gattin des Bf. lautete) und anerkannte als außergewöhnliche Belastungen aus der eigenen Behinderung des Bf. lediglich einen Betrag von € 2.395,83 sowie als Pauschalbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung eines Kindes von 1.294,80. Begründend führte das Finanzamt aus:

"Die von Ihnen geltend gemachten Aufwendungen sind weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

Die Kosten der Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim sind keine außergewöhnliche Belastung, wenn die Unterbringung lediglich aus Altersgründen erfolgt. Die Unterbringung führt nur dann zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besondere Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen ().

Wir haben jene Aufwendungen berücksichtigt, für die nachvollziehbare Beweise vorlagen.

Topf-Sonderausgaben z. B. für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen können wir nur zu einem Viertel berücksichtigen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter. Dafür verwenden wir die oben angeführte Formel.

Wir haben die von Ihnen unter "Tatsächliche Kosten aufgrund einer Behinderung" beantragten Beträge von 2.395,83 Euro berücksichtigt. Darüber hinaus können keine weiteren Kosten abgezogen werden.

Ihre Spenden, Kirchenbeiträge oder Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung oder für den Nachkauf von Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung werden erstmals für das Kalenderjahr 2017 bis spätestens Ende Februar des Folgejahres verpflichtend elektronisch an das Finanzamt übermittelt und automatisch bei der Veranlagung berücksichtigt."

Am brachte der Bf. eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom ein und begehrte die Zuerkennung der Kosten für die Unterbringung in dem "Pensionistenwohnhaus ***Name Wohnheim***" als außergewöhnliche Belastung. Der Bf. beachte vor, dass ihm bis September 2020 die Pflegestufe 1 und ab Oktober 2020 die Pflegestufe 2 zuerkannt worden wäre. Weiters machte der Bf. die Kosten für die Behindertenwerkstätte der Tochter von € 2.998,30 als außergewöhnliche Belastung geltend. Beigelegt waren dieser Beschwerde ein (kaum leserliches) Schreiben der ***Behindertenbetreuungseinrichtung*** vom , ein (kaum leserliches) Schreiben des ***Behindertenhilfe*** vom , ein Schreiben des ***Behindertenhilfe*** vom und ein Kontoauszug der ***Name Bank*** von Frau ***Name der Tochter***, der Tochter des Bf.

Am übermittelte das Finanzamt an die Direktorin des Seniorenwohnheimes ***Name Wohnheim*** ein Mail mit nachstehendem Inhalt:

"Hiermit bitte ich bezgl. des Pflichtigen ***Bf1*** geboren am ***Geburtsdatum Bf*** um folgende Auskunft:
1. Welchen Appartementtyp bewohnt der Pflichtige?
2. Hat der Pflichtige neben den Grundleistungen noch zusätzliche Pflegeleistungen in Anspruch genommen?"

Dieses Mail (das am noch einmal an das Finanzamt übermittelt worden ist) wurde mit Mail vom beantwortet wie folgt:

"Herr ***Bf1*** bewohnt im ***Name Wohnheim*** mit seiner Gattin den App.Typ B2/A mit 60m2. In den monatlichen Kosten sind neben der wöchentlichen Appartement-Reinigung, der Grundleistungen der Haustechnik, Seniorenanimation und Sozialarbeit noch enthalten:
• 24 Stunden Bereitschaftsdienst der Pflege und Betreuung
• Das Bereithalten eines Platzes im Stationären Wohnen bei Bedarf.
• Soforthilfe bei medizinischen oder pflegerischen Notfällen sowie deren Nachbetreuung
• Nachbetreuung nach Krankenhausaufenthalten
Mit freundlichen Grüßen ***Namen der Direktorin***"

Das Finanzamt richtete am an den Bf. ein Ergänzungsersuchen mit nachstehendem Inhalt:

"Um Ihre Beschwerde bearbeiten zu können, sind noch folgende Unterlagen erforderlich:
1. Nachweis der gesamten behindertenbedingten Aufwendungen bezgl. Ihres Kindes (Rechnungen inkl. Aufstellung)"

Der Bf. beantwortete das Ergänzungsersuchen vom mit Schreiben vom . Dieses Schreiben enthielt eine handschriftliche Aufstellung der Kosten, die der Bf. für seine Tochter getragen habe (insgesamt € 2.343,60).
Dem Antwortschreiben waren
- das Schreiben des ***Behindertenhilfe*** vom (nunmehr leserlich),
- das (schon mit der Beschwerde vorgelegte) Schreiben des ***Behindertenhilfe*** vom
,
- ein Schreiben des ***Behindertenhilfe*** vom ,
- das Schreiben der ***Behindertenbetreuungseinrichtung*** vom (nunmehr leserlich) und
- zwei Kontoauszüge der Tochter der Bf.
beigelegt worden.

Das Finanzamt erließ am eine Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid 2020 und berücksichtigte nunmehr die nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen von
€ 2.343,96. Begründend führte das Finanzamt aus:

"Es wurde seitens des Finanzamtes eine Anfrage an das ***Name Wohnheim*** gestellt, welchen Appartementtyp sie bewohnen und ob Sie neben den Grundleistungen noch zusätzliche Pflegeleistungen in Anspruch genommen haben. Das ***Name Wohnheim***teilte mit, dass Sie mit Ihrer Gattin den App. Typ B2/A mit 60m2 bewohnen. Weiters wurden von Ihnen keine über die Grundbetreuung hinausgehenden Pflegeleistungen in Anspruch genommen. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterbringung in einer Senioren-Wohnanlage sind so lange nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, als mit ihnen nicht auch besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit-, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht wurden. Mit den monatlichen Zahlungen an die Senioren-Wohnanlage sind die Grundleistungen, das sind die Kosten für das Appartement, hauswirtschaftliche Leistungen, die Grundbetreuung und sonstige Grundleistungen finanziert worden. Aus des Entgeltrechnungen ist ersichtlich, dass keine Kosten für Pflege und soziale Begleitung angefallen sind. Dies deckt sich auch mit der Auskunft des ***Name Wohnheim***. Aus diesem Grund konnten die beantragten Aufwendungen betreffend der Senioren-Wohnanlage nicht berücksichtigt werden.

Topf-Sonderausgaben z. B. für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen können wir nur zu einem Viertel berücksichtigen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter. Dafür verwenden wir die oben angeführte Formel.

Wir haben die von Ihnen unter "Tatsächliche Kosten aufgrund einer Behinderung" beantragten Beträge von 2.395,83 Euro berücksichtigt. Darüber hinaus können keine weiteren Kosten abgezogen werden."

Am brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein und begehrte die Berücksichtigung der Wohnkosten für ein Appartement im "Pensionistenwohnhaus" von
€ 22.035,85 als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt. Beigelegt war dem Vorlageantrag eine Kopie des Behindertenpasses des Bf. mit Gültigkeitsdatum ab .

Am richtete das Finanzamt ein weiteres Ergänzungsersuchen an den Bf. mit folgendem Inhalt:

"Sie werden gebeten, noch folgende Unterlagen nachzureichen:
1. Vorlage Gutachten vom Sozialministeriumservice wie sich der Grad Ihrer Behinderung zusammensetzt"

Der Bf. beantwortete das Ergänzungsersuchen mit Schreiben vom und übermittelte das ihm betreffende Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom . In diesem Gutachten war ein Gesamtgrad der Behinderung von 100% attestiert worden und die Diagnosen aus den Einzelgutachten aufgelistet wie folgt:

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter dem Punkt "Stellungnahme" das Nachstehende aus:

"Die Kosten der Unterbringung und Verpflegung können eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen. Ist bei einem Steuerpflichtigen behinderungsbedingt nicht mehr die Fähigkeit gegeben, den Haushalt selbst zu führen und daher eine Betreuung erfolgt, wie sie in einem Alters- oder Pflegeheim typisch ist (), liegt eine besondere Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit im Sinne des § 35 EStG 1988 vor.
Abweichend von der bisherigen Rechtsansicht wird nunmehr die Rechtsansicht vertreten, dass die Kosten dem Grunde nach abzugsfähig sind. Die Kosten für das Apartement sind allerdings nur im Umfang der Kosten für den Bf. abzugsfähig (50 % von 23.742,04 € abzüglich der Haushaltsersparnis in Höhe von 12*156,96 € und des Bundespflegegeldes in Höhe von 2.041,90 €).
Es wird sohin beantragt, das Bundesfinanzgericht möge die Kosten für das Appartement in Höhe von 7.945,60 € als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt berücksichtigen. Im übrigen möge die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden."

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 1005 zur Erledigung zugewiesen.

Am übermittelte das Bundesfinanzgericht an den Bf. und die belangte Behörde einem Beschluss mit nachstehemden Inhalt:

"Der Beschwerdeführer wird ersucht, zu dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt betreffend die Kosten der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" dem Bundesfinanzgericht binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses ergänzende Unterlagen zu übermitteln und mit der Übermittlung der Unterlagen im Rahmen des rechtlichen Gehörs eine Stellungnahme zu den unten angeführten Ergänzungspunkten zu abzugeben.

Der belangten Behörde wird die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen des rechtlichen Gehörs binnen einer Frist von

4 Wochen

ab Zustellung dieses Beschlusses eine Stellungnahme abzugeben.

Rechtsstandpunkt der belangten Behörde:

Das Finanzamt Österreich, Dienststelle ***Name Dienststelle***, hat im Vorlagebericht vom betreffend das Jahr 2020 (GZ. RV/7101596/2022) und im Vorlagebericht vom betreffend die Jahre 2021 und 2022 (GZ. RV/7100510/2024) insbesondere ausgeführt, dass nur 50% der Kosten der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" beim Beschwerdeführer (Bf.) abzugsfähig wären, weil der Bf. die entsprechende Wohneinheit zusammen mit seiner Gattin bewohne.

Ergänzungspunkte:

1.) Der Beschwerdeführer wird ersucht, eine gegebenenfalls vorliegende Erwerbsminderung seiner Gattin durch geeignete Unterlagen nachzuweisen oder nachzuweisen, dass die Kosten für die Inanspruchnahme der Wohneinheit in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" auch bei seiner Gattin selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellt.

2.) Der Beschwerdeführer wird weiters ersucht, dem Bundesfinanzgericht den Vertrag, der die Grundlage für die Benutzung der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" durch den Beschwerdeführer und seine Gattin darstellt, in Kopie zu übermitteln.

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Unterhaltsleistungen sind nur dann steuerlich absetzbar, wenn sie beim Berechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Derart berücksichtigungsfähige Zahlungen unterliegen nur dem Selbstbehalt des Verpflichteten (§ 34 Abs. 4 EStG 1988). Darunter fallen außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten, Katastrophenschäden oder Aufwendungen infolge einer Behinderung bei der unterhaltsberechtigten Person), die für einkommenslose bzw. einkommensschwache Angehörige übernommen werden.

Der Beschwerdeführer bewohnt zusammen mit seiner Gattin in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" eine Wohneinheit. Auf Grund der Höhe der Pensionsbezüge seiner Gattin trägt der Beschwerdeführer die Kosten für die Wohneinheit zur Gänze und erbringt damit eine Unterhaltsleistung für seine Gattin. Diese Unterhaltsleistung ist aber nur dann beim Beschwerdeführer steuerlich abzugsfähig, wenn diese Kosten bei der Gattin (der Unterhaltsberechtigten) selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellt.

Da der Sachverhalt noch nicht entscheidungsreif ist, waren die erforderlichen Ermittlungshandlungen durch das Bundesfinanzgericht zu veranlassen."

Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme vom auf ihre Ausführungen im Vorlagebericht.

Der Bf. übermittelte dem Bundesfinanzgericht eine Stellungnahme und legte dieser die "Aufnahmevereinbarung für ***Name Wohnheim***" vom und - soweit für dieses Beschwerdeverfahren von Relevanz - die an die Gattin des Bf. adressierte Abrechnung vom "***Name Wohnheim***" für Jänner 2020 vor. In dieser Abrechnung war der Aufpreis für eine 2. Person und die Frühstückspension für Jänner 2020 ausgewiesen. Eine Erwerbsminderung der Gattin des Bf. hat der Bf. weder nachgewiesen, noch in dem Schreiben an das Bundesfinanzgericht behauptet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. bewohnte zusammen mit seiner Gattin (auch) im beschwerdegegenständlichen Jahr 2020 ein Appartement Typ B2/a in der Größe von 60m² in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***". In der "Aufnahmevereinbarung für ***Name Wohnheim***" vom sind sowohl der Bf. als auch dessen Gattin als Vertragspartner angeführt und ist diese Vereinbarung auch vom Bf. und dessen Gattin unterfertigt worden.

Der Bf. bezog bis September 2020 Pflegegeld der Stufe 1 und ab Oktober 2020 Pflegegeld der Stufe 2. Ob dem Bf. wurden am ein Behindertenpass ausgestellt. Der Grad der Behinderung wurde beim Bf. mit 100% festgestellt.

Ob der Gattin des Bf. ist für das beschwerdegegenständliche Jahr 2020 keine Behinderung festgestellt worden. Die Gattin des Bf. bezog im beschwerdegegenständlichen Jahr 2020 steuerpflichtige Bezüge (Kennzahl 245 des Lohnzettels) aus nichtselbständiger Arbeit seitens der PVA von € 8.384,28.

Der Bf. trug (mit Ausnahme des Kostenaufschlages für die 2. Person und der Kosten für die Frühstückspension der Gattin) die gesamten Unterbringungskosten für die Gattin und sich selber in dem Appartement in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***". Die vom Bf. im Jahr 2020 für das Appartement in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" getragenen Gesamtkosten für sich selber und seine Gattin betrugen insgesamt € 23.635,45. In den Abrechnungen waren die Appartementkosten (€ 22.176,00), Verpflegungskosten des Bf. selbst (€ 1.340,05) und das Kabelfernsehen (€ 119,40) enthalten.

In der "Aufnahmevereinbarung für ***Name Wohnheim***" ist unter dem Punkt 4 (2) festgehalten, dass besondere Pflegeleistungen und zusätzliche Leistungen nicht Gegenstand des Vertrages sind und daher auch kein anteiliges Entgelt auf solche Leistungen entfällt.

2. Beweiswürdigung

Der oben dargelegte Sachverhalt ergibt sich aus den durch den Bf. vorgelegten Unterlagen sowie aus einer Einsicht des Bundesfinanzgerichtes in den Einkommensteuerbescheid der Gattin für 2020 und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Anmerkung vorweg: Nachdem das Finanzamt im Vorlagebericht die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Appartement in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" dem Grunde nach eingestanden hat, ist nur mehr die Höhe der außergewöhnlichen Belastungen dafür, dass der Bf. diese Aufwendungen für das Appartement in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" für sich selber und seine Gattin (mit Ausnahme des Kostenaufschlages für die 2. Person und der Kosten für die Frühstückspension der Gattin) zur Gänze getragen hat, strittig.

Gemäß § 94 Abs. 1 bis 3 ABGB haben Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.

(2) Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.

(3) Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im Vorhinein nicht verzichtet werden.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, sofern sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:
Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 34 Abs. 1 bis 8 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….……….. 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….…………………………… 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………............................. 10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..…………………………... 12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a, den Kindermehrbetrag gemäß § 33 Abs. 7 sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

(8) Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 normiert:

Auf Grund der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, wird verordnet:

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988), wenn dieser Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt, oder
- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe-)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit . 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.

(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

(2) Bei einem Gehbehinderten mit einer mindestens 50%igen Erwerbsminderung, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, sind die Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 Euro zu berücksichtigen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 5. (1) Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.

(2) Bei Unterbringung in einem Vollinternat vermindert sich der nach Abs. 1 zustehende Pauschbetrag pro Tag des Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel.

(3) Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 6. Haben mehrere Steuerpflichtige Anspruch auf einen Pauschbetrag nach §§ 2, 3 oder 5, dann ist dieser Pauschbetrag im Verhältnis der Kostentragung aufzuteilen. Weist einer der Steuerpflichtigen seine höheren Mehraufwendungen nach, dann ist beim anderen Steuerpflichtigen der Pauschbetrag um die nachgewiesenen Mehraufwendungen zu kürzen.

§ 7. (1) Diese Verordnung ist anzuwenden:
1. wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig für die Veranlagung für das Kalenderjahr 1996,
2. wenn die Einkommensteuer im Wege des Abzugs vom Arbeitslohn erhoben wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden.

(2) Der Pauschbetrag gemäß § 5 ist im Jahr 1996 für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Mai nicht um eine pflegebedingte Geldleistung zu vermindern.

(3) § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 5 Abs. 1, jeweils in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 416/2001, sind anzuwenden,
1. wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2002,
2. wenn die Einkommensteuer im Wege des Abzugs vom Arbeitslohn erhoben wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden.

(4) § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 430/2010 sind anzuwenden,
1. wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung 2011,
2. wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) im Wege des Abzugs von Arbeitslohn erhoben wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden.

§ 8. Die Verordnung vom , BGBl. Nr. 675, tritt mit außer Kraft.

Aufwendungen für eine Wohnung () führen wegen des Fehlens der Außergewöhnlichkeit dieser Aufwendungen grundsätzlich zu keinen außergewöhnlichen Belastungen. Aufwendungen für eine Wohnmöglichkeit oder/und die Verpflegung sind durch die Gestaltung des Steuertarifs im Rahmen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 durch die Steuerfreistellung des pauschalen Existenzminimums berücksichtigt (vgl. z.B. zum Wohnungsaufwand oder zu den Kosten der eigenen Verpflegung) und führen daher grundsätzlich zu keinen außergewöhnlichen Belastungen. Die Kosten eines Wohnens in einem Alters- oder Seniorenheim allein wegen Alters sind als übliche Kosten der Lebensführung noch nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar (vgl. z.B. ).

Die von einem Pensionisten für seine Unterbringung in einem Pensionistenheim zu tragenden Aufwendungen sind allerdings dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn mit diesen Kosten auch besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit bedingt sind (vgl. bereits ; , 97/14/0102). Nach ständiger Rechtsprechung stellen die mit einer Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim verbundenen Kosten eine außergewöhnliche Belastung dar, sofern die Unterbringung durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht ist (vgl. z.B. ; , 2008/13/0126; , 2010/15/0130). Eine besondere Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit liegt bei einem behinderten Steuerpflichtigen iSd § 35 EStG 1988 vor, wenn bei diesem behinderungsbedingt nicht mehr die Fähigkeit besteht, den Haushalt selbst zu führen und daher eine Betreuung erfolgt, wie sie in einem Alters- oder Pflegeheim typisch ist (). Der besondere Pflege- oder Betreuungsbedarf eines Behinderten (iSd § 35 EStG 1988) ist durch ein ärztliches Gutachten oder durch Bezug von Pflegegeld nachzuweisen. Bei Bezug eines Pflegegeldes ab Stufe 1 kann jedenfalls von einer Pflegebedürftigkeit ausgegangen werden und sind die Kosten für eine Pflegeeinrichtung (z.B. Pflegeheim, Seniorenresidenz) als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (vgl. ).

Die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten gegenüber (Ehe-) Partnern ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Die Frage, ob zwischen Ehegatten ein Unterhaltsanspruch besteht oder nicht, hängt (anders als beim Kindesunterhalt) von mannigfaltigen Umständen ab, die weitgehend der Disposition der Ehepartner unterliegen und insofern als Sache privater Lebensgestaltung oder persönlichen Risikos anzusehen sind (vgl zB , VfSlg 13.067). Der Gesetzgeber ist nicht verhalten, die Unterhaltspflicht von Ehepartnern ähnlich der Unterhaltspflicht für Kinder zu berücksichtigen (vgl. , VfSlg 19.517, zur Beseitigung des Alleinverdienerabsetzbetrages für kinderlose Ehen bzw. Partnerschaften ab 2011 durch das BBG 2011, BGBl I 2010/111; sowie ).

Bei Übernahme der Heimkosten durch andere Personen ist zunächst zu prüfen, ob dafür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht. Die (nach dem Unterhaltsrecht bestehende) rechtliche Verpflichtung Angehöriger geht einer allfälligen sittlichen Verpflichtung dritter Personen vor. Weiters ist Voraussetzung, dass das Einkommen oder Vermögen der im Alters- oder Pflegeheim betreuten Person zur Finanzierung der Kosten nicht ausreicht (vgl. z.B. , VwSlg 8794/F; , 2010/15/0130).

Im vorliegenden Fall hat der Bf. die Kosten der Unterbringung von sich selber und seiner Gattin - mit Ausnahme der von der Gattin getragenen Kostenaufschläge für die 2. Person und der Kosten für die Frühstückspension der Gattin - vollständig getragen. Der Bf. hat an Kosten für das Appartement in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" für sich selber und seine Gattin im beschwerdegegenständlichen Jahr 2020 einen Betrag von insgesamt
€ 23.742,04 aufgewendet. Für den Bf. selbst stellen diese Aufwendungen auf Grund seiner eigenen Behinderung einerseits und seines Pflegegeldbezuges andererseits - mittlerweile unstrittig - dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen dar.

Der Bf. hat aber auch die Kosten für die Unterbringung der Gattin in dem Appartement der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" - mit Ausnahme der von der Gattin getragenen geringfügigen Kostenaufschläge für die 2. Person und der Kosten für die Frühstückspension der Gattin - getragen. Bei der Gattin selbst stellen Aufwendungen für die Unterbringung in einem Seniorenwohnheim keine außergewöhnlichen Belastungen dar, weil bei der Gattin weder ein Grad einer Behinderung festgestellt worden ist, noch bei der Gattin ein Bezug von Bundespflegegeld vorliegt.

Die Gattin verfügte im Jahr 2020 aber nicht über das notwendige Einkommen, die anteiligen Kosten für ihre eigene Unterbringung in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" zu tragen. Das Einkommen der Gattin in 2020 betrug nach deren Einkommensteuerbescheid 2020 vom nämlich nur € 8.211,28, die anteiligen Kosten für die Unterbringung der Gattin in der Senioren-Wohnanlage hätten demgegenüber mehr als € 11.000,00 betragen, weswegen zu prüfen war, ob die Kosten für die Unterbringung der Gattin in dieser Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" dem Grunde nach und gegebenenfalls in welcher Höhe beim Bf. außergewöhnliche Belastungen darstellen können.

Zu prüfen war an dieser Stelle daher noch, ob der Bf. die Kosten der Unterbringung (auch) seiner Gattin in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" auf Grund seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Gattin als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen kann: Auf Grund der Höhe des Einkommens des Bf. im Jahr 2020 einerseits und der Höhe des Einkommens der Gattin des Bf. im Jahr 2020 andererseits hatte die Gattin des Bf. im beschwerdegegenständlichen Jahr 2020 gegenüber dem Bf. selbst einen Unterhaltsanspruch. Unabhängig von der exakten Höhe dieser Unterhaltsverpflichtung des Bf. gegenüber seiner Gattin ist an dieser Stelle auf die Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 zu verweisen, wonach Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst (also im vorliegenden Fall bei der Gattin des Bf.) eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Wie oben dargelegt, hätten die Kosten der Unterbringung der Gattin in einem Appartement der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" bei der Gattin keine außergewöhnlichen Belastungen dargestellt, weil bei der Gattin des Bf. für das Jahr 2020 weder eine Behinderung attestiert worden ist noch ein Bezug von Pflegegeld vorgelegen hat. Unterhaltsleistungen des Bf. an dessen Gattin für die Unterbringung (auch) der Gattin in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" stellen daher beim Bf. schon dem Grunde nach keine außergewöhnlichen Belastungen dar, weswegen auf die Höhe dieser (dem Grunde nach nicht bestehenden außergewöhnlichen) Belastungen nicht mehr einzugehen war.

Zu der Höhe der beim Bf. selbst auf Grund seiner eigenen Behinderung und seines Pflegegeldbezuges für seine Unterbringung in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastungen ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die in den Abrechnungen enthaltenen Aufwendungen für Kabelfernsehen weder außergewöhnliche Aufwendungen sind noch, dass diese Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Aufwendungen für Kabelfernsehen stellen daher keine außergewöhnlichen Belastungen dar und waren daher von den - vom Bf. getragenen - Gesamtaufwendungen auszuscheiden.

Die in den - von dem Bf. getragenen - Gesamtaufwendungen enthaltenen Aufwendungen für Verpflegung "Frühstückspension" betrafen (weil die Gattin des Bf. ihre Kosten für die "Frühstückspension" selber getragen hat) ausschließlich den Bf. und waren daher - im Gegensatz zu dem Antrag der belangten Behörde im Vorlagebericht - zur Gänze dem Bf. zuzuschreiben. Die übrigen Verpflegungsaufwendungen konnte nicht eindeutig dem Bf. oder dessen Gattin zugeordnet werden und erfolgte die Zuordnung dieser Kosten im Schätzungsweg (§ 184 BAO) zur Hälfte beim Bf. Von den verbleibenden Unterbringungskosten die der Bf. für sich selber und seine Gattin getragen hat, konnten 50% der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes beim Bf. berücksichtigt werden. Von den sich dergestalt errechnenden Kosten waren - worauf die belangte Behörde im Vorlageantrag zutreffender Weise hingewiesen hat - noch die Haushaltsersparnis und das Bundespflegegeld abzuziehen. Die zusätzlich zu berücksichtigen außergewöhnlichen Belastungen aus der Unterbringung des Bf. in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" errechnen sich daher wie folgt:

Zu dem Vorbringen des Bf., dass nur der Aufschlag für seine Gattin (als zweite Bewohnerin) von den Wohnkosten (=außergewöhnlichen Belastungen) in Abzug zu bringen (gewesen) wären, ist seitens des Bundesfinanzgerichts festzuhalten, dass die Kosten für ein Appartement in dieser Wohnanlage in der Größe von 44m² - diese Größe wäre für den Bf. alleine ausrechend gewesen - nach der Homepage der Senioren-Wohnanlage wesentlich geringer gewesen wären, als die Kosten für die 60m²-Wohnung. Dem Begehren des Bf., nur den Aufschlag für seine Gattin in Abzug zu bringen war durch das Bundesfinanzgericht daher nicht zu folgen.

Die übrigen seitens des Bf. steuerlich geltend gemachten Aufwendungen waren nicht mehr strittig beziehungsweise sind diese seitens der belangten Behörde in der Beschwerdevor-entscheidung vom zuerkannt worden - auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde wird an dieser Stelle - um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen.

Aus den oben dargelegten Gründen konnte der Beschwerde des Bf. in Ansehung der Zuerkennung seiner eigenen anteiligen Wohnkosten in der Senioren-Wohnanlage "***Name Wohnheim***" teilweise Folge gegeben werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da zu der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen Kosten in einer Senioren-Wohnanlage umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes existiert und das Bundesfinanzgericht von dieser Judikatur nicht abgewichen ist, lag eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 Abs. 1 bis 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§§ 1 bis 8 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 94 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101596.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101596.2022

Fundstelle(n):
AAAAF-44212