Familienbonus Plus bei gleichzeitigem Antrag des Familienbeihilfenbeziehers und des Unterhaltsabsetzbetragsberechtigten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022 zu Recht erkannt:
I)
Der Einkommensteuerbescheid vom wird abgeändert.
Die Einkommensteuer 2022 wird mit -47,00 festgesetzt.
Der Spruch des Einkommensteuerbescheides entspricht dem der Beschwerdevorentscheidung vom .
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FE 2 (ArbeitnehmerInnenveranlagung) und damit in die Zuteilungsgruppe 1101. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (kurz Bf.) bekämpfte den Einkommensteuerbescheid vom ursprünglich nur wegen eines zu gering berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrages. Das Finanzamt Österreich (kurz FAÖ) hatte in der Begründung des Erstbescheides darauf hingewiesen, dass der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der Familienbonus Plus nur für jene Monate zustehen, in denen zur Gänze Unterhalt geleistet wurde. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass für drei Kinder im Veranlagungsjahr 2022 nicht vollständig Unterhalt geleistet wurde. Laut Akt bestehe eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von EUR 300,00 pro Kind. Das ergebe in Summe eine jährliche Unterhaltsverpflichtung von insgesamt EUR 10.800,00.
Laut Zahlungsnachweis (Dauerauftragsbestätigung) seien nur Alimente in Höhe von EUR 10.140,00 geleistet worden. Der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der beantragte halbe Familienbonus Plus hätten daher nur für 11 Monate berücksichtigt werden können (tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen/Kind EUR 3.380,00/Unterhaltsverpflichtung von EUR 300,00 = 11,27 Monate, Abrundung auf ganze Monate).
Dem trat der Bf. in der Beschwerde vom entgegen und wies darauf hin, dass ein Sohn ab September 2023 selbsterhaltungspflichtig sei. Daher habe sich dessen Unterhaltsanspruch ab Oktober 2023 auf EUR 80,00 verringert. Schon am hatte der Bf. in Beantwortung eines Anforderungsschreibens des FAÖ eine Unterhaltsvereinbarung vom sowie eine Bestätigung der Leiterin Familie/Jugend/Soziales der Stadt ***XXX*** vorgelegt, aus der hervorgeht, dass sich die Unterhaltsverpflichtung für diesen Sohn schon ab September 2022 auf EUR 80,00 reduzierte und dass dieser ab September 2023 selbsterhaltungsfähig ist.
Daraus ergibt sich, dass der Bf. 2022 mit der Zahlung von EUR 10.140,00 seiner Unterhaltsverpflichtung zur Gänze nachkam.
[...]
Nachdem das FAÖ dem Beschwerdebegehren mit Beschwerdevorentscheidung vom vollinhaltlich entspach und den Unterhaltsabsetzbetrag zu 100% (EUR 1.576,80) sowie den halben Familienbonus Plus für drei Kinder (EUR 3.000,24) gewährte, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte vor, leider habe er irrtümlich beim Familienbonus Plus "HALB" anstelle "GANZ" angekreuzt. Er sei der Unterhaltszahler (nicht der Familienbeihilfenempfänger) und habe selbstverständlich den vollen Unterhalt für alle Monate für alle seine drei Kinder geleistet. Daher bitte er noch mal um Korrektur.
Das FAÖ legte daraufhin die Beschwerde mit Vorlageantrag vom an das Bundesfinanzgericht vor und wies darauf hin, dass auch die Kindesmutter und Familienbeihilfenberechtigte im Frühjahr 2023 den halben Familienbonus Plus beantragt habe. Dem Bf. stehe deshalb nur der halbe Familienbonus Plus zu, weshalb die Beschwerde abzuweisen sei. In diesem Vorlagebericht nahm das FAÖ zwar Bezug auf die Einkommensteuer 2021, stellte aber per Mail vom klar, dass damit das Jahr 2022 gemeint war, zu dem auch die entsprechenden Unterlagen vorgelegt wurde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
AuffStrittig ist hier - nach Anerkennung des Unterhaltsabsetzbetrages in voller Höhe in der Beschwerdevorentscheidung - nur die Höhe des zustehenden Familienbonus Plus.
Fest steht dabei, dass der Bf. 2022 für drei minderjährige Kinder, die im Haushalt ihrer Mutter lebten und für die diese die Familienbeihilfe bezog, im vollen rechtlich erforderlichen Ausmaß Unterhalt leistete. Der Bf. beantragte zwar ursprünglich für diese drei Kinder nur den halben Familienbonus Plus, korrigierte dies aber im Vorlageantrag und macht nun den ganzen Absetzbetrag geltend.
Fest steht weiters, dass auch die Mutter der Kinder jeweils den halben Familienbonus Plus beantragte.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Familienbonus Plus
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 lautet in der 2022 gültigen Fassung auszugweise (Formatierung fett durch das Bundesfinanzgericht):
"(3a)
Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.
2. (aufgehoben)
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.
[…] "
Aus § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 leuchtet hervor, dass der Familienbonus Plus in Summe immer nur in einfacher Höhe ausbezahlt werden darf. Beantragen - wie hier - in der Steuererklärung sowohl die Familienbeihilfenbezieherin wie auch der Unterhaltspflichtige diesen Absetzposten, steht er beiden Teilen jeweils zur Hälfte (hier für alle drei Kinder mit insgesamt EUR 3.000,24) zu (vgl. ).
Das Gesetz sieht dabei für keinen der Anspruchsberechtigten eine Priorität vor. Die Familienbeihilfenberechtigte und die Person, der der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, sind gleichberechtigt. Es ist an ihnen, sich bei der Beantragung des Familienbonus Plus untereinander bestmöglich abzustimmen (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom EStG17, § 33 Rz 40).
Hier haben beide einen Antrag gestellt, womit beiden jeweils der halbe Absetzbetrag zusteht. Damit kann dem Beschwerdebegehren des Bf. kein Erfolg beschieden sein. Solange die Kindesmutter ihren Antrag auf Berücksichtigung des Familienbonus Plus aufrecht hält, steht ihm nur der halbe Betrag zu. Die Beschwerde war damit abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht erlaubt sich dazu folgenden ergänzenden und unverbindlichen Hinweis (siehe auch LStR 2002, Rz 770b, , und Kanduth-Kristen in Jakom EStG17, § 33 Rz 39):
Haben wie hier zwei Anspruchsberechtigte den Familienbonus Plus je zur Hälfte beantragt und kann einer der beiden den Absetzbetrag aufgrund einer zu geringen Tarifsteuer nicht vollständig (hier also nur mit einem Betrag unter EUR 3.000,24) nutzen, wäre der nicht genutzte Absetzbetrag verloren. Um das zu verhindern verankerte der Gesetzgeber in § 33 Abs. 3a Z 3 lit. d EStG 1988 die Möglichkeit der formlosen Zurückziehung eines der beiden Anträge (bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides). Zieht einer der beiden Beteiligten den Antrag zurück, gilt das nach Eintritt der Rechtskraft sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO.
Wird also der Antrag von dem Berechtigten zurückgezogen, der den Familienbonus Plus nicht vollständig ausnützen konnte, so kann der andere Antragsberechtigte den ganzen Familienbonus Plus beantragen bzw. beanspruchen. Hat der dies - wie hier - bereits im Vorlageantrag getan, ist er von Amts wegen in voller Höhe zu berücksichtigen. Das Zurückziehen des Antrages ist also immer dann vorteilhaft, wenn sich der Familienbonus Plus bei einem Antragsteller aufgrund der geringen Einkommenshöhe nicht auswirkt, der andere Antragsberechtigte den Absetzbetrag aber (voll) nutzen könnte (vgl. auch ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 4).
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100843.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100843.2024
Fundstelle(n):
ZAAAF-44208