Keine Umsatzsteuerpflicht für Überlassung von nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden KFZ an Dienstnehmer
Rechtssätze
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RV/2100765/2024-RS1 | Steht für die Anschaffung eines PKW der Vorsteuerabzug nicht zu (§ 12 Abs 2 Z 2 lit b UStG 1994), so würde die Mehrwertsteuerbelastung des Ausgangsumsatzes (Überlassung an Dienstnehmer gegen Entgelt) zu einer systemwidrigen Doppelbesteuerung führen und hat - wie in Rz 1931 UStR vorgesehen - aus unionsrechtlich systematischen Gründen zu unterbleiben. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die ***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Michael Lucan, Schwarzenbergplatz 5/3/1, 1030 Wien,
über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Beschwerdeführerin ist im Jahr 2021 nicht zur Umsatzsteuer zu veranlagen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden: Bf) ist eine deutsche Kommanditgesellschaft.
Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer der Bf. mit Null festgesetzt.
Mit Bescheid vom wurde der Bescheid vom gem. § 299 BAO aufgehoben und die Aufhebung mit dem Verweis auf den Sachbescheid vom selben Tag begründet. Mit dem hier angefochtenen Umsatzsteuer-Bescheid vom wurde der Bf. für das Jahr 2021 Umsatzsteuer iHv 1.875 Euro vorgeschrieben, weil sie es ihren Mitarbeitern gestattet hat, betriebseigene KFZ in Österreich zu nutzen. Begründend führte das Finanzamt dazu aus:
"Die gegenständliche Überlassung der KFZ an die Mitarbeiter erfolgt nicht unentgeltlich, da eine anteilige Arbeitsleistung von den Mitarbeitern für die private Nutzung des KFZ jedenfalls aufgewendet wird. Von einer unentgeltlichen Überlassung kann nicht ausgegangen werden, so lange der Dienstnehmer für Urlaubsfahrten bzw. andere private Fahrten keine Kosten zu tragen hat. Die Überlassung der KFZ durch Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer zur privaten Nutzung, gilt als Vermietung von Beförderungsmitteln, welche nach §3a (12) Z2 UStG dort steuerbar ist, wo der nichtunternehmerische Leistungsempfänger seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt hat, somit in Österreich. "
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. zum Sachverhalt vor, dass zwei Mitarbeitern in Österreich zugelassene PKWs (Ford Mondeo und Skoda Octavia) innerhalb deren Dienstpflicht überlassen wurden. Der Kauf bzw. die Anmeldung und der Betrieb der beiden PKWs unterlag in Österreich der USt, die nicht als Vorsteuer abgezogen werden konnte. Als Nachweis legte die Bf. die Zulassungsscheine vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, dass folgende Fragen nicht beantwortet worden seien, weshalb dem Beschwerdebegehren nicht gefolgt werden könne:
"- Besteht eine Betriebstätte der Firma in Österreich?
- Handelt es sich bei den Mitarbeitern um einen unselbständig angestellten Dienstnehmer oder aber Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. selbständigen Handelsvertreter?
- Bitte den Dienstvertrag übermitteln
- Ist das betreffende KFZ erforderlich für die dienstliche Tätigkeit oder wird es nur für Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingesetzt?
- Sind Privatfahrten grundsätzlich erlaubt? Wenn ja, besteht eine Grenze bzw. eine Meldepflicht betr. die Privatfahrten gegenüber dem Dienstgeber? Erfolgt eine Form der Gehaltsumwandlung beim Mitarbeiter für die KFZ-Nutzung?
- Wer trägt die mit der KFZ-Nutzung anfallenden Kosten? (Reparatur, Betankung..)
- Bitte die konkreten KfZ-Nutzungsvereinbarungen übermitteln."
Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Behandlung der Beschwerde durch das BFG, beantwortete die Fragen (keine Betriebsstätte in Österreich, Mitarbeiter sind Dienstnehmer, gestattet sind Fahrten im Außendienst und Privatfahrten, die Bf. trägt sämtliche Kosten) und legte die Dienstverträge vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Die Beschwerdeführerin ist eine deutsche Kommanditgesellschaft, die laut aktenkundiger Dienstverträge ihren Marketing-Mitarbeitern Herrn ***1*** und Herrn ***2*** PKWs sowohl für dienstliche, als auch für private Fahrten zur Verfügung gestellt hat. Die PKW sind in Österreich zugelassen und haben die Bf. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Bf. trägt sämtliche Kosten iZH mit den KFZ, laut Dienstvertrag haben die Dienstnehmer lediglich für private Reisen ins Ausland die Treibstoffkosten selbst zu tragen.
2. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtslage
§ 12 Abs 2 UStG 1994 BGBl. Nr. 663/1994 idF BGBl. I Nr. 103/2019 lautet auszugsweise:
"2. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren,
a) (…)
b) die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung die Begriffe Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen näher bestimmen. Die Verordnung kann mit Wirkung ab erlassen werden."
§ 3a UStG 1994 BGBl. Nr. 663/1994 idF BGBl. I Nr. 118/2015 lautet auszugsweise:
"(1a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:
1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;"
3.2. Überlassung von KFZ an Dienstnehmer
Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für Zwecke des Personals unterliegt gem. § 3a Abs 1a UStG 1994 der Umsatzsteuer, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Da die beiden PKW die Bf. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, unterliegt die private Verwendung durch die Mitarbeiter im Rahmen des so genannten "Eigenverbrauches" nach der gesetzlichen Bestimmung des § 3a UStG 1994 nicht der Umsatzsteuer.
Geht man von einer steuerpflichtigen Vermietung und damit von einem Leistungsaustausch aus, weil die Dienstnehmer eine anteilige Arbeitsleistung als Gegenleistung für die private Nutzungsüberlassung erbringen (vgl , Revision Ro 2024/15/0028 anhängig), führt dies nach herrschender Ansicht nicht zu einem umsatzsteuerbaren Vorgang (vgl. Ruppe/Achatz, UStG 19946, § 12 Tz 184 mit Verweis auf ). Dies wird auch von der Finanzverwaltung so gesehen (vgl. Kollmann/Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG3, § 12 Rz 262 unter Verweis auf Rz 1931 UStR 2000).
Unionsrechtlich ergibt sich diese Beurteilung aus der Zielsetzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG: Nach Art 1 Abs 2 MwStRl wird bei allen Umsätzen die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.
Wie der EuGH mehrfach judiziert hat, ist der Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mehwertsteuersystems (vgl. etwa und C-33/09, X-Holding BV und Oracle Nederland BV; so beispielsweise auch ). Steht der Vorsteuerabzug nicht zu (in dem Fall aufgrund des § 12 Abs 2 Z 2 lit b UStG 1994), so würde die Belastung des Ausgangsumsatzes mit Mehrwertsteuer zu einer systemwidrigen doppelten Besteuerung führen. So wie die Umsatzsteuerbefreiung einer Lieferung von Gegenständen, die vom Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, unionsrechtlich geboten ist (vgl , Kommission gegen Italien), ist auch die sonstige Leistung der bloßen Überlassung eines Gegenstandes, der vom Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, nicht zu besteuern, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden.
Die Bf. hat daher im Streitjahr keine steuerbaren Umsätze in Österreich ausgeführt und ist nicht zur Umsatzsteuer zu veranlagen.
Der angefochtene Bescheid war daher - wie im Spruch ersichtlich - ersatzlos aufzuheben.
3.3. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt Rechtsprechung des VwGH (zur gleichlautenden Bestimmung des UStG 1972) vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
Anmerkung | Abweichend , allerdings zu einem anderen Sachverhalt (verdeckte Ausschüttung) |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100765.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100765.2024
Fundstelle(n):
KAAAF-44197