TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2024, RV/7102011/2021

1. Masseverwalter ist gesetzlicher Vertreter während des Insolvenzverfahren einer OG 2. Abgaben sind gegenüber Masseverwalter während Insolvenzverfahren festzusetzen 3. Keine Anfechtung von abgeleitetem Bescheid mit Begründung, dass Feststellungsbescheid unzutreffend ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***VS*** als Vorsitzenden, die Richterin***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und ***L2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WPI-Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Judendorfstraße 33, 8071 Hausmannstätten, und vertreten durch Frau MMag. TO MH, ***V Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2014, Einkommensteuer 2015 und Einkommensteuer 2016 sowie über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2017 und Einkommensteuervorauszahlungen 2019 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am sowie am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die Frage, ob der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners anzusehen ist sowie ob abgeleitete Bescheide mit der Begründung, dass die Feststellungsbescheide unrichtig sind, angefochten werden können.

I. Verfahrensgang

I.1 Abgabenbehördliches Verfahren

Die Beschwerdeführerin ist unbeschränkt haftende Gesellschafterin der ***RR** OG (in der Folge als "OG" bezeichnet). Neben der Beschwerdeführerin sind vier weitere Personen unbeschränkt haftende Gesellschafter der OG. Über das Vermögen der OG wurde mit Beschluss vom tt.mm.2018 das Konkursverfahren unter dem Aktenzeichen ***xx** des LGZ AA eröffnet und ***MS*** als Masseverwalter bestellt.

Aufgrund einer bei der OG im Jahr 2019 abgeschlossenen Außenprüfung erließ die belangte Behörde die Feststellungsbescheide vom hinsichtlich der Jahre 2014 bis 2017.

Mit Bescheiden vom wurden jeweils die Einkommensteuer 2014 bis 2016 betreffend die Beschwerdeführerin mit der Begründung, dass die Änderung gemäß § 295 BAO aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes AA-ZY zu Steuernummer ***StNr2*** vom erfolgte, neu festgesetzt.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2017 gemäß § 200 Abs. 1 BAO iHv. € 1.054,-- festgesetzt und mitgeteilt, dass die Einkünfte aus der Beteiligung an der OG iHv. € 32.543,66 berücksichtigt worden seien. Die vorläufige Festsetzung wurde damit begründet, dass bei den Einkünften aus der selbständigen Arbeit das Vorliegen einer Einkunftsquelle unsicher sei.

Am selben Tag wurde mit Bescheid die Vorauszahlung an Einkommensteuer für das Jahr 2019 und Folgejahre mit € 1.148,-- festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgebliche Veranlagung das Jahr 2017 betreffe. Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 sei daher die maßgebliche Abgabenschuld iHv. € 1.054,-- um 9 % erhöht worden.

Beschwerden

Mit Schreiben vom (betreffend Einkommensteuer 2014 bis 2016) bzw. (betreffend Einkommensteuer 2017 und Vorauszahlung Einkommensteuer 2019 und Folgejahre) brachte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter RA ***RA1*** Beschwerde gegen die verfahrensgegenständlichen Bescheide ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die Bescheide aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Unrichtigkeit angefochten werden.

Die den streitgegenständlichen Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheide des FA AA-ZY gemäß § 188 BAO betreffend die OG zu Steuernummer ***StNr2*** seien nicht rechtskräftig. Gegen diese sei fristgerecht Beschwerde erhoben worden. Ferner würden diese keine Bescheidbegründung enthalten. Der Hinweis auf die Niederschrift bzw. den Prüfbericht und das abgabenbehördliche Prüfungsverfahren betreffend die OG zu Steuernummer ***StNr2*** würden gemäß ständiger Judikatur nicht ausreichen und keine Begründung darstellen, da die genannten Dokumente nicht den inhaltlichen Anforderungen der Begründung eines Bescheides entsprechen würden. Weder aus den angefochtenen Bescheiden noch aus Prüfbericht und Niederschrift gehe hervor, welchen Sachverhalt die Behörde warum als bescheinigt auf Basis welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung annehme. In Tz. 3 des Prüfungsberichtes seien mehrere Sachverhaltsvarianten dargelegt. Die Behörde lege nicht dar, ob und welchen dieser Sachverhalte auf Basis welcher Überlegungen sie als gegeben annehme. Sie gebe nicht einmal an, ob einer der Sachverhalte als festgestellt angenommen werde. Die den hier bekämpften Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheide vom zu Steuernummer ***StNr2*** seien daher unschlüssig. Diese Unschlüssigkeit mache die hier bekämpften Bescheide ebenso unschlüssig.

Auch die rechtliche Beurteilung der den streitgegenständlichen Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheide vom zu Steuernummer ***StNr2*** sei daher mangelhaft, da sie nicht überprüfbar sei und damit auch die hier zugrundeliegenden Bescheide. Die Behörde habe es verabsäumt, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, wie sie zu welcher konkreten rechtlichen Beurteilung gekommen sei, auf deren Basis die gegenständlichen Bescheide erlassen worden seien.

Die Behörde habe nicht angeführt, auf welchen Gewinnverteilungsbeschluss sie Bezug nehme. Der Ursprungsvertrag der OG und die diesem zugrundeliegende Gewinnverteilung sei nicht aktuell. Diese habe es im hier relevanten Zeitraum nicht mehr gegeben.

Die vom Finanzamt AA-ZY im Schätzungswege ermittelten Beträge seien allesamt falsch und unrichtig. Die OG habe niemals die im Abschlussbericht ermittelten Beträge lukriert, egal in welcher rechnerisch ermittelten Höhe, sei das Finanzamt AA-ZY doch zu einer Mehrzahl an Beträgen gelangt und sei mangels Bescheidbegründung nicht klar, welche und warum Einfluss in die gegenständlichen Bescheide gefunden hätten. Dies sei auch irrelevant, da sie allesamt falsch und unrichtig seien. Die OG sei kein Unternehmer. Aus diesem Grunde habe das Finanzamt AA-ZY auch bereits vor vielen Jahren der OG die UID-Nummer aberkannt. Die OG führe selbst keine Vermietungen durch. Hier eine Tangente den Gesellschaftern zuzuweisen und daraus resultierend Abgaben festzusetzen, sei in unrichtiger Weise durch ein mangelhaftes Verfahren erfolgt, welchem die Beschwerdeführerin nicht beigezogen worden sei und welches daher dem Art. 6 EMRK, dem rechtlichen Gehör, welcher auch im Abgabenverfahren gelten würde, widerspreche.
Desweiteren werde seitens der Abgabenbehörde in der (unrichtigen) Begründung angeführt: "Die Veranlagung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind". Die Beschwerdeführerin sei in das Prüfungsverfahren nicht eingebunden gewesen. Lediglich die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2014, 2015, 2016, 2017 seien an die Beschwerdeführerin zugestellt worden. Aus diesem Grunde seien die vorliegenden Bescheide mangelhaft und zu beheben.

Die Beschwerdeführerin habe keine Einnahmen aus einer Vermietungstätigkeit der OG gehabt, da diese keine Vermietungen durchführe. Die OG habe keine Umsätze und sei ausschließlich als Miteigentümerin auf Grund der Tangenten steuerpflichtig.

Auf Grund der nichtigen Wohnungseigentumsverträge bestehe in der ***XY***, 1080 Wien ideelles Miteigentum der OG und seien diesbezüglich eine Vielzahl von Gerichtsverfahren anhängig, um die gesetzlich zwingend erforderliche Berichtigung des Grundbuchs zu bewirken. Steuerlich sei dieses ideelle Miteigentum allerdings auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise schon unabhängig von der tatsächlichen Durchführung im Grundbuch beachtlich.

Die hinsichtlich der OG vom zu Steuernummer ***StNr2*** samt dem diesen zugrundeliegenden abgabenbehördlichen Prüfungsverfahren getroffenen Feststellungen, auf welche die hier bekämpften Bescheide gründen, seien unrichtig und ohne geeignete Grundlage ergangen. Damit seien auch die im Feststellungsverfahren getroffenen anteiligen Einkünfte samt Festsetzung von Anspruchszinsen und Vorauszahlungsbescheiden nichtig, mangelhaft und inhaltlich unrichtig.

Die Masseverwalterin in der Insolvenz des insolventen OG-Gesellschafters sei nicht zuständig, diesen Gesellschafter im Abgabenverfahren zu vertreten. Die Masseverwalterin könne und habe Bereiche ausgeschieden, sowie sei in Gerichtsverfahren nicht eingetreten. Dies belege, dass weder die Masse noch der Masseverwalter gleich zu setzen seien mit dem insolventen Gesellschafter. Wer nicht die volle Verantwortung für sämtliche Handlungen und Entscheidungen habe, könne nicht Steuersubjekt sein. Allein auf Grund der gesetzlichen Vorgaben - das der Exekution unterzogene Vermögen, Möglichkeit des Ausscheidens, Möglichkeit des Nichteintretens - alles hier der Fall - würden Masseverwalter und Masse als Steuersubjekt statt der Partei des Insolvenzverfahrens ausscheiden. Die Angelegenheiten, die ausgeschieden worden seien, in die der Masseverwalter nicht eingetreten sei, seien nicht steuerliches Niemandsland, woraus sich allein schon die Absurdität des Masseverwalters als steuerlich Verantwortlicher zeige. Die Masseverwalterin des insolventen Gesellschafters sei daher nicht zuständig, in Abgabenangelegenheiten für den insolventen Gesellschafter aufzutreten.
Ein sinngemäß gleichartiges Vorbringen erstattete die Beschwerdeführerin auch in Bezug auf den Masseverwalter der OG (Beschwerde betreffend ESt 2014-2016, Seite 5 - 6).

Abschließend stellte der anwaltliche Vertreter der Beschwerdeführerin den Antrag auf Aufhebung der verfahrensgegenständlichen Bescheide und die Festsetzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit € 0,-- sowie Entscheidung durch den gesamten Senat in einer mündlichen Verhandlung.

In der Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter RA ***RA1*** ergänzend vor, das § 192 BAO verfassungs- und EU-GRCh-widrig sei.

Beschwerdevorentscheidungen

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2017 als unbegründet ab und führte aus, ein Bescheid könne nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien, wenn dem Bescheid Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind. Ein etwaiger Antrag auf Änderungen sei bei der Feststellung (beim Grundlagenbescheid) einzubringen. Im Übrigen sei der Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten sei, im Fall der nachträglichen Änderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019 wies das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte aus, dass sich im Zuge der Beschwerdeerledigung an der Festsetzung der Einkommensteuer 2017 vom keine Änderung ergeben habe, auf deren Basis die Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2019 festgesetzt worden sei.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom ersuchte die Beschwerdeführerin selbst um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Sie führte aus, dass die Verfahren betreffend die zugrundeliegenden Feststellungsbescheide weder rechtswirksam noch rechtskräftig erledigt seien. Damit sei den gegenständlichen Bescheiden die Basis entzogen und es können gar keine Bescheide erlassen werden. § 192 BAO sei verfassungs- und EU-GRCh-widrig. § 252 BAO sei ausschließlich bei bereits rechtskräftigen Feststellungsbescheiden anwendbar.

Weiters sei die Beschwerdeführerin nicht Teil des Außenprüfungsverfahrens gewesen, obwohl diese nach § 78 Abs. 1 1.TS BAO iVm. § 77 Abs. 1 BAO Partei des Abgabenverfahrens sei.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerden gegen die streitgegenständlichen Bescheide dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor.

I. 2 Verfahren vor dem BFG

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung 5010 zugewiesen.

Mit Ladung vom wurde die von der Beschwerdeführerin beantragte mündliche Senatsverhandlung für anberaumt.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin Akteneinsicht, welche am durchgeführt wurde.

Mit Eingabe vom , beim BFG am eingelangt, wurde von der Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen erstattet.
Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass über das Vermögen der ***RR** OG zu Unrecht ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Es könne bei der OG keine Insolvenz vorliegen, solange nicht bei allen persönlich haftenden Gesellschaftern der Insolvenztatbestand erfüllt sei. Dies würde eine Außerachtlassung der Solidarhaftung der GesellschafterInnen gemäß § 128 UGB bedeuten. Im Übrigen verfüge die OG über beträchtliches Vermögen, wie Goldschmuck, Goldmünzen, Gold und Silbergegenstände, etc.
§ 2 Abs. 2 IO lege fest, dass ausschließlich das der Exekution unterzogene und somit pfändbare Vermögen, somit ausschließlich zivilrechtliches Vermögen/Eigentum Gegenstand des Insolvenzverfahrens sei. Dagegen gelte in Steuerangelegenheiten bzw. im Abgabeverfahren die wirtschaftliche Betrachtungsweise und nicht der zivilrechtliche Eigentums-/Vermögensbegriff. Die Problematik der verschiedenen Betrachtungsweisen der Rechtsgebiete sowie das Auseinanderfallen von Einkommensteuer- und Umsatzsteuersubjekt im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Personengesellschaft und das Fortbestehen/Nichtfortbestehen der Haftung nach § 128 UGB nach Insolvenzeröffnung sei in der bisher ergangenen Rechtsprechung nicht behandelt worden. Gegenstand des Abgabeverfahren seien somit auch aus dem Insolvenzverfahren Ausgeschiedenes, Nicht Eintritte sowie Rechtsverhältnisse gemäß § 6 Abs. 3 IO, für die der Masseverwalter nicht verantwortlich sei.
Daraus schloss die Beschwerdeführerin, dass ausschließlich die GesellschafterInnen der OG Subjekt der Einkommensteuer seien. Ebenso seien diese Steuersubjekt der Erklärungen der OG gemäß § 188 BAO.
Der Gegenstand der Erklärungen gemäß § 188 Abs. 3 BAO sei nicht ident und nicht gleichzusetzen mit dem Gegenstand des § 2 Abs. 2 IO.
Die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit von OG und KG schlage im Ertragsteuerrecht nicht durch. Personengesellschaften seien ausnahmslos keine eigenen Ertragsteuersubjekte. Der Gewinn werde den Gesellschaftern direkt zugerechnet.
Durch die Zugriffsverweigerung im Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung werde der Gesellschafter faktisch doppelt in Anspruch genommen, da er weiterhin die alleinige ertragsteuerrechtliche Verantwortung trage und die Feststellungen gemäß § 188 BAO, ohne Einfluss darauf nehmen zu können, gegen sich gelten lassen müsse.
Ein wesentliches Problem bei der Feststellung der einheitlichen und gesonderten Einkünfte gemäß § 188 BAO ist die verpflichtende Wahl eine Zustellbevollmächtigten gemäß § 81 Abs. 2 BAO, der auch durch das Finanzamt festgesetzt werden könne, iVm mit der Zustellfiktion gemäß § 101 Abs. 3 BAO. Dadurch würden nämlich die teilhabenden Mitgesellschafter iSd § 188 Abs. 3 BAO erst durch die Zustellung ihrer eigenen Abgabenbescheide Kenntnis von der Anteilszuteilung an sie erlangen. Die Frist zur Beschwerdeerhebung gegen den Feststellungsbescheid sei jedoch zu diesem Zeitpunkt idR bereits abgelaufen. Mit Hinblick darauf, dass der Masseverwalter kein Teil der Gemeinschaft sei, aber dennoch sämtliche Folgen des § 81 Abs. 2 BAO iVm § 101 Abs. 3 BAO gegen die Gesellschafter wirken, zeige besonders deutlich die Gleichheits-, Verfassungs- und EMRK Widrigkeit dieser Bestimmungen.
Im Übrigen stehe der Gebrauch der Zustellfiktion im Ermessen der Abgabebehörde. Die Ausübung des Ermessens müsse gemäß § 20 BAO (Zweckmäßigkeit und Billigkeit) erfolgen.
Im konkreten Fall sei das abgabenbehördliche Außenprüfungsverfahren bei der ***RR** OG ohne Beiziehung der GesellschafterInnnen erfolgt und damit Artikel 6 EMRK verletzt worden. Die Feststellungsbescheide seien den Ertragsteuersubjekten nicht zugestellt worden, sondern ausschließlich dem Masseverwalter.
Der Abgabenbehörde sei bekannt gewesen, dass die Gesellschafter der OG und der Masseverwalter "streitverfangen" seien und die Gesellschafter mit dem Masseverwalter "prozessieren" und dass kein Kontakt bestehe. Die Bescheide hätten daher gemäß § 20 BAO sämtlichen Gesellschaftern direkt zugestellt werden müssen, da es dem Schutzzweck des § 81 Abs. 8 letzter Satz BAO entspräche, dass der ausgeschiedene Gesellschafter der Zustellung an einen Zustellbevollmächtigten für vor dem Ausscheiden gelegenen Zeiträume und Zeitpunkte widersprechen könne.
Die Zustellung der Bescheide an sämtliche Gesellschafter ab Konkurseröffnung über das Vermögen der OG sowie deren Beschwerderecht ergäbe sich auch daraus, dass die Gesellschafter ab diesem Zeitpunkt Mitunternehmer neben der Masse seien.
Die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen würden damit vor Rechtskraft des Feststellungsbescheides einem Abgabenbescheid nicht zugrunde gelegt werden dürfen, dies entgegen dem Wortlaut des § 192 BAO, da der letzte Teilsatz dieser Bestimmung verfassungswidrig sei.

I. 3 Mündliche Senatsverhandlung am

Zur Verhandlung am erschien die Beschwerdeführerin nicht persönlich. Als Vertreter der Beschwerdeführerin schritten einerseits RAA Mag. RA 1 im Namen von RA Mag. RA 2, dem von der Beschwerdeführerin Vollmacht erteilt wurde, und andererseits MMag. MH, der ebenso von der Beschwerdeführerin Vollmacht erteilt wurde, ein.
Die Vertreterin der Beschwerdeführerin brachte in der Verhandlung ergänzend vor, dass, entgegen dem bisherigen Vorbringen, die Feststellungsbescheide ausschließlich dem Masseverwalter zugestellt worden seien. Dieser habe die OG Gesellschafter nicht zeitgerecht über die Feststellungsbescheide informiert. Es solle zuerst über die Beschwerden gegen die Feststellungsbescheide und danach über die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide entschieden werden, da die Beschwerdeführerin keine Einwirkungsmöglichkeit im Feststellungsverfahren gehabt habe.
Weiters wurde von der Vertreterin der Beschwerdeführerin die Einvernahme von Zeugen beantragt, zum Beweis dafür, dass der belangten Behörde die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Masseverwalter der OG und der OG sowie zwischen dem Masseverwalter der OG und den OG Gesellschaftern bekannt waren und dass weder die OG noch die OG Gesellschafter dem Außenprüfungsverfahren beigezogen wurden. Hierzu wurde auch die Beischaffung des Außenprüfungsaktes betreffend Feststellungen 2014 bis 2017 beantragt.
Die Vertreterin der Beschwerdeführerin brachte ferner vor: Im Insolvenzverfahren betreffend die OG seien Sachverhalte ausgeschieden worden. Daher sei die Befugnis des Masseverwalters eingeschränkt gewesen. Die Befugnis des Masseverwalters als Vertreter gemäß den Bestimmungen der BAO reiche nur soweit, wie seine Befugnis als Masseverwalter im Insolvenzverfahren reiche. Seien im Insolvenzverfahren betreffend die OG Sachverhalte ausgeschieden worden, so umfasse die Befugnis des Masseverwalters diese ausgeschiedenen Sachverhalte nicht. Daher hätte nur den Gesellschaftern der OG zugestellt werden dürfen.
Dies auf Grund der ausgeschiedenen Sachverhalte und auf Grund des Umstandes, dass von vornherein nicht das gesamte Vermögen der OG abgehandelt worden sei. Es wäre daher nicht nur im Ermessen der Abgabenbehörde gelegen gewesen, die Feststellungsbescheide direkt den OG-Gesellschaftern zuzustellen, sie wäre vielmehr dazu verpflichtet gewesen (Niederschrift Verhandlung Seite 9).
Der Vertreter des Rechtsanwaltes der Beschwerdeführerin ergänzte: Der Masseverwalter könne nicht als vertretungsbefugte Person iS des § 81 BAO angesehen werden, da es im Insolvenzverfahren um ein anderes Vermögen gehe, nämlich um das zivilrechtliche Vermögen, während es im Abgabenverfahren um die wirtschaftliche Betrachtung gehe. Daher habe man nicht wirksam dem Masseverwalter zustellen können. Daher hätten die Feststellungsbescheide den Gesellschaftern zugestellt werden müssen (Niederschrift Verhandlung Seite 13).

Nach Beratung verkündete der Vorsitzende den Beschluss, dass die mündliche Verhandlung auf vertagt wird. Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom persönlich und mit Schreiben vom ihrer anwaltlichen Vertretung übermittelt.

I. 4 Weiteres Verfahren beim BFG

Die Ladungen der von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen erfolgten mit Schreiben vom 4.6. bzw. vom . Mit Schreiben vom des BFG wurde den Zeugen mitgeteilt, dass von ihrer Zeugeneinvernahme Abstand genommen wird.

In weiterer Folge legte die belangte Behörde aufgrund eines Vorhaltes des am den Akt zur Außenprüfung bei der OG vor und erklärte, dass die Feststellungsbescheide 2014 bis 2017 sowohl dem Masseverwalter als auch den Gesellschaftern zugestellt worden seien. Der Beschwerdeführerin sei der Bescheid nach Zustellversuch am durch Hinterlegung zugestellt worden. Die entsprechende RSa Zustellnachweise lagen dem Akt bei (OZ 88).
Sämtliche bis dahin im Akt des BFG (mit Ausnahme der OZ 116 und 117) befindlichen Teile, in die bisher noch keine Akteneinsicht genommen wurde, wurden der Beschwerdeführerin am in Kopie übermittelt.

In Beantwortung des Vorhaltes vom gab der Insolvenzverwalter der OG mit Eingabe vom an, dass die OG (damals vertreten durch RA ***RA1***) und die Gesellschafter über Prüfungsbeginn, den Verlauf und die Ergebnisse informiert worden seien, und übermittelte auszugsweise Unterlagen aus seinem Akt v.a Korrespondenz mit RA ***RA1***.
Sämtlich Unterlagen, die der Insolvenzverwalter dem BFG übersendet hat, wurden der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom persönlich übermittelt.

Am (um 21:59 Uhr) brachte die Beschwerdeführerin persönlich einen Ablehnungsantrag gegen den erkennenden Senat sowie einen Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung ein.
Entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin beraumte das BFG die für angesetzte Verhandlung ab.
Der Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom durch die Leiterin der Außenstelle Klagenfurt/Wörthersee als unbegründet abgewiesen.

Am wurde neuerlich eine mündliche Verhandlung für anberaumt und die Ladung hierzu dem anwaltlichen Vertreter der Beschwerdeführerin mit zugestellt mit dem Hinweis, dass das Fernbleiben der beschwerdeführenden Partei bzw. der belangten Behörde von der mündlichen Verhandlung der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht (§ 274 Abs. 4 BAO).

Am wurde durch eine Vertreterin der Beschwerdeführerin nochmals in den Akt Einsicht genommen, wobei die Schriftstücke OZ 116 und OZ 117 in diesem Akt nicht enthalten waren.

Mit Mail vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Verschiebung der mündlichen Verhandlung, da sie einen dringenden Patiententermin habe. Weiters teilte sie mit, dass sie anwaltlich nicht mehr vertreten sei.

Mit Mail vom gab der anwaltliche Vertreter die Vollmachtsbeendigung mit sofortiger Wirkung bekannt.

I. 5 Mündliche Verhandlung am

An der Verhandlung am nahm weder die Beschwerdeführerin persönlich noch ein Vertreter der Beschwerdeführerin teil.
Der Vertreter der belangten Behörde führte aus, dass die Feststellungbescheide zusätzlich zur Zustellung an den Masseverwalter auch an die Gesellschafter der OG zugestellt worden seien.
Nach Beratung des Senates verkündete der Vorsitzende das Erkenntnis, wonach die streitgegenständlichen Beschwerden abgewiesen werden, eine Revision an den VwGH nicht zulässig ist, die Aktenteile OZ 116 und OZ 117 von der Akteneinsicht ausgeschlossen sind, der Antrag auf Einvernahme der begehrten Zeugen sowie der Antrag vom auf Vertagung der mündlichen Verhandlung abgewiesen werden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum unbeschrankt haftende Gesellschafterin der ***RR** OG. Über das Vermögen der OG wurde mit Beschluss vom tt.mm.2018 das Konkursverfahren unter dem Aktenzeichen ***xx** des LGZ AA eröffnet und ***MS*** als Masseverwalter bestellt.
Die den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheide der OG vom wurden an ***MS*** als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der OG adressiert und zugestellt. Die Feststellungsbescheide enthalten folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid wirkt gegen alle Beteiligte, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligte als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)."
Die Feststellungsbescheide wurden zusätzlich auch den übrigen Gesellschaftern der OG mit RSa Briefen persönlich bzw. hinsichtlich des sich im Konkurs befindlichen Gesellschafters dessen Masseverwalterin mit RSa-Brief zugestellt.

Mit dem Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019 wurde die Einkommensteuer iHv. € 1.148,-- auf Grundlage des Einkommensteuerveranlagungsbescheides 2017 festgesetzt. Ein Jahresbescheid für das Jahr 2019 ist mit gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen worden und ergab eine negative Einkommensteuer iHv. € 1.294,--.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich der Gesellschafterstellung der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Einsichtnahme des BFG in das Firmenbuch zu FN **1111***.

Die Feststellungen betreffend das Konkursverfahren der OG gründen auf den vom Masseverwalter vorgelegten Unterlagen und auf der Einsichtnahme des BFG in die Ediktsdatei zu Aktenzeichen ***xx** des LGZ AA.

Die Tatsache der Zustellungen der Feststellungsbescheide basiert auf den von der belangten Behörde vorgelegten RSa Zustellnachweisen (OZ 89 und OZ 88) sowie auf dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bzw. der anderen Gesellschafter im Schriftsatz vom , S. 2, mit welchem Beschwerde gegen die Feststellungsbescheide erhoben wurde.

Die Feststellung hinsichtlich des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 2019 sowie hinsichtlich des Jahresbescheides für das Jahr 2019 konnte aufgrund des vorgelegten Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 2019 sowie aufgrund der Einsichtnahme des BFG in das Abgabeninformationssystem des Bundes getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1 Einkommensteuerbescheide 2014 - 2017

Gemäß § 81 Abs. 1 BAO sind abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Es entspricht der einhelligen Literatur, dass insbesondere die offene Gesellschaft und die Kommanditgesellschaft als Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit iSd § 81 Abs. 1 BAO zu beurteilen sind (Ritz/Koran, BAO7, § 81 Tz 1; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 81, 237; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I³, § 81 BAO Tz 1; Ellinger u.a., BAO³, § 81 Anm 1). Ebenso beurteilt die höchstgerichtliche Judikatur eingetragene Personengesellschaften als Personenvereinigung "ohne eigene Rechtspersönlichkeit" iSd § 81 BAO ( mwN).

§ 101 Abs. 3 BAO erlaubt eine vereinfachte Zustellung an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft durch Zustellung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person (). Demzufolge sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), einer nach § 81 vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. Einem Vertreter nach § 81 BAO kann daher immer im Wege des § 101 Abs. 3 BAO zugestellt werden (). Eine zwingend anzustellende Ermessensabwägung vor Nutzung der Zustellfiktion durch die belangte Behörde ergibt sich weder aus dem Gesetzestext noch aus der Judikatur des VwGH.

Im gegenständlichen Verfahren sind sämtliche Feststellungsbescheide neben der Zustellung an den Masseverwalter der OG mit Hinweis auf die Zustellfiktion ebenso an alle Gesellschafter der OG mit RSa Rückscheinbrief zugestellt worden bzw. betreffend den insolventen Gesellschafter der OG wurden die Feststellungsbescheide seiner Masseverwalterin zugestellt.

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, welches dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört, oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 KO, nunmehr § 2 Abs. 2 IO). Dem Masseverwalter kommt mit Insolvenzeröffnung die Prozessführungsbefugnis für Prozesse, welche die Masse betreffen, zu (Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht3 (2023), Rz 271). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (, ). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen ().

Die Beschwerdeführerin hat keine substantiierten Angaben dahingehend gemacht, warum ausnahmsweise entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in diesem Fall nicht an die Masseverwalterin des insolventen Gesellschafters der OG zugestellt werden hätte dürfen. Mit dem sehr allgemein gehaltenen Vorbringen der Beschwerdeführerin über die Unterschiede im Insolvenzverfahren und im Abgabenverfahren und über die Ausscheidungen im Insolvenzverfahren gem. § 8 IO und § 119 Abs. 5 IO wird kein nachvollziehbarer Grund genannt, der dafür spricht, davon auszugehen, dass die Masseverwalterin des insolventen OG-Gesellschafters ausnahmsweise nicht (vgl. ; , 2003/15/0061) an Stelle dieses OG-Gesellschafters für den Empfang von Feststellungs- oder Abgabenbescheiden zuständig sein könnte. Maßnahmen gem. § 8 IO und gem. § 119 Abs. 5 IO sind geradezu typisch für Konkursverfahren, weil kein Masseverwalter und kein Gläubigerausschuss ein Interesse daran hat, die Konkursmasse mit Kosten aussichtsloser Streitigkeiten zu belasten, die nur Geld kosten, und daher nur eine Verminderung der Konkursmasse erwarten lassen. Wäre das Vorbringen der Beschwerdeführerin richtig, dann würde nach jeder Maßnahme gem. § 8 IO oder § 119 Abs. 5 IO die Masseverwalterin ihre Zuständigkeit für abgabenrechtliche Angelegenheiten des Schuldners verlieren. Diesfalls würde der Grundsatz der Zuständigkeit der Masseverwalterin für den Empfang von Feststellungs- und Abgabenbescheiden an Stelle des Gemeinschuldners (; , 2003/15/0061) zur äußerst seltenen Ausnahme werden.

Insbesondere ist dem unsubstantiierten Vorbringen der Beschwerdeführerin auch kein nachvollziehbarer Grund entnehmbar, der für die Richtigkeit der Annahme spricht, dass durch konkrete Nichteintritte der Masseverwalterin gem. § 8 Abs. 1 IO und durch konkrete Beschlüsse des Gläubigerausschusses gem. § 119 Abs. 5 IO das Vermögen, mit welchem die Einkünfte des insolventen Gesellschafters erwirtschaftet wurden, aus der Konkursmasse des insolventen Gesellschafters der OG ausgeschieden wurde.

Dasselbe gilt sinngemäß für das Insolvenzverfahren betreffend die OG als Gemeinschuldnerin:
Maßnahmen gem. § 8 IO und gem. § 119 Abs. 5 IO sind typisch für Konkursverfahren. Dass es auch im Insolvenzverfahren der OG solche Maßnahmen gegeben hat, kann nichts am Grundsatz der Zuständigkeit des Masseverwalters der OG für den Empfang von Feststellungsbescheiden an Stelle der Gemeinschuldnerin (OG) ändern.

Insbesondere ist dem unsubstantiierten Vorbringen der Beschwerdeführerin auch kein nachvollziehbarer Grund entnehmbar, der für die Richtigkeit der Annahme spricht, dass durch konkrete Nichteintritte des Masseverwalters der OG gem. § 8 Abs. 1 IO und durch konkrete Beschlüsse des Gläubigerausschusses gem. § 119 Abs. 5 IO das Vermögen, mit welchem die in den Feststellungsverfahren gem. § 188 BAO festgestellten Einkünfte der OG aus Vermietung erwirtschaftet wurden, aus der Konkursmasse der OG ausgeschieden wurde.

Es wurde ferner im Beschwerdeverfahren der OG von den Gesellschaftern der OG vorgebracht:
Das LG ZRS AA (***xx**, vgl. Beschluss OLG AA 3 R 1a2b3z, Seite 4, 5, 11-14, mit dem der Beschluss des LG ZRS AA vom , ***xx** bestätigt wurde) habe die Schließung des Unternehmensbereiches "Tageweise Vermietung AH- ***1***- Gasse 10" verfügt. Auf Grund der Schließung dieses "Teilbetriebes" sei somit der hier gegenständliche Teil aus der Masse ausgeschieden worden (Vorlageantrag vom , S eite 10 der OG-Gesellschafter im Beschwerdeverfahren betreffend die Feststellungsbescheide).
Dieses Vorbringen im Zusammenhang mit der Schließung eines Teilbereichs des Unternehmens der OG entspricht nicht der Rechtslage: Die Schließung dieses Unternehmensteils der OG gem. § 115 Abs. 1 IO bedeutet jedenfalls nicht, dass dieser Unternehmensteil der OG nicht mehr zur Konkursmasse der OG gehört, sondern, dass der Masseverwalter der OG insoweit zur Verwertung zu schreiten hat (Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht, 5. Auflage, Seite 57 und 58, 122-124; 169 und 172).

Daraus folgt, dass die den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheide, die an den Masseverwalter im Insolvenzverfahren der OG adressiert und an den Masseverwalter mit dem Hinweis auf die Zustellfiktion sowie zusätzlich an sämtliche Gesellschafter der OG persönlich bzw. hinsichtlich des im Konkurs befindlichen Gesellschafters dessen Masseverwalterin zugestellt wurden, rechtswirksam ergangen sind und zugestellt wurden.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Die Vorschriften über die Verbindlichkeit von Grundlagenbescheiden bestimmen, dass die Feststellungen in Grundlagenbescheiden den abgeleiteten Bescheiden zugrunde gelegt werden können, auch wenn jene noch nicht rechtskräftig geworden sind (§ 192 iVm § 194 Abs. 2 BAO, § 195 und § 197 Abs. 3 BAO), ohne dass hiedurch der Rechtsschutz beeinträchtigt sein kann, weil eine Änderung der Grundlagenbescheide im Rechtsmittelverfahren ohnedies jedenfalls eine (amtswegige) Änderung im Folgebescheidbereich mit sich bringt (Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger [Hrsg], BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 [2023] § 295 BAO Rz 21 mit Verweis auf ). Wegen des Rechts auf Aussetzung der Einhebung ist diese Rechtslage nicht verfassungswidrig (RV/7102026/2021).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass § 192 BAO nicht verfassungskonform angewendet worden sei, weil die OG und deren Gesellschafter im Außenprüfungsverfahren nicht beigezogen worden seien und weil die Feststellungsbescheide der OG und ihren Gesellschaftern auch nicht zugestellt worden seien, geht ins Leere:
Aus den von der belangten Behörde vorgelegten urkundlichen Nachweisen ergibt sich die Zustellung der Feststellungsbescheide betreffend die OG an alle Gesellschafterinnen der OG und an die Masseverwalterin des insolventen Gesellschafters der OG.
Weiters ist aus dem Akt ersichtlich, dass die belangte Behörde während der Prüfung der OG nur mit deren Masseverwalter Kontakt aufgenommen und nur diesen aufgefordert hat, alle Buchhaltungsunterlagen, Belege und Kontoauszüge vorzulegen. Dem Akt ist auch zu entnehmen, dass der Masseverwalter diese Aufforderungen der belangten Behörde unverzüglich dem Vertreter der OG (RA ***RA1***) per Mail mitgeteilt hat (Mails des Masseverwalters an den Vertreter der OG vom 1.3., 8.3.,14.3. und ). Der Masseverwalter hat dem Vertreter der OG mitgeteilt, dass diese Unterlagen zu übermitteln sind, um eine Schätzung durch die belangte Behörde zu verhindern. Die Erledigung dieser Aufforderung, welche er per Mail im März 2019 dem Vertreter der OG geschickt hat, urgierte der Masseverwalter mehrmals. Der Aufforderung wurde nicht nachgekommen. Der Vertreter der OG (RA ***RA1***) wies den Masseverwalter als Antwort lediglich darauf hin, dass der Masseverwalter nicht für abgabenrechtliche Angelegenheiten der OG zuständig sei und verwies auf die gesetzlichen Bestimmungen hierzu (Mails des Vertreters der OG an den Masseverwalter der OG vom 3.3. und ). Dies war auch der Grund, warum die Gesellschafter der OG nicht auf die abgabenbehördliche Prüfung betreffend die OG eingewirkt haben. Es war die OG selbst, die sich aufgrund unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten über den Zuständigkeitsbereich des Masseverwalters nicht am Verfahren, mediatisiert durch den Masseverwalter, beteiligen wollte.
Bei dieser Sachlage kann nicht von einem schweren Verfahrensfehler ausgegangen werden, der in die Verfassungssphäre reicht.

§ 252 Abs. 1 BAO normiert, dass ein Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind, wenn diesem Bescheid Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind. Abs. 3 leg. cit. lautet: Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Der erkennende Senat teilt die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, wonach § 252 BAO dahingehend auszulegen sei, dass diese Bestimmung nur für den Fall rechtskräftiger Feststellungsbescheide gelte, um verfassungskonform zu sein. Vielmehr ist der erkennende Senat der Meinung, dass § 252 BAO immer dann gilt, wenn die Feststellungsbescheide, die den Abgabenbescheiden zu Grunde zu legen sind, wirksam geworden sind, und wenn sie auch gegenüber der Beschwerdeführerin wirksam geworden sind. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, bezweifelt der Senat nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist eine Anfechtung eines Steuerbescheides, die mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrundeliegenden Feststellungsbescheides begründet ist, diesbezüglich in der Sache abzuweisen (; , 2002/14/0005; , 2004/13/0069).

Ist gemäß § 295 Abs. 1 BAO ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Änderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden. Wie der ausgesprochen hat, ist § 295 Abs. 1 letzter Satz BAO, wonach mit der Anpassung bis zur Rechtskraft des neuen Feststellungsbescheides zugewartet werden kann, ausschließlich von der prozessökonomischen Erwägung getragen, der Abgabenbehörde eine wiederholte Bescheidanpassung zu ersparen, wenn der geänderte Feststellungsbescheid im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens neuerlich geändert wird. Ein Rechtsanspruch des Abgabepflichtigen auf ein Zuwarten der Abgabenbehörde bis zur Rechtskraft des Grundlagenbescheides wird durch diese Regelung jedoch nicht begründet ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend wird festgehalten, dass, sollte sich im Beschwerdeverfahren betreffend die Feststellungsbescheide 2014 bis 2017 eine Rechtswidrigkeit herausstellen, die zu deren Änderung bzw. allenfalls zu deren Aufhebung führen, dies gemäß § 295 BAO eine Änderung der abgeleiteten Einkommensteuerbescheide nach sich ziehen wird.

Hinsichtlich des Vorbringens, dass § 3 Abs. 1 IO, §§ 80, 81 und 188 BAO verfassungswidrig seien, fehlt es an substantiiertem Vorbringen der Beschwerdeführerin und hegt der erkennende Senat keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität dieser Normen.

Für den erkennenden Senat ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach das Recht auf Aussetzung auf Einhebung ausgehöhlt sei und dass es denkunmöglich sei, dass ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt werden müsse, zur Gänze nicht nachvollziehbar. Auf Grund des Rechts auf Aussetzung der Einhebung ist vielmehr davon auszugehen, dass § 192 BAO nicht verfassungswidrig sein kann (RV/7102026/2021).

3.1.2 Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet: Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der einbehaltenen Beträge im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 2 und 3 EStG. Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4%, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.

In der Beschwerde wurden betreffend Bescheid der belangten Behörde vom zur Einkommensteuervorauszahlung 2019 von der Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet. Die diesbezügliche Beschwerde enthält nur Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der dem Einkommensteuerbescheid 2017 zugrundeliegenden Feststellungsbescheid. Da die Beschwerde gegen den für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 als unbegründet abgewiesen wurde, ergibt sich auch hinsichtlich der Festsetzung der Vorauszahlungen für das Jahr 2019 keine Änderung.

Zur angeregten Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 192 BAO, des § 252 Abs. 1 BAO sowie des § 81 BAO iVm § 188 BAO ist auf die Möglichkeit der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen das vorliegende Erkenntnis hinzuweisen.

Da im gegenständlichen Fall die letztendlich festgestellte Einkommensteuer für 2019 niedriger war als die mit Vorauszahlungsbescheid vorgeschriebenen Beträge, kam es gemäß § 46 Abs. 2 EStG 1988 mittlerweile zur Gutschrift des Unterschiedsbetrages am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.3 Beweisanträge

Von der Vertreterin der Beschwerdeführerin wurde in der Verhandlung am die Einvernahme von Zeugen beantragt.

Gemäß § 183 Abs. 3 BAO idF BGBl. NR. 151/1980 sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung am gestellten Beweisanträge auf Zeugeneinvernahme von ***ZG1***, ***ZG2***, ***ZG3*** sowie ***ZG4***, zum Beweis dafür, dass keine ausreichende Kommunikation zwischen dem Masseverwalter und den Gesellschaftern stattgefunden hat, ist auszuführen, dass diese Tatsache aufgrund der vorgelegten Unterlagen des Masseverwalters offenkundig ist. Denn der Masseverwalter hat den ehemaligen bevollmächtigten Vertreter der OG und der Gesellschafter laufend über das Außenprüfungsverfahren informiert und zur Mitwirkung aufgefordert (Mails des Masseverwalters an den Vertreter der OG vom 1.3., 8.3.,14.3. und ). Der ehemalige bevollmächtigte Vertreter hat jedoch lediglich wiederholt Ausführungen zur mangelnden Befugnis des Einschreitens des Masseverwalters gemacht (Mails des Vertreters der OG an den Masseverwalter der OG und zum Teil auch an das Finanzamt vom 3.3., 4.3. und ). Der Beweisantrag war daher abzuweisen.

Ebenso ist der Beweisantrag auf Zeugeneinvernahme von ***ZG1***, ***ZG2***, ***ZG3*** sowie ***ZG4***, zum Beweis dafür, dass weder die Gesellschafter der OG, noch die OG selbst vom Finanzamt im Außenprüfungsverfahren beigezogen wurden und dass bereits im Außenprüfungsverfahren das Finanzamt Kenntnis davon hatte, dass es eine "Misskommunikation" zwischen dem Masseverwalter und der OG und zwischen dem Masseverwalter und den OG Beteiligten gegeben hat, und dass das gesamte Verhältnis zwischen dem Masseverwalter und den OG Gesellschaftern streitverfangen war, abzuweisen, da sich auch diese Tatsachen aus den von der belangten Behörde vorgelegten Außenprüfungsunterlagen offenkundig ergeben (insb. aus dem Beschluss des OLG AA vom , Mails des Masseverwalters an den Vertreter der OG vom 1.3., 8.3.,14.3. und ; Mails des Vertreters der OG an den Masseverwalter der OG und zum Teil auch an das Finanzamt vom 3.3., 4.3. und ).

Der Beweisantrag der Beschwerdeführerin auf Zeugeneinvernahme von ***ZG1***, ***ZG2***, ***ZG3*** sowie ***MS*** zum Beweis dafür, dass das Verhältnis zwischen den OG Gesellschaftern und dem Masseverwalter bereits im Außenprüfungsverfahren erkennbar "streitverfangen" war, und dass der Masseverwalter und die OG Gesellschafter bereits während des Außenprüfungsverfahrens "prozessiert" hätten, ist abzuweisen, da die unter Beweis zu stellenden Tatsachen bereits aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (insb. aus dem Beschluss des OLG AA vom , Mails des Masseverwalters an den Vertreter der OG vom 1.3., 8.3.,14.3. und ; Mails des Vertreters der OG an den Masseverwalter der OG und zum Teil auch an das Finanzamt vom 3.3., 4.3. und ) offenkundig sind.

3.1.4 Akteneinsicht zu OZ 116 und OZ 117

Die Beschwerdeführerin begehrte Akteneinsicht zum beigeschafften Akt der Außenprüfung hinsichtlich Feststellungsbescheide 2014 bis 2017. Inhalt dieses beigeschafften Aktes waren u.a. die Schriftstücke OZ 116 und OZ 117.

Gemäß § 90 Abs. 2 BAO sind von der Akteneinsicht ausgenommen Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden Meldungen, Berichte und dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde.

Bei den Schriftstücken OZ 116 und OZ 117 handelt es sich um Amtsvorträge, in denen Berichte der Prüferin an ihre Vorgesetzte (u.a. Vorständin des zuständigen Finanzamtes) betreffend das zugrundeliegende Außenprüfungsverfahren festgehalten sind. Für Amtsvorträge besteht ein unbedingter (Absoluter) Ausschluss von der Akteneinsicht (; , Ro 2017/15/0021).

Somit war die Akteneinsicht hinsichtlich der Schriftstücke OZ 116 und OZ 117 nicht zu gewähren.

3.1.5 Vertagungsantrag betreffend die Verhandlung am

Gemäß § 274 Abs. 4 BAO hat der Senatsvorsitzende den Ort und den Zeitpunkt der Verhandlung zu bestimmen. Hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind die Parteien mit dem Beifügen vorzuladen, dass ihr Fernbleiben der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht.

Nach § 275 Abs. 1 BAO hat der Senatsvorsitzende die mündliche Verhandlung zu eröffnen, zu leiten, erforderlichenfalls zu vertagen und zu schließen. Er hat dafür zu sorgen, dass die Sache vollständig, erforderlichenfalls in Rede und Gegenrede, erörtert wird. Er hat das Wort zu erteilen und kann es bei Missbrauch entziehen.

Das Nichterscheinen einer Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung nicht. Der Beschwerdeführerin wurde dieser Umstand im Zuge der Ladung mitgeteilt.

Voraussetzung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist eine "ordnungsgemäße Ladung". Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn ein begründetes Hindernis, das eine Partei vom Erscheinen beim Verwaltungsgericht abhält, vorliegt. Die Triftigkeit des Nichterscheinens muss überprüfbar sein (, mwN).

Eine urlaubsbedingte oder berufliche Verhinderung kann nur dann ein begründetes Hindernis bilden, wenn sie nicht etwa durch zumutbare Dispositionen hätte beseitigt werden können (vgl. etwa , und ).

Dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin nicht persönlich bei der Verhandlung in Wien erscheinen könne mit der Begründung der unverhergesehenen Verhinderung aufgrund eines dringenden, nicht verschiebbaren Patiententermins, ist entgegenzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen hätte können. Ein persönliches Erscheinen war nicht zwingend erforderlich. Die Beschwerdeführerin wurde bei der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung von MMag. MH und von einem Mitarbeiter des ehemals bevollmächtigten Rechtsanwaltes vertreten. Der Beschwerdeführerin war der Verhandlungstermin am durch die Zustellung der Ladung an den Rechtsanwalt seit bekannt. Ihr Beruf als Ärztin bringt es mit sich, dass sich unvorhergesehene dringende Patiententermine ergeben können. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum ein Patiententermin, der bereits eineinhalb Tage vor einer Verhandlung, die für drei Stunden anberaumt und bereits seit über einen Monat der Beschwerdeführerin bekannt ist, nicht derart disponierbar ist, dass die Möglichkeit des persönlichen Erscheinens zur Verhandlung durch die Beschwerdeführerin gewahrt bleibt. Ihr Beruf als Ärztin an sich bringt es mit sich, dass sie jederzeit damit rechnen muss, dass sie einen dringenden Patiententermin haben könnte. Daher war es ihr von Anfang an möglich und zumutbar, für eine ausreichende Vertretung durch einen informierten Vertreter in dieser Verhandlung zu sorgen.

Zudem ist nicht ersichtlich, was die Beschwerdeführerin vorbringen hätte können, wenn man neuerlich vertagt hätte und der Beschwerdeführerin eine Teilnahme an einer späteren Verhandlung ermöglicht hätte.

Daher wurde dem Vertragungsantrag nicht entsprochen.

3.1.6 Sonstiges

Für den Antrag der Beschwerdeführerin auf aufschiebende Wirkung der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide und gegen die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungsbescheiden fehlt es im gegenständlichen Verfahren an einer Rechtsgrundlage.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es läge ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK vor, ist entgegen zu halten, dass das gegenständliche Verfahren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fällt, da Inhalt des Verfahrens nicht die Geltendmachung von "civil rights" im Sinne der EMRK ist.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass allfällige Verfahrensfehler im Feststellungsverfahren dazu führen sollen, dass die Beschwerdeführerin im Einkommensteuerverfahren Beschwerde gegen die in den Feststellungsverfahren festgestellten Einkünfte erheben dürfe. Die Beschwerdeführerin übersieht, das wie bereits zu Punkt 3.1.1 ausgeführt, sowohl das Gesetz als auch die Judikatur vorsehen, dass alle Vorbringen betreffend allfällige Verfahrensfehler des Feststellungsverfahren ins Feststellungsverfahren der OG und in das Beschwerdeverfahren betreffend diese Feststellungsbescheide gehören. Dafür fehlt dem erkennenden Senat jedoch die Zuständigkeit.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach das Insolvenzverfahren gegen die OG und einen ihrer Gesellschafter zu Unrecht anhängig sei, hat im gegenständlichen Verfahren keine Relevanz.

In Bezug auf die eingewendete Unionsrechtswidrigkeit der verfahrensrechtlichen Bestimmung ist das Bundesfinanzgericht nicht verpflichtet ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen (Artikel 267 AEUV), da gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ein außer-ordentliches Rechtsmittel eingelegt werden kann.

3.1.7 Ablehnungsantrag der Beschwerdeführerin gegen den erkennenden Senat vom

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass er befangen ist.
Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, dass die Zustellvollmacht des Rechtsanwaltes bei der Zustellung von Schriftstücken nicht beachtet worden sei. Dieser als Verfahrensfehler zu beurteilender Akt ist jedoch durch die nachträgliche Zustellung der Schriftstücke an den Rechtsanwalt korrigiert worden. Es wurde diese Zustellvollmacht irrtümlich im System des BFG nicht angemerkt. Ein derartiger Fehler des Senates weist nicht auf eine Befangenheit des Senates hin.
Was das Vorbringen betrifft, der Senat sei befangen, weil er über den Antrag betreffend die Akteneinsicht in die Schriftstücke OZ 116 und OZ 117 nur während der mündlichen Verhandlung entscheiden wolle: Dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar, denn ein Hinweis auf dahingehende Verfahrensvorschriften in der BAO findet sich nicht. Im Übrigen sind diese beiden Vermerke von einem absoluten Ausschluss der Einsichtnahme gem. § 90 Abs. 2 BAO umfasst (). Dass der Senat keine Akteneinsicht in diese beiden Vermerke gewährt hat, weist nicht auf eine Befangenheit des Senates hin.
Die Beschwerdeführerin hat weiters vorgebracht, der Senat sei befangen, weil er zunächst Zeugen geladen und später ausgeladen habe. Dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar. Die Zeugen wurden zunächst geladen, weil der Senat das Vorbringen, es habe Rechtsstreitigkeiten und Kommunikationsprobleme zwischen dem Masseverwalter und der OG gegeben, für wesentlich erachtet hat. Der Senat hielt zunächst die Ausführungen von Ritz, BAO7, § 101 Abs. 3 BAO für richtig, wonach im Fall von derartigen Meinungsverschiedenheiten von der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO nicht Gebrauch gemacht werden dürfe. Daher wurden die Zeugen zunächst geladen. Wenig später ist dem Senat allerdings das Erkenntnis des bekanntgeworden, wonach die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO jedenfalls immer angewendet werden dürfe. Deshalb wurden die Zeugen wieder ausgeladen. Wenig später hat sich dann auch im Übrigen herausgestellt, dass die Feststellungsbescheide jeder Gesellschafterin der OG und der Masseverwalterin des insolventen Gesellschafters per RSa Rückscheinbrief zugestellt wurden. Daher stellte sich die Frage, ob die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO angewendet werden durfte, jedenfalls nicht mehr. Es kommt daher jedenfalls nicht mehr darauf an, ob es Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Masseverwalter und der OG gegeben hat.
Die Vernehmung der Zeugen sollte aber auch zum Beweis dafür dienen, dass weder die Gesellschafter der OG noch die OG vom FA im Außenprüfungsverfahren beigezogen worden seien: Die Unterlassung der Beiziehung der Gesellschafter der OG und der OG durch das FA im Außenprüfungsverfahren ist offenkundig, und muss nicht durch weitere Beweisaufnahmen, insbesondere die begehrten Zeugen bewiesen werden.
Aus diesen Erwägungen hält der Senat seine Ablehnung nicht für begründet.
Auf die Entscheidung über den Ablehnungsantrag durch die Leiterin der Außenstellen Klagenfurt/Wörthersee vom wird hingewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners anzusehen ist, entspricht der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Rechtsfolge, dass ein abgeleiteter Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass der Feststellungsbescheid unrichtig sei, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Somit liegt keine Rechtsfrage grundlegender Bedeutung vor und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 90 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102011.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at