Fehlt den geltend gemachten Krankheitskosten die Zwangsläufigkeit, sind sie nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die antragslose Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 durchgeführt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin steuerfreie Leistungen bezogen habe. Dies ziehe eine besondere Steuerberechnung nach sich. Der Bescheid sei auf Grundlage der dem Finanzamt bekannten Informationen erstellt worden, die zu einer Steuergutschrift geführt hätten. Die Steuererklärungspflicht bleibe jedoch aufrecht. Sollte die Beschwerdeführerin erklärungspflichtige Einkünfte im Veranlagungsjahr bezogen haben, müssten diese dem Finanzamt in einer Steuererklärung bekannt gegeben werden.
Am wurde gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Die Beschwerdeführerin machte folgende Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend:
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Behandlung zur Vorbereitung und Wundheilung Operationen Name1 | |
Honorare (11 mal) | 1.304,00 € |
KM-Geld (11 mal) | 434,28 € |
Diäten (11 mal) | 96,80 € |
OP 05/2022 | |
***Arzt1***, Wels | 8.900,00 € |
Vergütung GKK |
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Anästhesie | 500,00 € |
OP 09/2022 | |
***Arzt1***, Wels | 8000,00 € |
Vergütung GKK |
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Anästhesie | 500,00 € |
***Arzt2***, Linz | 60,00 € |
***Arzt2***, Linz | 80,00 € |
Vergütung GKK |
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Summe | 19.171,14 € |
In Beantwortung des Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom legte die Beschwerdeführerin sämtliche Honorarnoten und Zahlungsbestätigungen für die geltend gemachten Aufwendungen vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte Folgendes aus: "Hinsichtlich der beantragten Aufwendungen für eine Operation bei einem Privatarzt liegt keine zwangsläufig erwachsene außergewöhnliche Belastung iSd. § 34 EStG 1988 vor.
Diese ist nur gegeben, wenn die Behandlung bzw. Operation grundsätzlich medizinisch erforderlich ist und aus medizinischen Gründen nicht in einem öffentlichen Krankenhaus sondern nur bei einem Privatarzt bzw. Privatspital durchgeführt werden kann. Da dies nicht zutrifft (Operationen werden auch in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt, wenn diese Behandlungen medizinisch erforderlich sind) und die Kosten für die Operation von der Krankenkasse nur teilweise übernommen wurden, liegt keine medizinische Notwendigkeit für diese Behandlung bzw. Operation vor.
Diese erfolgte aufgrund eines freiwilligen Verhaltens und aufgrund der freiwilligen Entscheidung, diese von einem Privatarzt durchführen zu lassen.
Die daraus entstandenen Kosten für den Arzt und das Privatspital waren somit steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Nicht abzugsfähig sind Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit.
Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches Personal (zB Physiotherapeuten) sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. In Ihrem Fall betrifft dies die energetischen Behandlungen."
Im Vorlageantrag vom führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Operation ursprünglich vom Ordensklinikum GmbH Barmherzige Schwestern durchgeführt werden sollte. Der Operationstermin () wäre bereits mit dem genannten Krankenhaus vereinbart gewesen und die Untersuchung der Anästhesie für die Operation sei bereits durchgeführt worden. Leider sei die Operation kurzfristig (fünf Tage vor der Operation) nach einer Teambesprechung der Ärzte abgelehnt worden. Dies sei durch die Aussagen bei der Gerichtsverhandlung vor dem Bezirksgericht ***BG*** am von den Ärzten des Klinikums nochmals bestätigt worden. (Klage der Beschwerdeführerin gegen das Ordensklinikum)
Daher sei es zum Wechsel zu einem Arzt gekommen, der bereit gewesen wäre, die Operation durchzuführen.
Es werde um Anerkennung der beantragten Operationskosten als außergewöhnliche Belastung ersucht.
In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes legte die Beschwerdeführerin die Mahnklage gegen die Ordensklinikum GmbH vor. Daraus geht Folgendes hervor: "Aufgrund einer durchzuführenden Bauch-bzw. Oberschenkelstraffung suchte die Klägerin am die Ordination von ***Arzt2*** zur ersten Begutachtung auf. Am erfolgte ein weiterer Termin bei dem der OP-Termin fixiert wurde und eine Patienten-Informationsmappe ausgehändigt wurde. Die Operation wurde von der GK bewilligt. In weiterer Folge erfolgte ein umfassendes Aufklärungsgespräch mit einem weiteren Operateur, welcher in weiterer Folge ebenfalls verhindert war. Schlussendlich wurde die Klägerin Frau ***Arzt3*** kurzfristig zugewiesen und erklärte diese, dass die geplante Operation in dieser Form nicht möglich sei. Der abgeschlossene Behandlungsvertrag zwischen der Klägerin und der beklagten Partei wurde nicht erfüllt.
Auf Grund der ungerechtfertigten Ablehnung entstanden der Klägerin erhebliche Kosten. Sie suchte die Privatordination ***Arzt1*** auf und wurde die geplante Operation komplikationsfrei am durchgeführt. Die Kosten für diese OP beliefen sich auf EUR 8.900,-- zuzüglich der Anästhesie Kosten in der Höhe von EUR 500,--. Von der ÖGK wurde ein Betrag von EUR 348,29 refundiert, welcher in Abzug gebracht wird.
Für die Erstuntersuchungen bezahlte die Klägerin an Frau ***Arzt2*** insgesamt EUR 140,--. Außerdem sind drei Fahrten nach Linz angefallen, wobei unter Zugrundelegung eines Kilometergeldes von EUR 0,42 x 462 km insgesamt EUR 194,-- geltend gemacht werden. Die Forderungen der Klägerin wurden mit Schreiben vom der beklagten Partei übermittelt, sodass sie zumindest seit fällig sind."
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte mit Hinweis auf die Beschwerdevorentscheidung sowie die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes die Abweisung der Beschwerde.
Mit Auskunftsersuchen vom wurde von der zuständigen Richterin bei der Österreichischen Gesundheitskasse nachgefragt, wofür im Detail der Kostenersatz geleistet worden sei und ob die Bewilligung bedeuten würde, dass die Krankenkasse die Operations- und Aufenthaltskosten zur Gänze übernommen hätte, wenn die Operation in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt worden wäre.
Mit Email vom wurde dazu im Wesentlichen bekannt gegeben, dass die durchgeführten chirurgischen Eingriffe im Bereich der niedergelassenen Ärzte vertraglich nicht geregelt seien. Da sie typischerweise im Bereich der Krankenanstalten angesiedelt seien, könnte gemäß § 131 ASVG keine Kostenerstattung erfolgen. In analoger Anwendung des § 41 Abs. 2 Z 2 2. Satz der Satzung der ÖKG würden in solchen Fällen Kostenersätze geleistet. Für das Jahr 2022 habe der Kostenersatz (Pauschalbetrag) die überwiesenen 348,29 € pro Operation betragen.
Die Bewilligung des Medizinischen Dienstes würde das Vorliegen einer Krankenbehandlung bzw. einer kosmetischen Behandlung im Sinne des § 133 ASVG bedeuten. Bei Inanspruchnahme einer öffentlichen Krankenanstalt wären die Kosten der Eingriffe - abgesehen von vorgesehenen Zuzahlungen der Patienten - direkt mit dem Gesundheitsfonds abgerechnet worden.
Am richtete das Bundesfinanzgericht folgendes Schreiben an die Beschwerdeführerin:
"Aus den bislang vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass Sie im Jänner und März 2022 Frau ***Arzt2*** aufgesucht habe, die eine Erstbegutachtung und OP-Aufklärung durchgeführt hat.
Sollte in weiterer Folge die Operation von Frau ***Arzt2*** im Klinikum der Barmherzigen Schwestern in Linz durchgeführt werden?
Die Bewilligung der Gebietskrankenkasse möge vorgelegt werden!
Der abgeschlossene Behandlungsvertrag möge vorgelegt werden!
Warum wurde die Operation letztendlich im Klinikum der Barmherzigen Schwestern nicht durchgeführt?
Ein Nachweis für die medizinische Notwendigkeit der Operationen durch ***Arzt1*** möge vorgelegt werden!
Ist das Verfahren vor dem Bezirksgericht ***BG*** bereits abgeschlossen? Wenn ja, möge das Urteil vorgelegt werden!
Jedenfalls möge das Verhandlungsprotokoll vom (Zeugenaussagen der Ärzte) vorgelegt werden!
Der Beantwortung der offenen Fragen sowie der Vorlage der angesprochenen Unterlagen wird binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens entgegengesehen!"
In einem ergänzenden Schreiben vom wurde die Beschwerdeführerin ersucht bekanntzugeben, ob sie versucht habe, die beschwerdegegenständliche Operation in einem anderen öffentlichen Spital (zB. Kepler Universitätsklinikum Linz, Krankenhaus Barmherzige Schwestern Ried im Innkreis, Klinikum Wels-Grieskirchen) durchführen zu lassen. Wenn ja, mögen die Unterlagen vorgelegt werden.
Mit Email vom legte die Beschwerdeführerin die Genehmigung der Österreichischen Gesundheitskasse, die Patienteninfo für die Aufnahme ins Krankenhaus, die Verhandlungsprotokolle vom und vom und das Urteil des Bezirksgerichtes ***BG*** vom vor. Ergänzend gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie bezüglich der Operation persönlich im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Ried im Innkreis sowie telefonisch im Kepler Universitätsklinikum Linz nachgefragt habe. Bei ***Arzt1*** habe sie persönlich gefragt, ob er ebenfalls in einem öffentlichen Krankenhaus operieren würde. Schriftliche Unterlagen dazu würde es leider nicht geben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin beabsichtigte die Durchführung einer Bauchdeckenstraffung mit Fettabsaugung und eine Oberschenkelstraffung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern. Die Vorbesprechung fand in der Ordination von Frau ***Arzt2*** statt, die auch die Bewilligung der Österreichischen Gesundheitskasse einholte (Schreiben vom ). Frau ***Arzt2*** stellte dafür insgesamt 140,00 € in Rechnung. (vgl. Rechnung vom und vom )
Die Bewilligung des Medizinischen Dienstes für eine Abdomenplastik/Fettschürzenplastik und eine Oberschenkelstraffung erfolgte am .
Der Eingriff wurde für den geplant (vgl. Patienteninformation: Aufnahme am , geplante Operation: Abdomenplastik).
Am wurde die Beschwerdeführerin in der Ambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern vorstellig. Sie wurde über den geplanten Eingriff nochmals aufgeklärt. (vgl. Aussage von ***Arzt4*** am vor dem Bezirksgericht ***BG***)
Im Rahmen einer Teambesprechung in der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktiven Chirurgie im April 2022 wurde der Fall routinemäßig in Anwesenheit des Abteilungsleiters Prim. ***Arzt5*** besprochen. Dabei kam die Abteilung zum Entschluss, dass das vorgeschlagene Operationsverfahren einer Bauchdeckenstraffung mit Fettabsaugung im Bereich des Oberbauches für die Beschwerdeführerin aufgrund ihres hohen Gewichtes mit zu hohen Risiken verbunden ist und überdies kein für sie zufriedenstellendes Ergebnis bringen würde. Ihr sollte eine reine Fettschürzenresektion (ohne Liposuktion) vorgeschlagen werden. (vgl. Aussage von ***Arzt5*** am vor dem Bezirksgericht ***BG***).
Am wurde der Beschwerdeführerin von Frau ***Arzt3*** vorgeschlagen, dass eine Fettschürzenresektion durchgeführt werden könne. Zugleich wurde ihr mitgeteilt, dass der für geplante Eingriff aus organisatorischen Gründen nicht durchgeführt werden kann. Das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern ist ein onkologisches Leitspital. In Folge einer dringlichen Tumoroperation und einer Bettensperre aufgrund der Covid-19-Pandemie konnte die Operation nicht am durchgeführt werden. Die Beschwerdeführerin war weder mit der Verschiebung des Operationstermins noch mit der alternativ vorgeschlagenen Operationsmethode einverstanden. Die Beschwerdeführerin und Frau ***Arzt3*** verblieben so, dass sich die Beschwerdeführerin Bedenkzeit nehmen soll und sich jederzeit zur Vereinbarung eines neuen Termins melden kann. (vgl. Aussage von ***Arzt3*** am vor dem Bezirksgericht ***BG***)
Nachdem der Operationstermin am abgesagt worden war, hat die Beschwerdeführerin in anderen öffentlichen Krankenhäusern nicht mehr nachgefragt, ob eine Operation des Bauches möglich ist.
Die Beschwerdeführerin meldete sich nicht mehr im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern und ließ von ***Arzt1*** am eine Bauchdeckenstraffung mit Fettabsaugung (Kosten: 9.400,00 €) und am eine Oberschenkelstraffung (Kosten: 8.500,00 €) durchführen.
Eine Bauchdeckenstraffung (mit Fettabsaugung) und eine Fettschürzenresektion sind gleichermaßen medizinisch anerkannte Behandlungsmöglichkeiten.
Für energetische Behandlungen zur Vorbereitung für die Operationen und zur Wundheilung bezahlte die Beschwerdeführerin insgesamt 1.304,00 € an ***Therapeutin**.
2. Beweiswürdigung
Der beschwerderelevante Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen, dem Parteienvorbringen, der Auskunft der Österreichischen Gesundheitskasse, aus den vor dem Bezirksgericht ***BG*** aufgenommenen Protokollen vom und vom sowie aus dem Urteil des Bezirksgerichtes ***BG*** vom zu GZ ***Zahl***.
Im Vorlageantrag stellte die Beschwerdeführerin die Situation so dar, dass die Operation im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern abgesagt wurde. Tatsächlich wurde sie auf Grund einer dringend durchzuführenden Tumoroperation verschoben.
Außerdem wurde der Eingriff nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern es wurde aus medizinischen Gründen eine reine Fettschürzenresektion vorgeschlagen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Aussagen von ***Arzt3*** und ***Arzt5*** vor dem Bezirksgericht ***BG***. Auch in der Mahnklage der Beschwerdeführerin gegen das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern wurde im Rahmen des "Weiteren Vorbringens" festgehalten, "dass die geplante Operation in dieser Form nicht möglich sei."
Im Urteil des Bezirksgerichtes ***BG*** vom , ***Zahl***, wird hinsichtlich der festgestellten möglichen Behandlungsformen bzw. Operationsmethoden auf das nachvollziehbare Sachverständigengutachten von Dr. ***SV*** verwiesen.
Eine medizinische Behandlungsform der Beschwerdesymptomatik im Bauchbereich (Ekzeme an den Bauch- und Oberschenkelfalten) ist eine Bauchdeckenstraffung in Kombination mit Fettabsaugung (große Abdomenplastik mit Liposuktion). Dabei wird zunächst Fett am Oberbauch abgesaugt, der Bauchnabel vom Hautgewebe abgetrennt und je nach Bedarf die Bauchmuskeln fixiert. Das abgelöste Hautgewebe wird in der Folge vom Rippenbogen abwärts in Richtung Unterbauch gezogen, überschüssiges Haut- und Fettgewebe entfernt und der Nabel neu positioniert.
Eine weitere medizinisch mögliche Variante zur Beseitigung der intertriginösen Ekzeme in den Bauchfalten am Unterbauch ist eine Fettschürzenresektion. Dabei wird lediglich der Überhang des Unterbauches entfernt, nicht hingegen der Hautüberschuss am Oberbauch.
Beide Behandlungsmethoden sind nach dem heutigen medizinischen Standard anerkannt, wobei die kombinierte Bauchdeckenstraffung mit Fettabsaugung allgemein mit einem höheren Komplikationsrisiko verbunden ist. Zudem bestand bei der Beschwerdeführerin - bedingt durch ihr Krankheitsbild der Adipositas Klasse II - für beide Eingriffe ein deutlich erhöhtes operatives, anästhesiologische und internistisches Komplikationsrisiko. (vgl. Ausführungen im Urteil des BG ***BG*** vom , Seite 3ff)
Diesbezüglich wurden keine Einwendungen seitens der Beschwerdeführerin vorgebracht.
Zur Frage, ob die Beschwerdeführerin versucht habe, die beschwerdegegenständliche Operation in anderen öffentlichen Spitälern durchführen zu lassen, gab sie dem Bundesfinanzgericht gegenüber am bekannt, dass sie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Ried im Innkreis und im Universitätsklinikum Linz nachgefragt hätte. Vor dem Bezirksgericht ***BG*** führte die Beschwerdeführerin am aus, dass sie zu dieser Zeit (nach Absage des Termins im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz) in einem anderen Krankenhaus nicht mehr nachgefragt hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 leg. cit.) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Alle vorstehenden Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein.
Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (). Insofern tritt die behördliche Ermittlungspflicht in den Hintergrund.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind durch Krankheit verursachte Ausgaben grundsätzlich außergewöhnlich und erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Für die steuerliche Anerkennung der beschwerdegegenständlichen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind ()
Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind.
Im Erkenntnis vom , Ro 2020/13/0008, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:
"Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Eine Belastung muss, um als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt zu werden, gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988 außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (vgl. ). Zudem stellt nicht jede Aufwendung, die vornehmlich der Steigerung des Wohlbefindens des Steuerpflichtigen dient, eine außergewöhnliche Belastung dar (vgl. )."
Höhere Krankheitskosten als jene, die von der gesetzlichen Sozialversicherung getragen werden, sind dann zwangsläufig, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen geboten sind. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder in sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachsteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (; ).
Damit bringt der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass nicht jeder gesundheitliche Nachteil (zB eine längere Wartezeit) dazu führt, die Zwangsläufigkeit von höheren Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt sind, zu rechtfertigen. Die Beweislast, dass triftige medizinische Gründe vorliegen, hat der Steuerpflichtige zu erbringen.
§ 34 EStG 1988 liegt der Gedanke zugrunde, dass die Steuerpflichtigen eine Gemeinschaft bilden, die den Steuerausfall trägt, der entsteht, wenn dem Einzelnen eine Steuerermäßigung gewährt wird, weil seine steuerliche Leistungsfähigkeit durch eine außergewöhnliche Belastung wesentlich beeinträchtigt ist. Man kann daher unter Beachtung dieses Gedankens nicht zum Ergebnis gelangen, dass es Sinn dieser Gesetzesstelle wäre, die mit hohen Kosten verbundene Operation in einer Privatklinik teilweise mit Mitteln aus dem Steueraufkommen der Allgemeinheit zu finanzieren, wenn der Steuerpflichtige für sein Leiden die Operation nach den allgemein üblichen wissenschaftlichen Methoden auf Kosten der gesetzlichen Sozialversicherung zB in einem öffentlichen Krankenhaus in Anspruch nehmen hätte können. Gegenständlich wurden beide durchgeführten Eingriffe (Bauchdeckenstraffung und Oberschenkelstraffung) von der Österreichischen Gesundheitskasse bewilligt. Die medizinische Indikation ist damit nachgewiesen. Dass die Durchführung der Eingriffe durch einen Privatarzt aus triftigen medizinischen Gründen geboten war und sich die Beschwerdeführerin dieser Belastung nicht entziehen konnte, wurde nicht nachgewiesen.
Das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz hat die Behandlung der Beschwerdeführerin - entgegen deren Ausführungen - nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich den größeren Eingriff der Bauchdeckenstraffung in Kombination mit Fettabsaugung. Sowohl die Bauchdeckenstraffung in Kombination mit Fettabsaugung als auch die Fettschürzenresektion sind mögliche medizinisch anerkannte Operationsmöglichkeiten bei der bei der Beschwerdeführerin vorgelegenen Beschwerdesymptomatik. Die Beschwerdeführerin hat weder behauptet noch nachgewiesen, dass es (entgegen der medizinischen Expertise der Fachärzte im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern) medizinisch notwendig war, die Bauchdeckenstraffung mit Fettabsaugung durchzuführen. Sie hat auch nicht behauptet oder nachgewiesen, dass ihre Beschwerden durch eine Fettschürzenresektion nicht ebenfalls behoben werden können.
Schließlich war zu berücksichtigen, dass im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern der Eingriff nicht am durchgeführt werden konnte, weil eine dringende Tumoroperation vorgezogen wurde. ***Arzt1*** hat die Eingriffe am und am durchgeführt. Die Beschwerdeführerin hat weder behauptet noch nachgewiesen, dass auch bis dahin die Operationen im öffentlichen Spital nicht durchgeführt hätten werden können bzw. dass die Durchführung der Eingriffe zu den jeweiligen Zeitpunkten medizinisch notwendig gewesen wären.
Was die Oberschenkelstraffung anlangt, ist festzustellen, dass dieser Eingriff zwar von der Österreichischen Gesundheitskasse genehmigt worden war, aber im Frühjahr 2022 im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern noch gar kein Thema war. Es wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet - und schon gar nicht nachgewiesen - , dass dieser Eingriff nicht in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt hätte werden können. Die medizinische Notwendigkeit der Durchführung der Oberschenkelstraffung durch einen privaten Arzt wurde weder bewiesen noch glaubhaftgemacht.
Zusammengefasst ist festzustellen, dass keine triftigen medizinischen Gründe dargelegt und nachgewiesen wurden, warum die beschwerdegegenständlichen Operationen durch einen Privatarzt durchgeführt wurden, wenn bei einer Behandlung in einem mit der gesetzlichen Krankenversicherung in einem Vertragsverhältnis stehenden Krankenhaus für die Beschwerdeführerin keine Kosten angefallen wären.
In Zusammenhang mit den Aufwendungen für energetische Anwendungen ist darauf hinzuweisen, dass alternativmedizinische Behandlungen nur steuerlich absetzbar sind, wenn die Zwangsläufigkeit mittels ärztlicher Verordnung oder anderweitig nachgewiesen wird. Darauf wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom , der nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Vorhaltecharakter zukommt, hingewiesen. Überdies wurde die Geltendmachung dieser Aufwendungen im Vorhalteantrag nicht mehr verfolgt.
Den geltend gemachten Krankheitskosten fehlt das Merkmal der Zwangsläufigkeit, sie sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
3.2. Zu Spruchpunkt II.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil das Erkenntnis nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100561.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at