Nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit gemeldete oder entrichtete Umsatzsteuervorauszahlungen durch einen Rechtsanwalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Der Finanzstrafsenat Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, geboren 1970, Wien, wegen der Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß §§ 49 Abs. 1 lit a und 51 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Amtsbeauftragten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde Bereich Finanzstrafsachen Team 03 vom , SpS-3, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, der Beschwerdeführerin und Amtsbeauftragten *AB1* und *AB2* sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates wie folgt abgeändert:
Herr ***Bf1*** ist schuldig, als Einzelunternehmer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder der Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe der Abgaben bekanntgegeben zu haben und zwar:
Umsatzsteuervorauszahlung 08/2020 in Höhe von € 1.240,06
Umsatzsteuervorauszahlung 12/2020 in Höhe von € 5.666,58
Umsatzsteuervorauszahlung 01/2021 in Höhe von € 3.140,37
Umsatzsteuervorauszahlung 10/2021 in Höhe von € 130,16
Umsatzsteuervorauszahlung 09/2022 in Höhe von € 46,11
gesamt € 10.223,28
Er hat dadurch Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und wird gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von € 1.500,00, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verurteilt.
Gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG werden die von Herrn ***Bf1*** zu ersetzenden Kosten des Finanzstrafverfahrens mit € 150,00 festgesetzt.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , SpS-3, wurde das Finanzstrafverfahren gegen Herr ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschuldigter) wegen des Vorwurfs, er habe als Einzelunternehmer vorsätzlich
I. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt, nämlich dadurch, dass Abgaben infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht festgesetzt werden konnten und zwar:
Umsatzsteuer 2018 in Höhe von € 1.189,86
Umsatzsteuer 2019 in Höhe von € 393,06
Einkommensteuer 2016 in Höhe von € 1.901,73
Einkommensteuer 2017 in Höhe von € 34.953,76
Einkommensteuer 2018 in Höhe von € 12.851,00
Einkommensteuer 2019 in Höhe von € 7.783,00
und hierdurch Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen und
II. Abgaben, die selbst zu berechnen sind, im gegenständlichen Abgabenzeitraum 2017 bis 2022 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit gemeldet oder entrichtet (abgeführt) und der Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Höhe bekanntgegeben und zwar:
UVA 08/2020 in Höhe von € 1.240,06
UVA 12/2020 in Höhe von € 5.666,58
UVA 01/2021 in Höhe von € 3.140,37
UVA 10/2021 in Höhe von € 130,16
UVA 09/2022 in Höhe von € 46,11
DB 2017 in Höhe von € 455,16
DB 2018 in Höhe von € 18,72
L 2020 in Höhe von € 12.966,71
DB 2020 in Höhe von € 2.854,15
DB 2021 in Höhe von€ 379,02
NA 09/2020 in Höhe von € 5.537,82
und hierdurch Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen,
jeweils gemäß § 136 Abs. 2 FinStrG (aus dem Grunde des § 82 [ergänzt: Abs. 3] lit. c FinStrG) eingestellt.
Als Begründung wurde ausgeführt:
"Aufgrund des Inhaltes der Straf- und Veranlagungsakten wird im Zusammenhalt mit der Verantwortung des Beschuldigten nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der 1970 geborene Beschuldigte ist österreichischer Staatsbürger, ledig, für niemanden sorgepflichtig und wohnhaft in Wien. Er ist finanzbehördlich unbescholten und beträgt sein Einkommen derzeit ca. € 6000 monatlich.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschuldigte als Einzelunternehmer vorsätzlich die im Spruch dargestellten Finanzvergehen begangen hat.
Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:
Der Beschuldigte bekannte sich sowohl im Vorverfahren als auch vor dem erkennenden Senat nicht schuldig und brachte zusammengefasst vor:
Die Anschuldigungen zu Punkt I / 2018 seien bereits verjährt, was amtswegig berücksichtigt hätte werden müssen; die Verzögerungen hatten jeweils einen anderen Hintergrund und wären gegenständlich nicht geeignet, die Verjährungsfrist zu hemmen. **V1** vertrete ihn und die Kanzlei teilweise, dieser habe ab 2020, nach **V2** auch die Lohnverrechnung gemacht. UVA's habe er immer selbst gemacht und erledigt, die Jahressteuererklärungen wurden jeweils von ihm vorbereitet und mit **V1** besprochen. Bereits 2005 habe er Quotenfälle aufgrund diverser Klienten. Aus der Beilage./l ist der E-Mail-Verkehr zwischen ihm und **V1** ersichtlich, wo es seit 2013 um Quotenfälle gegangen ist. Daraus ist ersichtlich, dass dies ein permanentes Thema zwischen ihnen gewesen sei. Auch sehe man anhand des Suchbegriffes "Quoten", dass er vom Steuerberater als Quotenfall geführt worden sei.
Zu 2018: Hier habe er zeitgerecht Unterlagen samt fertiger Erklärung dem Steuerberater übergeben und auch freigegeben. **V1** habe damals zugegeben, dass jemand in seiner Kanzlei die Erklärungen verspätet abgeschickt habe. Hier liege der Fehler klar bei der Steuerberatungskanzlei.
Zu 2019: Es sei für ihn grundlos und nicht nachvollziehbar vom Finanzamt sofort eine Schätzung durchgeführt worden. Von einer allenfalls verstrichenen Frist haben weder er, noch sein Steuerberater **V1** Bescheide erhalten.
Zur Lohnverrechnung hinsichtlich des Arbeiters **Z1**: Er habe keinen 13. und 14. Gehalt ausbezahlt, somit sei er auch keine DB dazu schuldig. Dies wäre persönliches Thema zwischen ihm und **V2** gewesen, weil eine solche spezielle Lohnverrechnung aufgrund des verwendeten Arbeitsprogramms für die Steuerberater nicht möglich sei. Er bleibe aber dabei, die Berechnung unter Einbeziehung eines 13. und 14. Gehalts wurde zu seinen Lasten falsch gemacht. Im Strafakt sei die Beschwerde enthalten, Auszüge bezüglich der Lohnverrechnung seien angeschlossen. Hier sehe man, dass die Steuerberatungskanzlei Firma **V3** einfach falsch weiter gemeldet habe, obwohl der Arbeiter tatsächlich nicht mehr gearbeitet hat bzw. nicht mehr bezahlt wurde. Dies sei ganz klar der Fehler des Steuerberaters gewesen (siehe Seite 5 der Beschwerde, Zeile ).
Darüber hinaus habe der Steuerberater **V2** auch bei 3 weiteren Mitarbeitern die Lohnverrechnung fehlerhaft berechnet; in diesen Fällen sei es ihm aber gelungen, in aufwendiger Korrespondenz direkt mit der ÖGK diese Fehler zu korrigieren. Diese Fehler seien auch der Grund gewesen, warum er dann die Lohnverrechnung ebenfalls an **V1** übergeben habe.
Zu den Corona/Stundungen: Diesbezüglich wurde umfangreiche Korrespondenz mit dem Fachfinanzamt geführt, die entsprechenden Beträge wurden bei den Anträgen wegen Corona-Stundungen stets in die Stundungsbegründung einbezogen. Es wurde auch offengelegt, dass diese Zahlungspflichten ebenso die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Abgesehen von generellen Stundungen, die gewährt wurden. Er habe die Beträge gemeldet, deshalb liege kein Vergehen nach § 49 Abs. 1 lit. FinStrG vor. Eine Versäumung der Zahlungsfrist sei nicht strafbar. Die Mitteilung der Nichtzahlung gelte ferner als Selbstanzeige, womit die Behörde die Möglichkeit der Festsetzung gehabt hätte.
Zur Nova: Dieser Pkw habe eine Einzelzulassung bedurft, weshalb er persönlich beim Finanzamt mit allen erforderlichen Unterlagen vorstellig gewesen sei. Er habe dann gleich vor Ort die vom Beamten des Finanzamtes ausgerechnete Nova bezahlt. Gegen den Bescheid habe er danach Rechtsmittel erhoben wegen Verletzung der Gleichheitswidrigkeit im generellen, dieses Rechtsmittel sei noch offen. Er habe die Nova aus diesem Grund nicht verspätet einbezahlt.
Zu den UVA-Meldeverspätungen: Diese habe er selbst gemacht, Verspätungen seien aufgrund seiner eigenen Krankenstände vorgekommen.
Die Aussage des vernommenen Zeugen **V1** ergibt, dass man im von Steuerberatern verwendeten Lohnprogramm Lohnarten kreieren bzw. erstellen kann, er könne sich auch an allgemeine Gespräche über dieses Thema mit dem Beschuldigten erinnern. Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Lohnart ohne Ausbezahlung eines 13. und 14. Gehaltes existieren nicht, technisch wäre es aber möglich gewesen. Wenn ein Klient eine solche technische Variante möchte und auch bezahlt, würde das seine Steuerberatungskanzlei so machen. An konkrete Einzelheiten im Falle des Beschuldigten könne er sich nicht mehr erinnern.
Der Zeugenaussage **V2** ist zu entnehmen, dass eine technische Umrüstung auf eine spezielle Lohnart jedenfalls möglich gewesen wäre (die diesbezügliche Aussage des **V1** wird somit bestätigt). Seine Mitarbeiterin Frau **V4** habe ein Problem mit dem Beschuldigten gehabt, es hätte öfter Meinungsverschiedenheiten bezüglich Abrechnung und Lohnverrechnung gegeben; konkret hätte ihm seine Mitarbeiterin berichtet, dass der Beschuldigte eine Verrechnung haben möchte, die nicht korrekt sei bzw. anders gehört. Er selbst habe dann entschieden, dass seine Mitarbeiterin die Lohnverrechnung so machen solle, wie es von seiner bzw. ihrer Seite aus richtig sei und nicht so, wie es der Beschuldigte haben wollte. Aufgrund dieser regelmäßigen Diskussionen habe er ohnehin das Arbeitsverhältnis mit dem Beschuldigten beenden wollen, er sei ihm dann aber zuvorgekommen. Es sei ihm auch während seiner Tätigkeit für den Beschuldigten nicht zu Ohren gekommen, dass seine Mitarbeiterin etwas falsch gemacht habe, sie sei nur leider nicht mehr für ihn tätig, sondern nach Bulgarien zurückgegangen.
Dem Zeugen **Z1** war es zu 2 Terminen nicht möglich, persönlich zu erscheinen, weshalb er per E-Mail auf das in der Ladung angegebene Thema seiner Zeugenvernehmung antwortete. Einvernehmlich wurde dieses E-Mail vom verlesen. Zusammengefasst legte der Zeuge schriftlich dar, er habe für den Beschuldigten 2017 privat in seinem Haus diverse Arbeiten erledigt. Dies wurde ordnungsgemäß gemeldet und sein Lohn wurde vollständig ausbezahlt. Unterlagen habe er keine mehr. Er glaube, dass seine Leistung 2017 nach den effektiven Arbeitstagen abgerechnet wurde, sei eine kurze Sache gewesen. Weihnachts- und Urlaubsgeld wurde nicht gesondert ausbezahlt. Das sei auch nicht so vereinbart worden. Aus seinem E-Mail vom ist auch eine Aufstellung über die Auszahlung zu entnehmen, ebenso, dass die Arbeit in der 1. Dezemberwoche 2017 beendet war.
Die Ausführungen des Beschuldigten konnten den Senat insofern überzeugen, weil die vernommenen Zeugen seinen Angaben in den entscheidungswesentlichen Tatsachen nicht widersprachen, der Zeuge Arbeiter **Z1** bestätigte auch in 2 E-Mails schriftlich, dass das 13. und 14. Monatsgehalt vereinbarungsgemäß nicht ausbezahlt wurde.
Rechtlich ist Folgendes auszuführen:
Der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt und ist zumindest die Schuldform des Eventualvorsatzes erforderlich.
Zu I. wird dem Beschuldigten konkret vorgeworfen, dass er vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt hat, nämlich dadurch, dass Abgaben infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs nicht festgesetzt werden konnten. Die Erklärungen 2016 und 2017 wurden verspätet eingereicht, die Erklärungen 2018 und 2019 gar nicht und es erfolgte eine Schätzung. Dies steht aufgrund der Veranlagungsakten/dem Strafakt und nach dem Beweisverfahren fest. Gemäß ständiger Rechtsprechung liegt eine Unkenntnis der Abgabenbehörde dann vor, wenn der Abgabenbehörde die Entstehung des Abgabenanspruchs überhaupt nicht bekannt geworden ist. Dies ist zB dann der Fall, wenn das Finanzamt von der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit nichts gewusst hat. War aber das Entstehen des Abgabenanspruchs dem Grunde nach bekannt, lediglich die Höhe unbekannt, liegt keine Unkenntnis der Abgabenbehörde vor, sondern entweder eine Nichtabgabe der Jahreserklärungen oder die verspätete Abgabe. Da der Beschuldigte regelmäßig, wenn auch teils verspätet, Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat und auch EVZs in der entsprechenden Höhe hatte, ist der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG nicht erfüllt, und war diesbezüglich mit einer Einstellung gemäß § 136 2. Fall FinStrG (aus dem Grunde des § 82 [ergänzt: Abs. 3] lit. c FinStrG) vorzugehen.
Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, (ergänzt: insbesondere) Vorauszahlungen an Umsatzsteuer (oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken: Anmerkung: gestrichen, da seit nicht mehr geltendes Recht) nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird und ist zumindest die Schuldform des Eventualvorsatzes erforderlich..
Zum Vorwurf II. sagt der Beschuldigte selbst, er habe sämtliche UVA's selbst berechnet (wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde dies auch von keinem der einvernommenen Zeugen in Abrede gestellt), alle seien konkludente Selbstanzeigen gewesen. Der Rest der Anschuldigungen hinsichtlich Lohnkosten/Lohnnebenkosten zu **Z1** betrifft Abfuhrdifferenzen, der Vertrag zwischen der Firma **V3** und dem Beschuldigten, datiert mit (Beilage./K zum E-Mail vom ) sei bis zur Kündigung aufrecht geblieben. Ein Vertrag, wo die Aufgaben der Firma **V3** in Bezug auf Lohnverrechnung konkret beschrieben wurden, wurde trotz Zusage vom Beschuldigten nicht vorgelegt.
Allerdings ergibt sich aus der Aussage des Zeugen **V2**, dass seine Steuerberatungskanzlei Lohnverrechnung für den Beschuldigten gemacht habe und er sich auch diesbezüglich an Meinungsverschiedenheiten zwischen seiner Mitarbeiterin und dem Beschuldigten erinnern konnte. Im Zweifel ist somit zugunsten des Angeklagten, da seine diesbezügliche Verantwortung nicht widerlegt werden konnte, vorzugehen gewesen.
Hinsichtlich der Nova ist offenbar eine Neuberechnung erfolgt, eine dadurch bedingte Verspätung hat der Beschuldigte nicht vorsätzlich zu verantworten, sondern ergab sich aufgrund des von ihm eingebrachten Rechtsmittels.
Somit ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Beschuldigte im Zweifel die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht zu verantworten hat und war auch diesbezüglich mit einer Einstellung nach § 136 FinStrG wegen des Vorliegens einer der im § 82 Abs. 3 lit c. FinStrG genannten Gründe vorzugehen."
In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Amtsbeauftragten wird wie folgt ausgeführt:
"2. Sachverhalt und finanzstrafrechtliche Würdigung:
Für den Abgabenzeitraum 2016-2019 wurde eine GPLA durchgeführt. Der daraus resultierende Prüfbericht vom wurde wie folgend finanzstrafrechtlich gewürdigt: Für den Dienstnehmer **Z1** wurde zwar in 2017 und 2018 die einbehaltene Lohnsteuer laut den eingereichten Lohnzetteln abgeführt, bei Berechnung des Dienstgeberbeitrages blieben die Bezüge allerdings bisher unberücksichtigt (siehe BVE vom ). Die It. SV-Anmeldung gemeldeten Grundlagen (DB) wurden nachgefordert.
Weiters bestehen Abfuhrdifferenzen. Für den Abgabenzeitraum 2020-2021 wurde eine erneute GPLA durchgeführt. Der daraus resultierende Prüfbericht vom wurde wie folgend finanzstrafrechtlich gewürdigt: Es ergeben sich Abfuhrdifferenzen aus der Gegenüberstellung der Lohnkonten bzw. Lohnzettel (L16) mit den bisher dem Finanzamt gemeldeten Lohnabgaben.
Im Rahmen der Würdigung des Prüfberichts wurde außerdem das Abgabenkonto gesichtet und festgestellt, dass die Umsatzsteuerjahreserklärungen, Einkommensteuerjahreserklärungen, sowie Umsatzsteuervoranmeldungen und NoVA nicht fristgerecht eingereicht und (ergänzt: die Abgaben nicht) entrichtet (abgeführt) wurden
Aufgrund dieser Feststellungen wurde mit das Finanzstrafverfahren gegen den Beschuldigten, welches am , entsprechend um Lohnabgaben für den Zeitraum 2020-2021, für welche eine Außenprüfung mit Prüfbericht vom durchgeführt wurde, erweitert eingeleitet.
I.) Es bestand der Verdacht, dass der Beschuldigte als Einzelunternehmer, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt hat, nämlich dadurch, dass Abgaben infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht festgesetzt werden konnten und zwar
Umsatzsteuer 2018 in Höhe von € 1.189,86
Umsatzsteuer 2019 in Höhe von € 393,06
Einkommensteuer 2016 in Höhe von € 1.901,73
Einkommensteuer 2017 in Höhe von € 34.953,76
Einkommensteuer 2018 in Höhe von € 12.851,00
Einkommensteuer 2019 in Höhe von € 7.783,00
und hierdurch Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen hat.
Der strafbestimmende Wertbetrag belief sich hier auf € 59.072,41.
II. Des Weiteren besteht der Verdacht, dass der Beschuldigte als Einzelunternehmer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind im gegenständlichen Abgabenzeitraum 2017 bis 2022 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit gemeldet oder entrichtet (abgeführt) hat und der Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Höhe bekanntgegeben hat und zwar:
UVA 08/2020 in Höhe von € 1.240,06
UVA 12/2020 in Höhe von € 5.666,58
UVA 01/2021 in Höhe von € 3.140,37
UVA 10/2021 in Höhe von € 130,16
UVA 09/22 in Höhe von € 46,11
DB 2017 in Höhe von € 455,16
DB 2018 in Höhe von € 18,72
L 2020 in Höhe von € 12.966,71
DB 2020 in Höhe von € 2.854,15
DB 2021 in Höhe von€ 379,02
NA 09/2020 in Höhe von € 5.537,82
und hierdurch Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen hat. Der strafbestimmende Wertbetrag belief sich hier auf € 32.434,86.
Der strafbestimmende Wertbetrag belief sich insgesamt auf € 91.507,27.
Nach Würdigung des Sachverhalts und der schriftlichen Rechtfertigung des Beschuldigten, wurde seitens der Finanzstrafbehörde das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG als erfüllt angesehen und der Fall zur Durchführung der mündlichen Verhandlung und Fällung des Erkenntnisses an den Spruchsenat weitergeleitet.
In der am , und stattgefundenen mündlichen Verhandlung bekannte sich der Beschuldigte als nicht schuldig. Der Spruchsenat stellte das Verfahren gemäß § 136 Abs. 2 FinStrG ein.
4. Zulässigkeit der Beschwerde:
Da seitens der Amtsbeauftragten Beschwerde innerhalb offener Frist am angemeldet und das Erkenntnis am übernommen wurde, ist die Beschwerde rechtzeitig. Auch ist die Amtsbeauftragte gem. § 151 Abs 1 lit b FinStrG zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates aktivlegitimiert. Die Beschwerde ist demnach zulässig
5. Beschwerdegründe:
Die Beschwerde richtet sich gegen die Einstellung gem. § 136 FinStrG hinsichtlich folgender Anlastungen zu I) (siehe oben)
sowie den Anlastungen unter II) die UVAs 08, 012/2020, 01, 10/2021 und 09/2022 von gesamt € 10.223,28.
Es wird eine Bestrafung hinsichtlich vorsätzlicher Unterlassung nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG und § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG beantragt.
Bezüglich der Anlastungen unter I.) wurde im Erkenntnis des Spruchsenates ausgeführt, dass eine Unkenntnis der Abgabenbehörde dann vorläge, wenn der Abgabenbehörde die Entstehung des Abgabenanspruchs überhaupt nicht bekannt geworden ist. Dies wäre zB dann der Fall, wenn das Finanzamt von der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit nichts gewusst hätte. War aber das Entstehen des Abgabenanspruchs dem Grunde nach bekannt, lediglich die Höhe unbekannt, läge keine Unkenntnis der Abgabenbehörde vor, sondern entweder eine Nichtabgabe der Jahreserklärungen oder die verspätete Abgabe. Da ***Bf1*** Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben habe und auch EVZs in der entsprechenden Höhe hatte, sei der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG nicht erfüllt gewesen und diesbezüglich mit einer Einstellung gemäß § 136 2. Fall FinStrG (aus dem Grunde des § 82 lit. c FinStrG) vorzugehen.
Die Finanzstrafbehörde entgegnet diesen Feststellungen, dass auch wenn keine Unkenntnis vorliegt bereits der Spruchsenat festgestellt hat, dass eine "Nichtabgabe der Jahreserklärungen oder die verspätete Abgabe" vorliegt. Die Einreichung der (vollständigen und wahrheitsgemäßen) Abgabenerklärung muss innerhalb der (allgemeinen oder im Einzelfall erstreckten) Frist erfolgen. Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG schuldig, wer, ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, vorsätzlich eine abgaben- oder monopolrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verletzt. Die vorsätzliche Nichtabgabe der vorgeschriebenen Steuererklärung durch einen erfassten Steuerpflichtigen ist eine Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungspflicht, welche grundsätzlich eine Finanzordnungswidrigkeit begründet. Auch eine verspätete Abgabenerklärung stellt eine Verletzung der Anzeige- und Offenlegungspflicht dar. Wie folgend dargestellt, wurden sämtliche angelasteten Jahreserklärungen nicht mit 30.06. des Folgejahres abgegeben (siehe untenstehende Tabelle). Eine Quote wurde in keinem der hier angelasteten Jahre vermerkt. Der Spruchsenat hat dieses Verhalten/Unterlassen zwar festgestellt, jedoch nicht ausreichend gewürdigt und dieses Verhalten fälschlicherweise nicht unter Strafe gestellt. Es ist somit mindestens zu einer Tatbegehung nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG gekommen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erklärung für | Fälligkeitstermin | Erklärungsabgabe | Erstbescheid |
Umsatzsteuer 2018 | Schätzung | ||
Umsatzsteuer 2019 | Schätzung | ||
Einkommensteuer 2016 | |||
Einkommensteuer 2017 | |||
Einkommensteuer 2018 | Schätzung | ||
Einkommensteuer 2019 | Schätzung |
Die subjektive Tatseite ist gegeben, da der Beschuldigte als Rechtsanwalt und Beschuldigter es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt ist. Dem Beschuldigten war aufgrund seiner profunden juristischen Ausbildung und der langjährigen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt im juristischen Bereich zum Tatzeitpunkt zuzumuten, die Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuerjahreserklärungen und Einkommensteuerjahreserklärungen wahrzunehmen. Es geht in dem dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalt um grundlegende Regeln des Abgabenrechts, die jedem Unternehmer mit durchschnittlichem wirtschaftlichen Verständnis zugemutet werden können und von diesen auch richtig angewendet werden. Umso mehr ist zu erwarten, dass von Personen mit juristischer Ausbildung aufgrund ihres Bildungsweges eine bei weitem stärkere Wahrnehmung hinsichtlich grundlegender gesetzlicher Pflichten zu erwarten ist, wenn sogar laut Website der Rechtsanwaltskammer die berufliche Ausrichtung, bzw. Tätigkeitsgebiete in den Bereich des Abgaben- und Steuerrechts und Finanzstrafrechts fällt (https://www.oerak.at/ vom ). Ergänzend wird zum Erkenntnis des Spruchsenates generell ausgeführt, dass im Beweisverfahren keine Feststellungen zu den angelasteten Jahreserklärungen 2016 und 2017 getroffen wurden. Die subjektive Tatseite ist erfüllt, da der Beschuldigte es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, in den genannten Zeiträumen, seiner Verpflichtung Jahreserklärungen abzugeben, nicht nachzukommen.
Bezüglich der Anlastungen unter II.) habe der Beschuldigte ausgesagt, er habe sämtliche UVAen selbst berechnet (wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde dies auch von keinem der einvernommenen Zeugen in Abrede gestellt), alle seien konkludente Selbstanzeigen gewesen. Weiters wird im Erkenntnis vom Beschuldigten zu den UVA-Meldeverspätungen ausgeführt, dass er diese selbst gemacht habe, Verspätungen seien aufgrund seiner eigenen Krankenstände vorgekommen.
Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, also Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird und ist zumindest die Schuldform des Eventualvorsatzes erforderlich.
Seitens des Beschuldigten wurden die angelasteten UVAen zu spät gemeldet und nicht innerhalb der Monatsfrist bezahlt. Somit übersieht der Spruchsenat in seinem Erkenntnis, dass eine konkludente Selbstanzeige mangels Entrichtung in der Monatsfrist gescheitert ist. Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgten an folgenden Tagen:
UVA 08/2020 gemeldet am:
UVA 12/2020 gemeldet am:
UVA 01/2021 gemeldet am:
UVA 10/2021 gemeldet am:
UVA 09/22 gemeldet am: .
Die subjektive Tatseite nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist erfüllt, da der Beschuldigte es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, in den genannten Zeiträumen, seiner Verpflichtung Umsatzsteuervoranmeldungen zu melden und (ergänzt: Umsatzsteuervorauszahlungen) abzuführen, nicht nachgekommen ist. Der Beschuldigte hatte Kenntnis hinsichtlich seiner Pflicht, Umsatzsteuervoranmeldungen monatlich zu melden. Dies ist anhand der erfolgten Buchungen für monatliche UVAen auf dem Abgabenkonto ersichtlich. Die Meldungen dieser Abgaben sind jedoch für die oben erwähnten Zeiträume verspätet eingereicht worden. Spätestens mit der Übermittlung von Erinnerungsschreiben vom Finanzamt mit , , , etc., bezüglich UVAen ist dem Beschuldigten diese Verpflichtung bekannt. Dies auch durch den Umstand, dass von Personen mit juristischer Ausbildung aufgrund ihres Bildungsweges eine bei weitem stärkere Wahrnehmung hinsichtlich grundlegender gesetzlicher Pflichten zu erwarten ist.
Es kommt darauf an, dass sich der Vorsatz von vornherein auf die Fristversäumnis - und nur auf diese - bezieht. Außerdem kann ein Eventualvorsatz durchaus unterstellt werden, da er aus soeben beschriebenen Umständen sehr wohl Kenntnis der Abgabefristen hatte und auch durch einen Krankenstand die Versäumung dieser ihm bekannten Frist in Kauf nimmt und sich damit abfindet. Die subjektive Tatseite ist demnach gegeben, dass der Beschuldigte es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass eine Verpflichtung zur Selbstberechnung, Meldung und Entrichtung der UVA besteht und er dieser nicht nachgekommen ist.
6. Beschwerdeanträge:
Aus diesen Gründen richten sich an das Bundesfinanzgericht die Anträge,
1. gemäß § 161 Abs 1 FinStrG mit Beschluss das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenats aufzuheben und,
2. gemäß § 161 Abs 1 FinStrG in der Sache selbst zu entscheiden und hinsichtlich der angelasteten Einkommen- und Umsatzsteuer eine tat- und schuldangemessene Bestrafung zu verhängen."
Nach einer Akteneinsicht durch den Beschuldigten am wurde von ihm am eine Gegenäußerung eingebracht, die hier nicht wiedergegeben wird.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Teilrechtskraft:
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Bereich des Finanzstrafrechtes Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ).
Nachdem die Amtsbeauftragte nur hinsichtlich Finanzordnungswidrigkeiten gemäß §§ 49 Abs. 1 lit. a und 51 Abs. 1 lit. a FinStrG Beschwerde eingebracht hat, ist hinsichtlich der Einstellung des Finanzstrafverfahrens wegen Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für Lohnabgaben 2017 bis 2021 laut angefochtenem Erkenntnis Teilrechtskraft eingetreten.
Zum Einwand in der Gegenäußerung vom der fehlenden Befugnis der Amtsbeauftragten, eine Beschwerde einbringen zu dürfen, ist auf § 151 FinStrG zu verweisen.
§ 151 Abs. 1 lit. b FinStrG: Zur Erhebung einer Beschwerde gegen Erkenntnisse sind, wenn das Erkenntnis von einem Spruchsenat gefällt worden ist, auch der Amtsbeauftragte, berechtigt:
Die Befugnis der Amtsbeauftragten zur Erhebung einer Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetzestext, dieser Vorwurf ist daher unzutreffend.
Zum ebenfalls in der Gegenäußerung vom erhobenen Einwand, die Beschwerde wäre nicht gesetzmäßig ausgeführt, ist auf § 153 FinStrG zu verweisen:
§ 153 Abs. 1 FinStrG: Die Beschwerde gegen Erkenntnisse (Bescheide) hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Erkenntnisses (Bescheides), gegen das sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten das Erkenntnis (der Bescheid) angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung;
e) wenn neue Tatsachen oder neue Beweismittel vorgebracht werden, deren Bezeichnung.
Für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren sind die Formalerfordernisse an Rechtsmittel nicht so strikt vorgegeben wie in der StPO für Nichtigkeitsbeschwerden. Laut Literatur muss das Rechtsmittel den in § 153 FinStrG angeführten formellen und inhaltlichen Mindestvoraussetzungen entsprechen, damit es durch das BFG behandelt werden kann.
Diese (Mindest-)Voraussetzungen sind von der Amtsbeauftragten in ihrer Beschwerde jedenfalls eingehalten worden. Es sind auch die Tatzeitpunkte für die angeschuldeten Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG in der Beschwerde in einer Tabelle dargestellt.
Ist eine Beschwerde nicht als unzulässig zurückzuweisen, hat das BFG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Dabei ist es berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und demgemäß den Bescheid abzuändern. Dem BFG kommt somit bei Beschwerden nach dem FinStrG volle Kognitionsbefugnis zu. Prüfungsmaßstab für eine Beschwerdeentscheidung ist die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids oder der Maßnahme (Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Art 130 Rz 13). Bei der Prüfung ist das BFG nicht auf die in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränkt. Es kann daher auch Rechtswidrigkeitsgründe selbst aufgreifen (siehe Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, Finanzstrafgesetz Band 25 (2021) § 161 FinStrG Rz 3)
Die Änderungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts ist durch die "Sache" begrenzt (Ritz, BAO6, § 279 Rz 10 mwN; ). Die Sache, die dem BFG zur Entscheidung vorliegt, ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (zB [R 161(1)/14]; [R 161(1)/3]; Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, Finanzstrafgesetz Band 25 (2021) § 161 FinStrG Rz 4).
Die Sache des Verfahrens ergibt sich zudem aus dem angefochtenen Erkenntnis des Spruchsenates. Die Amtsbeauftragte hat in ihrer Beschwerde sowohl die Daten der jeweils verspäteten Bekanntgabe der Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge angegeben als auch ausgeführt, dass sie der Meinung sei, dass sehr wohl Vorsatz als Schuldform gegeben sei. Der Spruchsenat hat nicht die objektive Tatseite, sondern nur die subjektive Tatseite in seinem Erkenntnis verneint.
Damit sind auch diese Vorwürfe unzutreffend.
Zum in der Gegenäußerung vom erhobenen Einwand von "ne bis in idem" und dass entsprechende Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen aufgehoben worden wären, ist festzuhalten, dass laut Abgabenkonto für die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge keine Säumniszuschläge festgesetzt wurden. Daher kann eine ne bis in idem Verletzung nicht vorliegen.
Festgestellter Sachverhalt:
Der Beschuldigte ist Rechtsanwalt und als solcher alleinverantwortlich für die Berechnung der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen seines Einzelunternehmens gewesen.
Laut Buchungen am Abgabenkonto kam es bei folgenden Umsatzsteuervorauszahlungen zu Auffälligkeiten:
UVA 08/2020 von € 1.240,06, Meldeverpflichtung bis , am verspätet (nicht innerhalb von fünf Tagen) gemeldet, nicht fristgerecht entrichtet.
UVA 12/2020 von € 5.666,58, Meldeverpflichtung bis , am verspätet (nicht innerhalb von fünf Tagen) gemeldet, nicht fristgerecht entrichtet.
UVA 01/2021 € 3.140,37, Meldeverpflichtung bis , am verspätet (nicht innerhalb von fünf Tagen) gemeldet, nicht fristgerecht entrichtet.
UVA 10/2021 € 3.574,31, Meldeverpflichtung bis , am verspätet (nicht innerhalb von fünf Tagen) gemeldet, € 3.574,31 ohne Verrechnungsweisung entrichtet, laut Berechnung der Amtsbeauftragten in Summe € 130,16 nicht im Rahmen einer konkludenten Selbstanzeige entrichtet.
UVA 09/22 von € 1.452,67, Meldeverpflichtung bis , am verspätet gemeldet, € 1.406,56 am entrichtet, € 46,11 nicht im Rahmen der Vorgaben einer konkludenten Selbstanzeige entrichtet.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erklärung für | Fälligkeitstermin | Erklärungsabgabe | Erstbescheid |
Umsatzsteuer 2018 | Schätzung | ||
Umsatzsteuer 2019 | Schätzung | ||
Einkommensteuer 2016 | |||
Einkommensteuer 2017 | |||
Einkommensteuer 2018 | Schätzung | ||
Einkommensteuer 2019 | Schätzung |
Die Erklärungen 2016 und 2017 wurden verspätet eingereicht, die Erklärungen 2018 und 2019 wurden gar nicht eingereicht, es erfolgte eine Schätzung durch die Abgabenbehörde.
Verjährungsprüfung zu § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG:
§ 31 Abs. 1 FinStrG: Die Strafbarkeit eines Finanzvergehens erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.
§ 31 Abs. 2 FinStrG: Die Verjährungsfrist beträgt für den Abgabenbetrug (§ 39) mit einem 500 000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag und für den grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug (§ 40) zehn Jahre, für Finanzordnungswidrigkeiten nach §§ 49 bis 49e und § 51b drei Jahre, für andere Finanzordnungswidrigkeiten ein Jahr und für die übrigen Finanzvergehen fünf Jahre.
§ 31 Abs. 3 FinStrG: Begeht der Täter während der Verjährungsfrist ein vorsätzliches Finanzvergehen, auf das § 25 oder § 191 StPO nicht anzuwenden ist, so tritt die Verjährung nicht ein, bevor auch für diese Tat die Verjährungsfrist abgelaufen ist.
Die Verfolgungsverjährungsfrist für Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG beträgt nur ein Jahr, daher ist durch eine Verlängerung wegen der Finanzordnungswidrigkeit für die Umsatzsteuervorauszahlung 8/2020 mit einer Verjährungsfrist von drei Jahren bei Einleitung des Finanzstrafverfahrens als erste Verfolgungshandlung nach § 14 Abs. 3 FinStrG nur hinsichtlich der Nichteinreichung der Jahressteuererklärungen 2019 bei Anhängigwerden des Finanzstrafverfahrens noch keine Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen.
Laut dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen gibt es für die Jahressteuererklärungen des Beschuldigten keine Quotenvereinbarung, sodass die Einkommensteuererklärung 2019 bis zum (Fristverlängerung aufgrund Corona-Pandemie) einzureichen gewesen wäre.
Beweiswürdigung zu § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG
Aus dem Strafakt und dem vom Beschuldigten vorgelegten E-Mail-Verkehr mit seinen Steuerberatern ergibt sich zu den Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG unter anderem:
E-Mail der Kanzlei **V1** vom , 11.55 Uhr an den Beschuldigten:
"Wir werden um 23.11. um Fristverlängerung bis einkommen. Damit ist dem Gesetz formal genüge getan. Sollte die Finanz der Fristverlängerung nicht zustimmen, wovon eher ausgehen ist, werden sie die …"
E-Mail der Kanzlei **V1** vom : "… Wir vermuten, dass aufgrund der Verzögerungen bei den letztjährigen Abgaben die Abberufung trotz Quotenregelung erfolgt ist."
Zu 2018 hat der Beschuldigte angegeben, hier habe er zeitgerecht Unterlagen samt fertiger Erklärung dem Steuerberater übergeben und auch freigegeben. **V1** habe damals zugegeben, dass jemand in seiner Kanzlei die Erklärungen verspätet abgeschickt habe. Hier liege der Fehler klar bei der Steuerberatungskanzlei.
Zu 2019: Es sei für ihn grundlos und nicht nachvollziehbar, weshalb vom Finanzamt sofort eine Schätzung durchgeführt worden ist. Von einer allenfalls verstrichenen Frist (nach der Aktenlage ist die Frist schon am abgelaufen) haben weder er noch sein Steuerberater **V1** Bescheide erhalten.
Eingabe (Vertagungsbitte)
Der Beschuldigte ist steuerlich seit 2012 auch bis zur Abgabe der Jahressteuerklärung 2019 durch Herrn **V1** vertreten. Die Steuerberatung hat die Erklärungen des Beschuldigten als sogenannte Quotenfälle geführt.
Laut Aussage des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am : Zur vorgelegten Beilage./1: Hier ersehen sie den Emailverkehr zwischen mir und **V1**, wo es bereits seit 2013 um Quotenfälle gegangen ist. Daraus ersieht man, dass dies ein permanentes Thema zwischen uns war. Hier sieht man anhand des Suchbegriffes "Quoten", dass ich beim StB als Quotenfall geführt werde. […] die Jahressteuererklärungen wurden jeweils von mir vorbereitet und mit **V1** besprochen und danach eingereicht. Ich hatte bereits seit 2005 Quotenfälle aufgrund diverser Klienten
Da in der Datenbank der Finanzverwaltung keine Quote eines Steuerberaters für den Beschuldigten hinterlegt ist, ist ohne entsprechende Vereinbarung mit seinem Steuerberater davon auszugehen, dass der Beschuldigte seine Jahressteuererklärungen zum 30. Juni bzw. der Folgejahre einreichen hätte müssen.
Da jedoch auch der Steuerberater von einer "Abberufung trotz Quotenregelung" spricht, war im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten nicht ausgeschlossen, dass er subjektiv der Meinung gewesen sein kann, dass seine Jahressteuererklärungen als Quotenfall beim Finanzamt eingereicht werden. Bei Gesamtwürdigung war für die Jahressteuererklärungen 2019 eine vorsätzliche Handlungsweise des Beschuldigten nicht erweisbar, sodass die Beschwerde der Amtsbeauftragten insoweit abzuweisen war
Beweiswürdigung zu § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG:
§ 21 Abs. 1 UStG: Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuß sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuß ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung vorsehen, daß in bestimmten Fällen die Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung entfällt, sofern der Unternehmer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Unternehmer, die danach für einen Voranmeldungszeitraum keine Voranmeldung einzureichen haben, sind verpflichtet, für diesen Voranmeldungszeitraum unter Verwendung des amtlichen Vordruckes für Voranmeldungen eine Aufstellung der Besteuerungsgrundlagen anzufertigen, es sei denn, es ergibt sich für diesen Voranmeldungszeitraum weder eine Vorauszahlung noch ein Überschuß.
Von den Voranmeldungen sind Durchschriften (Zweitschriften) anzufertigen. Die Durchschriften der Voranmeldungen sowie die Aufstellungen der Besteuerungsgrundlagen gehören zu den Aufzeichnungen im Sinne des § 18 Abs. 1.
Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die elektronische Übermittlung der Voranmeldung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Voranmeldungen auf dem amtlichen Vordruck zu erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung der Voranmeldung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Unternehmer einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.
Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.
Für die Erfüllung des Tatbildes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt es nicht auf die Bekanntgabe der abzuführenden Selbstbemessungsabgaben an das Finanzamt an, sondern auf das von der Finanzstrafbehörde festgestellte tatbildmäßige Unterlassen der Abfuhr und Entrichtung dieser und auf den Vorsatz dazu.
Einzige Tatbestandsvoraussetzung des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist somit die vom Eventualvorsatz umfasste Nichtentrichtung der Selbstbemessungsabgaben bis zum fünften Tag nach Fälligkeit. Strafbefreiend wirkt aber, wenn der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben wurde. Ob den Beschuldigten ein Verschulden an der nicht zeitgerechten Meldung dieser Selbstbemessungsabgaben trifft, wäre übrigens nicht tatbestandsrelevant, da es sich lediglich um einen objektiven Strafbefreiungsgrund handelt.
§ 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verlangt als objektive Tatseite, dass eine Abgabe nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet wurde. Diese Tathandlung besteht somit ausschließlich in der Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) der Selbstberechnungsabgaben bis zur angegebenen Frist (vgl. ). Die Tathandlung nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG besteht in der Unterlassung der (vollständigen) Entrichtung oder Abfuhr der im Gesetz angeführten Abgaben über den fünften Tag nach Fälligkeit hinaus, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die Höhe der geschuldeten Beträge bekannt gegeben wird (vgl. Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Band I, Rz. 5 zu § 49 FinStrG; ; ).
Eine Entrichtung der verfahrensgegenständlichen Abgaben bis zum fünften Tag nach Fälligkeit ist für keinen Tatzeitraum in vollem Umfang erfolgt.
Die einzelnen Taten wurden schon oben unter Sachverhalt näher dargestellt.
Konkludente Selbstanzeige:
§ 29 Abs. 1 FinStrG: Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften dem Zollamt Österreich obliegt, gegenüber diesem, sonst gegenüber einem Finanzamt oder dem Amt für Betrugsbekämpfung zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.
§ 29 Abs. 2 FinStrG: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.
Der Beschuldigte behauptet, für die Finanzvergehen im Zusammenhang mit den verspätet gemeldeten Umsatzsteuervorauszahlungen konkludent Selbstanzeigen erstattet zu haben.
Für die Erzielung einer strafaufhebenden Selbstanzeige ist die nachgemeldete Abgabe binnen Monatsfrist ab Nachmeldung zu entrichten.
Soweit innerhalb der Monatsfrist entsprechende Zahlungen erfolgt sind, wurde das bei den strafbestimmenden Wertbeträgen als strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne des § 29 Abs. 2 FinStrG berücksichtigt.
Aus dem Abgabenkonto des Beschuldigten ist zu ersehen, dass innerhalb der relevanten Monatsfrist einerseits verspätete Meldungen, andererseits nicht immer entsprechende Zahlungen entrichtet wurden:
Dass es auch verspätete Meldungen mit gesamter Entrichtung innerhalb der Monatsfrist des § 29 Abs. 2 FinStrG gegeben hat zeigt die verspätete Meldung der UVA 6/2021 am mit Entrichtung von € 2.082,83, für die als konkludente Selbstanzeige auch Straffreiheit eingetreten ist.
Festgehalten wird, dass innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 FinStrG der zuständigen Abgabenbehörde bis spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit die Höhe der geschuldeten Beträge nicht bekannt gegeben wurden, somit eine Strafaufhebung allein auf Grund der fristgerechten Meldung im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht in Frage kommen kann, da innerhalb einer Frist von fünf Tagen nach Fälligkeit der zuständigen Abgabenbehörde die Höhe des geschuldeten Betrages nicht bekannt gegeben wurde.
Da zusammengefasst fristgerechte Meldungen von Umsatzsteuerbeträgen nicht erfolgt sind, war auch die Bestimmung "im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar" hier nicht anwendbar.
Der objektive Tatbestand ist hinsichtlich der fünf im Spruch genannten Finanzvergehen erfüllt.
Subjektive Tatseite:
Zur subjektiven Tatseite ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters bedeutet, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().
Der sogenannte bedingte Vorsatz (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, d.h. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().
Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar ().
Für die Erfüllung des Tatbildes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt es nicht auf die Bekanntgabe der abzuführenden Selbstbemessungs-abgaben an das Finanzamt an, sondern auf das von der Finanzstrafbehörde festgestellte tatbildmäßige Unterlassen der Abfuhr und Entrichtung dieser und auf den Vorsatz dazu.
Der für die Verwirklichung des Tatbildes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG erforderliche Vorsatz muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben richten. Ob den Steuerpflichtigen an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung als strafbefreiend normierten Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist irrelevant (; ).
Dass Umsatzsteuervorauszahlungen monatlich zu entrichten sind ist nicht nur Allgemeinwissen, sondern kann bei einem als Rechtsanwalt auch in Abgabensachen tätigen Parteienvertreter vorausgesetzt werden. Die Kenntnis der Fälligkeitstermine wird vom Beschuldigten auch nicht in Abrede gestellt, wobei er hier eigene steuerliche Agenden wahrgenommen hat.
Wenn daher der Beschuldigte Kenntnis davon hat, dass am Fünfzehnten des zweitfolgenden Monats die Umsatzsteuer fällig ist, er dennoch keine Vorauszahlungen an Umsatzsteuer entrichtet, nimmt er zumindest in Kauf, dass spätestens am fünften Tag nach jeweiliger Fälligkeit keine Umsatzsteuer (im vollen Umfang) entrichtet ist und findet sich damit ab.
Zum wiederholten Einwand einer Krankheit zu den Fälligkeitsterminen:
UVA 08/2020 Krankenstand seit (bis über den )
UVA 12/2020 Krankenstand bei Beschuldigtem und Mitarbeitern
UVA 01/2021 Krankenstand bei Beschuldigtem und Mitarbeitern
UVA 10/2021 die Erklärung wurde am 28.12. im Urlaub wegen Pflichtbewusstsein gemacht! - dies wegen Krankenstand vor dem und Ortsabwesenheit
UVA 09/2022(1) Verspätung wegen Krankenstand vor dem und Ortsabwesenheit - was das Finanzamt bereits für eine Fristverlängerung für die Abgabe der Jahressteuererklärung 2021 akzeptiert hat, und auch den Verspätungszuschlag herabgesetzt hat, ist festzuhalten, dass laut Strafakt der Beschuldigte in den betreffenden Monaten seine berufliche Tätigkeit ohne Unterbrechung ausgeübt und laufend Umsätze erzielt hat. Wer jedoch seinen Beruf nach wie vor ausübt, bei dem kann keine Rede davon sein, dass die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit völlig ausgeschlossen ist (vgl. ).
Zu einer E-Mail des Beschuldigten vom an die Vorsitzende des Spruchsenates zu verspäteten USt-Meldungen wegen (eigenem oder Mitarbeiter-Krankenstand, oder Ortsabwesenheit): Nach meinem Vorbringen sind auch die Fristen für die UVA verlängerbar; oder die Verspätungszuschläge dementsprechend nachsehbar. Dies ist hinsichtlich der Vorwürfe der verspäteten USt-Meldungen auch so gewesen. Es könnte sein, dass die entsprechenden Anträge per Finanz-Online gestellt wurden, was ohne Foto vom Screenshot auf meiner Seite zu keiner Dokumentation führt, bzw. nicht abrufbar ist; die AB kann aber die Entscheidungen ausheben mit denen die Verspätungs- und Säumniszuschläge 2020, 2021 aufgehoben wurden. Durch Mitarbeiterwechsel, Homeoffice.
Als Rechtsanwalt und Vertreter auch in Abgabebeschwerdefällen muss dem Beschuldigten bekannt sein, dass die Fristen für gesetzliche Fälligkeitstage gemäß § 21 Abs. 1 UStG nicht verlängerbar sind, sodass es sich hier nur um Schutzbehauptungen handeln kann.
Da der Beschuldigte laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat vom bestätigte: "die UVAs habe ich immer selbst gemeldet und erledigt", die vorgeworfenen Umsatzsteuervorauszahlungen weder bis zum fünften Tag entrichtet noch der Abgabenbehörde bis zu diesem Tag die Höhen der Abgaben zur Gänze gemeldet hat, liegt zusammengefasst die für den Tatbestand einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG erforderliche subjektive Tatseite des Beschuldigten, nämlich ein bedingt vorsätzliches Verhalten, vor.
Somit ist hinsichtlich der fünf im Spruch angeführten Finanzvergehen auch die subjektive Tatseite gegeben und liegen auch keine Schuldausschließungsgründe vor.
Strafbemessung:
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.
§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.
§ 49 Abs. 2 FinStrG: Die Finanzordnungswidrigkeit wird mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.
§ 20 Abs. 1 FinStrG: Wird auf eine Geldstrafe oder auf Wertersatz erkannt, so ist zugleich die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.
§ 20 Abs. 2 FinStrG: […] Bei Finanzvergehen, deren Ahndung in den Fällen des § 58 Abs. 2 lit. a dem Spruchsenat vorbehalten ist, dürfen die Ersatzfreiheitsstrafen das Höchstmaß von je drei Monaten und bei den übrigen Finanzvergehen das Höchstmaß von je sechs Wochen nicht übersteigen.
Hat der Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.
Gemäß der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.
In der mündlichen Verhandlung gab der Beschuldigte zu seiner aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Lage bekannt, dass sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen seit der Verhandlung vor dem Spruchsenat nichts geändert hat.
Bei der Strafbemessung sind neben der finanzstrafrechtlichen Unbescholtenheit als mildernd die zwischenzeitige vollständige Schadensgutmachung der Umsatzsteuerbeträge und die Unterlassungen aus Beeinträchtigungen durch Krankenstände zu werten.
Als Erschwerungsgrund ist aus dem Akt der wiederholte Tatentschluss zu ersehen; es liegen fünf Finanzordnungswidrigkeiten vor.
Als Strafrahmen errechnen sich (UVA 08/2020 € 1.240,06 + UVA 12/2020 € 5.666,58 + UVA 01/2021 € 3.140,37 + UVA 10/2021 € 130,16 + UVA 09/22 € 46,11 = € 10.223,28 : 2=) € 5.111,64.
Bei der Höhe der Geldstrafe waren auch das überdurchschnittliche Einkommen des Beschuldigten sowie seine Berufsausübung als Rechtsanwalt mit dem somit bei Begehung dieser Finanzvergehen höheren Schuldgehalt zu berücksichtigen.
Unter diesen Strafbemessungsgründen war auch die Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß festzusetzen, wobei die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Täters nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend sind. Insbesondere scheiden für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe Überlegungen darüber, wie diese vollzogen werden kann, aus ().
Die ausgesprochenen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sind schuld- und tatangemessen und entsprechen auch spezialpräventiven (Abhalten des Beschuldigten von weiteren Finanzvergehen) und generalpräventiven (Abschrecken potentieller Nachahmungstäter von Finanzvergehen) Vorgaben.
Kostenentscheidung
Die Verfahrenskosten von € 150,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Verfahren keine ungelösten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung relevant waren, die in der Judikatur nicht einheitlich entschieden sind, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 29 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7300026.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at