TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.12.2024, RV/7103135/2024

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind bei langjährigem Studium im Nicht-EU-Ausland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über Rückforderung Einzahlung- Familienbeihilfe (FB)- Kinderabsetzbetrag (KG) für den Zeitraum Mai 2019 - Apr. 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:

[...]

Zu Kind ***1*** und zu Kind ***2*** (jeweils völlig idente Begründung):

:

Zu Kind ***5***:

"

In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf.) folgendermaßen aus:
"1. Ich habe dem Finanzamt bei jeder Überprüfung betr. Bezug der Familienbeihilfe bekanntgegeben, dass meine Söhne im Ausland zur Schule gehen. Trotzdem wurde mir die Familienbeihilfe gewährt und ich habe sie für die Bildung meiner Kinder genutzt. Der Fehler wurde somit nicht meinerseits, sondern von Seitendes Amtes begangen.
2. Der Lebensmittelpunkt der Familie liegt in Österreich. Beide Eltern, die Mutter und der Vater sind in Österreich gemeldet und besitzenin Haus in … (Ort aktenkundig) wo die Familie zusammenkommt. Es wurde entschlossen, dass die Kinder im Ausland gebildet werden und in den Ferien immer wieder nach Österreichkommen. Die Eltern zahlen in Österreich Steuern, sowie für Strom, Gas, Betriebskosten, Internet, Sozialversicherungskosten für die Gesundheitskasse Österreich etc.
3. Der Rückforderungsbetra von 20.958,60Euro ist einehohe Geldsumme, die ich nicht bis auf einmal zurückbezahlen kann.

Ansonsten wollte ich Ihnen noch mitteilen, dass meinem Sohn ***3***, der seit Jänner 2020 in Österreich gemeldet ist und an der Modul Universität Wien seit September 2020 studiert, keine Familienbeihilfe gewährt wurde.

***2*** ***6***-***7*** ist seit in Österreich gemeldet und studiert auch an der Modul Universität Wien."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (kurz: BVE) vom wurde begründet wie folgt:
"Das Schreiben zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom mit der Frist , sowie die Erinnerung betreffend des Überprüfungsschreibens vom mit der Frist wurden nicht beantwortet.
Am wurde mit Bescheid die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für ***1*** für den Zeitraum 05/2019-04/2023 und für ***2*** 05/2019-02/2023, sowie die Geschwisterstaffel von ***5*** für 05/2019-05/2019 rückgefordert. Das Rechtsmittel der Beschwerde ist am eingelangt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (...).
Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967).
Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen im Sinne eines ständigen Aufenthaltes im Ausland liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (, , ). Eine Aufenthaltsdauer im Ausland von bis zu sechs Monaten wird noch als vorübergehender Aufenthalt außerhalb des gemeinsamen Haushaltes gesehen (VwGFI Erkenntnis vom , 2009/16/0133). Ein mehrjähriger Aufenthalt im Ausland gilt als ständiger Aufenthalt im Ausland (, ).
Zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe ist gemäß § 26 FLAG 1967 zurück zu zahlen, dies gilt auch für den Kinderabsetzbetrag. Die im § 26 geregelte Rückzahlungsverpflichtung ist so weitgehend, dass sie auf subjektive Momente, wie Verschulden und Gutgläubigkeit, keine Rücksicht nimmt. Und die von der Finanzverwaltung zu Unrecht ausbezahlte Familienbeihilfe auch dann zurück zu zahlen ist, wenn der Überbezug ausschließlich auf eine Fehlleistung der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

Mit dem Schreiben vom wurde der Schulbesuch von ***2*** (September 2019 - ai/2023) und ***1*** (September 2019 - voraussichtlich 06/2027) an der ***4*** bestätigt. Weiters wurde bekannt gegeben, dass die Ausbildung im Drittland nicht in Zusammenhang mit einem Austauschprogramm stattfindet.

Im Rückforderungszeitraum 05/2019-04/2023 für ***1*** und 05/2019-02/2023 für ***2*** besteht somit kein Anspruch auf Familienbeihilfe auf Grund eines ständigen Aufenthaltes im Ausland.

Auf Grund der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) vom führte die Bf. aus wie folgt:
"Zunächst einmal hatte ich bei Erhalt der Mitteilung über die Gewährleistung der Familienbeihilfe keinen Grund anzunehmen, dass ein Fehler vorlag, da ich gutgläubig davon ausgegangen bin, dass alles Rechtens ist. Ich habe stets kooperiert, indem ich umgehend die angeforderten Dokumente bereitgestellt habe, einschließlich der Schulberichte der ***4*** meiner Kinder. Nun habe ich zum eine Mitteilung erhalten, welcher die Rückforderung und somit Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Beträge in Höhe von € 20.958,60 vorsieht und meine Beschwerde als unbegründet vorsieht. Der Grundsatz von Treu und Glauben wird hierbei verletzt, da ich auf die Richtigkeit der Mitteilung und über die weitere Gewährung der Familienbeihilfe für meine Kinder ***5***, ***2*** und ***1*** vertraut und mich darauf verlassen habe. Im Vertrauen auf Richtigkeit der Handlung des Finanzamts, habe ich die erhaltene Familienbeihilfe verwendet, um die grundlegenden Bedürfnisse meiner Kinder zu decken und habe das Finanzamt stets informiert gehalten. Ich hatte zum Zeitpunkt des Empfangs keinen Grund, die Rechtmäßigkeit der Zahlungen in Frage zu stellen, da ich mich auf die rechtliche Expertise des Finanzamts verlasse. Zudem möchte ich Bezug auf folgende Berufungsentscheidung nehmen und bitte um Nachsicht:
https://rdh.manz.at/ api/documents/rdb.tso.ENfindok34696TF./formats/34696.1 .pdf
Die Anlage wurde Ihnen beigelegt. Zudem stellt der Rückzahlungsbetrag eine außerordentlich hohe finanzielle Belastung dar, welche ich in Form einer Einmalzahlung nicht begleichen kann."


Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:

"§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, § 5 Abs. 3 FLAG 1967, § 26 FLAG 1967
Sachverhalt: Im Zuge einer Anspruchsüberprüfung wurde festgestellt, dass die beiden Kindern ***2*** und ***1*** seit keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich haben. Die Familienbeihilfe wurde von der Kindesmutter (der Beschwerdeführerin) bei ***2*** für den Zeitraum Mai 2019 bis Februar 2023, bei ***1*** für den Zeitraum Mai 2019 bis April 2023 und die Geschwisterstaffel für Kind ***5*** für Mai 2019 rückgefordert. Die Kinder sind im April 2019 nach ***9*** (***8***) übersiedelt um dort die Schule zu besuchen. Sie leben dort am Wohnsitz der Familie. Lt. Angaben der Beschwerdeführerin pendle der Kindesvater geschäftlich zwischen ***9*** und Österreich. Auch die Beschwerdeführerin pendle zwischen diesen beiden Staaten.

***2*** hat im Juli 2023 die Schule in ***9*** abgeschlossen und befindet sich seit September 2023 wieder in Österreich. ***1*** befindet sich weiterhin in ***9*** und geht dort zur Schule (bis 2027).

Stellungnahme: Es wird um Abweisung der Beschwerde ersucht. Die Kinder ***2*** und ***1*** haben sich im strittigen Zeitraum nachweislich dauerhaft im Ausland aufgehalten und den gewöhnlichen Aufenthalt in ***9*** gehabt, da der Aufenthalt bedingt durch den mehrjährigen Schulbesuch nicht nur als vorübergehend angesehen werden kann.
Abweisung der Beschwerde wird beantragt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt

Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.

Mit dem Schreiben vom wurde der Schulbesuch von ***2*** (September 2019 - ai/2023) und ***1*** (September 2019 - voraussichtlich 06/2027) an der ***4*** bestätigt. Weiters wurde bekannt gegeben, dass die Ausbildung im Drittland nicht in Zusammenhang mit einem Austauschprogramm stattfindet.

Zu Spruchpunkt I.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (kurz: idgF) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

§ 10 Abs. 1 FLAG 1967 idgF lautet:
Die Familienbeihilfe wird nur auf Antrag gewährt; …

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen im Sinne eines ständigen Aufenthaltes im Ausland liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (, , ).

Eine Aufenthaltsdauer im Ausland von bis zu sechs Monaten wird noch als vorübergehender Aufenthalt außerhalb des gemeinsamen Haushaltes gesehen (VwGH Erkenntnis vom , 2009/16/0133). Ein mehrjähriger Aufenthalt im Ausland gilt als ständiger Aufenthalt im Ausland (, ).

Die von der Bf. behaupteten allfälligen Aufenthalte der gegenständlichen Kinder in Österreich während Schulferien bzw. Ferien unterbrechen die Auslandsaufenthalte im Sinne des FLAG 1967 zwecks Lukrierens eines Anspruchs auf Familienbeihilfe nicht.

Da sich die beschwerdegegenständlichen Kinder der Bf. (Kind ***1*** und Kind ***2***) jahrelang, also weit länger als 6 Monate in ***9*** zwecks Schulbesuchs aufgehalten haben bzw. aufhalten, was erwiesen und unstrittig ist, steht bereits ex lege für diesen Zeitraum des Aufenthalts der Kinder in ***9*** zwecks langjährigen Schulbesuchs Familienbeihilfenanspruch nicht zu (vgl. § 2 Abs 1 FLAG 1967 iVm § 5 Abs. 3 FLAG 1967 idgF).

Zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe ist gemäß § 26 FLAG 1967 zurückzuzahlen, dies gilt auch für den Kinderabsetzbetrag. Die im § 26 geregelte Rückzahlungsverpflichtung ist so weitgehend, dass sie auf subjektive Momente, wie Verschulden und Gutgläubigkeit, keine Rücksicht nimmt. Ebenso irrelevant ist für die Rückzahlungsverpflichtung die Art der Verwendung der Familienbeihilfe wie bspw. Verwendung der Familienbeihilfe zwecks Finanzierung der Bildung der Kinder.

Ad Beschwerdeausführungen, dass Kind ***5*** seit September 2020 in Wien studiere und keine Familienbeihilfe für ihn bezogen werde, wird entgegnet, dass gegenständlich lediglich über den im Spruch angeführten Bescheid abzusprechen ist, und für Kind ***5*** ohnehin lediglich die Geschwisterstaffel für 05.2019 rückgefordert wurde, weshalb auch aus diesem Beschwerdevorbringen für das Beschwerdebegehren nichts gewonnen werden kann.

Der Bf. ist offenkundig (nunmehr) bewusst, dass sie grundsätzlich im Beschwerdezeitraum ex lege keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für ihre beschwerdegegenständlichen Kinder ***1*** und ***2*** hat (s. o.a. Beschwerde sowie Vorlageantrag), und somit die Rückforderung iSd § 26 FLAG 1967 idgF iVm o.a. § 2 Abs 1 FLAG 1967 idgF sowie § 5 Abs 3 FLAG 1967 idgF gesetzmäßig ist, zumal die Bf. (auch) um Nachsicht ersucht.

Im Sinne der Familienbeihilfenanspruchsgerechtigkeit sind Anspruchsüberprüfungen auch nach bereits durchgeführter Auszahlung von Familienbeihilfe vorzunehmen, was gegenständlich durchgeführt wurde. Aus der Anspruchsüberprüfung vom ergab sich, dass mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für Kind ***1*** und Kind ***2*** kein Anspruch vorlag, woraus sich auch die Rückzahlungsverpflichtung wegen der ursprünglich angewendeten Kinderstaffel für Kind ***5*** betreffend diesbezügl. Familienbeihilfenanspruch für Monat Mai 2019 ergeben hat.


Gem. § 10 (1) FLAG 1967 idgF wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt.
Gem. o.a. § 25 FLAG 1967 idgF ist die Bf. verpflichtet, jede Änderung der Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe für jedes Kind der Abgabenbehörde von sich aus unaufgefordert bekannt zu geben, aus der bspw. ein Nicht-Erfüllen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenanspruch resultiert.

Meldeverpflichtungen
Für FB-Bezieher besteht die gesetzliche Verpflichtung,
Tatsachen, die bewirken dass der Anspruch auf FB erlischt, sowie
Änderungen, die mit einer Änderung des Namens der anspruchsberechtigten Person oder des Kindes/der Kinder, für die der Anspruchsberechtigte FB bezieht, und
Änderungen, die mit einer Änderung der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die der Anspruchsberechtigte FB bezieht,
im Zusammenhang stehen, innerhalb eines Monats ab Bekanntwerden der Tatsache bzw die eingetretene Änderung dem Wohnsitzfinanzamt (s § 13 FLAG 1967) bzw dem Finanzamt Österreich (Änderung der Organisationsform der Bundesfinanzverwaltung, s § 10a FLAG 1967) zu melden.

Änderungen, die bekannt zu geben sind
Der Bezieher der FB wird in der an ihn ergangenen Mitteilung über das Bestehen des Anspruches auf FB ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass er Änderungen innerhalb eines Monats dem Wohnsitzfinanzamt (s § 12 FLAG 1967) bzw dem Finanzamt Österreich (Änderung der Organisationsform der Bundesfinanzverwaltung, s § 10a) bekannt zu geben hat.

Der Antragsteller nimmt mit der ihm zugesandten Mitteilung (s § 11 FLAG 1967) zur Kenntnis, dass er sämtliche Änderungen seiner im Antrag gemachten Angaben bzw bei der Gewährung der antragslosen FB (s § 10a FLAG 1967) die dem Wohnsitzfinanzamt bzw dem Finanzamt Österreich (Änderung der Organisationsform der Bundesfinanzverwaltung, s § 10a FLAG 1967) bekannt gegebenen Daten binnen einem Monat dem Wohnsitzfinanzamt (s § 12 FLAG 1967) bzw dem Finanzamt Österreich (Änderung der Organisationsform der Bundesfinanzverwaltung, s § 10a FLAG 1967) zu melden hat.

Der Antragsteller wird in der ihm zugesandten Mitteilung bereits auf mögliche Sanktionen bei Unterlassen der Meldepflicht hingewiesen (Hebenstreit in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 25 FLAG 1967).

Die Bf. hält den angefochtenen Rückforderungsbescheid nicht deswegen für rechtswidrig, weil die Tatbestandsvoraussetzungen für den Familienbeihilfebezug ihrer Ansicht nach vorliegen, sondern weil sie der Auffassung ist, die Rückforderung würde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Treu und Glauben ist nach Lehre und Rechtsprechung eine allgemeine, ungeschriebene Rechtsmaxime, die grundsätzlich auch im öffentlichen Recht zu beachten ist. Gemeint ist damit, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (vgl. Wiesner/AtzmOHer/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 39 Anm. 9).
Allerdings ist das in Art 18 Abs 1 B-VG normierte Legalitätsgebot stärker als der Grundsatz von Treu und Glauben; der Grundsatz von Treu und Glauben kann sich aber in jenem Bereich auswirken, in welchem es auf Fragen der Billigkeit (§ 20 BAO; zB Wiederaufnahme des Verfahrens, § 303 BAO) ankommt (). Von Bedeutung ist dieser Grundsatz - im Rahmen einer vorzunehmenden Ermessensübung - dort, wo der Steuerpflichtige durch die Abgabenbehörde (auf Grund einer erteilten Auskunft) zu einem bestimmten Verhalten veranlasst wurde () oder im Vertrauen auf einen Erlass des BMF ein erlasskonformes Verhalten gesetzt hat (). Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sind auch Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung (, Gemeente Leusden, C- 7/02, Holin Groep BVCS).

Nun kann in der bloßen Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages kein Verhalten der Abgabenbehörde gesehen werden, das die Bf. zu einer bestimmten Vorgangsweise veranlasst hat. Ob die Bf. ihren Verpflichtungen nach dem FLAG 1967 nachgekommen ist oder ein vorsätzliches bzw. grob fahrlässiges Verhalten gesetzt hat, ist im Rückforderungsverfahren nicht zu beurteilen. Dies ist für ein allfälliges Verwaltungsstrafverfahren nach § 29 FLAG 1967 von Bedeutung, aber auch ein verwaltungsstrafrechtlich korrektes Verhalten der Bf. hindert nicht die Rückforderung (vgl. die von der Bf. selbst im Rahmen des Antrages auf Vorlage ihrer Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht genannte Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom , RV/1054-W/08).

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass in gegenständlichem Beschwerdeverfahren das Bundesfinanzgericht ausschließlich darüber zu erkennen hat, ob der im Spruch näher bezeichnete Rückforderungsbescheid rechtsrichtig ergangen ist. Den Beschwerdevorbringen der Bf. wird weiters entgegnet, dass das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Verfahren über allfällige Zahlungserleichterungsmöglichkeiten, Nachsicht usw. betreffend die beschwerdegegenständliche Rückzahlungsforderung nicht abzusprechen hat.

Angemerkt wird weiters, dass das Bundesfinanzgericht wie auch das Finanzamt auf Grund des Legalitätsprinzips an die geltenden Gesetze gebunden ist und für Nachsicht, Gutglaubensschutz zu Lasten der Abgaben-, Beihilfen- bzw. Steuergerechtigkeit udgl. in gegenständlichem Beschwerdeverfahren kein gesetzlicher Raum gegeben ist.

Darüber hinaus wird auf die ausführlichen Begründungen des Finanzamtes in der o.a. BVE sowie im Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hingewiesen, und diese Begründungen sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden, zumal der angefochtene im Spruch näher bezeichnete Bescheid rechtsrichtig ergangen ist.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103135.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at