Familienbeihilfenanspruch der haushaltszugehörigen Mutter im EU-Ausland
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom über
-Rückforderung Anrechnung- Kinderabsetzbetrag (KG)- Ausgleichzahlung gem. Verordnung (EG) 883/2004(DZ) für den Zeitraum Apr. 2021 - Juli 2022 und
- Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe vom für den Zeitraum ab Aug. 2022,
Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der beschwerdegegenständliche im Spruch bezeichnete Bescheid über Rückforderung Anrechnung- Kinderabsetzbetrag (KG)- Ausgleichzahlung gem. Verordnung (EG) 883/2004(DZ) für den Zeitraum Apr. 2021 - Juli 2022 wurde begründet wie folgt:
"Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Laut Gerichtsurteil bestand ab der Scheidung kein Kontakt mehr zur Tochter (Kind). Ab 05/2021 liegt auch eine andere Meldung des Kindes vor.
Zum Sohn: Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."
Der beschwerdegegenständliche im Spruch bezeichnete Bescheid über Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe vom für den Zeitraum ab Aug. 2022 wurde begründet wie folgt:
"Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."
In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte der Beschwerdeführer (Bf) folgendermaßen aus:
"Gegen diese Entscheidungen lege ich Widerspruch ein. Da mein Kontakt zu meiner Tochter geboren am TT.MM.***1*** als Vater nach der Scheidung fortbesteht. Als Beweis füge ich bei: Beschluss des Amtsgerichts von TT.07.2022. Die Formulare e401 und e411 wurden Ihnen von UPS***2*** ***3*** zugesandt. Kontoauszüge über die Unterhaltkosten für meine Tochter: feb.-dec.2021 in der hohe 150 EURO / Monat, jan.-dec.2022 in der Höhe von 193,20 EURO / Monat."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde begründet wie folgt:
"Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967). Die Mutter hat den vorrangigen Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 2a Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Der EuGH hat in seinem Erkenntnis vom , C-378/14, Rechtssache Trapowski befunden: Der Gerichtshof setzt sich in diesem Erkenntnis insbesondere mit der Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 auseinander (siehe RZ 34, 36, 41). Demnach ist, was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruches anbelangt, die Situation der gesamten Familien in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betroffenen Mitgliedstaaten fallen und dort wohnen. Wenn demnach der leibliche Vater durch seine Erwerbstätigkeit eine Zuständigkeit Österreichs auslöst, sind nach der in Rede stehenden Bestimmung die beteiligten Personen - also Mutter und Kind - als in Österreich aufhältig zu betrachten. In diesem Fall sieht das FLAG 1967 - der EuGH repliziert ja auch die nationalen Rechtsvorschriften - einen vorrangigen Anspruch für die haushaltszugehörige Person - also in diesem Fall der Mutter - vor.
Die Erwerbstätigkeit des Bf. führt dazu, dass die Verordnung EG 883/2004 zur Anwendung gelangt. Diese Verordnung ist vom BFG unmittelbar anzuwenden und die Entscheidung des EuGH's führt im Ergebnis dazu, dass die Mutter und das Kind, wiewohl nicht in Österreich aufhältig oder beschäftigt, rechtlich so zu behandeln sind, also ob sie ihren Wohnsitz in Österreich hätte.
Gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 hat die Mutter der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe bzw. auf geminderte Differenzzahlungen. Dieser Anspruch geht gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz FLAG 1967 dem Anspruch des Kindesvaters vor. Laut Gerichtsurteil v TT.01.2021 ***, rechtskräftig seit TT.03.2021, ist die Tochter für die Zeit nach der Scheidung der persönlichen Betreuung ihrer Mutter anvertraut. Auch wenn weiter der Kontakt zur Tochter durch den Kindesvater besteht, ist die Haushaltszugehörigkeit vorrangig für den Anspruch auf die Familienbeihilfe."
Der Bf. stellte am einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin aus wie folgt:
"Gegen diese Entscheidungen lege ich Widerspruch ein. Da mein Kontakt zu meiner Tochter geb. TT.MM.***1*** als Vater nach der Scheidung fortbesteht, und das Gericht hat es nicht abgeschlossen.
Als Beweis füge ich bei:Beschluss des Amtsgerichts von wo die Tochter von beiden Elterneilen gleichwertig vertretbar ist.
Das Gericht hat entschieden dass sich alle einer Untersuchung von Klinischen Psychologen unterziehen. Und erst nachher fällt das Gericht das Urteil.
Die Formulare e401 und e411 wurden Ihnen von UPS***2*** ***3*** zugesandt.
Kontoauszüge über die Unterhaltkosten für meine Tochter: - feb.-dec.2021 in der Höhe 150 EURO / Monat.
- jan.-dec.2022 in der Höhe 193,20 EURO / Monat waren schon beigelegt. Wenn sie noch weitere "kassen-block" und Rechnungen über die Kosten, die ich für meine Tochter bezahle brauchen bin ich bereit sie euch alle zu schicken. Es handelt sich ungefähr um 500 euro/monatlig."
Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG), kurz Vorlagebericht vom führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:
"EU VO 883/2004 iVm §2(2) FLAG 1967
Sachverhalt: Die Scheidung erfolgte am TT.03.2021. Die Tochter hatte ab 04/2021 keine Haushaltszugehörigkeit mehr zum Kindesvater, daher erfolgte eine Rückforderung für die Tochter von April 2021 bis Juli 2022 sowie eine Abweisung ab August 2022.
Laut Gerichtsurteil vom TT.01.2021 29/P/148/2020 rechtskräftig seit TT.03.2021, ist die Tochter für die Zeit nach der Scheidung der persönlichen Betreuung ihrer Mutter anvertraut, daher erfolgte auch eine Abweisung in der BVE.
Die Angaben bezüglich Unterhaltsleistung durch den KV sind widersprüchlich, die KM verneinte eine Zahlung, aber ein Kontoauszug mit nicht bekannter Empfängerkontonummer ist beigelegt.
Nur zur Info: (der Sohn hatte eine Doppelresidenz laut Unterlagen, die effektive Haushaltszugehörigkeit lag jedoch mehr beim Kindesvater - ab neuer Vereinbarung Mi abend bis So abend bei KV; Mo und Di bei KM; - stimmte auch mit den Angaben der Kindesmutter überein und wurde daher dem Kindesvater gewährt.) Zwischenzeitlich wurde auch von der Kindesmutter der Antrag gestellt sowohl für die Tochter rückwirkend ab 04/2021, der weiterhin offen ist, als auch für den Sohn rückwirkend ab 01/2021, der aber für die Vorzeit abzuweisen sein wird, da die Haushaltszugehörigkeit durchgehend beim KV lag. Diesbezüglich liegen die Fakten in den Gerichtsbeschlüssen auf, was aber zu einer Änderung führte: Am verabschiedete das Berufungsgericht den Beschluss Nr. ***, mit dem es eine Eilmaßnahme anordnete und auch den minderjährigen Sohn der persönlichen Obhut der Mutter anvertraute. Nach Einspruch des KV, der keinen Erfolg hatte, wurde laut Gerichtsurteil vom TT.06.2024 Datum des Inkrafttretens: TT.06.2024 das Urteil endgültig. (VO-Haushaltsfiktion). In Konstellationen mit einem gemeinsamen Haushalt des Kindes mit dem alleinerziehenden Elternteil und einer VO-Haushaltsfiktion mit dem getrenntlebenden Elternteil ist darauf zu achten, dass die Situation wie die einer zusammenlebenden Familie zu behandeln ist. Demnach hat der haushaltsführende Elternteil (im Zweifel die Mutter) den vorrangigen Anspruch auf Familienbeihilfe (bei vorrangiger Zuständigkeit) bzw. auf die Ausgleichszahlung/Differenzzahlung (bei nachrangiger Zuständigkeit).
Es wurde auch keine gültige Verzichtserklärung der Kindesmutter abgegeben (keine Unterschriftsleistung!); daher wird die Abweisung des Anspruches für die gegenständliche Tochter vom Finanzamt beantragt.
Beweismittel: Aktenlage
Stellungnahme: Laut Art. 1 lit. i) EUVO 88/2004: Das Vorliegen der Familienangehörigeneigenschaft richtet sich nach den Rechtsvorschriften, nach denen die Familienleistung gewährt wird. Sehen diese Rechtsvorschriften keine Regelung vor, so werden der Ehegatte/die Ehegattin, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen. Ist ein Kind nur dann Familienangehöriger, wenn ein gemeinsamer Haushalt mit dem Elternteil vorliegt, dann gilt der gemeinsame Haushalt als vorliegend, wenn der Elternteil überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Das Finanzamt beantragt eine Abweisung der Beschwerden."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.
Sowohl der Bf als auch das beschwerdegegenständliche Kind und die Kindesmutter sind slowakische Staatsbürger (vgl. Familienbeihilfenantrag der Mutter des Kindes; Gewerberegisterauszug, elektron. Akt des BFG OZ 7 ff).
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 (2) Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF) lautet: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Die Angaben bezüglich Unterhaltsleistung durch den Kindesvater (KV) sind widersprüchlich, die Kindesmutter (KM) verneinte Zahlungen. Darüber hinaus ist die ursprünglich vom Bf. selbst genannte o.a. Höhe der behaupteten Unterhaltsleistungen nicht geeignet, ungeprüft als überwiegender Unterhalt gewertet zu werden. Wenn nun der Bf. weitere Kassa-Bons als Nachweis für das behauptete Leisten des überwiegenden Unterhalts für die Tochter anbietet, ist dem zu entgegnen, dass Kassa-Bons alleine zur Nachweisführung für Unterhaltsleistungen überdies keinen geeigneten Beweis für Unterhaltszahlungen darstellen, zumal durch bloße Vorlage von Kassa-Bons nicht nachgewiesen werden kann, für wen bspw. eine Zahlung (ein Einkauf) getätigt wurde usw.
Überdies weisen die vom Bf. vorgelegten Bank-Kontonachrichten (in Kopien/Scan) die ursprünglich vom Bf o.a. behaupteten Beträge nicht in jedem Monat als Überweisungen auf.
Insgesamt ist auf allfällig vom Bf getätigte Unterhaltsleistungen seitens des Bundesfinanzgerichts nicht näher einzugehen, zumal allfällig vom Bf geleistete Unterhaltszahlungen und deren Höhe für die Beurteilung des gegenständlichen Beschwerdebegehrens des Bf, auf Grund der in diesem Erkenntnis angeführten Rechtslage iVm hL und hRspr, ohnehin nicht von Relevanz ist.
In gegenständlichem Fall ist das Unionsrecht anzuwenden. Auf die gegenständlich relevanten , B, und , Tomisław Trapkowski, wird hingewiesen (vgl. ; ). In seinem Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof (ohne Bezug auf die , B, und , Tomisław Trapkowski) klargestellt, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts die Wohnortklauseln des FLAG 1967 nicht anzuwenden sind:
Im gegenständlichen Fall hatten sowohl die Kindesmutter als auch deren beschwerdegegenständliches Kind (Tochter) im Streitzeitraum ihren Wohnort in der Slowakei, und sie sind nach dem Akteninhalt wie auch der Bf (Kindesvater) slowakische Staatsangehörige, sodass für sie die Verordnung Nr. 883/2004 gemäß deren Art. 2 Abs. 1 gilt.
Daher finden die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG, welche den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG, welche einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, zufolge des Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom , 2012/16/0066).
Anzuwendende Rechtsvorschriften
Aus dem Erkenntnis , geht weiters hervor:
Für den Anspruch auf Familienleistungen nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 ergibt sich für den beschwerdegegenständlichen Fall aus Art. 11 Abs. 3 lit a leg. cit. Für den in Österreich beschäftigen Bf, dass die Rechtsvorschriften Österreichs anzuwenden sind, sodass dem Bfnach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG die Familienbeihilfe oder eine Ausgleichs-/Differenzzahlung nicht zusteht. Der Bf (leibliche Vater) unterliegt gemäß Art. 11 Abs. 3 lit a der Verordnung Nr. 883/2004 zufolge seiner Beschäftigung in Österreich den österreichischen Rechtsvorschriften. Nach dem FLAG kann lediglich (und nur subsidiär) ein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. bestehen. Nach dieser Bestimmung hat eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, lediglich dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom , 2009/15/0205).
Ein allfälliger Anspruch des Bf auf Familienbeihilfe könnte daher aus genannten Gründen in gegenständlichem Fall von vornherein lediglich subsidiär sein.
Der EuGH hat in seinem Erkenntnis vom , C-378/14, Rechtssache Trapowski befunden: Der Gerichtshof setzt sich in diesem Erkenntnis insbesondere mit der Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 auseinander (siehe RZ 34, 36, 41). Demnach ist, was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruches anbelangt, die Situation der gesamten Familien in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betroffenen Mitgliedstaaten fallen und dort wohnen.
Wenn demnach der Bf (leibliche Vater) durch seine Erwerbstätigkeit eine Zuständigkeit Österreichs auslöst, was gegenständlich durch die Berufstätigkeit des Bf / Vaters in Österreich der Fall ist, sind nach der in Rede stehenden Bestimmung die beteiligten Personen - also Mutter und Kind - als in Österreich aufhältig zu betrachten. In diesem Fall sieht das FLAG 1967 - der EuGH repliziert ja auch die nationalen Rechtsvorschriften - einen vorrangigen Anspruch für die haushaltszugehörige Person, also in gegenständichem Fall für die Mutter, vor.
Die Erwerbstätigkeit des Bf führt dazu, dass die Verordnung EG 883/2004 zur Anwendung gelangt. Diese Verordnung ist vom Bundesfinanzgericht (BFG) unmittelbar anzuwenden und die Entscheidung/Bestimmung des EuGH's führt im Ergebnis dazu, dass die Mutter und das Kind (die Tochter), wiewohl nicht in Österreich aufhältig oder beschäftigt, rechtlich so zu behandeln sind, also ob sie ihren Wohnsitz in Österreich hätten.
Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) haben nach § 2 Abs. 1 FLAG 1967, wie ausgeführt, Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet a) für minderjährige Kinder und b) für bestimmte, im § 2 Abs. 1 lit. b bis l FLAG 1967 angeführte volljährige Kinder. Das FLAG 1967 will (§ 1 FLAG 1967) einen Lastenausgleich im Interesse der Familie herbeiführen.
Vorrangiger Anspruch des haushaltsführenden Elternteils
Haushaltszugehörigkeit zur Kindesmutter: Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. Demnach kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ). Dass im Beschwerdezeitraum das Kind (Tochter) des Bf bei der Mutter i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 haushaltszugehörig war, ist unstrittig. Da nach den getroffenen Feststellungen das Kind (Tochter) im Beschwerdezeitraum (nur) dem Haushalt der Mutter angehört hat, hat die Mutter, auch wenn der Vater Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen haben sollte, was jedoch aus der Aktenlage (ohne eingehende Überprüfung, welche beschwerdegegenständlich wie o.a. mangels Relevanz in diesem Verfahren nicht durchzuführen ist) ohnehin nicht bewiesen ist, einen vorrangigen Familienleistungsanspruch. Der Anspruch der haushaltszugehörigen Mutter geht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 jenem des nicht haushaltszugehörigen Vaters vor: Bei gemeinsamer Haushaltsführung mit dem Kind stehen die Familienleistungen der den Haushalt, in dem das Kind lebt, führenden Kindesmutter zu. Aus angeführten Gründen hat - bei Erfüllen der diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen - aufgrund der unstrittigen Aktenlage Anspruch auf Familienleistungen (FB/ Ausgleichszahlung) nicht der Bf, sondern grundsätzlich die Mutter des Kindes.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind (als welches nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 auch ein Enkelkind zählt) ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ). Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (). Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). "Eltern" ist im Sinne von Anspruchsberechtigter nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 zu verstehen, hierzu zählt auch ein Großvater oder eine Großmutter (vgl. Nowotny in Csaszar/Lenneis/ Wanke, FLAG. Linde 1. Aufl., § 2a Rz 1). § 2a FLAG 1967 spricht nicht von "leiblichen Eltern", sondern allgemein von "Eltern". "Der Begriff der Eltern leitet sich aus der Definition der anspruchsvermittelnden Kinder in § 2 Abs. 3 des Gesetzes ab. Demnach sind Eltern alle Personen, die für Kinder im Sinne der zitierten Gesetzesstelle einen Familienbeihilfenanspruch haben können" (ErläutRV RV 126 Blg NR 18. GP zur Novelle BGBl. Nr. 367/1991).
Gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 hat die Mutter der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Tochter Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe bzw. auf geminderte Ausgleichszahlungen/ Differenzzahlungen. Dieser Anspruch geht gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz FLAG 1967 jedem erdenklichen Anspruch des Bf (Kindesvaters) vor. Dies wäre auch der Fall, wenn der Kindesvater tatsächlich den überwiegenden Unterhalt leisten würde, was jedoch ohnehin aus der Aktenlage nicht hervorgeht und nicht erwiesen ist, und überdies für beschwerdegegenständliche Entscheidung nicht relevant ist, was sich aus o.a. Rechtsnormen einschließlich EU-Recht iVm hL und hRspr ergibt.
Das Bundesfinanzgericht schließt sich der ausführlichen Begründung des Finanzamtes in der o.a. BVE sowie der Stellungnahme des Finanzamtes im o.a. Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vollinhaltlich an, und diese Ausführungen des Finanzamtes sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103111.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at