Vorsteuerabzug des Spediteurs aus der Haftung für EUSt aus Zoll- und Umsatzsteueranmeldungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R 1 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ECA Keiler & Partner Steuerberatung GmbH, Gabelsbergerstraße 2, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen die gemäß § 202 Abs. 2 BAO endgültig erlassenen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 (Endgültigerklärungen) des Finanzamtes Spittal Villach zu Steuernummer ***BF1StNr1***
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde vom gegen die endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. beschlossen:
Der Antrag gemäß § 236 Abs. 1 iVm Abs. 2 BAO ist keine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG. Dem BFG ist daher ein Absprechen über diesen Antrag verwehrt.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.), ein Speditions- und Transportunternehmen, reichte als indirekte Vertreterin von zwei in Italien ansässigen Unternehmen Zollanmeldungen zur Überführung von aus China stammenden Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ein. Sie hat nur Zoll- und Umsatzsteuerabfertigungen vorgenommen.
Zur Vorgeschichte des gegenständlichen Verfahrens:
A. Verfahren betreffend die Heranziehung der Bf. als Schuldnerin der EUSt nach § 71a ZR-DG ()
Im Zuge einer behördlichen Nacherhebung des Zollamtes wurde die Bf. mit Bescheiden des Zollamtes als Schuldnerin der EUSt in Höhe von Summe 1 (in weiterer Folge "Summe 1") in Anspruch genommen. Es war festgestellt worden, dass die von der Bf. vorgenommenen Anmeldungen im Zusammenhang mit einem groß angelegten Mehrwertsteuerbetrug standen.
Mit Erkenntnis des GZ. RV/7200223/2013, bestätigte das BFG die Inanspruchnahme der Bf. als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer gem. § 71a ZollR-DG) dem Grunde nach. Es verminderte die Höhe der festgesetzten EUSt auf Summe 2 ("Summe 2").
Im Erkenntnis des BFG war festgehalten, dass
die Bf. im Zeitraum Jänner 2008 bis Dezember 2008 die hier in Rede stehenden Anmeldungen zur Überführung von aus China stammenden Waren verschiedener Art in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr einreichte und durch Verwendung des Codes 4200 im Feld 37 des Einheitspapiers die EUSt-Befreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 beantragte.
die Bf. laut den Angaben in der Anmeldung dabei als indirekte Vertreterin von zwei in Italien ansässigen Unternehmen aufgetreten sei, zu denen sie keinen direkten Kontakt gehabt habe, aber laut ihren eigenen Angaben deren Verzollungsaufträge durch Einschaltung ihres Geschäftspartners erhalten habe, sowie
die genannten italienischen Unternehmen laut Eingabe der Bf. vom Teil des Betrugssystems gewesen seien. Die hinter den Verzollungsaufträgen stehenden Personen hätten darauf abgezielt, durch Umgehung der zoll- und steuerrechtlichen Vorschriften die Abgabenbelastung hinsichtlich der eingeführten Waren in möglichst hohem Ausmaß zu minimieren (Unterfakturierungen und Unterbleiben der Versteuerung der eingeführten Waren durch die genannten Empfänger).
Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Ra 2019/16/0077, wegen verspäteter Einbringung beim VwGH zurückgewiesen.
B. Verfahren zum Antrag der Bf. auf Erstattung der EUSt,
Mit Bescheiden des Zollamtes wurde die Schuld aus der hier strittigen EUSt von Summe 2 mittels Billigkeitsentscheidung durch das zuständige Zollamt zum Teil erlassen. Für die Bf. kam es in der Folge zu einer endgültigen Belastung in Höhe von Summe 3 ("Summe 3").
Mit Erkenntnis des , wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In diesem Verfahren stellte das BFG u. a. zur Gutgläubigkeit und zum Vertrauensschutz fest, dass
a. die Bf. im Zeitpunkt der Anmeldungen ohne Vertretungsmacht gehandelt habe,
b. Ablieferungsnachweise (von den Empfängern unterfertigte CMR) gefehlt hätten,
c. die Bf. keine Abfragen der UID-Nummern der Empfängerin vorgenommen habe,
d. Ungereimtheiten bei Zollabfertigungen rund um den vorlagen,
e. die Bf. blindes Vertrauen in die Tätigkeiten der **Sped1** (Geschäftspartner der italienischen Unternehmen) gehabt hätte,
f. jegliche Maßnahmen zur Minimierung des eigenen finanziellen Risikos unterblieben seien.
Es gelangte zum Ergebnis, dass die Bf. auffallend sorglos gehandelt habe. Gegen dieses Erkenntnis brachte die Bf. keine Revision beim VwGH ein.
Es sind somit beide Beschwerdeverfahren rechtskräftig abgeschlossen.
Bezahlung der EUSt
Die Bf. bezahlte die ihr vorgeschriebene EUSt (Summe 3) in zwei Teilbeträgen, und zwar
2013 Teilbetrag 1 ("Teilbetrag 1") und
2018 Teilbetrag 2 ("Teilbetrag 2").
Nun zum gegenständlichen Verfahren
C. Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2011 und 2013, RV/4100551/2019 - Recht auf Vorsteuerabzug für die EUSt?
Unstrittig ist, dass die Bf. die eingangs angeführten Zoll- und Umsatzsteueranmeldungen vorgenommen, also sonstige Leistungen erbracht hat.
Die Bf. begehrt im gegenständlichen Verfahren, die ihr vorgeschriebene EUSt in Höhe von Summe 3 im Jahr 2011, in eventu gesplittet nach der Bezahlung 2013 den Teilbetrag 1 und 2018 den Teilbetrag 2 als Vorsteuer in Abzug zu bringen.
Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 des Finanzamtes
In der Umsatzsteuererklärung für 2011 wies die Bf. unter der Kennzahl 061 die ihr mit Bescheiden vom des Zollamtes vorgeschriebene EUSt in Höhe von Summe 1 als Vorsteuer aus. Im (zunächst vorläufigen) Umsatzsteuerbescheid 2011 vom verwehrte das Finanzamt den Abzug der Vorsteuer aus der EUSt.
Im ebenfalls vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2013 vom wurde keine Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht.
Die Bf. begehrte in mehreren Fristverlängerungsansuchen, bis zum Abschluss des Rechtsmittelverfahrens betreffend die Klärung hinsichtlich der Schuldnerschaft der ihr vorgeschriebenen EUSt die Frist zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerden zu verlängern.
Nach Ergehen des Erkenntnisses des GZ. RV/72000223/2013, in dem die Schuldnerschaft der Bf. für die EUSt unter Hinweis auf die Ausführungen im Erkenntnis bestätigt wurde, erklärte das Finanzamt in den Umsatzsteuerbescheiden 2011 und 2013 vom die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide 2011 sowie 2013 für endgültig.
Dem von der Bf. begehrten Abzug der Einfuhrumsatzsteuer kam das Finanzamt nicht nach. Die gemäß § 71a ZollR-DG im Haftungswege vorgeschriebene EUSt sei gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht abzugsfähig, da sie weder entrichtet worden sei noch sei die Bf. als Spediteurin über die eingeführten Waren umsatzsteuerrechtlich verfügungsberechtigt gewesen. Personen, die bei der Einfuhr lediglich mitgewirkt haben, ohne umsatzsteuerlich verfügungsberechtigt zu sein (z. B. Spediteure, Frachtführer, Handelsvertreter), seien auch dann nicht abzugsberechtigt, wenn sie den eingeführten Gegenstand vorübergehend entsprechend den Weisungen ihres Auftraggebers auf Lager nehmen oder Schuldner der EUSt aufgrund einer zollrechtlichen Unregelmäßigkeit geworden sind ( C-187/14, DSV Road; 2013/15/0238).
Beschwerde gegen die vorläufigen und endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013
In der sowohl gegen die vorläufigen als auch die endgültig erklärten Bescheide gerichteten Beschwerde vom brachte die Bf. vor, dass sie einerseits als beauftragtes Speditionsunternehmen ohne Verfügungsmacht über die Waren nicht Importeur und damit auch nicht Schuldnerin der EUSt sein könne. Dieser Auffassung sei das BFG jedoch nicht gefolgt. Andererseits sei ihr bei Inanspruchnahme als Schuldnerin der EUSt jedenfalls der Vorsteuerabzug in Höhe der bezahlten Einfuhrumsatzsteuer zu gewähren.
Eine Verweigerung des Vorsteuerabzugs verstoße gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, auf den sich der EuGH in zahlreichen Erkenntnissen stütze.
Wenn die Zollbehörde einerseits den Logistiker (Spediteur) als Lieferer im Sinne des Art. 6 Abs. 3 UStG (steuerfreie Einfuhr bei innergemeinschaftlicher Anschlusslieferung) erkenne, ihn also zum Steuerschuldner mache, müsse die logische Konsequenz sein, dass er auch zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Sollte diesem Begehren nicht stattgegeben werden, beantrage die Bf., gemäß § 2 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 BAO die festgesetzte EUSt (Summe 3) durch Abschreibung des Abgabenanspruchs in voller Höhe nachzusehen und den bereits entrichteten Betrag dem Abgabenkonto wieder gutzuschreiben. Die Einhebung der EUSt bzw. die Verweigerung der Nachsicht der Abgabenschuldigkeit wäre nach Lage des Falles sachlich unbillig. Die Bf. legte ihre Gründe der Unbilligkeit dar.
Beschwerdevorentscheidung
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) betreffend die endgültig erlassenen Umsatzsteuerbescheide vom blieb das Finanzamt unter Anführung der §§ 12 Abs. 1 Z. 2 lit. a UStG und § 26 Abs. 3 Z. 2 UStG 1994, Artikel 168 lit. e MWStSystRL und unter Verweis auf maßgebliche Ansichten des VwGH im Erkenntnis vom , 2013/15/0238, sowie des EuGH in seinem Urteil vom , C-187/14, DSV Road, bei seiner bisherigen Ansicht.
Es hielt weiters fest, dass
es sich um einen groß angelegten Mehrwertsteuerbetrug gehandelt habe (siehe GZ. RV/7200223/2013, auch von der Bf. ausdrücklich festgehalten, vgl. o.a. Erkenntnis, Seite 10 ff), und
es bezüglich der Warenimporte aus China Unterfakturierungen und gefälschte Fakturen gegeben habe, bei denen die Bf die Verzollung vorgenommen und somit mitgewirkt hat, sowie
für den Vorsteuerabzug bei der Bf. die Waren für sie hätten eingeführt und
der Wert der eingeführten Waren als Kostenfaktor Eingang in die allgemeinen Aufwendungen der Bf. hätten finden müssen.
Der Bf. fehle die Verfügungsmacht über die Waren.
Sie habe bezüglich der bezahlten EUSt einen Rückersatzanspruch gegenüber ihrem Auftraggeber. Sei der Auftraggeber des Speditionsunternehmers grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, dürfe der Auftraggeber die EUSt als Vorsteuer abziehen, wenn er die Verzollungsdokumente (iSd Art. 178 lit. e MwStSysRL) besitze. Dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer werde daher trotz Versagung des Vorsteuerabzugs beim Spediteur entsprochen, weil der ausländische Auftraggeber des Spediteurs ohnedies den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen könne ().
Die Bf. habe nur Speditionsleistungen erbracht und die eingeführten Gegenstände mangels Anschaffungskosten nicht für Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwendet. Der Auftraggeber habe bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen als "Empfänger der Lieferung" das Recht auf Vorsteuerabzug. Wenn er der Bf. die EUSt nicht refundiere, ändere dies nichts an der Beurteilung.
Bezüglich des Antrages gemäß § 236 Abs. 1 iVm Abs. 2 BAO auf Abschreibung der festgesetzten EUSt sei das Finanzamt nicht zuständig. Ein diesbezüglicher Antrag sei an das örtlich zuständige Zollamt zu richten.
Vorlageantrag
Die Bf. brachte den Vorlageantrag gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung ein. Im Urteil des EuGHvom , C-26/18 (Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung) habe sich der EuGH gegen das automatische Entstehen einer EUSt-Schuld ausgesprochen.
Vorlagebericht des Finanzamtes und Verfahren vor dem BFG
Im Vorlagebericht blieb das Finanzamt bei seiner bisherigen Ansicht. Es führte darin sowohl die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013, als auch die endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 an.
Schreiben vom
Die Bf. wiederholte den Antrag auf Abschreibung der EUSt im Wege des § 236 Abs. 1 BAO.
Stellungnahme des Finanzamtes
Nach Ansicht des Finanzamtes müsste das BFG den Antrag auf Nachsicht mit Beschluss zurückweisen. Wenn das BFG ohne eine diesbezügliche Entscheidung des Finanzamtes erstmals meritorisch über den Antrag entschiede, würde dieses Erkenntnis vom VwGH wegen funktioneller Unzuständigkeit aufgehoben werden (vgl. ).
Ergänzendes Schreiben der Bf. vom
Die Bf. begehrte ein Ersuchen auf Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art 267 AEUV einzuholen und stellte den Antrag nach § 271a BAO. Sie führte aus:
"1. Der Verweis auf das Urteil des DSV Road (Rn 49 und 50) ist unzulässig, weil, anders als im Fall DSV Road (damals Verstoß gem. Art. 202 der VO (EWG) Nr. 2913/92) im vorliegenden Fall eine Einfuhr stattgefunden hat und die Bf. einen Umsatz getätigt hat, dem kein Leistungsempfänger gegenübersteht (vgl. Bieber in Manz, Der Einfuhrumsatz, 607).
2. Mit Urteil des BFG, RV/7200223/2013 vom hat das BFG mangels zivilrechtlicher Entscheidungen alle Vorbringen der Bf. versagt, obwohl das LG 01 am , 0001, bestätigt vom OLG 01 am , 0002, dazu ausführt, dass ein mögliches Fehlverhalten dem indirekten Zollvertreter, hier der Bf., nicht zur Last zu legen war und das BFG eine Fehlentscheidung getroffen hat, die vom VwGH zu korrigieren gewesen wäre.
3. Der EuGH führt in der Rs. C-714/20 vom , U.L Sri, aus, dass eine Erhebung der EUSt nur dann erfolgen darf, wenn der Mitgliedstaat den Steuerschuldner des Art. 201 MwSt-SystRL in den nationalen Steuervor-schriften eindeutig benennt. Im UStG, hier § 26 Abs. 1 UStG ist diese Regelung nicht getroffen, zumindest aber ist diese höchst strittig (vgl. Rehberg/Boulanger, AW Prax 2022, 477).
4. Die Versagung des Vorsteuerabzugs widerspricht auch dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer (vgl. EuGH, C-284/1 1, EMS-Bulgaria Transport).
5. Das BFG hat in seiner Entscheidung vom , RV/5200028/2013 (Anm.: Verfahren betr. Erstattung der EUSt), die Auffassung der Bf. geteilt, dass der Artikel 6 Abs. 3 UStG so zu verstehen ist, dass der Vertretene und nicht der Vertreter (hier die Bf.) Lieferer gewesen ist und deshalb spätestens im Billigkeitswege die EUSt zu erstatten gewesen wäre. Das Finanzamt erteilt, obwohl beantragt, bis zum heutigen Tag keine Fiskalvertreter-USt-ID, und dies, obwohl § 27 Abs. 8 UStG das ausdrücklich vorsieht und bereits der VwGH am , 2006/16/0070 darauf hingewiesen hat, dass dem Spediteur das Recht zustehe, als Fiskalvertreter aufzutreten. Eine Haftungsinanspruchnahme, wie dies von der Zollbehörde zu Unrecht geschehen ist, sieht § 27 UStG nicht vor."
Ergänzendes Schreiben der Bf. vom
Bei den Rechtssachen Weindel und Road sei der Vorsteuerabzug für die EUSt nicht zulässig gewesen, soweit die Kosten der Eingangsleistungen nicht Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Dienstleistung gefunden haben, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit (hier: Beförderung der Einfuhrwaren) erbracht hat.
Hier sei aber kein Einführer/Importeur zu beurteilen, sondern ein Zollspediteur, der als Fiskalvertreter auftreten und so für die vertretene Person den Vorsteuerabzug geltend machen möchte, aber unter Verstoß gegen das Unionsrecht gehindert werde. Wenn der Steuervertreter für die EUSt des Importeurs hafte, müsse ihm der Vorsteuerabzug zustehen, und zwar nicht für sich, sondern für den bzw. anstelle des Importeur(s) (vgl. Art. 204 MwStSystRL).
Die Gleichstellung des Steuervertreters mit dem Importeur nach der MwStSystRL erfordere also, dass der Steuervertreter - wenn er die Steuer schuldet - auch den (eigentlich dem Importeur zustehenden) Vorsteuerabzug geltend machen kann. Der EuGH habe bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten das Recht auf Vorsteuerabzug nur in den in der MwStSystRL ausdrücklich vorgesehenen Fällen einschränken dürfen (C-385/09, Nidera). [Pkt. I].
Der Fiskalvertreter werde österreichischen Spediteuren nicht zugesprochen. Sie müssten ihre Sonder-USt-ID verwenden und würden damit für die EUSt haften, ohne dass ihnen der Vorsteuerabzug zugesprochen werde (Pkt. II.).
Die Bf. verwies auf das Erkenntnis des RV/5200028/2013, (Anm.: Erstattung EUSt) in dem ausgesprochen worden sei, dass
die Vergabe einer (vergleichbaren) Sonder-USt-ID Nummer für die Ausübung der Fiskalvertretung, um die umsatzsteuerlichen Pflichten des Vertretenen zu erfüllen (....), de lege lata im UStG nicht ausgeschlossen sei, aber nach der Verwaltungspraxis und digitalen Programmierung in E-Zoll nicht zugelassen werde.
Es werde auf , verwiesen, wonach einem Spediteur das Recht zustehe, als Fiskalvertreter aufzutreten (Pkt. III).
Spediteure - auch die Bf. - hätten vergeblich Anträge auf Zulassung als Fiskalvertreter gemäß § 27 Abs. 8 UStG und Erteilung einer Fiskalvertreter USt-ID gestellt. Diese Anträge seien immer wieder mit dem Argument verworfen worden, der Spediteur könne ja die Sonder-USt-ID Nummer nutzen, die eine ähnliche Funktion hätte wie die einer Fiskalvertreter USt-ID.
Wenn das Finanzamt die Bf. - bislang ohne Fiskalvertreter-USt-ID Nummer - als Fiskalvertreter ansehe, begehre sie den Abzug der EUSt als Vorsteuer (Pkt. IV).
Zum Anspruch auf Vertrauensschutz führte die Bf. die Rechtssache C- 528/17,Milan Božičevič Ježovnik, an. Der EuGH habe die Gutgläubigkeit bejaht (Anm.: es geht um die unterschiedliche Behandlung der Heranziehung für die EUSt im Vergleich zur Heranziehung für die Zölle).
Die Bf. verwies noch auf C -409/04, Rn. 54 bis 57, Teleos u. a.
Diese Rechtsprechung gelte auch für die in Art. 143 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie festgelegte Regelung der Steuerbefreiung bei der Einfuhr von Gegenständen, die zur innergemeinschaftlichen Lieferung bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne C-108/17, Enteco Baltic). Die Befreiung der igL dürfe dem Lieferer nicht automatisch verweigert werden.
Nach ständiger Rechtsprechung verwehre der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass ein Mitgliedstaat, der die vom Verkäufer als Nachweise für den Anspruch auf Steuerbefreiung einer Lieferung vorgelegten Unterlagen zunächst akzeptiert hat, diesen Verkäufer später wegen eines vom Erwerber begangenen Steuerbetrugs, von dem der Verkäufer weder Kenntnis hatte noch haben konnte, zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten könne (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Teleos u. a., C 409/04, Rn. 50, sowie vom , Santogal M Comércio e Reparação de Automóveis, C-26/16, Rn. 75) (Pkt. V.).
Die Bf. habe nicht betrügerisch gehandelt, siehe die Vorbringen bezüglich der Ausführungen in den Entscheidungen des Landesgerichts im zivilgerichtlichen Verfahren. Nach C-531/17, Vetsch, könne dem gutgläubigen Spediteur die EUSt nicht vorgeschrieben werden (Pkt. VI.
Erörterungstermin vom
Die Parteien blieben bei ihren bisherigen Vorbringen.
Der weitere Vertreter RA Lux führte aus, dass sie bereits 2008 oder davor einen Antrag auf Erteilung einer Fiskalvertreter-UID gestellt hätten. Sie begehren den Vorsteuerabzug für die vertretene Person, die in Österreich keine UID hat. Wenn die Bf. richtig - als Fiskalvertreter - behandelt worden wäre, hätte sie den Vorsteuerabzug.
Über Befragen, in wie weit die Vorbringen in den ergänzenden Schriftsätzen den Vorsteuerabzug betreffen, gab er an, dass eben das Finanzamt und das BFG die Bf. als Fiskalvertreterin sehen würden und sie - wenn sie so gesehen werde - den Vorsteuerabzug haben möchte. Der Vertreter des Fachverbandes der Spediteure verwies auf anhängige Verfahren von anderen Speditionen bezüglich der Anträge auf Erteilung einer Fiskalvertreternummer. Beim BFG sei das Verfahren RV/5100131/2024 anhängig.
Über Befragen, ob das Zollamt oder Finanzamt gegenüber der Bf. dezidiert gesagt hätte, dass sie eine Fiskalvertreterin sei, gab Herr RA Lux an, dass dies so konkret nicht der Fall gewesen sei. Allerdings werde durch das BFG Erkenntnis aus 2023 allgemein ausgesprochen, dass die Sonder-UID eine Fiskalvertreternummer sei. Außerdem werde vom FA die Fiskalvertreternummer mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Sonder-UID eine Fiskalvertreternummer sei.
Das Finanzamt führte an, bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen zu müssen, dass das UStG unionsrechtskonform sei. Der VwGH verlange für den Vorsteuerabzug beim Spediteur ein Beliefert werden und ein Weiterliefern. Eine sonstige Leistung reiche für den Vorsteuerabzug noch nicht aus (siehe die VwGH-Judikatur bis 2022 herauf). Noch in einem Beschluss des VwGH werde auf DSV Road verwiesen. Das BFG Erkenntnis aus 2023 sei mit Revision angefochten.
Die Vorbringen in den ergänzenden Schriftsätzen sehe der Vertreter des Finanzamtes primär bezogen auf die EUSt, nicht so sehr bezogen auf die Vorsteuer. Einen Vertrauensschutz gebe es im UStG im Zusammenhang mit den igL. Der Neutralitätsgrundsatz sei aus Sicht des EuGH ein Auslegungsbehelf, also nicht ein Bestandteil des Primärrechts.
RA Lux erklärte, dass es darum gehe, Wege aus einer unbefriedigenden Situation aufzuzeigen. Die Zollspediteure in Österreich seien gegenüber ihren Kollegen in anderen Mitgliedsstaaten benachteiligt. Sie möchten aus der aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Tragung der EUSt kommen, auf welchen Weg auch immer. Wenn sich der Senat durch die Rechtsprechung des VwGH zum Gang zum EuG gehindert sehen sollte, so sollte die Revision zugelassen werden, weil ein Fiskalvertreter so noch nicht Gegenstand eines VwGH-Verfahrens gewesen sei. Es sei richtig, dass über die Erteilung der Fiskalvertreternummer in einem eigenen Verfahren entschieden werde, wie aber aufgezeigt, werde die Bf. als solche gesehen.
Ergänzung vom
Über Vorhalt der Richterin, den Antrag/die Anträge der Bf. auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID vorzulegen, brachte die Bf. den Zurückweisungsbescheid vom betreffend die Speditiojn X über die Zurückweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID gemäß § 27 Abs. 8 UStG sowie die diesbezügliche Beschwerde samt Vorlagebericht an das BFG bei.
Die Bf. führte aus, dass die Expertengruppe der österreichischen Speditionswirtschaft sich bereits seit 2008 mit der Frage der Fiskalvertretung und dem damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzug befasse. Es seien nationale Zollexperten in der Arbeitsgruppe Zoll im Zentralverband Spedition und Logistik. In Kooperation mit der Universität Linz werde alle zwei Jahre in Linz ein Außenwirtschaftsrechtstag organisiert. In dieser Expertengruppe sei auch ein ehemaliger Angestellter
Man habe beschlossen, dass die Kollegen aus den Bundesländern, die für ihre Kunden Fiskalverzollungen durchführen, mit dem Finanzamt Graz-Stadt, der damals zuständigen Finanzbehörde für Fiskalvertretungen gemäß § 27 Abs. 8 UStG, in Verbindung treten werden, um zu erreichen, dass solchen Spediteuren eine Fiskalvertreter-USt-ID Nummer erteilt werde.
Die Anfragen an das Finanzamt Graz-Stadt seien teils fernmündlich, teils schriftlich erfolgt. Die Antwort sei damals immer fernmündlich erteilt worden und habe gelautet:
"Sie besitzen eine Sonder-USt-ID Nummer, die Sie - anders, als die Fiskalvertreter-USt-lD Nummer - noch besserstellt, weil Sie die Vereinfachungen nutzen und auf die Abgabe Zusammenfassender Meldungen verzichten können."
Als weiteres Argument habe man ins Spiel gebracht, die Spediteure brauchten auch keine Intrahandelsstatistik-Meldung abzugeben. Alle diese Informationen würden auf der Grundlage der in den Zollanmeldungen enthaltenen Daten direkt an die Statistik Austria weitergeleitet.
Die Vertreter der Spediteure wurden aufgrund eindeutiger und klarer Aussagen in dem Glauben gelassen, sie besäßen den Status eines Fiskalvertreters. Erst anlässlich des Außenwirtschaftstages 2021 sei klar geworden, dass das nicht der Fall sei. In der Entscheidung des BFG RV/5200028/2013 sei erstmals und klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Finanzbehörde Fiskalvertreter-USt-ID Nummern zu erteilen habe.
Daraufhin hätten die Mitglieder der Arbeitsgruppe Zoll beschlossen, einen neuen - und diesmal formellen - schriftlichen Antrag beim Finanzamt Österreich auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID Nummer einzubringen. Aus Kostengründen habe ein Kollege einen Antrag gestellt, dessen Ablehnung beim BFG bekämpft werde.
Das Finanzamt Österreich habe den Antrag mit Schreiben vom mit dem Argument zurückgewiesen, das UStG sehe keine gesetzliche Regelung für die Erteilung einer im vorliegenden Antrag als "Fiskalvertreter-USt-ID Nummer" bezeichneten UID für einen (Fiskal-)Vertreter zum Zweck der Erklärung von vertretenen Unternehmern ausgeführten Umsätzen vor. Vielmehr sei hierfür bei Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen die dem jeweiligen ausländischen Unternehmer vom Finanzamt zugewiesene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu verwenden. Dieses Argument übersehe, dass der Zweck der Fiskalvertretung gerade darin bestehe, dem ausländischen Unternehmer eine umsatzsteuerliche Registrierung im Inland zu ersparen.
Gegenäußerung des Finanzamtes
Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht. Es sei kein Antrag der Bf. vorgelegt worden.
Ergänzung vom
Die Bf. legte noch Unterlagen der Zollarbeitsgruppe von einer Veranstaltung vom vor.
Ergänzend führte die Bf. aus, dass in Spediteurskreisen bekannt gewesen sei, dass derartige schriftliche Anbringen an die Finanzverwaltung nicht angenommen werden. Derartige Vergleichsschriftstücke seien beigelegt. Durch die Nichtannahme der Eingaben werde ein weiteres Beschwerdeverfahren notwendig, welches nur durch die Inanspruchnahme von Rechtsvertretern geführt werden könne und somit eine erhebliche Kostenbelastung darstelle. Da die Anträge nicht angenommen würden, sei auch keine Beschwerde möglich. Erst durch eine Säumnisbeschwerde könnten weitere Verfahren ins Laufen gebracht werden.
Im Zeitpunkt des in Frage stehenden Vorsteuerabzuges - 2011 und 2013 - erschien ein solches Verfahren als aussichtlos. Erst durch das Erkenntnis vom , RV/5200028/2013, sei in Spediteurskreisen bekannt geworden, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Fiskalvertreternummer bestehe. Folglich könne kein Beweis der schriftlichen Zurückweisung für die Bf., wohl aber für andere Spediteure vorgelegt werden.
Schreiben vom
Die Bf. zog im Schreiben vom die in der Beschwerde vom gestellten Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf., ein Speditions- und Transportunternehmen, hat nach Ergehen der vorläufigen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 wiederholt Fristverlängerungsansuchen zur Einbringung einer Beschwerde gestellt. Bis zum Zeitpunkt der Erlassung der endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 war beim Finanzamt noch keine Beschwerde gegen die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 eingelangt.
Nach Ergehen der endgültigen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 brachte die Bf. die Beschwerde vom sowohl gegen die vorläufigen als auch die endgültigen Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 ein.
Das Finanzamt hat eine abweisende BVE betreffend die Beschwerde gegen die endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013 vom erlassen, gegen die die Bf. einen Vorlageantrag eingebracht hat.
Die Bf. hatte für italienische Unternehmen, die über keine österreichische UID verfügten, Zoll- und Umsatzsteuerabfertigungen vorgenommen, also sonstige Leistungen erbracht.
Sie wurde als Anmelderin nach § 71a ZR-DG als Schuldnerin der EUSt in Anspruch genommen. Die unter Pkt. A. und B. festgehaltenen Verfahrensabläufe betreffend die Vorschreibung der EUSt und die Erstattung der USt werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
Die Bezahlung der Summe 3 in zwei Teilbeträgen in den Jahren 2013 und 2018 ist unstrittig.
Der Wert der von der Bf. im Rahmen der Zoll- und Umsatzsteuerabfertigung angemeldeten Waren hat nicht als Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen gefunden, die die Bf. im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten geliefert bzw. erbracht hat. Die angemeldeten Gegenstände wurden im Unternehmen der Bf. weder gebraucht, verbraucht noch verkauft.
Schriftliche Anträge der Bf. gemäß § 27 Abs. 8 UStG 1994 auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID an das Finanzamt Graz Stadt liegen nicht vor, auch keine konkreten Angaben zu allfälligen mündlichen Anträgen.
Ein Vorabentscheidungsersuchen wird dem EuG nicht vorgelegt.
Das BFG hat keine Befugnis, über den in der Beschwerde gestellten Antrag gemäß § 236 BAO abzusprechen.
2. Beweiswürdigung
Die Entscheidung wurde aufgrund des vorgelegten Akteninhalts und den ergänzend im Beschwerdeverfahren sowie anlässlich des Erörterungstermins erstatteten Vorbringen der Parteien und der ergänzend vorgelegten Unterlagen getroffen.
Die Feststellungen zur Einbringung der Beschwerden bzw. zu Erledigung ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Aktes, insbesondere auch den Fristverlängerungsansuchen und der eingebrachten Beschwerde.
Die Leistungen der Bf. gegenüber den ausländischen Unternehmen sind unstrittig. Die Bf. geht selbst davon aus, dass der Wert der von ihr angemeldeten Waren keinen Eingang in die im Rahmen ihres Unternehmens besteuerten Umsätze gefunden hat. Die für die EUSt erforderliche Verfügungsmacht behauptet die Bf. nicht.
Die Bezahlung der vorgeschriebenen EUSt durch die Bf. ist vom Finanzamt bestätigt.
Die Entscheidung, kein Vorabentscheidungsersuchen dem EuG vorzulegen, fußt auf der Würdigung der von der Bf. ins Treffen geführten Gründe, die aus Sicht des BFG in Anbetracht der Judikatur des EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen nicht rechtfertigen. Siehe auch die diesbezüglichen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung dieses Erkenntnisses.
Das Fehlen von schriftlichen oder konkreten mündlichen Anträgen auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID ergab sich vor dem BFG, weil die Bf. nach Aufforderung, für ihre behaupteten Anträge Nachweise vorzulegen, keine schriftlichen Anträge vorlegte bzw. keine konkreten Angaben zu mündlichen Anträgen machte.
Das Begehren gemäß § 236 BAO im Falle der Abweisung des Vorsteuerabzugs hielt die Bf. trotz des vom Finanzamt aufgezeigten fehlenden diesbezüglichen erstinstanzlichen Antrages und trotz Hinweises der Richterin, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nur über die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2011 und 2013 abzusprechen sei, im Erörterungstermin aufrecht.
Im Schreiben vom hat die Bf. die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Senat zurückgezogen. Die Entscheidung erfolgt durch die Einzelrichterin.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Entscheidung durch die Einzelrichterin
Zumal die Bf. ihre rechtzeitig gestellten Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgezogen hat, und die Richterin - insbesondere nach Abhaltung des Erörterungstermins - die mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, erfolgt die Entscheidung durch die Einzelrichterin. Neue zu klärende Sachverhaltsfragen haben sich nach der Abhaltung des Erörterungstermins nicht ergeben.
3.2. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Art 2 Abs. 1 lit d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (RL 2006/112/EG, "MwStSystRL")
Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze die Einfuhr von Gegenständen.
Art. 30 MwStSystRL
Als "Einfuhr eines Gegenstands" gilt die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Artikels 24 des Vertrags befindet, in die Gemeinschaft.
Art. 167 MwStSystRL
Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
Art 168 lit. e MwStSystRL
Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist abzuziehen.
Art. 201 MwStSystRL
Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.
Die Einfuhr von Gegenständen unterliegt der Umsatzsteuer (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.
§ 12 Abs. 1 Z. 2 lit. a UStG 1994
Der Unternehmer kann die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind als Vorsteuerbeträge abziehen.
§ 12 Abs. 1 Z. 2 lit. b UStG 1994
De Unternehmer kann in den Fällen des § 26 Abs. 3 Z 2 die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, Vorsteuerbeträge abziehen.
Für die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Einfuhrumsatzsteuer sind unter folgenden Voraussetzungen die Finanzämter zuständig:
Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist nach Art. 201 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 302/1) entstanden und es handelt sich um keine nachträgliche Berichtigung,
der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist Unternehmer (§ 2), im Inland zur Umsatzsteuer erfasst und die Gegenstände werden für sein Unternehmen eingeführt und
der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer erklärt in der Zollanmeldung, dass er von dieser Regelung Gebrauch macht.
Mit Erkenntnis des Ro 2017/15/0022, wurde das den Vorsteuerabzug gewährende Erkenntnis des RV/4100072/2015, betreffend die bloß Beförderungs- und Anmeldeleistungen erbringende Mitbeteiligte wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Es heißt darin-- auszugsweise festgehalten - wie folgt:
"31 Entscheidend für den strittigen Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist somit, ob Gegenstände für das Unternehmen des Abgabepflichtigen eingeführt wurden. Der eingeführte Gegenstand muss dabei entweder zum Gebrauch, zum Verbrauch oder zum Verkaufbestimmt sein (vgl. , mwN). Artikel 168 Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Abzug der vom Beförderer der betreffenden Waren, der nicht deren Einführer oder Eigentümer ist, sondern sie lediglich befördert und die Zollabfertigung ihres Versands im Rahmen seiner mehrwertsteuerpflichtigen Beförderungstätigkeit vorgenommen hat, geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer ausschließt (, DSV Road).
32 Entscheidend ist demnach, ob die eingeführten Gegenstände für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet wurden. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten liefert bzw. erbringt (vgl. neuerlich , Rn. 49, DSV Road)."
Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Erkenntnis des RV/4100657/2018, der Vorsteuerabzug nicht gewährt. Die Behandlung der dagegen erhobenen VfGH-Beschwerde wurde mit E 1382/2019, abgelehnt.
Im anschließenden Verfahren betreffend die Nachsicht gemäß § 236 BAO () wurde die außerordentliche Revision mit Beschluss des Ra 2021/15/0040, unter Verweis und Beibehaltung der rechtlichen Ausführungen im Erkenntnis des , als unzulässig zurückgewiesen.
Das BFG beurteilt den vorliegenden Fall wie folgt:
Zum Abzug der EUSt als Vorsteuer
Die Bf. hat die von ihr für die ausländischen Unternehmer angemeldeten Waren nicht für ihr Unternehmen angeschafft. Die Werte der Waren haben nicht als Kosten Eingang in die besteuerten Umsätze der Bf. gefunden. Die für die ausländischen Unternehmer angemeldeten Waren waren nicht für den Gebrauch, Verbrauch oder den Verkauf im Unternehmen der Bf. bestimmt.
Den Ausführungen im Erkenntnis des VwGH vom , Ro 2017/15/0022, und vom , Ra 2021/15/0040, mit dortigem Verweis auf DSV Road, C- 187/14, folgend, steht der Bf. der Vorsteuerabzug als zur EUSt in Anspruch genommene Anmelderin nicht zu.
Dass die Bf. die Verfügungsmacht über die angemeldeten Waren gehabt hätte, hat sie im gegenständlichen Verfahren nicht behauptet. Sie schloss vielmehr in den Vorverfahren aus dem Umstand, keine Verfügungsmacht gehabt zu haben, darauf, nicht für die Einfuhrumsatzsteuer in Anspruch genommen werden zu können.
Zumal die Leistung der Bf. lediglich in Zoll- und Umsatzsteueranmeldungen bestand, sie also nur sonstige Leistungen erbracht hat, und die angemeldeten Gegenstände nicht für ihr Unternehmen im Sinne der Kriterien des VwGH unter Hinweis auf EuGH-Judikatur eingeführt wurden, ist im gegenständlichen Fall der Bf. der von ihr begehrte Vorsteuerabzug zu versagen. Dies betrifft sowohl das Begehren, 2011 die Summe 3 in Abzug zu bringen, als auch das Eventualbegehren, im Jahr 2013 den Teilbetrag 1 zum Vorsteuerabzug zuzulassen.
Die von der Bf. unter Hinweis auf diverse Entscheidungen des EuGH gestützten weiteren Vorbringen im Verfahren (vor dem BFG) - so etwa zur (Un-)Billigkeit, zur (Nicht-)Einhaltung der Sorgfaltspflicht, zur Gutgläubigkeit und zum Vertrauensschutz - vermögen dem Begehren der Bf. nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie für die Frage des Vorsteuerabzugs nicht entscheidungswesentlich sind; diese Vorbringen könnten allenfalls in den Verfahren betreffend die Vorschreibung der EUSt oder der Erstattung der EUSt eine Rolle spielen.
Angemerkt werden darf noch, dass das BFG in der unter Pkt. B. dieses Erkenntnisses angeführten Entscheidung aus den dort angeführten Gründen zur Ansicht kam, dass die Bf. "auffallend sorglos" gehandelt hat und aus diesem Grund eine Erstattung der EUSt nicht zum Tragen kam. Wenn nun die Bf. wiederholt ihre hinreichende Sorgfalt ins Treffen führt, lässt dies die Frage aufkommen, warum sie diesen Einwand nicht im "richtigen" Verfahren entsprechend - bis zu den Höchstgerichten - verfolgt hat, sondern unbeanstandet ließ. Wie schon zuvor festgehalten, spielt die Sorgfalt für den Vorsteuerabzug keine Rolle.
Ebenso wenig ist aus dem Vorbringen, die Inanspruchnahme für EUSt und Zölle sei unterschiedlich zu behandeln, für die Frage des Vorsteuerabzugs etwas zu gewinnen; dieser Einwand wäre allenfalls bei der Vorschreibung der EUSt einzuwenden gewesen.
Die Nichtgewährung der EUSt als Vorsteuer basiert auf dem klaren Wortlaut des Gesetzes sowie der unmissverständlichen Rechtsansicht des VwGH unter Verweis auf Judikatur des EuGH. Eine unzulässige Einschränkung des Vorsteuerabzugs erfolgt durch die vorliegende Entscheidung nicht.
Nach all dem Gesagten ist daher weder die Summe 3 im Jahr 2011 noch der Teilbetrag 1 im Jahr 2013 als Vorsteuer zum Abzug zuzulassen. Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
Zum Antrag auf Vorabentscheidung
Art. 267 AEUV lautet:
"Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung der Verträge,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet."
(1) Wurde wegen einer Rechtsfrage, die einer Streitfrage im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 6 EU-BStbG gleicht oder dieser ähnlich ist, eine Streitbeilegungsbeschwerde im Sinne des § 8 EU-BStbG eingebracht, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen das Bescheidbeschwerdeverfahren, in dem über diese Rechtsfrage zu entscheiden ist, auszusetzen. Dies hat vor Vorlage der Bescheidbeschwerde durch Bescheid der Abgabenbehörde, nach Vorlage der Bescheidbeschwerde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes zu erfolgen.
(2) Mit Rechtskraft des Bescheides gemäß § 48 Abs. 2 oder 3 ist das ausgesetzte Bescheidbeschwerdeverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Im vorliegenden Fall zeigt sich folgendes Bild:
Wie bereits festgehalten, hat der EuGH die Kriterien für den Vorsteuerabzug unmissverständlich dargelegt und ist dem der VwGH und das BFG in seiner Rechtsprechung gefolgt.
Zu den einzelnen Punkten im Schreiben vom darf festgehalten werden:
Eine präzise (formulierte) Frage stellte die Bf. nicht.
Der ins Treffen geführten Unzulässigkeit des Verweises auf "DSV Road", C- 187/14, (Pkt. 1. des Schreibens) vermag das BFG nicht zu folgen. In der Rechtssache DSV Road hatte der Beförderer, der Beförderungs- und Abfertigungsleistungen durchgeführt hat, ohne Eigentümer der Waren oder Importeur zu sein, die Gegenstände nach den dort festgehaltenen und auch hier zu berücksichtigenden Beurteilungskriterien nicht für sein Unternehmen eingeführt. Der Verweis war daher zu Recht erfolgt. Zudem ist diesen Kriterien auch der VwGH (und das BFG) in seiner Rechtsprechung gefolgt.
Die Ansicht des Richters im zivilgerichtlichen Verfahren beim LG und OLG, dass das Erkenntnis des unrichtig und vom VwGH zu korrigieren gewesen wäre (Pkt. 2 des Schreibens), ist die Meinung des Richters im dortigen Verfahren, mangels Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren jedoch nicht von Belang.
Die Ausführungen der Bf. zum Urteil des C-714/20,U. I. (Pkt. 3 des Schreibens) begründen aus Sicht des BFG kein Vorabentscheidungsersuchen, weil diese Entscheidung wiederum nicht die Frage der Berechtigung zum Vorsteuerabzug betrifft.
Zumal eine Verletzung des Grundsatzes der Neutralität nicht zu erblicken ist, wenn der Empfänger grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt ist, und im vorliegenden Fall die Bf. nicht behauptet, dass der Empfänger grundsätzlich nicht vorsteuerabzugsberechtigt gewesen wäre, ist auch aus dem Verweis auf das Urteil des C-284/11, EMS-Bulgaria Transport, (Pkt. 4 des Schreibens) kein Argument für eine Vorlage an den EuG zu erblicken.
Ebenso wenig begründen die Einwendungen unter Pkt. 5 des Schreibens ein Vorabentscheidungsersuchen, treffen die dortigen Ausführungen die - hier nicht relevante - Billigkeit (im Zusammenhang mit der Erstattung der EUSt).
Was die Vorbringen im Zusammenhang mit den Anträgen der Bf. auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID anlangt, so sind sie mangels entsprechender Nachweise nicht erwiesen und daher kein tauglicher Grund für ein Vorabentscheidungsersuchen. Abgesehen davon, ist für die (Erteilung einer) Fiskalvertreter-USt-ID das Finanzamt Graz Stadt zuständig und ist darüber in einem separaten Verfahren abzusprechen. Ebenso wenig wurde die Bf. vom Finanzamt und BFG als Fiskalvertreterin behandelt. Siehe hiezu auch die nachfolgenden Ausführungen unter dem Punkt "Zum Fiskalvertreter".
Wenn die Bf. meint, der Fall sei vor den EuGH zu bringen, weil es sich hier um einen Spediteur handle, der als Fiskalvertreter auftreten möchte, so ist ihr zu entgegnen, dass eben die Voraussetzungen zur Anerkennung als Fiskalvertreterin in einem eigenen Verfahren zu schaffen sind. Im vorliegenden Fall waren die Leistungen der Bf. eben nur Zoll- und Umsatzsteueranmeldungen als indirekte Vertreterin.
Zumal die Frage der (fehlenden) Vorsteuerabzugsberechtigung der Bf. durch die Rechtsprechung des EuGH (, DSV Road) und des VwGH (, sowie vom , Ra 2021/15/0040) gelöst werden kann und die von der Bf. gestellten Vorbringen aus Sicht des BFG keinen Antrag auf ein Vorabentscheidungsersuchen begründen, war dem Begehren, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, aus Sicht des BFG nicht nachzukommen.
Zum Fiskalvertreter
Zugelassene Fiskalvertreter sind Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte und Notare mit Wohnsitz oder Sitz im Inland sowie Spediteure, die Mitglieder des Fachverbandes der Wirtschaftskammer Österreich sind. Weiters ist jeder Unternehmer mit Wohnsitz oder Sitz im Inland über seinen Antrag vom Finanzamt als Fiskalvertreter unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes zuzulassen, wenn er in der Lage ist, den abgabenrechtlichen Pflichten nachzukommen. Für das Zulassungsverfahren ist das Finanzamt Graz-Stadt zuständig.
Wenn die Bf. im Verfahren vor dem BFG die Behauptung aufstellte, sie wäre vom Finanzamt und vom BFG als Fiskalvertreterin angesehen worden, über konkretes Befragen dann aber zugeben musste, dass dies von niemandem so konkret behauptet worden sei, so vermag das BFG nicht von einer ("faktischen Behandlung" als) Fiskalvertreterin der Bf. auszugehen.
Die Bf. hat auch nicht behauptet, dass sie die einem Fiskalvertreter zukommenden(Erklärungs-) Pflichten wahrgenommen hätte.
Zumal die Behauptung der Bf., wiederholt Anträge auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID gestellt zu haben und diese Anträge zurückgewiesen worden seien, von der Bf. nicht nachgewiesen wurde, war aus der bloßen Behauptung der Bf. für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen. Das gleiche gilt für die im weiteren Verfahren vor dem BFG vorgelegten Anträge und Erledigungen anderer Antragsteller.
In den Entscheidungen der unter A. und B. angeführten Verfahren ist ausdrücklich festgehalten, dass die Bf. (laut eigenen Angaben) als indirekte Vertreterin aufgetreten ist.
Aus dem von der Bf. ins Treffen geführten Erkenntnis des , ist für das hier zu beurteilende Verfahren nichts zu gewinnen:
Das dortige Verfahren betraf die Erstattung der EUSt und nicht die Vorsteuer.
Dort wurde festgehalten, dass ein Anspruch auf ein Absprechen über einen Antrag gemäß § 27 Abs. 8 UStG 1994 besteht, und in der durch die Verwaltungspraxis erfolgten Beschränkung dieses Rechts eine Unbilligkeit gelegen sein kann. Keinesfalls ist dem Erkenntnis aus Sicht der Richterin zu entnehmen, dass die Sonder-UID eine Fiskalvertreternummer sei. Gesetzt den Fall, dies wäre so, wäre ein Antrag auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID - Anm.: in einem separaten Verfahren beim Finanzamt Graz Stadt - wohl gar nicht mehr erforderlich.
Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass im gegenständlichen Fall
weder ein mündlicher noch schriftlicher Antrag der Bf. auf Erteilung einer Fiskalvertreter-USt-ID vorlag (der zurückgewiesen worden wäre), noch
die Bf. vom Finanzamt bzw. dem BFG als Fiskalvertreterin angesehen wurde.
Nach all dem Gesagten waren die Vorbringen im Zusammenhang mit der Fiskalvertreter-USt-ID keine den Vorsteuerabzug begründenden Vorbringen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. (Antrag auf Abschreibung gemäß § 236 BAO)
Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Der Antrag ist ein Anbringen iSd § 85 Abs 1. Er unterliegt der Entscheidungspflicht (zB Kraft, Abgabenverfahrens.
Der Nachsichtsbescheid ist (ebenso wie die Zurückweisung bzw Abweisung eines Nachsichtsantrages) mit Bescheidbeschwerde anfechtbar (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 236, Rz. 2 und Rz. 19).
Dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht - BFG) obliegen Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Im Erkenntnis des Ro 2018/15/0026, wird ausgeführt:
"16 Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Bundesfinanzgericht - von hier nicht betroffenen Fällen abgesehen - immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
17 Die bei der Entscheidung über die Bescheidbeschwerde bestehende Änderungsbefugnis im Sinne des § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO - nach jeder Richtung - ist durch die Sache nach § 279 Abs. 1 erster Satz BAO begrenzt. Sache ist im Bescheidbeschwerdeverfahren die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des bekämpften Bescheides erster Instanz gebildet hat (vgl. etwa ).
Das Begehren der Bf. ist wie folgt zu beurteilen:
"Sache" des gegenständlichen Verfahrens sind die Beschwerden gegen die endgültig erklärten Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2013. Die begehrte Abschreibung gemäß § 236 BAO ist in einem eigenen Verfahren aufgrund eines Antrages bei der Verwaltungsbehörde erster Instanz zu beurteilen, ist also nicht "Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Da das BFG gemäß § 1 Abs. 1 BFGG nur über "Beschwerden", nicht aber über in der ersten Instanz zu beurteilende Anträge berechtigt ist, ist dem BFG ein Absprechen über den diesbezüglichen Antrag gemäß § 236 BAO verwehrt.
Der Bf. wurde bereits im Verfahren vor dem BFG (vom Amtsvertreter) mitgeteilt, dass sie einen Antrag an die Verwaltungsbehörde erster Instanz zu stellen habe, über den dann wiederum in einem separaten Verfahren abzusprechen sei.
Das BFG konnte somit mangels gesetzlicher Berechtigung über den Antrag nicht absprechen.
3.4. Zu Spruchpunkt III. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Abweisung hinsichtlich des begehrten Vorsteuerabzugs findet in der Rechtsprechung des VwGH Deckung (, und vom , Ra 2021/15/0040, unter Verweis auf , DSV Road).
Die Ansicht, dass die Bf. keine Fiskalvertreterin war, basiert auf den Ergebnissen des durchgeführten Beweisverfahrens.
Die Entscheidung, dem "Antrag" auf Vorabentscheidung nicht nachzukommen, ergab sich aus der Würdigung der Vorbringen der Bf.
Die fehlende Entscheidungsbefugnis des BFG zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 236 BAO ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 30 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 Art. 167 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 Art. 2 Abs. 1 lit. d RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 Art. 168 lit. e RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 § 12 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 271a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 201 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 § 27 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 1 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Z 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 236 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 267 AEUV, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. C 202 vom S. 47 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100552.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at