TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2025, RV/3100684/2021

Aufhebung der Festsetzung der Stiftungseingangssteuer gem. § 201 BAO: keine Gründe für sinngemäße Wiederaufnahme

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (seit zuständig: Finanzamt für Großbetriebe) vom betreffend Stiftungseingangssteuer 05.2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

  • Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am wurde dem Finanzamt Innsbruck eine Anzeige über die Nachstiftung vom einer GmbH-Beteiligung von 66% übermittelt. Der gemeine Wert der Beteiligung wurde mit 476.982 Euro angegeben, woraus sich eine Stiftungseingangssteuer iHv. 11.924,55 Euro errechnet. Weitere Unterlagen wurden nicht übermittelt.

2. Im Rahmen einer abgabenrechtlichen Prüfung der beschwerdeführenden Privatstiftung (bP) wurden der Abtretungsvertrag vom (Nachstiftung) und der Abtretungsvertrag vom über die Veräußerung der GmbH-Anteile an fremde Dritte vorgelegt. Daraus war ersichtlich, dass der gemeine Wert von 66% der Anteile zum Zeitpunkt der Nachstiftung mit mit dem Wiener Verfahren iHv. 476.982 Euro geschätzt wurde und diese Anteile einige Monate später um 10.010.685,34 Euro veräußert wurden. Nach Ansicht des Prüfers sei der gemeine Wert primär aus Verkäufen in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag abzuleiten. Nach dem Kommentar zum Bewertungsgesetz (Twaroch/Wittmann/Frühwald, Bewertungsgesetz, 25. Aufl, § 13 Tz 4) könne auch ein einzelner nicht unwesentlicher Anteilsverkauf eine Grundlage zur Ableitung des gemeinen Wertes darstellen.
Am erging in Folge der Außenprüfung ein Bescheid, mit dem die Stiftungseingangssteuer gemäß § 201 BAO iHv. 250.267,14 Euro (2,5% der Zuwendung iHv. 10.010.685,52 Euro) festgesetzt wurde.

3. Am wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Begründend wurde einerseits ausgeführt, dass die sinngemäße Wiederaufnahme nicht begründet sei und andererseits, dass ein einziger Verkauf für die Ableitung des gemeinen Wertes aus Verkäufen nicht genüge. Das Finanzamt stütze sich nur auf eine Meinung in einem Kommentar zum Bewertungsgesetz, während die gefestigte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Mehrzahl von Verkäufen verlange. Von einer Mehrzahl von Verkäufen könne nur dann gesprochen werden, wenn bei mehreren nicht miteinander im Zusammenhang stehenden Verkaufsvorgängen Anteile veräußert werden (). Im Ergebnis komme es auf die Preisbildung an, die sich zwischen Käuferseite und Verkäuferseite ergibt und die sich im Rahmen von verschiedenen Käufer- und Verkäuferseiten bildet. Der VwGH habe entschieden, dass auch ein Verkauf eines 100%-Anteiles keine Mehrzahl von Verkäufen darstelle. Auf die Höhe der Anteile komme es nicht an ().
In einer weiteren Entscheidung habe der VwGH hervorgehoben, dass es nicht auf die Anzahl der bei den einzelnen Verkäufen zum Verkauf gelangenden Anteile ankommt und dass weder die Frage, ob zivilrechtlich ein oder mehrere Rechtsgeschäfte vorliegen, noch die Zusammenfassung mehrerer Rechtsgeschäfte von ausschlaggebender Bedeutung ist. Maßgeblich sei vielmehr, ob der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass die unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleiches widerstreitender Interessen mehrerer an den Verkaufsgeschäften Beteiligter gebildeten Kaufpreise einem Marktpreis nahe komme. Von einer Mehrzahl von Verkäufen kann nur dann gesprochen werden, wenn bei mehreren miteinander nicht im Zusammenhang stehenden Verkaufsvorgängen Anteile veräußert werden ().
Im gegenständlichen Fall sei nur ein Verkaufsgeschäft vorgelegen, weil es am Markt keine widerstreitenden Interessen gab, vielmehr sei nur eine Verkäufergruppe aus zwei Personen und eine Käufergruppe aus zwei Personen, die insofern offensichtlich die jeweils gleichen Interessen vertreten haben, aufgetreten.
Auf Verkäuferseite traten die beiden ehemaligen Gesellschafter der GmbH auf, die ihre GmbH-Anteile an ihre jeweilige Privatstiftung gestiftet hatten. Diese beiden Stiftungen verkauften sämtliche Anteile in einem einheitlichen Verkaufsvorgang an fremde Dritte. Auf Käuferseite waren sieben Gesellschaften beteiligt, die allerdings alle mittelbar von zwei natürlichen Personen gehalten werden. Diese zwei Personen sind auch die Geschäftsführer der kaufenden Gesellschaften und handelten im Rahmen des Kaufes für diese Gesellschaften.
Folglich lägen im Zusammenhang stehende Verkaufsvorgänge vor.
Ausfluss sei daher die Schätzung des gemeinen Wertes nach dem sachgerecht erfolgten "Wiener Verfahren".

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom seit zuständigen Finanzamt für Großbetriebe als unbegründet abgewiesen. Die Wertableitung aus späteren Verkäufen sei nach der VwGH-Judikatur () zulässig. Die GmbH, deren Anteile verkauft wurden, bewirtschaftet eine Liegenschaft im Zentrum von ***A*** mit 10 Geschäftseinheiten, 26 Tiefgaragenabstellplätzen und 6 weiteren Einheiten. Im Zeitraum von der Nachstiftung bis zum Verkauf seien keine wertverändernden Umstände erkennbar. Da der Verkauf an sieben Gesellschaften erfolgte, handle es sich um mehrere Verkäufe an fremde Dritte. Anhand dieser Verkäufe von 100% der Anteile könne der gemeine Wert abgeleitet werden. Erst im Zuge der Außenprüfung sei hervorgetreten, dass als Bemessungsgrundlage die Berechnung nach dem sog. Wiener Verfahren angewendet wurde. Weiters wurde erst im Zuge der Außenprüfung festgestellt, dass die gestifteten Anteile noch im selben Jahr wieder verkauft wurden.

5. Mit Schriftsatz vom wurde die Vorlage an das Bundesfinanzgericht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt.

6. Am legte das Finanzamt für Großbetriebe die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung.

7. Mit Schriftsatz vom brachte die bP ergänzend vor, dass im Prüfbericht keine Aussagen zur sinngemäßen Wiederaufnahme getätigt würden. Soweit bei der elektronischen Erklärung weder Firmennamen noch Beteiligungsausmaß ersichtlich sind, sei festzuhalten, dass dies keine neuen Tatsachen seien, die zu einem anderen Bescheid geführt hätten. Vielmehr gehe es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die Bewertung nach dem Wiener Verfahren oder nach dem aus einem Verkauf abgeleiteten gemeinen Wert zu erfolgen hat. Das Finanzamt habe nur Rechtsfolgen aus einer Kommentarmeinung abgeleitet, unter Ignorieren der gegenteiligen VwGH-Judikatur.
Im erstinstanzlichen Bescheid seien die Wiederaufnahmegründe darzustellen, welche Tatsachen oder Beweismittel wodurch neu hervorgekommen sind und im Ergebnis zu einem anderen Bescheidspruch hätten führen müssen.
Ein Nachschieben von Wiederaufnahmegründen im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung sei nicht zulässig.
Beim Verkauf der Anteile sei eine einzige Willensbildung gegeben. Auf Verkäuferseite seien Dr. ***Z*** als Stiftungsvorstand der ***X*** Privatstiftung und seine Kanzleipartnerin per Vollmacht für ***Y*** Privatstiftung, deren Stifter Dr. ***Z*** sei, aufgetreten.
Auf Käuferseite handle es sich um sieben verbundene Gesellschaften, die deren Anteile von zwei Gesellschaftern gehalten werden. Diese zwei Gesellschafter seien auch die beiden Geschäftsführer dieser Gesellschaften, welche den Anteilskauf verhandelt und den Vertrag für alle 7 Käufergesellschaften unterschrieben hätten.

8. Die belangte Behörde nahm mit Schriftsatz vom ergänzend Stellung und brachte vor, dass im Bescheid auf den Prüfbericht verwiesen werde, in welchen dargestellt sei, dass neue Tatsachen und Beweismittel erstmalig im Zuge der Prüfung vorgelegt wurden, nämlich die Bewertung nach dem Wiener Verfahren und der Verkauf der Anteile an fremde Dritte samt Vertrag vom , aus dem sich ein wesentlich höherer Betrag ergibt.

9. Mit Stellungnahme vom brachte die belangte Behörde vor, dass fraglich sei, ob der Abtretungsvertrag vom nur eine Klarstellung dazu ist, dass der Wert zum Zeitpunkt der Nachstiftung wesentlich höher war als in der Erklärung angeführt oder ob der Abtretungsvertrag ein später entstandenes Beweismittel darstellt.
Eine weitere Möglichkeit einen Bescheid nach § 201 BAO zu erlassen ergäbe sich, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen, also wenn ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruchs hat.
In der Begründung zur Festsetzung der Stiftungseingangssteuer sei ausgeführt, dass der

  • gemeine Wert von GmbH-Anteilen primär aus Verkäufen abzuleiten ist. Dabei seien

  • Verkäufe in zeitlicher Nähe (innerhalb von 12 Monaten), vor und nach dem Ermittlungszeitpunkt, zu berücksichtigen. Nur wenn keine Verkäufe vorliegen, seien gemäß § 13 Abs. 2 BewG die Anteile zu schätzen.
    Zum Zeitpunkt der Abgabe der Stiftungseingangssteuererklärung () lagen somit keine Verkäufe vor, die einen Einfluss auf die Bewertung der Anteile haben. Solche Verkäufe wurden jedoch im November 2015, somit 6 Monate nach Stiftung der Anteile abgeschlossen. Diese haben laut den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes und ständiger Rechtsprechung Einfluss auf die Bewertung der Anteile auch zu einem Stichtag vor dessen Abschluss. Daraus ergebe sich die abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit. Die für die Stiftungseingangssteuer maßgebliche Bewertung sei somit rückwirkend zu ändern und die Steuer neu festzusetzen.
    Die Festsetzung der Stiftungseingangssteuer erfolge daher weiterhin nach § 201 BAO. Die Rechtsgrundlage für eine Bescheiderlassung bleibt daher bestehen, es ändere sich

  • eventuell nur die Begründung für die Anwendung des § 201 BAO.

10. Mit Stellungnahme vom brachte die steuerliche Vertretung vor, dass die belangte Behörde selbst konzediere, dass Gründe für eine Wiederaufnahme nicht rechtlich eindeutig gegeben sind. Zum Nichtvorliegen von Wiederaufnahmegründen werde auf das bisherige Vorbringen verwiesen.
Bezüglich der Möglichkeit der Anwendung des § 201 Abs 2 Z 5 BAO und damit des § 295a BAO wird die Bestimmung des § 201 BAO mit den Gesetzesmaterialien und der Judikatur des VwGH analysiert. § 201 idF BGBl I 97/2002 habe den Zweck einen Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage herbeizuführen.
Unstrittig sei, dass die Behörde den Bescheid auf § 201 Abs 2 Z 3 BAO, das sinngemäße Vorliegen der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme, stützt.
Aus der Judikatur des VwGH gehe hervor, dass nur die von der Behörde verwendeten Wiederaufnahmegründe zu prüfen sind, ein Austausch von Wiederaufnahmegründen sei nicht zulässig. In einem Größenschluss sei davon auszugehen, dass -wenn schon ein Austausch des Wiederaufnahmegrundes nicht möglich ist- schon gar nicht der verfahrensrechtliche Grund als solcher ausgetauscht werden kann.
Die Behörde sei also nicht berechtigt ein rückwirkendes Ereignis nach § 201 Abs 2 Z 5 BAO anzunehmen und den verfahrensrechtlichen Grund auszutauschen.
Außerdem wäre § 295a BAO inhaltlich nicht anwendbar. Eine spätere Änderung von möglichen Bewertungsvorschriften falle gerade nicht in den Anwendungsbereich der Norm. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass nur ein einziger einheitlicher Kaufvertrag mit einer einheitlichen Kaufpreisbildung stattgefunden hat. Nach der eindeutigen Judikatur des VwGH sei -entgegen einer Kommentarmeinung- nicht vom Wert dieses Kaufes auszugehen, sodass die Ermittlung auf Basis des Wiener Verfahrens inhaltlich korrekt sei.

11. Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Entscheidung durch den Senat und der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. ***W*** stiftete der ***X*** Privatstifung am 66% seiner Anteile an der ***V*** GmbH.
Am wurde dem Finanzamt Innsbruck eine Anzeige über diese Nachstiftung übermittelt. Der gemeine Wert der Beteiligung wurde mit 476.982 Euro angegeben, woraus sich eine Stiftungseingangssteuer iHv. 11.924,55 Euro errechnet. Weitere Unterlagen wurden nicht übermittelt.

2. Mit Abtretungsvertrag vom verkaufte die ***X*** Privatstiftung ihre 66% der GmbH-Anteile und die ***Y*** Privatstiftung ihre 34% der GmbH-Anteile um insgesamt 15.167.705,34 Euro. Käufer waren sieben Gesellschaften, die durch dieselben beiden Geschäftsführer vertreten wurden. Diese beiden Geschäftsführer halten mittelbar sämtliche Anteile an allen sieben Gesellschaften.
Für die Verkäufer trat Rechtsanwalt Dr. ***Z*** als Stiftungsvorstand der ***X*** Privatstiftung auf und für die ***Y*** Privatstifung, deren Stifter Dr. ***Z*** ist, trat per Vollmacht die Kanzleipartnerin von Dr. ***Z*** auf.

3. Im Rahmen einer abgabenrechtlichen Prüfung mit Schlussbesprechung am wurden laut Prüfungsbericht der Abtretungsvertrag vom (Nachstiftung), die Berechnung des gemeinen Wertes mittel "Wiener Verfahren" und der Abtretungsvertrag vom über die Veräußerung der GmbH-Anteile erstmals vorgelegt.

4. Am erging ein Bescheid, mit dem die Stiftungseingangssteuer gemäß § 201 BAO iHv. 250.267,14 Euro (2,5% der Zuwendung iHv. 10.010.685,52 Euro) festgesetzt wurde. Die Begründung lautet:
"Auf die Niederschrift sowie den Prüfbericht wird hingewiesen. Die Festsetzung erfolgt im Sinne des § 201 BAO da Beweismittel bzw. Tatsachen (Unterlagen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stiftungseingangssteuer, Bewertungsgutachten) neu hervorgekommen sind und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. Im vorliegenden Fall sind die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig anzusehen, weshalb im Sinne des § 20 BAO dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen war."

5. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom finden sich unter "Tz. 1 Stiftungseingangssteuer 2015" unter anderem folgende Textpassagen:
"Am wurde eine Anzeige über die (Nach)Stiftung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft übermittelt. Der Wert wurde mit dem Betrag von 476.982,- Euro angegeben. Auf dem Abgabenkonto wurde - unter Zugrundelegung eines 2,5%igen Steuersatzes - ein Betrag von 11.924,55 an Stiftungseingangssteuer vorgeschrieben. Die Bezahlung der Steuerschuld erfolgte durch Steuergutschriften aus der Veranlagung der Körperschaftsteuer 2013. Unterlagen wurden laut Veranlagungsakt keine vorgelegt. Hinweisend wird festgehalten, dass aus der vorgelegten elektronischen Erklärung betreffend der Stiftungseingangssteuer weder Firmenname noch Beteiligungsausmaß der gestifteten Beteiligung ersichtlich ist. Im Rahmen der Durchführung der Außenprüfung bei der ***X*** Privatstiftung der Jahre 2013 bis 2015 wurde der steuerpflichtige Vorgang (Nachstiftung eines GmbH-Anteiles) überprüft.Dem Prüfer wurde sowohl der Abtretungsvertrag betreffend der Abtretung der Anteile an der ***V*** GmbH vom als auch der Abtretungsvertrag betreffend der Veräußerung der ggstl GmbH-Anteile am vorgelegt." …
"Aus dem Abtretungsvertrag vom ist ersichtlich, dass auch die restlichen 33% der Anteile der
***V*** GmbH verkauft wurden. Es wurden somit am die gesamten 100% der Anteile an der ***V*** GmbH verkauft. Der erzielte Verkaufspreis für 100% der Anteile betrug 15.167.705,34 EUR. Auf 66% der Anteile an der ***V*** GmbH entfallen demnach 10.010.685,52 Euro. Auf Anfrage des Prüfers wurde mitgeteilt, dass die Bewertung der Anteile (=Bemessungsgrundlage der Stiftungseingangssteuer) anlässlich der Einbringung der 66% der Anteile von KR ***W*** in die ***X*** Privatstiftung am mittels sog. "Wiener Verfahren" erfolgte. Nach Ersuchen des Prüfers wurde die Berechnung vorgelegt. Für 100% der Anteile der ***V*** GmbH wurde ein gemeiner Wert von 722.700,- EUR errechnet. Für 66% der eingebrachten Anteile wurde daher eine Bemessungsgrundlage von 476.982,- Euro angesetzt."

6. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten und ist unstrittig.

7. Rechtliche Beurteilung

7.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

7.1.1. Rechtslage

Gemäß § 1 Abs 5 Stiftungseingangssteuergesetz ist die Steuer vom zugewendeten Vermögen zu berechnen. Für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgeblich. Die Bewertung richtet sich nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes.
Gemäß Abs 4 leg. cit. entsteht die Steuerschuld im Zeitpunkt der Zuwendung.

§ 3 Abs 1 Stiftungseingangssteuergesetz ordnet die Selbstberechnung der Steuer und Entrichtung bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des zweitfolgenden Monats nach Entstehen der Steuerschuld an.
Gemäß Abs 2 leg. cit. hat der Steuerschuldner bis zum Fälligkeitstag eine Steuererklärung elektronisch einzureichen.

Gemäß § 10 Abs 1 Bewertungsgesetz 1955 ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.
Gemäß Abs 2 leg. cit. wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 13 Abs 2 Bewertungsgesetz 1955 ist für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

§ 201 Bundesabgabenordnung lautet auszugsweise:

"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden."

7.1.2. Rechtliche Beurteilung

Für die Wertermittlung der Anteile ist der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld, also der Zeitpunkt der Zuwendung, maßgeblich. Es ist also von den Verhältnissen an diesem Stichtag auszugehen.
Der Steuerschuldner hat bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des zweitfolgenden Monats nach Entstehen der Steuerschuld die Selbstberechnung der Steuer durchzuführen und eine Steuererklärung elektronisch einzureichen.

Die Wahl der Methode zur Bewertung der Anteile am Zuwendungstag ist also spätestens am Fälligkeitstag zu klären, damit die Verpflichtung zur Selbstberechnung, Entrichtung und Einreichung der Steuererklärung fristgerecht erfolgen kann.

Zum Fälligkeitstag gab es aber noch keine Verkäufe, aus denen der gemeine Wert abgeleitet hätte werden können, daher war er gemäß § 13 BewG nach einem geeigneten Verfahren zu schätzen.

Im Prüfbericht wurde nicht dargetan, dass die grundsätzlich zulässige Schätzung nach dem "Wiener Verfahren" fehlerhaft vorgenommen worden wäre.

Auch wenn man der Ansicht wäre, dass Verkäufe nach dem Fälligkeitstag für die Wahl der Bewertungsmethode relevant wären, so ist zu berücksichtigen, dass nach der Judikatur für die Ableitung des gemeinen Wertes von Anteilen ein einzelner Verkauf nicht genügt. Es kommt dabei nicht auf die Anzahl der bei den einzelnen Verkäufen zum Verkauf gelangenden Anteile an und weder die Frage, ob zivilrechtlich ein oder mehrere Rechtsgeschäfte vorliegen, noch die Zusammenfassung mehrerer Rechtsgeschäfte ist von ausschlaggebender Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass die unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleiches widerstreitender Interessen mehrerer an den Verkaufsgeschäften Beteiligter gebildeten Kaufpreise einem Marktpreis nahe kommen. Von einer Mehrzahl von Verkäufen kann nur dann gesprochen werden, wenn bei mehreren miteinander nicht im Zusammenhang stehenden Verkaufsvorgängen Anteile veräußert werden (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall halten die beiden Geschäftsführer der kaufenden Gesellschaften mittelbar sämtliche Anteile an diesen sieben Gesellschaften und für die Käuferseite treten nur Dr. ***Z*** (als Stiftungsvorstand der einen verkaufenden Stiftung) und seine Kanzleipartnerin (per Vollmacht für die Stiftung, deren Stifter wiederum Dr. ***Z*** ist) auf.
Von mehreren miteinander nicht im Zusammenhang stehenden Verkaufsvorgängen kann hier nicht gesprochen werden.

Zur Festsetzung der Abgabe bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO:

§ 201 erfordert zwar nicht, dass im Spruch des Bescheids zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 der Bescheid gestützt wird (). Dies muss aber (zumindest) aus der Begründung hervorgehen, welche im gegenständlichen Fall lautet:

"Auf die Niederschrift sowie den Prüfbericht wird hingewiesen. Die Festsetzung erfolgt im Sinne des § 201 BAO da Beweismittel bzw. Tatsachen (Unterlagen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stiftungseingangssteuer, Bewertungsgutachten) neu hervorgekommen sind und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. Im vorliegenden Fall sind die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig anzusehen, weshalb im Sinne des § 20 BAO dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen war."

Aus dieser Formulierung ("da Beweismittel bzw. Tatsachen neu hervorgekommen sind und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen") und dem Verweis auf die Niederschrift sowie den Prüfbericht kann dem Bescheid entnommen werden, dass die Festsetzung der Stiftungseingangssteuer auf § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO gestützt wird.

Die Festsetzung gem § 201 BAO kann dann, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung iSd Abs 1 der Bestimmung als "nicht richtig" erweist, gem Abs 2 Z 3 erfolgen, "wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden".

Die Vorschrift hat insoweit den Zweck, einen "Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage" herbeizuführen (; ).
Gemäß § 303 Abs 1 lit b kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl ).
Im Fall selbstberechneter Abgaben ist in sinngemäßer Anwendung des § 303 auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrags abzustellen (; Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I, 3. Aufl, § 201 BAO).

In sinngemäßer Anwendung der Rechtsprechung zur Wiederaufnahme des Verfahrens ist im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs 2 Z 3 somit entscheidend, ob und gegebenenfalls welche für das Finanzamt seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des Finanzamtes in seinem Bescheid dargetan wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (; ).
Bedeutsam ist in dem Zusammenhang somit ua, dass das Finanzamt seiner erstmaligen Abgabenfestsetzung auch - und mag es durch einen entsprechend konkreten Verweis auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung sein (; , Ra 2014/15/0058; , 2012/15/0030, sowie , 2012/15/0172) - klar erkennbar einen bestimmten Tatsachenkomplex zu Grunde gelegt hat.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Bundesfinanzgericht, außer in hier nicht interessierenden Fällen des § 278, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. , mwN).

Aufgabe des Bundesfinanzgerichts bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben (vgl. nochmals ). Gleiches gilt für Bescheide iSd § 201 Abs. 2 Z 3 BAO () und entsprechende Bescheide nach § 202 BAO.

Das Bundesfinanzgericht hat, sofern die Bescheidausführungen des wiederaufnehmenden Finanzamtes mangelhaft sind, ausgehend von einem vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrund, diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen (vgl. ). Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0035). Das Gleiche muss im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO gelten ().

Im gegenständlichen Fall wird die Wiederaufnahme gestützt auf die Vorlage der Bewertung der Gesellschaftsanteile zum Zeitpunkt der Nachstiftung (, laut Erklärung der Selbstbemessungsabgabe vom ) und auf die Vorlage des Abtretungsvertrages vom , mit denen 100% der Anteile an der Gesellschaft verkauft wurden. Aus den Abtretungsverträgen ergab sich für das Finanzamt ein wesentlich höherer Wert als aus der vorgelegten Bewertung nach "Wiener Verfahren".

Dazu ist Folgendes festzustellen:

Die Bewertung nach "Wiener Verfahren" hat zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrags zwar existiert und ist erst nächträglich der Behörde bekannt geworden. Allerdings wird im Prüfbericht, auf den im Bescheid verwiesen wird, nicht dargetan, weshalb die Kenntnis zu einer anderen Beurteilung geführt hätte. Die Behörde bringt nicht vor, dass Fehler bei Anwendung des "Wiener Verfahren" unterlaufen seien. Damit scheidet die Vorlage der Bewertung nach "Wiener Verfahren" als Wiederaufnahmegrund aus.

Der Abtretungsvertrag vom ist erst nach Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages entstanden und scheidet somit als (im abgeschlossenen Verfahren bereits existierende) neu hervorgekommene Tatsache oder Beweismittel aus.
Die belangte Behörde argumentiert allerdings sinngemäß, dass durch dieses Beweismittel die (im abgeschlossenen Verfahren bereits vorhandene) Tatsache neu hervorgekommen sei, dass der gemeine Wert der Anteile zum Stichtag viel höher war als der erklärte Betrag.
Dem ist zu entgegnen, dass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts der Wert einer GmbH keine Tatsache iSd § 303 BAO ist. Der Wert der Anteile ist ein Ergebnis, in das Eigenschaften und Zustände eben dieses Wirtschaftsgutes einfließen (siehe ).
Der Abtretungsvertrag vom ist in erster Linie ein Beweismittel für den tatsächlichen Verkaufspreis. Dieser Verkaufspreis mag ein Hinweis dafür sein, dass der gemeine Wert wenige Monate vorher wesentlich höher war, aber er stellt keine Tatsache dar, die im abgeschlossenen Verfahren existiert hat.

Da keine Tatsachen oder Beweismittel, die im Zeitpunkt der Selbstbemessung bereits existierten und für das Finanzamt erst danach hervorgekommen sind und deren Kenntnis zu einer anderen Beurteilung durch das Finanzamt geführt hätten, im Bescheid oder Prüfungsbericht dargetan wurden, war der gegenständliche Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Zum Austausch von Tatbeständenbei Bescheiden nach § 201 BAO

In der Stellungnahme vom bringt die belangte Behörde vor, dass gem. § 201 Abs 2 Z 5 BAO eine Festsetzung erfolgen kann, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würde.
295a Abs. 1 BAO bestimmt, dass ein Bescheid insoweit abgeändert werden kann, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand der Umfang eines Abgabenanspruchs hat.
In der Begründung zur Festsetzung der Stiftungseingangssteuer sei ausgeführt, dass der gemeine Wert von GmbH-Anteilen primär aus Verkäufen abzuleiten ist. Dabei seien Verkäufe in zeitlicher Nähe, vor und nach dem Ermittlungszeitpunkt, zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung seien auch Verkäufe innerhalb von 12 Monaten als zeitlich nahe Verkäufe anzusehen. Nur wenn keine Verkäufe vorliegen, sind gemäß § 13 Abs. 2 BewG die Anteile zu schätzen.
Zum Zeitpunkt der Abgabe der Stiftungseingangssteuererklärung () lagen keine Verkäufe vor, die einen Einfluss auf die Bewertung der Anteile haben. Solche Verkäufe wurden jedoch im November 2015, somit 6 Monate nach Stiftung der Anteile abgeschlossen. Diese haben laut den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes und ständiger Rechtsprechung Einfluss auf die Bewertung der Anteile auch zu einem Stichtag vor dessen Abschluss. Daraus ergebe sich die abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit. Die für die Stiftungseingangssteuer maßgebliche Bewertung sei somit rückwirkend zu ändern und die Steuer neu festzusetzen.
Nach Ansicht der belangten Behörde erfolge die Festsetzung der Stiftungseingangssteuer daher weiterhin nach § 201 BAO. Die Rechtsgrundlage für eine Bescheiderlassung bleibe daher bestehen, es ändere sich nur die Begründung für die Anwendung des § 201 BAO.

Zur Zulässigkeit der Wertableitung aus späteren Verkäufen wurde schon in der Beschwerdevorentscheidung die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitiert, wonach der bei einer nachfolgenden Veräußerung eines Wirtschaftsgutes erzielte Betrag ein Indiz für einen in dieser Höhe gelegenen Wert eben dieses Wirtschaftsgutes sein kann (vgl ; , 288/69, VwSlg 4180/F). Weiters wurde für die Bewertung eines Grundstückes die Ableitung des Teilwertes aus Verkäufen zugelassen, die mehr als 3,5 Jahre nach dem Bewertungsstichtag lagen (vgl ).

Zu diesem Vorbringen ist Folgendes zu bemerken:
Wie bereits festgestellt, kann dem Bescheid aus der Formulierung ("da Beweismittel bzw. Tatsachen neu hervorgekommen sind und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen") und dem Verweis auf die Niederschrift sowie den Prüfbericht entnommen werden, dass die Festsetzung der Stiftungseingangssteuer auf § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO gestützt wird.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist es nicht zulässig einen Bescheid im Rechtsmittelverfahren erstmals auf einen anderen Tatbestand des § 201 BAO, der dem Bescheid nicht entnommen werden kann, zu stützen. Wenn schon nach der Judikatur des VwGH ein Austausch des Wiederaufnahmegrundes nicht möglich ist, ist davon auszugehen, dass umso weniger der verfahrensrechtliche Tatbestand ausgetauscht werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert § 201 BAO zwar nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 der Bescheid gestützt wird. Dies muss aber (zumindest) aus der Begründung hervorgehen (vgl ; , Ro 2016/16/0004).
"Sache" einer Festsetzung nach § 201 ist nämlich nicht nur die Festsetzung der konkreten Abgabe gem § 198, sondern auch der jeweils konkret herangezogene Tatbestand des § 201 (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 201,Stand , rdb.at, Rz. 21).

Die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts im Sinne des. § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist durch die Sache nach § 279 Abs. 1 erster Satz BAO begrenzt (). Unter der Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ist jene Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der Abgabenbehörde erster Instanz bildet (; ).

Das Bundesfinanzgericht darf aber in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, kein Erkenntnis erlassen, das im Ergebnis einer erstmaligen Erlassung eines Sachbescheides gleichkommt (). Die erstmalige Erlassung eines Festsetzungsbescheides (mit erstmaliger Nennung eines Tatbestandes des § 201 BAO) würde die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts im Beschwerdeverfahren überschreiten.

Darüber hinaus wäre nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts der Tatbestand der sinngemäßen Anwendung des § 295a BAO im gegenständlichen Fall auch nicht anwendbar.

§ 295a BAO erfasst abgabenrelevante Sachverhalte, die nach Entstehung der Steuerschuld eintreten, jedoch Bestand und Umfang der Abgabenschuld an der Wurzel ihrer Entstehung berühren. Der abgabenrelevante Sachverhalt muss sich in die Vergangenheit in der Weise auswirken, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes nunmehr ein veränderter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde zu legen ist. Dabei müssen materielle Abgabenvorschriften normieren, dass einem Ereignis rückwirkend Bedeutung zukommt (vgl. ; ; ; ).

Es ist eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung der materiell-rechtlichen Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruchs) zukommt (vgl. ; ; ; ; ).
§ 295a BAO ist kein erstrangig einzusetzendes Instrument. Stets bedarf es umfassender Überlegungen, ob nicht ein anderer Tatbestand dieser Bestimmung vorgeht. Nur wenn dem klar erkennbar sein müssenden Willen des Gesetzgebers nach einer Korrektur der bisherigen steuerlichen Behandlung nicht anders entsprochen werden kann, darf und muss auf § 295a BAO zurückgegriffen werden. "Es normieren also die materiellen Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung zukommt" (vgl und , 2007/15/0259 sowie , 2006/15/0343). So stellt etwa die Rückzahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe eine Werbungskostenpost gem § 16 Abs 2 Satz 1 EStG dar (vgl ; Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 , 2023, § 295a BAO Rz 2 und 10).

Nach § 1 Stiftungseingangssteuergesetz ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgeblich, das ist der Zeitpunkt der Zuwendung.

§ 3 Abs 1 Stiftungseingangssteuergesetz ordnet die Selbstberechnung der Steuer und Entrichtung bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des zweitfolgenden Monats nach Entstehen der Steuerschuld an.

Gemäß § 13 Abs 2 Bewertungsgesetz 1955 ist für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Die Wahl der Methode zur Bewertung der Anteile am Zuwendungstag ist also spätestens am Fälligkeitstag zu klären, damit die Verpflichtung zur Selbstberechnung, Entrichtung und Einreichung der Steuererklärung fristgerecht erfolgen kann.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist den relevanten Abgabenvorschriften kein Wille des Gesetzgebers nach einer Korrektur der bisherigen steuerlichen Behandlung wegen einer 6-Monate späteren Veräußerung zu entnehmen.

7.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 13 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100684.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at