Werbungskosten für ergonomisch geeignetes Mobiliar - Übertragung des Überschreitungsbetrages in das Folgejahr
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RV/7101397/2024-RS1 | Bei Überschreitung des Höchstbetrages gemäß § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 kann der Überschreitungsbetrag in einem Folgejahr nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer in diesem Folgejahr zumindest 26 Homeoffice-Tage geleistet hat. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch welovetaxes Steuerberatung OG, Alsegger Straße 36 Tür 1, 1180 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Einkommensteuerbescheid für 2022 vom (Arbeitnehmerveranlagung) fanden Werbungskosten betreffend ergonomisches Mobiliar in Höhe von 146 Euro keine Berücksichtigung, da laut dem Lohnzettel des Arbeitgebers die Beschwerdeführerin (Bf) nicht zumindest 26 Tage im Homeoffice gearbeitet habe.
Der steuerliche Vertreter wandte sich in der Beschwerde vom gegen die Nichtberücksichtigung des Betrages von 146 Euro für ergonomisches Mobiliar, da es sich ausschließlich um Überhänge zu den Höchstbeträgen aus den Veranlagungsjahren 2020 und 2021 handle, die gemäß § 16 Abs. 1 Z 7a lit a zweiter Satz EStG in den Folgejahren abzugsfähig seien. Eine Einschränkung auf eine Mindestanzahl an Homeoffice Tagen enthalte die gesetzliche Regelung nicht. Auch aus sachlichen Gründen erscheine eine Einschränkung nicht gerechtfertigt, da die Aufwendungen in den Vorjahren angefallen seien, in welchen die notwendigen Homeoffice-Tage vorlagen. Die Verteilung des Überschreitungsbetrages sei in der gesetzlichen Formulierung als Verteilungsregel konzipiert. Die zu verteilenden Werbungskosten seien in Jahren mit ausreichender Homeoffice-Tätigkeit schließlich tatsächlich angefallen. Die Überhänge müssen daher im Jahr 2022 abzugsfähig sein.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom erging ein gleichlautender neuer Einkommensteuerbescheid, somit inhaltlich eine Abweisung der Beschwerde. Auf den Inhalt der Beschwerde ging die belangte Behörde nicht ein.
Im Vorlageantrag vom bemängelte der steuerliche Vertreter, dass die Beschwerde inhaltlich nicht gewürdigt wurde, verwies auf die Begründung der Beschwerde und beantragte nochmals die Berücksichtigung des Betrages von 146 Euro als Werbungskosten.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Bf machte Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar für Homeoffice geltend
- im Jahr 2020 von 238 Euro und
- im Jahr 2021 von 208 Euro,
- somit insgesamt 446 Euro.
Unbestritten hat die Bf in beiden Jahren zumindest jeweils 26 Tage im Homeoffice gearbeitet. In den Einkommensteuerbescheiden für 2020 und 2021 wurden jeweils Aufwendungen für ergonomisches Mobiliar in Höhe des Höchstbetrages von 150 Euro als Werbungskosten in Abzug gebracht. Die in diesen Jahren nicht verwertbaren Beträge belaufen sich somit auf insgesamt 146 Euro.
Im Jahr 2022 ist die Bf lediglich an drei Tagen im Homeoffice tätig gewesen. Strittig ist, ob der aus den Vorjahren resultierende Überhang von 146 Euro im Jahr 2022 als Werbungskosten zu berücksichtigen ist.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten bzw der Datenbank der Finanzverwaltung.
Die Bf hat ihre Aufwendungen nach Aufforderung des Bundesfinanzgerichts belegmäßig nachgewiesen. Der steuerliche Vertreter übermittelte eine Rechnung vom über einen Schreibtischsessel und eine Tischleuchte um insgesamt 238,99 Euro sowie eine Rechnung vom für u.a. eine Schreibtischplatte und ein Tischgestell um 208 Euro.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 idF BGBl I Nr. 52/2021 bestimmt:
Werbungskosten sind "Ausgaben und Beträge eines Arbeitnehmers, der seine berufliche Tätigkeit in der Wohnung (im Homeoffice) erbringt und bei dem keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d berücksichtigt werden:
a) Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr), wenn der Arbeitnehmer zumindest 26 Homeoffice-Tage gemäß § 26 Z 9 lit. a im Kalenderjahr geleistet hat. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages jeweils ab dem Folgejahr bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Z 8 ist nicht anzuwenden. ..."
Durch das sogenannte "Homeoffice-Paket" (BGBl I 52/2021, COVID-19-StMG) wurde im neu eingefügten Abs 7a die Möglichkeit des Werbungskostenabzugs für ergonomisch geeignetes Mobiliar für einen in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatz eröffnet, ohne dass die strengen Voraussetzungen für ein steuerliches Arbeitszimmer erfüllt sein müssen.
Für 2020 können gemäß § 124 b Z 374 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 52/2021 Ausgaben bis 150 Euro und für 2021 300 Euro abzüglich der bereits 2020 angesetzten Werbungskosten, für die Folgejahre jeweils 300 Euro berücksichtigt werden (die zeitliche Befristung bis zum Jahr 2023 wurde mit dem PrAG 2024, BGBl I 153/2023, abgeschafft). Jene Beträge, die den jährlichen Höchstbetrag übersteigen, können zeitlich unbegrenzt berücksichtigt werden (Jakom/Ebner EStG, 2024, § 16 Rz 33).
Strittig ist, ob für die Berücksichtigung des Überschreitungsbetrages in einem Folgejahr das Erfordernis von zumindest 26 Homeoffice-Tagen auch im Folgejahr erfüllt sein muss.
Der Abänderungsantrag im Finanzausschuss zum IA 1241/A (AUB 669 BlgNR 27. GP) erläutert zu § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a EStG 1988: "Im Rahmen der Verteilungsregelung sind ältere Anschaffungen/Herstellungen vor jüngeren zu berücksichtigen. Das Erfordernis einer zumindest 26 Tage umfassenden Homeoffice-Tätigkeit ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen. Wird es in einem Kalenderjahr nicht erfüllt, kommt die Berücksichtigung in diesem Jahr nicht in Betracht. Liegen im darauffolgenden Jahr die Voraussetzungen wieder vor, kann eine Berücksichtigung des im Vorjahr nicht verwertbaren Betrages in diesem Jahr erfolgen.
Die Verteilungsregelung der Z 7 lit a geht der Berücksichtigung der AfA (Z 8) vor. Für Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar ist daher im Anwendungsbereich der Z 7 lit a keine AfA zu berücksichtigen."
Daraus ergibt sich, dass die - durch das Erfordernis einer Mindestanzahl von Homeoffice Tagen - eingeschränkte Absetzbarkeit der Aufwendungen für Mobiliar am Heimarbeitsplatz auch für die Übertragung in Folgejahre zu beachten ist. Der Gesetzgeber hätte andernfalls die gesamte Absetzung im Jahr der Verausgabung zugelassen.
Es ist auch sachlich gerechtfertigt, dass die steuerliche Berücksichtigung des Überhangs in Folgejahren nur dann erfolgt, wenn auch im Folgejahr eine nennenswerte berufliche Verwendung von zumindest 26 Tagen vorliegt. Die Verteilungsregel des § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a EStG 1988 tritt an die Stelle der AfA gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988. Mit dem Ende der beruflichen Verwendung des Arbeitsmittels (zB wegen Pensionierung) endet die Absetzbarkeit der AfA (Doralt, EStG, § 16 Tz 133/3). Analog ist mangels (ausreichender) beruflicher Verwendung des Homeoffice-Mobiliars im Folgejahr der Abzug des Überhangs als Werbungskosten nicht mehr zulässig.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3.2. Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu der im Beschwerdefall strittigen Frage, ob bei Überschreitung des Höchstbetrages gemäß § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 die Geltendmachung des Überschreitungsbetrages in einem Folgejahr ausschließlich bei Vorliegen von zumindest 26 Homeoffice-Tagen in diesem Folgejahr zulässig ist, fehlt eine höchstgerichtliche Rechtsprechung, sodass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101397.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
XAAAF-43951