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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2025, RV/5100755/2024

Zurücknahmeerklärung einer Beschwerde mangels Reaktion auf einen Mängelbehebungsauftrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gilt gemäß § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2023 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit einem Betrag von 155,00 € festgesetzt (bisher war vorgeschrieben -2.283,00 €) - nach automatischer Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO zum Bescheid vom .
Als Grund für die Änderung wurde angeführt, dass nachtäglich Informationen zu Lohnzettelangeben oder Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe zur Kenntnis gelangt seien.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde mit folgenden Text gegen diesen Bescheid eingebracht (via finanzonline):
"Gegen den oben angeführten Bescheid erhebe ich innerhalb offener Frist BESCHWERDE und begründe dies wie folgt:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde mir für das Kalenderjahr 2023 eine Steuernachforderung von 2438 € festgesetzt.
Bei Berechnung der Einkommensteuer wurde im Kalenderjahr nicht berücksichtigt, dass … (Bezeichnung der fehlenden Abschreibungen und Begründung, warum Sie Anspruch darauf haben)
Ich beantrage somit die Aufhebung des oben genannten Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides mit dem (Nennung der beantragten Abschreibungen) berücksichtigt wird."

Mit Bescheid - Mängelbehebungsauftrag vom wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde aufgefordert, folgende Mängel der Beschwerde bis zum zu beheben, da Inhaltserfordernisse gemäß § 250 Abs. 1 BAO fehlen würden:
- Eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten ist
- eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden,
- eine Begründung
Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen.

Anmerkung Richter: Dieser Bescheid wurde mit RSb zugestellt, aber vom Beschwerdeführer nicht behoben.

Mit Bescheid - Mängelbehebungsauftrag vom wurde der Beschwerdeführer abermals aufgefordert, nachfolgende Mängel der Beschwerde bis zum zu beheben:
- Eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten ist
- eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden,
- eine Begründung
Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen.

Anmerkung Richter: Dieser Bescheid wurde mit Datum in die databox tatsächlich dem Beschwerdeführer zugestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom als zurückgenommen erklärt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer dem Auftrag, die Mängel der Beschwerde zu beheben, nicht entsprochen hätte. Daher sei gemäß § 85 Abs. 2 BAO mit Bescheid auszusprechen, dass die Beschwerde als zurückgenommen gelte.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Begründend wurde ausgeführt, dass bei der Berechnung der Einkommensteuer im Kalenderjahr 2023 nicht berücksichtigt worden sei, dass der Beschwerdeführer in Privatinsolvenz sei.

Mit Vorlagebericht vom übermittelte die belangte Behörde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.
Nach Darlegung des Sachverhaltes (Mängelbehebungsaufträge seien nicht beantwortet worden) beantragte die belangte Behörde die Beschwerde abzuweisen.
Laut den vorliegenden Daten hätte vom bis ein Schuldenregulierungsverfahren stattgefunden. Dieses hätte keine Auswirkung auf die Festsetzung der Einkommensteuer 2023.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die belangte Behörde erlangte nach Festsetzung der Einkommensteuer 2023 mit Bescheid vom Kenntnis von einer weiteren bezugsauszahlenden Stelle.
Mit Bescheid vom wurde diese Neuerung bei der Steuerfestsetzung (nach Wiederaufnahme des Verfahrens) berücksichtigt.

Daraufhin brachte der Beschwerdeführer eine nicht begründete Beschwerde ein.

Die belangte Behörde ersuchte mit zwei Schreiben (Bescheid - Mängelbehebung) die angeführten Mängel zu beheben. Darin wurde auch hingewiesen, dass bei Versäumung der genannten Fristen, das Anbringen als zurückgenommen gilt.

Der Beschwerdeführer hat auf diese Schreiben nicht reagiert.

Erst nach entsprechender Beschwerdevorentscheidung wies der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag darauf hin, dass seine Privatinsolvenz zu berücksichtigen sei.

2. Beweiswürdigung

Oben genannter Sachverhalt geht unmissverständlich aus den vorliegenden Aktenteilen hervor.
< Beschwerde
< Bescheid - Mängelbehebungsaufträge
Der "zweite" Bescheid - Mängelbehebungsauftrag (vom ) wurde unstrittig am via finanzonline dem Beschwerdeführer auch tatsächlich zur Kenntnis gebracht.
Der "erste" Bescheid - Mängelbehebungsauftrag (vom ) wurde vom Beschwerdeführer nicht behoben.

Erst im Vorlageantrag vom führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Privatinsolvenz bei der Veranlagung zu berücksichtigen sei.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (als zurückgenommen erklärt)

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht. Inhaltliche Mängel liegen nach dieser Bestimmung nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen.

§ 250 Abs. 1 BAO normiert die notwendigen Inhalte einer Beschwerde. Diese sind:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Da die Beschwerde vom nicht sämtlichen Erfordernissen des § 250 Abs. 1 BAO entsprach, und diese inhaltliche Mängel iSd § 85 Abs. 2 BAO darstellen, war die Behörde verpflichtet einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen.

Das Finanzamt erließ mit Bescheiden vom und zwei Mängelbehebungsaufträge mit dem Inhalt, dass die Beschwerde vom folgende Mängel aufweise:
Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 250 Abs. 1 BAO
- es fehlt die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde,
- es fehlt die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
- es fehlt eine Begründung.

Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, die Mängel gem. § 85 Abs. 2 BAO bis zum bzw. zu beheben und mitgeteilt, dass bei Versäumung der Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.

Der "zweite" Bescheid-Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes wurde dem Beschwerdeführer tatsächlich zugestellt (databox am ).

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind - dies ist jedenfalls der oben genannte . Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in keiner Eingabe den Erhalt des Mängelbehebungsauftrages in Abrede gestellt.

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO muss von der Behörde eine angemessene Frist zur Mängelbehebung vorgesehen werden. Eine Frist ist iSd. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dann angemessen im Sinne der Mängelbehebungsvorschriften, wenn die Fristbemessung den besonderen Verhältnissen sachgerecht Rechnung trägt und die Berufungswerberin in die Lage versetzt wird, dem Auftrag innerhalb der gesetzten Frist ordnungsgemäß nachzukommen (vgl. ).

Seitens des Beschwerdeführers wurde dem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen - trotz ausreichend gewährter Frist (bis ).

Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde mit Mängeln behaftet war und hat daher zu Recht Mängelbehebungsaufträge gem. § 85 Abs. 2 BAO erlassen.

Da der Beschwerdeführer jedoch innerhalb der angemessenen Fristen den wirksam an ihn zugestellten Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen hat, ist die Beschwerde gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen zu erklären.

Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, ist die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären.

Der Beschwerdeführer hat in keiner Eingabe versucht zu erklären, warum er die dargestellten Mängel nicht behoben hat bzw. nicht beheben hätte können.

Nach Rechtsprechung des BFG würde es aber nicht darauf ankommen, aus welchem Grund einem Mängelbehebungsauftrag nicht fristgerecht Folge geleistet wurde (vgl. ).

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass selbst bei ausreichender Begründung, der Beschwerde kein Erfolg beschieden gewesen wäre.
Wie die belangte Behörde bereits in ihrem Vorlagebericht ausgeführt hat, hat das Schuldenregulierungsverfahren keine Auswirkung auf die Festsetzung der Einkommensteuer.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt und auf diese Rechtsfolge auch in den Mängelbehebungsaufträgen hingewiesen wurde, liegt im konkreten Fall keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bezüglich der Rechtmäßigkeit des Mängelbehebungsauftrages und der Angemessenheit der Mängelbehebungsfrist wurde im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100755.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100755.2024

Fundstelle(n):
NAAAF-43950