TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2025, RV/7103279/2018

Keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs 7 Z 4 EStG ohne Nachweis von Krankheitskosten (der Mutter)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde der A***B***, vertreten durch L1 Solution OG, Laaer Berg Straße 32/1, 1100 Wien gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer 1234*** zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrenslauf:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen iHv € 8.120,00 an ihre in Bosnien lebende Mutter als außergewöhnliche Belastung.

Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführerin auf, die beantragte außergewöhnliche Belastung anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen.

Die Beschwerdeführerin legte eine mit dem Namen ihrer Mutter unterzeichnete "Unterhaltserklärung für das Kalenderjahr 2016", in bosnischer und deutscher Sprache und eine Bescheinigung eines Notfallmediziners über den gesundheitlichen Zustand der Mutter vor; ebenso legte sie Kontoauszüge sowie mit dem Namen ihrer Mutter unterzeichnete Geld-Empfangsbestätigungen vor. Die Beschwerdeführerin brachte zudem vor, es sei ihre Pflicht als Tochter für die Pflege sowie "medizinische Lebenshaltungskosten" aufzukommen, da ihre Mutter alleinstehend und schwer krank sei und keine Einkünfte habe. Daher schicke sie ihr regelmäßig Geld.

Die geltend gemachten Aufwendungen wurden vom Finanzamt nicht anerkannt, da diese weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen seien und daher keine außergewöhnliche Belastung iSd Einkommensteuergesetzes darstellten. Der Einkommensteuerbescheid wurde dementsprechend ohne Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen erlassen.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Bestimmung des § 143 ABGB regle die Unterhaltsverpflichtung von Kindern gegenüber ihren Eltern. Da ihre Mutter über keinerlei Mittel verfüge, sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, für die Pflege, die Behandlungen sowie Medikamente und Lebenserhaltungskosten aufzukommen. Diese Aufwendungen seien bei den Eltern als außergewöhnliche Belastung anzusehen und daher iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG bei der Beschwerdeführerin abzugsfähig.

Das Finanzamt ersuchte um Vorlage einer behördlichen Bestätigung, dass die Beschwerdeführerin zur finanziellen Übernahme der Krankheits- bzw Pflegekosten ihrer Mutter gesetzlich verpflichtet sei. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin eine notariell beglaubigte und übersetzte Erklärung der Mutter vor, mit der diese erklärte, gemäß dem Familiengesetz der Föderation Bosnien und Herzegowina sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, sie zu unterstützen indem sie ihr grundlegende Lebensbedingungen ermögliche. Diese Pflicht erfülle die Beschwerdeführerin auf die Weise, dass sie ihr monatlich persönlich einen Geldbetrag iHv € 500,00 gebe. Dieses Geld benutze die Mutter um für ihre Behandlung und Existenz zu sorgen.

Diese Erklärung ist mit dem Fingerabdruck der Mutter der Beschwerdeführerin bestätigt und notariell beglaubigt.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, bei der vorgelegten Erklärung handle es sich nicht um eine behördliche Bestätigung, vielmehr sei diese von der Mutter der Beschwerdeführerin selbst ausgefertigt. Die Erklärung begründe somit in Österreich keine bindende Rechtsgültigkeit und führe zu keiner Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, wobei sie zusammengefasst vorbrachte, dass nach dem österreichischen Zivilrecht Kinder ihren Eltern den angemessenen Unterhalt schuldeten (§ 143 ABGB). Die dafür erforderliche Voraussetzung der fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit sei gegeben, da ihre Mutter weder Einkommen, Pension noch staatliche Unterstützung erhalte. Da ihre Mutter ein Pflegefall sei, kein eigenes Vermögen besitze und keine Einkünfte erzielen könne, handle sie nicht aus Freiwilligkeit sondern aus Pflicht.


Über die Beschwerde wurde erwogen

Strittig ist, ob Zahlungen der Beschwerdeführerin an ihre in Bosnien lebende, pflegebedürftige Mutter, als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG bei der Beschwerdeführerin abzugsfähig sind.

Nachstehender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin ist im Streitjahr mehrmals von Österreich nach Bosnien gereist und hat auch ihre in Bosnien lebende Mutter besucht. Unmittelbar vor bzw während der Aufenthalte in Bosnien (Einreisestempel im Reisepass) hat die Beschwerdeführerin Geldbeträge in unterschiedlicher Höhe von ihrem österreichischen Bankkonto behoben (Kontoauszüge).

Die Mutter der Beschwerdeführerin ist mittellos. Sie ist nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt, leidet an hohem Blutdruck und an Diabetes (ärztliche Bescheinigung vom ).

Die Beschwerdeführerin hat anlässlich ihrer Bosnienaufenthalte ihre Mutter unregelmäßig ua mit Geldleistungen unterstützt. Die tatsächliche Höhe und die Verwendung der Unterstützungsleistungen ist nicht feststellbar.

Diese Feststellungen gründen sich auf die angeführten Beweismittel sowie auf folgende Beweiswürdigung:

Es ist im Einklang mit den Lebenserfahrungen davon auszugehen und bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin ihre in Bosnien lebende Mutter tatsächlich finanziell unterstützt hat.

Die Beschwerdeführerin hat Abhebungen von ihrem Bankkonto getätigt, die zeitlich und der Höhe nach den Aufwendungen für die beantragte außergewöhnliche Belastung entsprechen würden. Sie hat aber in keiner Weise dargetan, dass diese Geldbeträge für Krankheitskosten ihrer Mutter tatsächlich aufgewendet wurden. Trotz zweier Vorhalte und trotz der Ausführungen im Vorlagebericht des Finanzamtes hat die Beschwerdeführerin keine entsprechenden Belege beigebracht. Die Beschwerdeführerin hat nicht einmal eine betragsmäßige Aufgliederung auf Lebenshaltungskosten und Krankheitskosten vorgelegt. Ihr Vorbringen beschränkt sich auf Ausführungen über die Krankheiten ihrer Mutter, deren Mittellosigkeit, und die Behauptung (nach ABGB) unterhaltsverpflichtet zu sein und für die Behandlungen, Medikamente und Lebenshaltungskosten aufkommen zu müssen.

Die den vorgelegten Empfangsbestätigungen zu entnehmenden Geldbeträge entsprechen den korrespondierenden Abhebungen vom Bankkonto. Es ist aber zweifelhaft, ob diese Beträge überhaupt der Mutter der Beschwerdeführerin jeweils tatsächlich übergeben wurden. Die Mutter der Beschwerdeführerin hat in einer Erklärung vom angegeben, jeden Monat den Betrag von € 500,00 von ihrer Tochter persönlich in bar zu erhalten; dieses Geld würde sie benutzen um für ihre Behandlung und ihre Existenz zu sorgen. Der Erklärung ist keine Aufgliederung zu entnehmen zu welchen Teilen die Geldbeträge etwa für medizinische Behandlungen oder Medikamente verwendet würden. Die Erklärung ist von der Mutter der Beschwerdeführerin mit Fingerabdruck bestätigt und notariell beglaubigt.

Die Empfangsbestätigungen datieren vom (€ 280,00), vom (€ 1.250,00), vom (€ 2.000,00), vom (€ 200,00), vom (€ 540,00), vom (€ 200,00) und vom (€ 3.500,00). Folgt man diesen Empfangsbestätigungen wären somit Geldübergaben unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe (in Summe € 8.120,00) und nicht wie in der Erklärung angegeben in Höhe von monatlich € 500,00 (in Summe € 6.000,00) erfolgt. Darüber hinaus ist die Erklärung vom lediglich mit dem Fingerabdruck der Mutter bestätigt, die Empfangsbestätigungen tragen hingegen jeweils eine (handschriftliche) Unterschrift mit dem Namen der Mutter, was die Glaubwürdigkeit des Beschwerdevorbringens nicht erhöht. Die abgehobenen Geldbeträge können im Übrigen genauso gut zur Finanzierung der Aufenthalte der Beschwerdeführerin in Bosnien selbst verwendet worden sein, wofür die Behebungen in unterschiedlicher Höhe sprechen.

Aufgrund der dargestellten Widersprüche und weil die Beschwerdeführerin keine weiteren nachprüfbaren Belege, bzw nicht einmal Aufgliederungen der konkreten Verwendung vorgelegt hat, waren nähere Feststellungen über Höhe und Verwendung der Unterstützungsleistungen nicht möglich.

Im Übrigen sind die Feststellungen (Mittellosigkeit und Krankheit der Mutter) unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (Abs 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach Abs 3 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs 7 EStG gilt für Unterhaltsleistungen Folgendes:

"1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
3. ... (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.
"

Eine steuerlich anzuerkennende außergewöhnliche Belastung der Beschwerdeführerin könnte sich daher unter den sonstigen Voraussetzungen des § 34 EStG aus Abs 7 Z 4 durch Unterhaltsleistungen ergeben.

Gemäß § 34 Abs 7 Z 4 und 5 EStG sind Unterhaltsleistungen nur insoweit als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Die Berücksichtigung derartiger Aufwendungen ist somit doppelt bedingt. Voraussetzung ist einerseits, dass es sich um (Unterhalts)leistungen handelt, die zwangsläufig erwachsen und zusätzlich, dass diese Aufwendungen, würden sie von der Mutter selbst getragen werden, bei der Mutter eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Daher sind Krankheitskosten einer unterhaltsberechtigten Mutter beim Unterhaltsverpflichteten abzugsfähig, weil die Aufwendungen für Krankheitskosten auch bei der Mutter selbst als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig wären. Unterhaltsleistungen sind allerdings nicht schon deshalb abzugsfähig, weil die unterhaltsberechtigte Mutter mittellos und krank ist.

Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist es erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt (was hier gegeben ist), die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Die Aufwendungen erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Liegt eine Krankheit vor, so sind unter anderem Arzt- und Krankenhaushonorare, Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen, soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat abzugsfähig.

Bei den streitgegenständlichen Zahlungen der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden, wofür diese konkret geleistet wurden. Vor allem wurde nicht dargetan, dass sie zur Deckung von Aufwendungen wie vor allem Krankheits- oder Pflegekosten gewährt worden wären, die bei der Mutter der Beschwerdeführerin selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen könnten (vgl etwa , mwN). Eine Steuerpflichtige, die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen will, hat selbst das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl Hofstätter/Reichel, § 34 Abs 1 EStG 1988 Tz 7; , mwN).

Aufwendungen für den den laufenden Unterhalt sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (vgl zB ; ). Die Beschwerdeführerin hat, ebenso wie ihre Mutter selbst vorgebracht, die Zahlungen (auch) für die Lebenshaltung (Existenz) zu leisten.

Dh es kann weder dem Grunde noch der Höhe nach davon ausgegangen werden, dass es sich um Aufwendungen für Krankheitskosten handelt.

Die Beschwerdeführerin hat daher trotz Vorhalten weder die Zahlungen noch deren Verwendung für Krankheitskosten der Mutter glaubhaft gemacht oder diese nachgewiesen.

Der Wortlaut des § 34 Abs 7 EStG 1988 schließt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, Aufwendungen für die Lebenshaltung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Eine nähere Untersuchung, inwieweit überhaupt eine Unterhaltspflicht (und damit eine rechtliche Verpflichtung) der Beschwerdeführerin zur Zahlung bestand kann daher unterbleiben.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich auf solche, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at