Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ohne Beschwerde
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Tinzl & Frank Rechtsanwälte-Partnerschaft, Museumstraße 21, 6020 Innsbruck, betreffend Familienbeihilfe, ***Ob nnnnnnn***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom informierte das Finanzamt die Beschwerdeführerin über die Zeiträume, für die für die Kinder ***K1*** und ***K2*** Familienbeihilfe gewährt worden war.
Mit Rückforderungsbescheid gleichen Datums forderte das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge betreffend das Kind ***K1***, geboren am ***nn.nnnn.nnnn***, für den Zeitraum April 2021 bis September 2023 zurück.
Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin gegen die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom die als Einspruch bezeichnete Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt eine Beschwerde gegen den Rückforderungsbscheid vom als unbegründet ab.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom den Vorlageantrag ein.
Mit ergänzenden Vorbringen vom legte die Beschwerdeführerin einen weiteren Arztbrief vom vor und beantragte gleichzeitig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnenden Bescheid abzusprechen.
Voraussetzung für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist das Vorhandensein eines Erstbescheides und einer dagegen erhobenen Beschwerde.
Die als Einspruch bezeichnete Beschwerde vom richtet sich ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt nach ausdrücklich gegen die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom und nicht gegen den mit gleichem Datum erlassenen Bescheid über die Rückforderung der im Zeitraum April 2021 bis September 2023 für das Kind ***K1*** ausbezahlten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.
Die mit Vorlageantrag bekämpfte Beschwerdevorentscheidung vom spricht hingegen über eine (nicht existente) Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid ab.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes (vgl. ). In einem solchen Fall ist die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben. Der Vorlageantrag scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand aus.
Gemäß § 274 Abs. 1 BAO hat über eine Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag (§ 264), in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) oder wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides beantragt wird oder wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.
Anträge, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 274 Rz 3 mwH). Der erst im ergänzenden Vorbringen vom gestellte Antrag erweist sich somit als verspätet. Aufgrund der gegebenen Sachlage hält auch der Einzelrichter die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht als erforderlich.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine zu lösende Rechtsfrage, die über den Einzelfall hinaus von Relevanz ist, war nicht zu lösen. Die Aufhebung eines Bescheides bei Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde entspricht der Rechtsprechung des VwGH. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100498.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100498.2024
Fundstelle(n):
OAAAF-43941