Säumniszuschlag - Verschulden einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung - Herabsetzung nach erfolgter Veranlagung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch EASYTAX Steuerberatungsgesellschaft mbH, Veithgasse 6, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Säumniszuschlag 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde gegenüber der beschwerdeführenden Partei ein erster Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO in der Höhe von € 528,41 festgesetzt, weil die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2019 in der Höhe von € 26.420,83 nicht fristgerecht entrichtet worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde und beantrage die Aufhebung des festgesetzten Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO. Die beschwerdeführende Partei trage kein Verschulden an der nicht fristgerechten Bezahlung der Abgabe. Auf Grund eines Fehlers der Mitarbeiterin im Sekretariat der steuerlichen Vertretung sei versäumt worden, die betreffende Benachrichtigung an die beschwerdeführende Partei zu versenden.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Körperschaftsteuervorauszahlung sei gemäß § 45 Abs. 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 24 Abs. 3 KStG 1988 am fällig gewesen. Bis zum Fälligkeitstag sei die Abgabe nicht entrichtet worden. Von einer leichten Fahrlässigkeit der Säumnis könne aufgrund eines ähnlichen Versehens bei der Entrichtung der Körperschaftsteuer 2018 nicht mehr ausgegangen werden.
Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag wurde ausgeführt, für das Jahr 2019 werde lediglich die Mindestkörperschaftsteuer festgesetzt werden. Es werde daher ersucht, vom Säumniszuschlag für die Köprerschaftssteuervorauszahlung 10-12/2019 abzusehen.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Mit verfahrensleitendem Beschluss vom wurde den Verfahrensparteien Gelegenheit gegeben, zur Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 8 lit. a BAO aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Festsetzung der Körperschaftsteuer 2019 Stellung zu nehmen.
Mit Erledigung vom wurde der Bescheid vom abgeändert und der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 8 lit. a BAO mit € 50,95 festgesetzt.
Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung GA 1007 gründet auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom . Die Umverteilung ist am in Kraft getreten.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei hat die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2019 in der Höhe von € 26.420,63 nicht bis zum entrichtet, weil aufgrund eines Fehlers einer Mitarbeiterin im Sekretariat der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei es verabsäumt wurde, die betreffende Benachrichtigung an die beschwerdeführende Partei zu senden.
Breits mit Bescheid vom wurde ein erster Säumniszuschlag aufgrund der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer 2018 verhängt. Dieser Bescheid wurde aufgrund einer Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 217 Abs. 7 BAO aufgehoben, weil es das Sekretariat der steuerlichen Vertretung verabsäumt hatte, den Körperschaftsteuerbescheid 2018 sowie die Buchungsmitteilung an die Mandantin zu versenden.
Die Körperschaftsteuer 2019 der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid vom mit € 3.304,00 festgesetzt. Daraus resultierte eine Abgabengutschrift in der Höhe von € 23.873,00.
2. Beweiswürdigung
Die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlung bis zum , ergibt sich aus dem Vorbringen der Verfahrensparteien. Sie ist auch der über FinanzOnline am durchgeführten Abfrage der Daten des Steuerkontos zu entnehmen. Aus dieser geht hervor, dass die Körperschafsteuervorauszahlung 10-12/2019 erst mit Überweisung vom (Buchungstag ) beglichen wurde.
Die Gründe die zur Nichtentrichtung der Abgabe führten, stützen sich auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde.
Die Feststellungen über die Aufhebung eines bereits verhängten Säumniszuschlages gründen auf den Ausführungen der belangten Behörde, der Beschwerdevorentscheidung vom sowie der Beschwerde vom .
Die Körperschaftsteuer 2019 und die daraus resultierende Gutschrift stützen sich auf den Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom .
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Erledigung der belangten Behörde vom
Die als Bescheid intendierte Erledigung vom , mit dem der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Bescheid vom abgeändert und der Säumniszuschlag mit € 50,95 festgesetzt wurde, ist gemäß § 300 Abs. 1 BAO nichtig. Dieser wurde nicht im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 300 BAO erlassen. Das Bundesfinanzgericht hat daher weiterhin über die gegenständliche Beschwerde zu entscheiden.
Säumniszuschlag
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO).
Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl. ). Ein allfälliges geringes oder fehlendes Verschulden an der Nichtentrichtung ändert nichts am Entstehen des Säumniszuschlages (vgl. ).
Aufgrund des in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhaltes steht fest, dass die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2019 nicht bis zum Fälligkeitstag am (§ 45 Abs. 2 EStG 1988 iVm § 24 Abs. 3 KStG 1988) entrichtet wurde.
Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung gemäß § 217 Abs. 7 BAO
Ein Verschulden ist für die Frage des Antrages auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages von Relevanz (§ 217 Abs. 7 BAO). Ein Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann - wie im Beschwerdefall - auch in einer Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. ) und ist diesfalls in der Entscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen.
Die Nichtfristgerechte Entrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2019 ist auf ein Versäumnis einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei zurückzuführen.
Bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO ist (grobes) Verschulden von Arbeitnehmern des Parteienvertreters nicht schädlich. In diesem Fall ist entscheidend, ob dem Vertreter grobes Verschulden insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ).
Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt wurde bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate eine Abgabe aufgrund eines gleichgelagerten Fehlers einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung nicht fristgerecht entrichtet. Mit verfahrensleitendem Beschluss vom wurde der beschwerdeführenden Partei bekannt gegeben, dass das Bundesfinanzgericht, aufgrund dieses Umstandes von einem groben Auswahl- bzw. Kontrollverschulden der steuerlichen Vertretung ausgehe. Da keine Stellungnahme zum Vorliegen eines groben Auswahl- oder Kontrollverschuldens erstattet wurde, geht das Bundesfinanzgericht aufgrund des vorliegenden Sachverhalt weiterhin vom Vorliegen eines groben Verschuldens der steuerlichen Vertretung aus. Eine Herabsetzung oder Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages aufgrund der Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO kam daher nicht in Betracht.
Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Dies gilt sinngemäß für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften.
Die Körperschaftsteuer 2019 wurde mit € 3.304,00 festgesetzt. Die daraus resultierende Gutschrift (resultierend aus der bisher festgesetzten Körperschaftsteuer/Körperschaftsteuervorauszahlungen in der Höhe von € 27.177,00 abzüglich der festgesetzten Körperschaftsteuer) betrug € 23.873,00.
Aufgrund der Bestimmung des § 217 Abs. 8 BAO ist der Säumniszuschlag daher herabzusetzen.
Berechnung Säumniszuschlag
Nicht fristgerecht entrichtete Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2019:
€ 26.420,63 - € 23.873,00 = € 2.547,63
Säumniszuschlag in der Höhe von 2 % (§ 217 Abs. 2 BAO):
€ 50,95
Dieser Betrag liegt über der in § 217 Abs. 10 BAO normierte Bagatellgrenze in der Höhe von € 50,00. Der Säumniszuschlag war daher mit € 50,95 festzusetzen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt in freier Beweiswürdigung durch das Bundesfinanzgericht festgestellt. Ob ein Verschulden als "grob" zu beurteilen ist, ist keine Rechtsfrage, der über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt. Desweitern kann sich das Erkenntnis auf die angeführte höchstgerichtliche Judikatur stützen. Die erfolgte Herabsetzung des Säumniszuschlages resultiert aus der Anwendung der eindeutigen Anordnung des § 217 Abs. 8 BAO auf den in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt auch hier nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 45 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 10 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 8 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100446.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100446.2020
Fundstelle(n):
EAAAF-43940