Beschwerde um einen Tag verspätet eingebracht - im VwGVG gibt es diesbzüglich keine Weihnachtsamnestie
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Verwaltungsstrafsache von Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA6, betreffend Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B3 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , in der jeweils geltenden Fassung beschlossen:
Die Beschwerde vom wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als verspätet zurückgewiesen.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gemäß § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , GZ. MA6, wurde Herr ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B3 GAG in der jeweils geltenden Fassung wegen fünf Verwaltungsübertretungen gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der jeweils geltenden Fassung zu fünf Geldstrafen von je € 30,00, im Nichteinbringungsfall zu fünf Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden sowie gesamt € 50,00 an Verfahrenskosten verurteilt.
In der Rechtsmittelbelehrung wurde explizit festgehalten, dass die Beschwerde innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Behörde einzubringen ist.
Die Zustellung der Entscheidung erfolgte nachweislich am .
Dagegen wurde vom Beschwerdeführer mit Mail vom Beschwerde eingebracht.
Mit Verspätungsvorhalt vom wurde der Beschwerdeführer von der Behörde in Kenntnis gesetzt, dass das am mit E-Mail eingebrachte Rechtsmittel nach der Aktenlage verspätet erscheine, da die Beschwerde nach Ablauf der vierwöchigen Rechtsmittelfrist eingebracht sei.
Der Beschwerdeführer gab in seiner Stellungnahme vom an:
»Sehr geehrte Damen und Herren,
am habe ich ein Gespräch mit Frau **A** geführt, daß außergewöhnlich freundlich verlaufen ist und sie mich über die Möglichkeit eines Einspruches wegen der Betragshöhe informiert hat.
Sie empfohl mir, das sobald wie möglich zu machen, falls ich es vor habe.Auf die Frage, nach dem Ende meiner Frist, nannte Sie den .
Diesen Tag markierte ich auf dem Kalender, da er für mich maßgeblich war. Denn ich wußte, bis dahin kaum Zeit zu finden, da wir mit dem Projekt "**B**" auf der Messe schon lange angemeldet waren.
[...]
Sämtliche Teile wurden und werden von mir konstruiert, meist in der Ruhe der Nacht, denn tagsüber muß ich mich um meine Mutter mit Pflegestufe 4 kümmern. Unsere Drucker können etwa 5000 Arbeitsstunden vorweisen, was allerdings nicht an die Konstruktionszeit der letzten 18 Monate herankommt, die ich dafür investiert habe.
Das ist übrigens die einzige Tätigkeit, die mir geblieben ist und die ausführen kann, ohne die Pflege meiner Mutter vernachlässigen zu müssen.
Die Tage 28.+29.10. beanspruchten Abbau in Wien. In den Broschüren und Links der Messe ist unsere diesjährige Teilnahme belegt, anbei ein Ausschnitt aus der entsprechenden Korrespondenz.
Ich hoffe damit das Datum meines Einspruches glaubwürdig belegt zu haben«
Mit Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , GZ. MA6, wurde die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis vom , GZ.: MA6, in welchem über Herrn*Frau ***Bf1*** Geldstrafen zu 1.) bis 5.) je € 30,00, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen zu 1.) bis 5.) je in der Dauer von 12 Stunden sowie Verfahrenskostenbeiträge zu 1.) bis 5.) je € 10,00 vorgeschrieben wurden, gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
Als Begründung wurde ausgeführt:
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde die Beschwerde nach Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens als unzulässig oder verspätet zurückweisen, den Bescheid aufheben oder nach jeder Richtung abändern. Das angefochtene Straferkenntnis wurde laut Empfangsschein von Herrn*Frau ***Bf1*** persönlich am an der Abgabestelle (***Bf1-Adr***) übernommen. Die Beschwerde von Herrn*Frau ***Bf1*** wurde jedoch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung per E-Mail erst am , somit nach Ablauf der im § 7 Abs. 4 VwGVG festgesetzten vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht.
Anlässlich des Vorhaltes der verspäteten Einbringung der Beschwerde wurde ein ergänzendes Vorbringen erstattet (siehe die oben wiedergegebene Eingabe vom )
Diesem Vorbringen wird entgegnet, dass die Behördenvertreterin die (telefonische) Auskunft erteilte, eine (rechtzeitige) Beschwerde ehestmöglich jedoch spätestens am (24:00 Uhr) einzubringen, da die Rechtskraft per eintritt und ein Beschwerdevorbringen am Tag der Rechtskraft bereits verspätet ist.
Im Übrigen ist das weitere Vorbringen nicht geeignet, einen Zustellmangel hinsichtlich der am erfolgten Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses darzutun.
Da innerhalb der gesetzlichen Frist keine Beschwerde gegen das Straferkenntnis eingebracht wurde, ist dieses in Rechtskraft erwachsen und unabänderlich. Eine Entscheidung in der Sache selbst bzw. über die Strafhöhe ist daher nicht mehr möglich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
In der als Vorlageantrag gewerteten E-Mail des Beschwerdeführers vom ist ausgeführt:
"da mein Fehler darin liegt, den mir am Telefon genannten Frist-Termin auf dem Kalender notiert zu haben, ohne ihn zuvor auf Richtigkeit zu überprüfen, möchte ich diesen Antrag als letzte Möglichkeit stellen. Da es sich dabei um 1 Kalendertag (!) und nicht mehr handelt, erhoffe ich mir immer noch eine gewisse Weihnachts-Amnestie."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest:
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , GZ. MA6, wurde dem Beschwerdeführer laut Rückscheinabschnitt nachweislich am Dienstag, zugestellt.
In der Rechtsmittelbelehrung wurde explizit auf die Beschwerdefrist von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides hingewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde am Mittwoch, (E-Mail) nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist (§ 7 Abs 4 VwGVG) und somit - wenn auch nur um einen Tag - verspätet eingebracht.
Beweiswürdigung:
Die oben getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen und sind unstrittig.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Aus dem vom Magistrat vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Zustellung des Straferkenntnisses vom von der Behörde durch die Post mit Rückscheinbrief RSb veranlasst wurde.
Das Straferkenntnis enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.
Die Behörde hat, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, entweder von Amts wegen (§ 39 Abs. 2 AVG) zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist oder dem Rechtsmittelwerber die Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies, trägt sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. , , , , , vgl. weiters die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 66 AVG E 82 bis E 88 zitierte hg. Rechtsprechung).
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde den Beschwerdeführer mit Verspätungsvorhalt über das nach der Aktenlage verspätete Rechtsmittel (Beschwerde) in Kenntnis gesetzt und ihn zu einer Stellungnahme eingeladen.
Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO ist möglich (, , vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 21 und 22 zu § 17 Zustellgesetz; vgl. , mwN; ). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. , , , vgl. auch Ritz, BAO Kommentar2, Rz 22 zu § 17 Zustellgesetz).
Die Behörde konnte von einer rechtswirksamen Zustellung des Straferkenntnisses am ausgehen.
Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl. , vgl. auch VGW-241/041/ RP07/7308/2017-3 Wien, ).
Das Verwaltungsgericht hat über eine Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 oder 3 VwGVG 2014 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, also über den Antrag entweder durch Zurückweisung oder aber inhaltlich abzusprechen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG 2014 vorliegen (, , , ).
Im Erkenntnis vom , Ro 2015/08/0026, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, im Fall eines zulässigen Vorlageantrages die Beschwerde ist. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die - außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde - an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes tritt an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung (siehe zum insoweit vergleichbaren Vorlageantrag nach § 30b VwGG etwa den hg. Beschluss vom , Ro 2014/10/0068); dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird, selbst wenn die Behörde die Unzulässigkeit der Beschwerde nicht wahrgenommen und eine meritorische - den Ausgangsbescheid aufhebende oder abändernde - Beschwerdevorentscheidung erlassen haben sollte (, siehe auch Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 31 Anm 4).
Soweit der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag vorbringt, dass "sein Fehler darin liegt, den ihm am Telefon genannten Frist-Termin auf dem Kalender notiert zu haben, ohne ihn zuvor auf Richtigkeit zu überprüfen, und da es sich dabei um 1 Kalendertag (!) und nicht mehr handelt, erhoffe er sich immer noch eine gewisse Weihnachts-Amnestie", ist dazu festzuhalten, dass dem österreichischen Verwaltungsstrafrecht eine Weihnachtsamnestie fremd ist. Es bleibt daher allein das sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Verwaltungsgeschehens - nämlich, ob das Rechtsmittel verspätet eingebracht wurde - zu prüfen.
Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom rechtswirksam am zugestellt wurde und die vierwöchige Beschwerdefrist (§ 7 Abs. 4 VwGVG) somit am endete.
Da eine nicht rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung (z.B. über eine geringere Strafhöhe) zu treffen (vgl. , , , , 0003, ).
Die am mit E-Mail eingebrachte Beschwerde - auch wenn es sich nur um einen Tag handelt - war daher als verspätet zurückzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 7 Abs. 4 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 28 Abs. 3 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500630.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at